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Sie nickt. "Ja." "Aha." Ist das ein neues Spiel? "Und wie wartest du darauf? Einfach nur so, oder richtig voller Vorfreude, oder eher besorgt...?" "Einfach nur so." "Na schön." Ich lasse mich grinsend wieder sinken. "Dann haben wir zwei einen sehr langen Nachmittag vor uns. Vor allem einen sehr langweiligen." "Wir werden sehen." Sie legt die Hände auf ihre Oberschenkel und bleibt reglos sitzen. Ich verschränke die Arme hinter dem Kopf und lasse meinen Blick über ihren schlanken Körper gleiten. Bewundernd, nicht begehrend. Es dauert nicht lange, da wird die harte Stelle unter ihrer Scheide weicher und weicher. Schließlich fällt Sandra leise jubelnd auf mich. "Du kannst dich beherrschen!", flüstert sie glücklich. "War's schwer?" Ich lege meine Arme um sie. "Nein, mein Engel. Es war überhaupt nicht schwer. Weil ich mich nicht beherrschen mußte. Ich liebe dich, und damit ist für mich alles klar." "Für mich jetzt auch." Sie gibt mir einen feurigen Kuß, dann springt sie auf. "Gehen wir schwimmen?" Sekunden später sind wir im See, der nicht so tief ist wie der, an dem wir am Sonntag waren, doch immer noch tief genug, um anständig schwimmen zu können. Sandra schwimmt die ersten Züge angespannt und konzentriert, dann beruhigt sie sich von sich aus und schwimmt lockerer, freier. Wir üben wieder Brust- und Rückenschwimmen, dann führe ich sie an die Technik des Kraulens heran. Sandra merkt schnell, daß dies viel mehr Kraft verbraucht, und bleibt nach einigen Minuten müde auf dem Rücken liegen. Arme und Beine bewegen sich nur leicht, um sie in Position zu halten. Ich streichle ihren Bauch unter Wasser. "Das ist so herrlich!", sagt sie leise. "Schwimmen! Das wollte ich schon immer können. Danke, Bernd." "Sag nicht Danke, mein Engel. Was möchtest du jetzt tun?" "Ewig so bleiben." Sie lächelt mich herzlich an, dann schaut sie wieder in den Himmel über uns. Ich stütze sie an den Schultern und am Po. Sandra hält Arme und Beine still. "Schön ist das", schwärmt sie. "Richtig schwerelos." "Du denkst an die Ruhe? An die Orientierung?" Sie kichert fröhlich. "Pausenlos. Warum?" "Darum." Blitzschnell rolle ich sie mehrmals um die eigene Achse, daß das Wasser um uns herum aufspritzt, und tauche sie dann kräftig unter. Im gleichen Moment bin auch ich unter Wasser und schaue sie an. Ihre Augen sind weit aufgerissen; ihr Blick irrt ziellos hin und her. Sie steht kurz vor der Panik. Plötzlich reißt sie sich zusammen und schaut sich konzentriert um. Einen Moment später taucht sie auf. Schnell bin ich bei ihr und halte sie fest. Sie hustet und spuckt Wasser und hält sich kräftig an mir fest. "Bevor du mich erwürgst", sage ich schnell, "laß mich noch etwas sagen. Beim Schwimmen wird oft getobt, und urplötzlich bist du unter Wasser. Ohne Vorwarnung. Du hast dich prima gehalten, mein Engel." "Fertig?", keucht sie. "Darf ich dich jetzt erwürgen?" "Ja!", lache ich. "Jetzt darfst du." "Danke." Sie legt ihre Hände um meinen Hals und drückt kräftig zu. Einen Moment später läßt sie mich wieder los und küßt mich. Dann schmiegt sie ihre Wange an meinen Hals und hält sich an mir fest. "Wirklich Danke", sagt sie herzlich. "Ich hab das oft gesehen, daß Leute sich gegenseitig untertauchen. Ich muß einfach nur die Ruhe behalten?" "Genau, mein Engel. Ruhig bleiben und suchen, wo oben ist. Das dauert nur ein paar Sekunden, und dafür hast du immer Luft in den Lungen. Auch wenn du schon ausgeatmet hast." "Probieren!" Sie atmet vollständig aus und taucht unter. Ich folge ihr. Sie lacht mich unter Wasser an, dann wirbelt sie sich selbst herum; so stark, daß selbst ich einen Moment suchen muß, wo bei ihr oben und unten ist. Plötzlich schießt ihr blonder Schopf an mir vorbei nach oben. Als ich auftauche, schlingen sich zwei Arme um meinen Hals. "Hat geklappt!", jubelt sie atemlos. "Ich hatte keine Puste mehr, aber es hat gereicht!" Wir küssen uns kurz, dann schwimmen wir zurück zum Ufer, um uns auszuruhen. Nach einer halben Stunde Ruhe geht es wieder ins Wasser. Sandra schwimmt und taucht und schwimmt unter Wasser und läßt sich von mir ins Wasser werfen, bis sie so gut wie keine Angst mehr hat und jeden Moment die Ruhe behält. Als wir zum Auto gehen, ist sie körperlich völlig erschöpft, doch unglaublich guter Laune. "Halb sechs", sagt sie nach einem Blick auf die Uhr. "Kommst du noch etwas mit zu mir?" Auch darauf gibt es nur eine Antwort. Bei ihr zu Hause gehen wir ins Wohnzimmer. Sandra setzt sich neben mich, kommt in meinen Arm. "Wie verbringst du eigentlich deine Abende?" frage ich sanft. "Unterschiedlich. Manchmal fernsehen, wenn was Interessantes kommt, ansonsten Radio hören oder lesen. Manchmal besuche ich Tanja. Die ist in meiner Klasse. Oder sie kommt her. Aber wir sind eher locker befreundet. Wir kennen uns ja erst ein paar Wochen. An ganz furchtbar langweiligen Abenden räume ich auch schon mal mein Zimmer auf." Sie drückt sich lachend an mich. "Aber so langweilig ist mir höchstens ein Mal im Monat. Dann sprenge ich den Garten und die Blumen... Ich finde immer etwas." Sie kuschelt sich dicht an mich. "Weißt du, was ich möchte?", fragt sie leise. Ich weiß es im gleichen Moment. Sie lächelt bedrückt. "Wunsch und Wirklichkeit. Es geht nicht, nicht wahr?" "Ich wüßte nicht, wie." Ich ziehe ihren Kopf an mich, streichle ihr Haar. "Die Nachmittage kann ich irgendwie rechtfertigen. Aber eine ganze Nacht... Nein." "Ich weiß." Sie hebt ihren Kopf. "Bekomme ich einen Kuß?" "Und wenn ich Nein sage?" "Dann klaue ich mir einen!" Sie schnappt mit den Händen nach meinem Kopf, schwingt sich auf meinen Schoß, und einen Moment später küssen wir uns hungrig.
Kapitel 5
Pünktlich zum Abendessen überreicht Bernhard seiner Mutter drei vollständig beschriebene Blätter. Beatrix nimmt sie entgegen, ohne sie anzusehen; ihre Augen sind auf Bernhard gerichtet. "Und?" fragt sie sanft. "Weißt du jetzt, warum du eifersüchtig bist?" Er nickt knapp, während er sich auf seinen Stuhl setzt. "Ja. Weil ihr das Auto, das ihr kurz nach meiner Geburt gekauft habt, immer mehr geliebt habt als mich." "Falsch. Das war Papas Auto. Ich habe es immer gehaßt." Sie zwinkert Bernhard zu und fährt ihm durch das Haar. "Also? Warum?" Er seufzt schwer. "Kurz gesagt: weil ich denke, daß ich -" "Stop!" Beatrix hebt die Hand. "Bist du sicher, daß das der Grund ist?" Er nickt mit feuchten Augen. "Ja." "Perfekt. Und du weißt auch, was du dagegen tun mußt?" Ein weiterer schwerer Seufzer. "Ja." "Wann fängst du damit an?" "Hab schon angefangen. Mir ein Buch aus der Bücherei geholt. Mit dem Aufsatz war ich um halb sechs fertig und hab es gerade noch geschafft." "Bestens." Sie reicht ihm die Blätter zurück, die er erleichtert entgegen nimmt. "So habe ich das früher gemacht, Bernhard. Wenn mir genug Leute gesagt haben, daß mit mir dies oder das nicht stimmt. Ich habe so getan, als wäre ich jemand anderer, und alles aufgeschrieben, was mir zu mir in den Sinn kam. Es hilft." "Hab ich gemerkt." Dankbar und bewegt steckt er die Blätter ein, nachdem er sie mehrmals gefaltet hat. "Darf ich euch schocken?" "Eigentlich nicht. Der von gestern reicht für diese Woche. Worum geht's?" "Um Frankreich." Er zieht ein gefaltetes Blatt aus der Hemdtasche und gibt es Beatrix. Sie hält es zwischen uns. Es ist die Anmeldung zu einer Sprachreise. Wie auf Kommando schauen wir gemeinsam zu unserem Sohn. Der holt tief Luft. "Ich stehe in Französisch Vier", bekennt er leise. "Ich mag die Sprache sehr, aber ich komme irgendwie nicht weiter. Der Armin aus der Zehn hat diese Reise vor zwei Jahren gemacht, und er hat sich um zwei Noten verbessert. Es würde mir helfen." "Und Norwegen?" fragt Bea ruhig. Bernhard lächelt verlegen. "Das steht nächstes Jahr wohl auch noch. Ich weiß ja nicht, was Norwegen kostet, aber viel mehr als der Kurs wird es wohl auch nicht sein." "Hm." Wir schauen ein weiteres Mal auf den Zettel. Es war eher anders herum: die Reise nach Frankreich war viel teurer als die Kosten für Bernhard, würde er mit nach Norwegen fahren. Beatrix und ich schauen uns kurz an. "Bis wann müssen wir uns entscheiden?", frage ich ihn. "Bis Freitag. Es ist ziemlich kurz, aber dieses Angebot wurde erst heute in der Schule ausgehangen. Bis Freitag, zwölf Uhr, muß die Anmeldung im Sekretariat abgegeben werden." "Wir reden heute Abend darüber, Bernhard", sage ich. "Morgen früh hast du die Antwort." "Okay." Weiteres Bohren hat keinen Sinn; das weiß er so gut wie wir. Nach dem Essen verschwindet er in sein Zimmer. Beatrix und ich räumen den Tisch ab und setzen uns dann ins Wohnzimmer. Sie kommt in meinen Arm. Wie Sandra. Genau die gleiche Haltung. Nur ein ganz anderes Gefühl. Fast schon fremdartig. "Was meinst du?", fragt sie mich. "Alt genug ist er dafür, nur..." "Ich kenne die Gesellschaft, Bea. Sie gehört zu den drei besten auf dem Markt." "Kann man bei dem Preis auch wohl erwarten." "Schon. Andererseits opfert er drei Wochen Urlaub. Unterbringung in Gastfamilie, vormittags fünf Stunden Unterricht, nachmittags weitere Kurse... Volles Programm. Und es wird garantiert, daß die Gastfamilie und die ganzen Lehrer kein Wort Deutsch sprechen. Er muß durch, egal was kommt." "Es wäre sein erster Urlaub ohne uns, Bernd." Bea schaut mich besorgt an. Ich muß lächeln. "Und unser erster Urlaub ohne ihn." Beatrix nickt mit einem hinterhältigen Lächeln. "Das ist ein sehr gutes Argument. Okay. Spaß beiseite. Du bist dafür?" "Ja. Absolut. Diese Sprachreisen sind eine unglaubliche Hilfe. Er ist drei Wochen in dem Land, hört die Sprache der Einheimischen, und spricht sie selber. Das gibt einen starken Schub nach vorne. Meine Eltern haben das mit mir auch gemacht. Ich war drei Wochen in Folkestone, in England. Danach war mein Englisch sehr viel besser." "Wie alt warst du da?" "Sechzehn. Gerade geworden. Er wird im Urlaub fünfzehn. Kein allzu großer Unterschied." "Okay." Beatrix lehnt sich seufzend an mich. "Mein kleines Baby drei Wochen ganz alleine im Ausland!", jammert sie gekünstelt, dann muß sie auch lachen. Ich ziehe sie an mich. Und vermisse Sandra. Ihren Geruch, ihre Wärme, ihre Ausstrahlung. "Wie war es mit Sandra?" fragt Beatrix in diesem Augenblick. "Gut. Sie macht sich. Ich habe sie mehrmals ohne Vorwarnung untergetaucht, und sie hat bei jedem Mal weniger Panik bekommen. Sie ist vorhin ganze zwanzig Minuten am Stück geschwommen. Ruhig und locker, nicht verspannt." "Schön!" Beatrix freut sich für sie. "Keine weiteren Probleme?" Doch, Bea. Wir wollen eine Nacht zusammen verbringen. Nicht miteinander schlafen; einfach nur nebeneinander liegen und uns spüren. Natürlich bringe ich sie mit den Fingern zu einem schönen Orgasmus, damit sie auch gut einschläft. Das könnte für dich ein Problem sein. "Nein, Bea. Keine. Sie hat sich wieder gefangen." "Fein. Und du möchtest mir wirklich nicht erzählen, was gestern mit ihr und Bernhard war?" Was soll sein? Ich habe meinem Sohn die Freundin ausgespannt, und er reagiert wütend. Er hat mein vollstes Verständnis. "Unnötig. Das ist geklärt, und wenn er wirklich an sich arbeitet, hat das Ganze einen Sinn gehabt." "Du magst sie." Die Falle klickt mit einem harten Laut zu. Was soll ich darauf antworten? "Ja." "Ich auch." Bea schmiegt sich lächelnd an mich. "Nach außen so verletzlich, und nach innen so - nicht hart, aber - belastbar." O ja. Sie geht fantastisch damit um, daß ihr neuer Freund ein verheirateter Mann ist. "O ja, das ist sie." "Schade, daß sie sich mit Bernhard zerstritten hat. Ich habe gern mit ihr geredet. Sie hat interessante Ansichten. Und eine sehr gute Ausdrucksweise." ‚Bernd, tu noch mal den Finger da rein. Das ist so irre!' "Die hat sie. Ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber irgendwo auch nachvollziehbar." "Mir geht das mit ihrer Einstellung über die Altersgrenzen nicht mehr aus dem Kopf." Beatrix zuckt mit den Schultern. "Sex ab 14. Führerschein ab 16. Heiraten mit 16. Volljährig mit 16. Strafmündig mit zehn." Sex mit 13. Zwar nur mit der Hand, aber dennoch Sex. Mein Finger bis zum ersten Glied in ihrer nassen, heißen, zuckenden, 13-Jährigen Scheide. "Es klingt ungewohnt, Bea; das gebe ich zu. Andere Länder haben andere Erfahrungen gemacht und entsprechend ihre Vorschriften aufgebaut." "Ja. Spanien. Sex ab 12. Glaubst du das?" "Es ist wahr. In Spanien kann ein zwölfjähriges Kind jeden beliebigen Sexualpartner wählen." "Und was war das andere? Irland ab 17?" "Genau." "Verrückt. Das eine wie das andere. Wenn Bernhard sich nicht so affig benehmen würde, würde ich sie gerne für Samstag oder Sonntag zum Kuchen einladen." Sandra hier? In diesem Haus? Ohne die Möglichkeit, sie in den Arm zu nehmen? "Aber da er sich so affig benimmt..." "Genau." Beatrix rappelt sich hoch. "Brauchst du morgen ein Hemd? Ich muß noch bügeln." "Nein. T-Shirt reicht." "Danke. Aber es hilft ja nichts." Seufzend steht sie auf und baut das Bügelbrett auf. Genau das hat Sandra auch getan, als ich mich vorhin angezogen habe. Sie muß auch noch bügeln. Sandra. Mein kleiner Engel.
Bernhard quittiert am nächsten Morgen die ausgefüllte und unterschriebene Anmeldung mit einem wahren Gefühlsausbruch. Daß er seinen 15. Geburtstag alleine im Ausland, unter fremden Menschen feiern muß, berührt ihn überhaupt nicht. "Hast du am Wochenende was vor?", fragt Bea ihn, als sich seine Freude etwas gelegt hat. "Ja. Samstag fahre ich nach dem Mittagessen zu Sylvia. Wir wollen was in die Stadt, und dann ins Kino. Gegen elf bin ich zurück. Was wir Sonntag machen, entscheiden wir dann. Drei Wochen Frankreich!" Er schaut freudestrahlend auf die Anmeldung. "Danke! Was macht ihr denn jetzt? Fahrt ihr trotzdem?" "Sicher." Bea schmunzelt. "Es wird zwar furchtbar langweilig ohne dich und ohne deine ganzen Mädchen, aber wir werden es schon irgendwie überleben." Sandra war nie sein Mädchen, verdammt! "Sagt doch gleich, daß es für euch die wahre Erholung sein wird", lacht Bernhard. "Oder?" "Das würden wir nie sagen. Denken ja, aber nie sagen." Endlich ist das Frühstück vorbei. Bernhard ist aus dem Haus, Beatrix macht sich fertig. "Bist du heute nachmittag da?", fragt sie, als sie in der Diele ihre Sachen zusammen sucht. "Mal sehen. Vielleicht etwas laufen. Oder auf der Terrasse liegen." "Hauptsache, du genießt deinen Ruhestand." Sie kommt grinsend in meinen Arm. "Hast du Sandras Telefonnummer?" "Sandra? Nein. Wieso?" Was will sie denn von Sandra? "Ich wollte sie vom Geschäft aus anrufen und für Samstag einladen. Siehst du sie diese Woche noch?" "Nicht, daß ich wüßte. Sie kann ja jetzt schwimmen." "Dann rufe ich die Auskunft an. Bis heute Abend." "Überarbeite dich nicht." "Du auch nicht." Wir geben uns einen Kuß, dann ist sie fort. Ich lasse mich müde in das Sofa fallen. Heute ist der dritte Tag, und ich beginne schon, den Überblick über meine Lügen zu verlieren. Der Gedanke von gestern Abend drängt sich wieder nach oben. Sandra drei Wochen lang allein zu Hause. Bernhard drei Wochen in Frankreich. Wir drei Wochen in Norwegen, in einem kleinen Ferienbungalow für vier Personen. Aber es ist unmöglich! Beatrix würde keine einzige Geschichte schlucken, in der Sandra mit uns in Urlaub fährt. Keine einzige. Sandra drei Wochen lang allein zu Hause. Drei Wochen lang. Drei lange Wochen. Drei Wochen lang keine Umarmung, kein Kuß. Drei Wochen lang sie nicht sehen, nicht hören, nicht spüren, nicht riechen. Drei Wochen lang nicht ihr Wimmern und Stöhnen hören, wenn sie ihren Orgasmus bekommt. Drei Wochen lang nicht mit ihr in ihrem Bett liegen, wir beide nur in der Unterwäsche, und unsere Wärme teilen. Drei Wochen lang nicht ihr sanftes Lächeln sehen. Drei Wochen lang nicht ihr lachendes ‚Boah!' hören, wenn ich sie ärgere. Drei gottverdammte Wochen lang würde ich jeden Tag etwas mehr sterben. Genau wie Sandra, die bei dem Gedanken an die drei Wochen Urlaub auch immer sehr traurig wird. Für einen Moment lenkt mich die Wut auf ihre mir unbekannten Eltern etwas ab, dann schiebt sich Sandras engelhaftes Gesicht wieder in den Vordergrund. Mein kleiner Engel Sandra.
Es ist zwei Uhr nachmittags. Ich will gerade zum Telefon greifen, als es klingelt. Ich reiße den Hörer hoch, ohne hinzusehen. "Hallo, mein Engel", sage ich sanft. "Hallo, mein Teufel!", lacht Beatrix. "Das hast du schon lange nicht mehr zu mir gesagt. Bernd, ich bekomme Sandras Telefonnummer nicht heraus. Entweder haben ihre Eltern eine Geheimnummer oder kein Telefon. Hast du ihre Nummer wirklich nicht? Woher wußtest du überhaupt, daß ich dran bin?" Ich versuche, mein rasendes Herz nicht in der Stimme hören zu lassen. "Wir haben ISDN, Bea. Euer Geschäft auch. Ich sehe deine Nummer ganz deutlich auf dem Display." Beatrix stöhnt auf. "Hast ja recht. Und wenn es jetzt jemand anderer aus dem Geschäft gewesen wäre?" "Dann hätte ich mich wohl ziemlich blamiert. Warte mal eben. Kann sein, daß Sandra mir ihre Nummer gegeben hat." Ich raschle mit Papier, räume etwas um und melde mich dann wieder. "Ja, ich hab sie. Lag schon im Papierkorb. Schreibst du mit?" Ich gebe ihr die Nummer durch, die wie mit glühenden Lettern in meinem Kopf verankert ist. "Danke!", sagt Beatrix erleichtert. "Ich lade sie für Samstag, drei Uhr ein. Okay?" "Sicher." Sandra hier in diesem Haus. Den ganzen Nachmittag. Ohne daß ich sie berühren kann. "Kein Problem." "Gut. Ich rufe sie dann sofort an. Gehst du noch raus, oder bleibst du im Haus?" "Ich geh gleich noch etwas raus." Punkt drei Uhr bei Sandra. "Etwas laufen." In ihr Zimmer. Ihr die Kleidung vom Leib reißen. Sie auf das Bett werfen. In ihre leuchtenden Augen sehen. Sie küssen. Sie befriedigen, bis sie kommt. "Irgendwo was trinken oder so." Ihr Speichel läuft beim Küssen in meinen Mund. Es erregt mich unvorstellbar, einen Teil von ihr in mich aufzunehmen. "Dann viel Spaß, und verlauf dich nicht", lacht Beatrix. Wir jagen lachend und fast nackt durch das Haus, ich hinter Sandra her, die fröhlich quietscht, wenn ich sie fange, hoch hebe und küsse. "Keine Sorge, mein Schatz. Bis heute Abend." "Bis heute Abend. Ich liebe dich." "Ich dich auch, Bea." Automatisierte Sätze nach 16 Jahren Ehe. Routine in der Sprache, im Tonfall. Es geht glatt über die Lippen. Und tut trotzdem weh. Ich kann Sandra jetzt nicht anrufen und sie vorwarnen. Wenn bei ihr und bei mir besetzt ist, könnte Beatrix den Braten riechen. Also fasse ich mich in Geduld. Fünf Minuten später klingelt es. Ich bin so aufgeregt, daß ich nicht weiß, ob es Sandra ist. Also melde ich mich normal. "Zimmermann." "Hallo, Herr Zimmermann!" jubelt eine fröhliche Stimme. "Bei mir ist was kaputt, und ich brauche einen Zimmermann, der das repariert!" "Kein Problem, junge Dame." Meine Laune steigt um hundert Punkte. "Bei Ihnen im Keller, Fräulein Keller?" "Genau!" Sandra lacht fröhlich. "Hallo, Bernd!" "Hallo, mein Engel. Wie war dein Tag?" "Toll! Wir haben die Englischarbeit von letzter Woche zurück bekommen, und ich habe eine Zwei Plus!" "Gratuliere!", freue ich mich. "Was für ein Thema?" "Eine Übersetzung. Von Deutsch nach Englisch, und einen anderen Text von Englisch nach Deutsch." "Spitze, mein Engel. Ich freue mich für dich." "Ich mich auch. Wann kommst du? Kannst du jetzt schon kommen?" "Wenn du möchtest, ja." "Dann ab ins Auto!", kichert sie. "Ich erwarte dich." "Mit offenen Armen?" "Mindestens." Sie seufzt laut. "Komm, Bernd. Ich will dich spüren. Jetzt." "Bin auf dem Weg. Bis gleich, mein Engel." "Bis gleich, Liebster." Ein Kuß erklingt, dann legt sie auf. Ich stehe auf und jage aus dem Haus. Zehn Minuten später bin ich bei Sandra, die etwas verstört aussieht. "Deine Frau hat gerade angerufen", empfängt sie mich. "Ich soll Samstag zum Kaffee kommen." "Ich weiß. Möchtest du?" "Ja, schon, nur... Was ist mit Bernhard? Das gibt doch wieder Streß!" "Nein, mein Engel." Sie läßt mich hinein und schließt die Tür hinter mir. "Bernhard ist Samstag nicht daheim." Ich schließe sie in meine Arme. "Keine Gefahr von der Seite." "Gut!" Sie seufzt erleichtert. "Das würde ich nicht durch stehen. Nicht einen ganzen Nachmittag." "Frage ist, ob wir beide das durch stehen, mein Engel." "Wir werden sehen." Sie schmiegt sich an mich. "Gehen wir nach oben?" "Gleich. Ich möchte erst mit dir reden." Ihr Kopf ruckt nach oben. "Machst du Schluß?" Sie schaut mich so ängstlich an, daß ich lachen muß. "Nein, Sandra. Ganz im Gegenteil. Komm mit." Ich halte sie am Po fest und hebe sie hoch. Sie klammert sich an mich. Ihre Augen schauen mich besorgt an, während ich sie ins Wohnzimmer trage und mich mit ihr auf dem Schoß hinsetze. Ich streiche ihr zärtlich durch das Haar. "Ich würde niemals Schluß mit dir kleinem Kobold machen", sage ich sanft. "Dafür liebe ich dich zu sehr. Es geht um etwas anderes. Um die Ferien." Sofort verdüstert sich ihr Gesicht wieder. Sie schmiegt sich wortlos an mich. "Bernhard kam gestern Abend mit einer Anmeldung für eine Sprachreise nach Frankreich an, Sandra. Genau die ersten drei Ferienwochen. Wir haben es ihm erlaubt, und nun fahren Bea und ich alleine nach Norwegen. Ohne ihn." "Und ohne mich." Ihr Kopf kommt nach vorne; ihre Augen sind naß. "Tut mir leid, Bernd. Ich bin ungerecht. Und besitzergreifend. Alles das, was ich niemals sein wollte. Aber es tut so weh!" Sie sinkt weinend gegen mich. "Nicht weinen, Sandra. Deswegen rede ich doch mit dir. Ich möchte dich auch mitnehmen. Problem ist: wir müssen das meiner Frau irgendwie verkaufen." "Was? Du willst mich an deine Frau verkaufen?" "Nein!" Ich drücke sie lachend. "Hör auf zu heulen und sperr die Ohren auf." "Okay." Sie kommt wieder nach vorne. Über ihre Wangen laufen Tränen. Ich küsse sie fort. Sandra grinst traurig. "Meine Nase läuft auch." "Pfui! Ab ins Bad. Sofort." Ich hebe sie von meinem Schoß und gebe ihr einen sanften Klaps auf den Po. Kichernd eilt sie davon. Zwei Minuten später sitzt sie wieder auf meinem Schoß, diesmal ganz gespannte Aufmerksamkeit. "Also: ich möchte dich mitnehmen, Sandra. Aber wir müssen das so geschickt anstellen, daß meine Frau dich auch mitnehmen will. Nur: wie? Du möchtest ja nicht über deine Eltern reden, und deswegen -" "Tue ich es." Sie schaut mich entschlossen an. "Du hast recht. Ich rede nicht gern über meine Eltern. Aber wenn ich ihr sage, daß ich drei Wochen lang alleine bin und nur mein Bruder auf mich aufpaßt -" "Der damit beschäftigt ist, sich eine Wohnung hier zu suchen und -" "Keine Zeit für mich hat, dann -" "Wird sie zustimmen!" "Ja!" Jubelnd umarmt sie mich. Einen Moment später kommt sie wieder nach vorne, das Gesicht besorgt. "Wird sie das wirklich tun?" "Ich weiß es nicht", seufze ich. "Es ist eine Chance. Beatrix mag dich. Das hat sie gestern selbst gesagt. Wir haben einen Bungalow für vier Personen gemietet und schon angezahlt. Ob wir nun zu zweit oder zu dritt fahren, spielt so gesehen keine Rolle. Aber schaffen wir das, mein Engel? Können wir drei Wochen eng zusammen leben und so tun, als wären wir nur - Bekannte?" Sandras Kopf bewegt sich nachdenklich auf und ab. Sie zieht die Lippen zwischen die Zähne. Dann schaut sie mich an. "Ich weiß es nicht, Bernd. Wirklich nicht. Haben wir wirklich keine Minute Zeit für uns?" "Doch, Sandra. Bestimmt. Bea ist sehr aktiv im Urlaub. Sie unternimmt sehr viel, auch auf eigene Faust. Manchmal begleite ich sie, aber meistens liege ich einfach nur faul in der Gegend herum." "Ach ja?", grinst Sandra. "So wie gestern Abend in meinem Bett?" "Genau so." Ich ziehe sie an mich. "Es gibt aber auch Tage, wo Bea genauso faul ist wie ich. Wo sie stundenlang reglos an einer Stelle sitzt oder liegt. Es ist nicht vorherzusehen." Ich drücke sie fest an mich. "Ich weiß auch nicht, ob ich es schaffe, mein Engel. Ob es überhaupt klappt." "Und wenn es klappt, wie ich damit umgehen kann." Sie drückt mir einen sanften Kuß auf den Hals. "Wenn du abends mit ihr ins Schlafzimmer gehst, meine ich." Sie lächelt traurig. "Bin ich nicht schlimm? Ich bin inzwischen genauso wie die Leute, die ich ablehne." "In diesem Punkt hast du auch völlig recht, Sandra. Ich habe Bea gegenüber ein sehr schlechtes Gewissen, aber ich kann nicht anders handeln als ich handle." Sandra lächelt mitfühlend. "Gehen wir nach oben." Drei Minuten später liegen wir fast nackt in ihrem Bett. "Ich kann auch nicht anders handeln als ich handle", flüstert Sandra, die sich sehr unruhig bewegt. Im nächsten Moment fliegt etwas Weißes durch die Luft und fällt mit einem leisen Rascheln auf den Boden. "War das dein Höschen?", frage ich erschrocken. Sie nickt und versteckt sich an meinem Hals. Ich drücke sie zärtlich an mich. "Manchmal", flüstere ich, "weiß ich nicht mehr, ob du mutig oder verrückt bist." "Verliebt!", murmelt sie kichernd aus ihrem Versteck heraus. Ich seufze. "Also verrückt." Sie kichert fröhlich und schwingt sich auf mich. "So verrückt wie du." Ihr Lachen wird zu einem sanften, verliebten Lächeln. "Ich liebe dich." "Ich liebe dich auch, Sandra." Meine Hände gehen an ihre Hüften. Sie rutscht zurecht, positioniert ihre Scheide über meinem Glied und beginnt, sich zu reiben. Meine Hände auf ihrem nackten Po erregen sie mehr als auf dem Höschen. Ich lege meine Daumen auf ihre Oberschenkel, in den Schritt, und ziehe das Fleisch behutsam nach außen. Sandra stöhnt zitternd. "O ja! Das ist geil!" Ihr Becken wird schneller, kräftiger. Ich schaue sie zärtlich an. Ihre Augen sind geschlossen, der Kopf leicht in den Nacken gelegt, das Gesicht zeigt Verzückung und Lust. Ihre langen, hellblonden Haare fallen über ihre kleine Brust. Sie ist ein Engel. Meine Daumen gehen weiter nach innen, bis zu ihren Schamlippen. Ich lege sie darauf und ziehe. Sandra erschauert stöhnend. Ihr Kopf fällt in den Nacken, fliegt wieder nach vorne. Ihre Haare wehen in der schnellen Bewegung. Zum allerersten Mal denke ich daran, richtig mit ihr zu schlafen. Die Möglichkeit erscheint mir nicht mehr so abwegig. Doch es wird ihre Entscheidung sein. Ob, wo, und wann. Einzig und allein ihre Entscheidung. Ich liebe sie zu sehr, um etwas anderes zu tun. Um ihr etwas zu tun. "Bernd?", keucht sie lustvoll. "Ich möchte es auch bald. Ich spüre, daß ich es will. Uhh! Das zieht voll durch. Mach weiter auf, ja?" Ich greife tiefer, ziehe stärker. Sandra stöhnt tief und bebt wieder. "Jaa! Das ist gut!" Ihre Hände rutschen auf meine Schultern. Sie stützt sich einen Moment ab, dann richtet sie sich wieder auf. Sie arbeitet nur aus dem Becken und den Knien heraus. Ihr Kopf dreht sich von einer Seite zur anderen; ihre Haare fliegen wild umher. Ich drücke ihre Scheide zusammen, ziehe sie wieder auf. Sandra beginnt zu schwitzen; der herbe, durchdringende Geruch erregt mich. Ich bewege mein Becken in ihrem Rhythmus, spiele an ihrer Scheide. Sandra wimmert leise; sie ist ganz dicht davor. Ich presse mein Glied hart an sie, während sie sich reibt, ziehe sie so weit auf, daß es schon schmerzen muß, doch sie stöhnt nur ganz hell und erschauert plötzlich heftig. Sie fällt stöhnend auf mich; ihre Scheide arbeitet wild an meinem Glied. Ich greife schnell um ihren Po herum, gehe zwischen ihre Beine, presse meine Hand auf die nasse Scheide und reibe sie hart. Sandra bäumt sich wimmernd auf, fällt zitternd auf mich zurück, spreizt die Beine weit ab, zieht sie wieder zusammen. Dann erschlafft sie mit einem letzten Stöhnen. Ich schiebe vorsichtig ihre Knie nach unten. Sie streckt ächzend die Beine lang aus. Ihre Scheide bewegt sich leicht an mir. Meine Finger streicheln die nasse Stelle, der Mittelfinger dringt behutsam ein. Sandra seufzt lächelnd, atemlos. "Bald", flüstert sie außer Atem. "Bald." "Laß dir Zeit, mein Engel." "Ja. Aber nicht mehr viel." Sie schiebt ihre Arme unter meinen Hals, umarmt mich, drückt mich, küßt mich. Ich ziehe das Oberbett über uns, grenze uns ab, schließe uns aus. Sandra liegt glücklich und matt auf mir. Ich streichle ihren Kopf, den Rücken, den Po, die Schenkel. Sandra kommt wieder zu Atem. "Bernd? Hast du Kondome mitgebracht?" "Wie du wolltest. Warum?" "Darum." Sie gibt mir einen flüchtigen Kuß. "Weil ich das heute brauche." "Du brauchst das heute?" Ich hebe ihren Kopf an, um ihr in die Augen zu schauen. "Sandra, du -" "Nein." Sie lächelt verlegen. "Ich möchte mir das gleich mal in Ruhe anschauen. In Sexualkunde haben wir nur bunte Zeichnungen gesehen, aber nichts Richtiges." Sie kichert hell. "Wozu hat man denn einen großen Freund, wenn man das nicht ausnutzen darf?" "Zum Erschrecken." Ich pikse ihr mit den Fingern in die Seiten. Sie quietscht grell auf. "Aber zum Anschauen brauchst du doch kein Kondom." "Nein. Das brauche ich hinterher. Du ziehst dir das an, und ich schaue zu. Dann reibe ich dich. Okay? Ich hab nicht so viel Bettwäsche, und wenn da so viel raus kommt, wie ich denke, dann kann ich heute nacht vor dem Bett schlafen." Sie lächelt verlegen. "Deswegen. Und auch, damit mir nichts in die Augen spritzt, wenn's soweit ist." "Es ist gut zu wissen, daß du ein vernünftiges Mädchen bist." Ich drücke sie gerührt. "Möchtest du das wirklich tun, mein Engel?" "Ja. Nachher." Sie küßt mich zärtlich. "Fahren wir zum See? Zu dem von Sonntag? Ich möchte mal richtig lange schwimmen." "Was immer du möchtest." Sie lächelt. "Dich. Bald." Ich schließe sie fest in die Arme. "Ich dich auch, Sandra", flüstere ich. "Ich möchte dich langsam auch." Sie küßt mich zart. "Ich weiß."
* * *
Am Samstag hole ich Sandra um viertel vor drei ab. Sie sieht absolut bezaubernd aus. Von oben nach unten: ein dunkelblauer Schlapphut, weit in den Nacken gezogen, ein weißes Hemd mit locker gebundener roter Krawatte, ein dunkelblauer Plisseerock bis zum Knie, flache Halbschuhe in Schwarz. Als Extra gibt es ein strahlendes Lächeln unter den hellblonden Haaren. "Man muß sich einfach in dich verlieben!", entfährt mir, als sie in den Wagen steigt. Sie lächelt kokett. "Danke." Mit einem fröhlichen Anheben der Stimme auf der letzten Silbe. Ich greife nach rechts, unter ihr Haar in den Nacken. Sandra schmiegt sich lächelnd in meine Hand. "Ich liebe dich auch, Bernd", sagt sie so zärtlich, daß ich beinahe vergesse, wo wir sind. "Jeden Tag mehr. Weißt du, woran ich das merke? Daß es mir wieder Spaß macht, morgens aufzustehen. In der Schule zu lernen. Nicht mehr nur für mich, sondern auch für dich. Weil ich mich freue, wenn du dich freust." "So wie ich, mein Engel. Bereit für den großen Test?" "Aye." Sie zieht ihren Schlapphut tief in die Stirn, hebt den Kopf und schaut mich grinsend unter der Krempe hervor an. "Gut so?" "Perfekt." Ich streiche noch ein Mal mit dem Daumen über ihre Wange, dann fahren wir los. Bea ist von ihrem Anblick genauso angetan wie ich. "Umwerfend!" Sie dreht Sandra an den Schultern um die eigene Achse. "Einfach Klasse, Sandra." "Danke." Diesmal ohne Anheben der Stimme. "Vielen Dank für die Einladung, und vor allem, daß Sie nicht böse auf mich sind." "Warum sollte ich böse auf dich sein?", fragt Beatrix verdutzt. Sandra macht ein verlegenes Gesicht. "Weil ich - Weil ich Ihren Mann täglich in Beschlag nehme." "Ach!" Bea winkt ab. "Tut ihm mal ganz gut, raus zu kommen. Setz dich, Sandra. Möchtest du Kaffee?" "Ja, aber bitte halb und halb. Halb Kaffee, halb Milch." "Vollmilch oder Kondensmilch?" "Vollmilch, bitte." Das Kind kommt durch. Noch mehr Beruhigungsmittel für Beatrix. Wenig später sitzen wir am Eßtisch, vor Kaffee und Erdbeerkuchen. "Erzähl doch mal etwas von dir, Sandra. Von deiner alten Stadt." "Reden wir lieber von etwas anderem." Sandras Gesicht bleibt gelassen. "Haben Sie schon früher in der Modebranche gearbeitet, Frau Zimmermann?" Beatrix springt sofort an. "Stimmt irgend etwas nicht, Sandra?", fragt sie besorgt. Sandra verzieht kurz das Gesicht. "Ich rede nicht gern über meine... Vergangenheit klingt zu pauschal. Sagen wir, ich bin froh, jetzt allein zu sein." "Allein? Wieso allein?" Sandra macht ein Gesicht, als hätte sie unabsichtlich ein großes Geheimnis verraten. Sie schaut zu mir, als wäre es ihr peinlich, vor mir zu reden. Dann atmet sie tief durch und blickt meiner Frau direkt in die Augen. "Verraten Sie das bitte keinem, ja?", fleht sie meine Frau an. "Bitte! Oder ich bin sofort im Heim." "Im Heim?" Beatrix wird nervös. "Was ist mit dir passiert, Mädchen?" "Nichts." Sandra schaut bedrückt auf den Tisch. Ich bewundere sie über alle Maßen. Sie bietet eine perfekte Vorstellung. "Es ist nur, daß... Also, meine Eltern, die... Na ja, ich bin in der Woche ganz allein zu Hause, weil sie - weil sie Besseres zu tun haben." "Besseres? Was um Himmels willen kann es Wichtigeres als das eigene Kind geben?" Sandras Mund verzieht sich in Bitterkeit, und an ihren Augen sehe ich, daß dies nicht gespielt ist. "Für meine Mutter", sagt sie leise, doch voller Zorn, "ist ihr Liebhaber wichtiger, und für meinen Vater seine Geliebte. Das geht schon seit zwei Jahren so. Seit zwei Jahren bin ich allein zu Haus. Nur mein Bruder ist in der Woche da, aber seit wir hierher gezogen sind, auch nicht mehr. Deshalb, Frau Zimmermann. Wenn irgend eine Behörde erfährt, daß ich mit 13 Jahren fünf Tage in der Woche alleine bin, ist es aus. Verstehen Sie?" "Sehr gut." Beatrix läßt sich erschüttert in ihren Stuhl fallen. "Fünf Tage in der Woche?" "Ja. Von Sonntag Abend bis Freitag Abend. Irgendwann in der Nacht von Freitag auf Samstag trudeln sie so langsam ein, machen sich bis Sonntag Abend gegenseitig das Leben zur Hölle, schauen bei Gelegenheit mal nach, ob ich noch lebe, und sind wieder weg." Wie schon bei unserem ersten Gespräch über dieses Thema laufen ihr auch jetzt wieder die Tränen über die Wangen. Und wieder wischt Sandra sie unwillig ab, mit grimmig zusammen gepreßten Lippen. "Aber ich bin eigentlich ganz froh", sagt sie dann. "So habe ich wenigstens fünf Tage in der Woche Ruhe vor ihnen. Letzten Sonntag habe ich wirklich genossen. Ein Tag voller Ruhe für mich, trotz der ganzen Aufregung. Genau wie heute." Sie lächelt Beatrix dankbar an. "Ich bekomme mein Taschengeld ziemlich unregelmäßig, wie Sie sich vielleicht denken können, und kann deshalb nicht immer verschwinden, wie ich das möchte." Sie lächelt wieder, diesmal entschuldigend. "Auch deshalb bin ich häufig mit Ihrem Mann zusammen, Frau Zimmermann. Weil er ganz vernünftig mit mir redet. So wie Sie auch. Weil er mir hilft, die guten Seiten in mir zu entdecken. Seien Sie mir deswegen bitte nicht böse." "Kind." Beatrix greift nach ihrer Hand und drückt sie kräftig. "Natürlich bin ich dir nicht böse. Es gab - Egal. Das ist bei weitem nicht so schlimm, wie du denkst. Ich nehme an, ihr tut keine verbotenen Dinge, oder?" Es läuft mir abwechselnd kalt und heiß über den Rücken. "Doch." Sandra grinst frech. "Wir baden in Baggerseen, wo man nicht baden darf. Wir hören laut Musik. Wir -" "Reicht!" Beatrix hebt lachend die Hand. "Also seid ihr zwei ganz schlimm drauf. Dachte ich mir." Ihr Gesicht wird wieder ernst. "Wie wirst du damit fertig, Sandra?" "Durch Ablenkung." Sie zuckt mit den Schultern. "Am Wochenende bin ich meistens unter meinen Kopfhörern zu finden, damit ich den Streit nicht höre. In der Woche... Da gibt es genug zu tun. Ich mache den Haushalt, koche für mich, dann kommen die Hausaufgaben, ich habe viele Bücher, die ich noch nicht gelesen habe..." Sie lächelt mich dankbar an. "Und jetzt habe ich auch noch einen lieben Freund gefunden, der oft mit mir redet. Eigentlich habe ich alles, was ich brauche." "Nur keine Eltern." "Halb so wild." Sandra winkt ab. "Sie waren während meiner Kindheit für mich da, und jetzt, wo ich ein Teenager bin und sowieso langsam mein eigenes Leben entdecke, sind sie auch nicht mehr so wichtig für mich. Durch den ewigen Streit am Wochenende hat sich ein ziemlich tiefer Bruch entwickelt. Zwischen allen vier. Zwei Jahre voller Einsamkeit, Streit, Haß und Zorn gehen nicht so spurlos an einem vorbei. Mein Bruder hat auf Deutsch gesagt auch die Nase voll von ihnen. Nach dem Abi kommt er nur nach Hause, um sich eine Wohnung zu suchen. Er wird also auch die ganzen Ferien unterwegs sein. Da habe ich dann wirklich Ruhe in den Ferien. Wir verstehen uns zwar einigermaßen gut, aber wir sind sechs Jahre auseinander, und -" "Warte mal eben." Beatrix' feine Mutterohren haben ganz genau gehört, worauf es Sandra und mir ankommt. "Was bitte meinst du mit: du hast wirklich Ruhe während der Ferien? Fahrt ihr nicht weg?" "Doch. Mama fährt zu ihrem Liebhaber nach Duisburg. Papa mit seiner Geliebten nach Mallorca. Mein Bruder macht hier Urlaub. Und ich auch." "Sandra." Beatrix schüttelt lächelnd den Kopf. "Nur damit ich das richtig verstehe: deine Eltern fahren weg. Dein Bruder sucht eine Wohnung. Du bist damit also drei Wochen allein zu Haus. Richtig?" "Nein. Sechs Wochen." Sie senkt den Kopf. Ich bin genauso überrascht wie Beatrix; diese Zahl kannte ich noch nicht. "Sie fahren sechs Wochen weg. Mama hat - Zitat - die Schnauze von dem Arsch von Kleingeist voll, mit dem sie verheiratet ist. Zitat Ende. Und Papa hat - Zitat - die Nase von der ausgeleierten Möse voll, die ihm immer auf die Eier geht. Zitat Ende." Als sie wieder aufschaut, glänzen ihre Wangen naß. "Ich bin so froh, wenn ich die sechs Wochen lang nicht sehe", sagt sie mit zitternder Stimme. "Verraten Sie mich bitte nicht. Bitte!" Sie kämpft die Tränen zurück, während Bea und ich sie vollkommen schockiert anschauen. "So geht das bei euch zu?", fragt Bea flüsternd, als hätte sie Angst vor der Antwort. Sandra nickt. Sie greift nach der Serviette und tupft sich die Augen trocken. "Ja." Sie lächelt bemüht. "Können wir denn jetzt über Ihren früheren Beruf reden?" "Kind!" Mit einem Satz ist Bea bei ihr und nimmt sie in den Arm. Sandra schmiegt sich zitternd an sie. Ich greife über dem Tisch nach ihrer Hand; das kann Bea mir wohl nicht übelnehmen. Sie nimmt es uns auch nicht übel, wie mir ihr besorgter Blick zeigt. Besorgt wegen Sandra. Nicht wegen mir, nicht wegen uns. "Warum hast du mir das am Sonntag nicht erzählt, Sandra?", frage ich sie leise. "Deswegen. Weil Sie mich auch todsicher in den Arm genommen hätten, um mich zu trösten, und das hätte auf Ihre Frau oder Ihren Sohn keinen besonders guten Eindruck gemacht." "Das ist doch jetzt nebensächlich." Beatrix kocht wieder auf kleiner Flamme. "Es ist völlig unmöglich, daß du sechs Wochen allein zu Hause bleibst!" "Nein!" Sandra fährt wütend auf. "Das ist alles schon geklärt. Frank und ich bekommen genug Geld, um vier Monate zu überstehen. Er bekommt außerdem das Geld für den Makler, und ich kaufe ja sowieso schon seit sechs Wochen ein. Seit wir hier wohnen. Werden Sie jetzt etwa die Ämter informieren?" "Unsinn!" Beatrix wird ebenfalls wütend. "Aber du bist erst 13, Sandra!" Sandra beruhigt sich schnell wieder. "Und? Über die Woche mache ich die Post für meine Eltern auf und sortiere sie. Rechnungen in den einen Korb, Privates in den anderen. Wenn ich etwas brauche, liegt immer etwas Geld in - an einer bestimmten Stelle. Oder ich schreibe einen Zettel mit dem, was ich brauche. Sonntags ist das Geld dann da. Manchmal mit dem Taschengeld, manchmal ohne. Für absolute Notfälle habe ich eine Kreditkartennummer, die ich angeben kann. In unserer alten Stadt hat mein Bruder mir noch geholfen, und hier mache ich eben alles alleine." Sie atmet tief durch, und ihre alte, sanfte Stimme kehrt zurück. "Es tut mir leid, Frau Zimmermann. Sie und Ihr Mann sind so nett zu mir, und ich schreie Sie an." "Vergiß es." Bea fährt ihr lächelnd durch das Haar. "Ich bin die Letzte, die dir deshalb einen Vorwurf machen darf. Jetzt wundere ich mich allerdings nicht mehr, daß du einen so reifen Eindruck machst." "Tja, das Leben formt einen, wie mein Bruder immer sagt." Sie lächelt wehmütig. "Sie verraten mich doch nicht, oder?" "Natürlich nicht." Bea drückt sie noch ein Mal, dann setzt sie sich wieder. "Dein Bruder ist 19?" "Ja. Er wird im November 20." Sie trinkt einen Schluck von ihrem Milchkaffee. "Ich komme wirklich alleine klar", sagt sie ernst. "Getränke lasse ich zu uns nach Hause bringen. Die normalen Sachen kann ich entweder mit dem Rad transportieren, oder ich rufe mir ein Taxi. Ich mag es so, wie es ist. Ich komme klar. Ganz ehrlich." "Und was ist mit Ärzten?" Sandra seufzt lächelnd. "Alle drei Monate ein Termin beim Zahnarzt. Der letzte ist kurz vor unserem Umzug gewesen, und den nächsten habe ich schon. Bei einem Arzt in unserer Nähe. Das gleiche für eine Ärztin der Allgemeinmedizin. Termin: Mitte Juni, ansonsten jedes halbe Jahr." Sie wird etwas rot. "Frauenarzt kommt demnächst, im November. Dann bin ich 13 Jahre und sechs Monate. Meine Mutter hat mir schon etwas geschrieben, damit ich auch alleine dort hin gehen kann. Den Termin muß ich aber noch machen." "Hm." Bea schaut sie mißmutig an. "An alles gedacht." "Ja." Sandra lächelt wieder. "An alles. Ich beziehe mein Bett jeden Freitag. Gewaschen wird Donnerstags. Gebügelt... So, wie ich es gerade brauche. Der Kühlschrank ist nicht randvoll, aber ich habe das, was ich gerne esse. Obst ist auch immer da. Frisches Brot kaufe ich auf dem Heimweg von der Schule. Und die Tube Zahnpasta reicht noch mindestens drei Wochen. Eine neue steht schon auf der Liste für übernächste Woche. Ich hab sie bei. Wollen Sie sie sehen?" "Biest." Bea schlägt lachend nach ihr. Sandra weicht kichernd aus. "Na gut. Trotzdem... Sechs Wochen! Da habe ich kein gutes Gefühl bei." "Wo soll ich denn hin?" Sandra zuckt mit den Schultern. "Meine Eltern? Bloß nicht! Mein Opa? Der wettert den ganzen Tag über die Regierung und redet Papa in seine Arbeit hinein. Ich hab ihn sehr lieb, aber mehr als zwei Tage bei ihm überlebe ich nicht. Haben wir schon probiert. Mein Bruder? Der wohnt noch ein paar Tage in einer kleinen Kommune. Alles nur Männer. Als 13-Jähriges Mädchen möchte ich da nicht unbedingt hin, auch wenn mein Bruder mich sicher beschützen wird. Aber ich muß ja nicht mitten in die Probleme treten, oder? Sonst habe ich keine Verwandten." Jetzt endlich klickt es bei Beatrix. Sie schaut mich mit weit offenen Augen an, fast beschwörend. Ich zuckte kurz mit den Schultern. ‚Deine Entscheidung', heißt das. Bea nickt schnell. "Paß auf, Sandra", sagt sie mit einer leicht zitternden Stimme. Das bedeutet, sie redet, obwohl ihre Gedanken noch rasen. Sie macht eine kurze Pause, dann ist ihre Stimme wieder fest. "Unser Sohn fährt drei Wochen nach Frankreich. Sprachreise." "Schön!" Sandra hebt anerkennend die Augenbrauen. Beatrix winkt ungeduldig ab. "Ja, sicher schön. Wichtig ist jedoch, daß wir das erst seit ein paar Tagen wissen. Wir haben unsere Reise nach Norwegen schon gebucht. Natürlich ihn eingerechnet. Und jetzt haben wir einen Platz frei." Sandra nickt mit fragendem Gesicht; etwas verständnislos. "Und?" "Und?" Bea lacht herzhaft. "Du kannst mit uns fahren, wenn du möchtest. Wenn du der Meinung bist, es drei Wochen lang mit uns auszuhalten." "Ich kann -" Sandra fällt perplex in ihren Stuhl. Ich bete. Jetzt kommt es drauf an. Nur auf sie. Auf sie ganz allein. "Ja." Beatrix lächelt zufrieden. "Wir werden in einem kleinen Bungalow wohnen, mit zwei Schlafzimmern. Also kein Problem für dich oder uns. Wir haben einen Garten hinter dem Haus, und einen Bus direkt an der Straße, knapp vier Minuten zu Fuß. Du müßtest nur einen Ausweis haben." "Hab ich!" Sandra nickt eifrig. "Aber warum wollen Sie das tun? Sie kennen mich doch eigentlich gar nicht." "Sagen wir", meint Beatrix schmunzelnd, "wir machen etwas gut. Denk nicht groß darüber nach. Wären deine Eltern damit überhaupt einverstanden?" "Bestimmt." Sandras Augen leuchten. "Das kriege ich hin. Ganz bestimmt." Sie schaut zu mir. "Und Sie? Sind Sie auch einverstanden?" Ich zucke mit den Schultern. "Kommt drauf an. Schnarchst du?" "Nein!" lacht sie fröhlich. "Dann darfst du gerne mit." "Wow!" quietscht Sandra aufgeregt. "Danke! Vielen, vielen Dank!" "Schon gut." Beatrix drückt ihre Hand. Fast werde ich eifersüchtig. Fast. "Eine einzige Frage hätte ich nur noch an dich, Sandra." "Und welche?" "Warum redest du lieber mit meinem Mann als mit mir?" Sandra wird rot. "Sie haben es gemerkt?" "Ja. Warum?" Aus. Wenn Bea mich jetzt anschaut, sieht sie es in meinen Augen. Alles. Mir wird etwas schwindelig. Vor meinen Augen tauchen die Szenen eines heftigen, Nerven zerfetzenden Streites auf. Sandra seufzt stumm. "Das war schon früher so", erklärt sie leise. "Ich komme mit Männern besser klar als mit Frauen. Warum, weiß ich nicht. Ich habe immer besser mit meinem Vater reden können als mit meiner Mutter, selbst über die Sachen, die ein Mädchen sonst mit der Mutter beredet. Ich kam besser mit meinem Opa klar als mit meiner Oma, als sie noch lebte. Ich... Ich handle mehr nach Verstand als nach Gefühl. Mir fällt es oft schwer, über meine Gefühle zu reden. Haben Sie ja gerade gemerkt. Das gleiche bei den Leuten in unserer Gesprächsgruppe in der Schule: Ich kann mit Mädchen reden, aber am besten mit Jungen. Das sorgt für viel Aufregung, wie Sie am Sonntag mitbekommen haben." Mir fallen Zentnerlasten vom Herzen. Laut und polternd. "Alles klar." Beatrix drückt lächelnd Sandras Hand. "Ich dachte mir das schon, aber es ist schön zu sehen, daß du es für dich auch weißt." Sie schaut fragend zu mir. Ich lehne ab. "Nein. Es ist ja alles schon bezahlt. Oder zurück gelegt." "Genau." Sandra beugt sich etwas vor. "Da fällt mir etwas ein. Sie bezahlen den Urlaub für Bernhard in Frankreich, und seinen Platz in Norwegen. Was bekommen Sie von mir?" Selbst Bea, die sonst in den Augen der Menschen nicht lesen kann, merkt, daß es Sandra bitterernst mit dieser Frage ist. Sie seufzt leise. "Mal sehen, Sandra. Einer von uns muß mit einem deiner Eltern reden. Um das alles zu klären." "Wieviel?" Sandra bleibt sanft und ruhig, doch mindestens genauso hartnäckig. Auch dafür liebe ich sie über alle Maßen: sanft wie ein Engel, entschlossen und starr wie ein Berg. Bea gibt nach. "Auf keinen Fall mehr als tausend Mark." Sandra sieht zu mir. Ihre schönen Augen sind distanziert, ohne jedes Gefühl. Fast kalt. Fordernd. "Wieviel?" "Elfhundert. Minus ein paar Pfennige. Und wenn du mich noch ein Mal so kalt ansiehst, werfe ich dich in Norwegen den Lachsen zum Fraß vor." "Ja", meint sie, ohne den Blick zu ändern. "Das traue ich Ihnen glatt zu." Erst dann lacht sie; fröhlich, erleichtert, dankbar. Mein kleiner Engel. Kapitel 6
Der Juni vergeht ohne Probleme. Ohne ein einziges Problem. Beatrix ermahnt mich jeden Morgen, bevor sie aus dem Haus geht, daß ich Sandra aufbauen soll. Sie treibt mich regelrecht in ihre Arme. Nur daß sie es sich bestimmt nicht so vorstellt, wie wir es tun. Mitte Juni redet sie mit Sandras Eltern und sagt hinterher, daß sie noch niemals zuvor so viele Spannungen zwischen zwei Menschen gespürt hat. Und das will bei Beatrix sehr viel heißen. Ihre Eltern erlauben es jedoch, und Beatrix bekommt auch gleich einen Scheck mit. Sandra und ich sind jeden Tag zusammen. Jeden einzelnen Tag. Bernhard ist inzwischen fest mit seiner Sylvia liiert, die für uns nur ein Name ohne Gesicht ist, und somit kann Sandra auch Samstags oder Sonntags zu uns kommen. Bernhard will offenbar nicht das Risiko eingehen, daß wir Sylvia kennen lernen und er das gleiche mit ihr durch machen muß wie mit Sandra. Sandra und ich sind jeden einzelnen Tag zusammen. Am Wochenende gemeinsam mit Bea, doch ansonsten nur für uns. Wir gehen oft schwimmen; meistens in dem großen Baggersee, gelegentlich in dem kleinen, einsamen. Und nur dort nehme ich Sandra im Wasser oder am Ufer in den Arm. Dann küssen wir uns leidenschaftlich, berühren uns an sehr intimen Stellen, streicheln uns dort, befriedigen uns gegenseitig, gleichzeitig. Sandra mag es im Wasser; sie sagt, so bleibt wenigstens ihr Bett sauber. Sie sagt es natürlich mit dem entsprechenden Ernst, bevor sie sich lachend an mich wirft und mich küßt. Wie soll ich das Gefühl beschreiben, beim Schwimmen ein 13-Jähriges Mädchen neben mir zu haben, das ohne Unterteil schwimmt? Das mich so liebt wie ich sie? Wie soll ich das Gefühl beschreiben, abends zu Hause zu sitzen, im Kreis meiner Familie, und zu wissen, daß die Hände, die auf denen meiner Frau liegen, noch vor einer Stunde an Sandras Scheide gelegen haben? Sie berührt, gestreichelt, befriedigt haben? Ich kann beides nicht beschreiben. Ich weiß nur, daß Sandra und ich in einem Netz gefangen sind, dessen Maschen von Tag zu Tag enger werden, sich mehr und mehr um uns schließen, uns einfangen und bis zur Bewegungslosigkeit umschlingen. Wenigstens muß ich nicht mehr lügen und sagen, daß ich spazieren gehe. Der Juni vergeht ohne ein einziges Problem. Bis auf mein Gewissen, das mich von Tag zu Tag mehr an die unmögliche, verbotene Situation erinnert. Jeden Tag mehr. Ich sitze zu Hause, habe meine Frau im Arm, und denke an Sandra. An ihren offenen Mund und den unklaren Blick kurz nach ihrem Orgasmus. An ihren Atem, der mir stoßweise entgegen fährt. An ihren Geruch unter der Bettdecke; diese sinnbetäubende Mischung aus jungem Mädchen, herbem Schweiß, und erfülltem Sex. An ihre Nässe unter meinem Finger, der ein kleines Stück in ihrer Scheide steckt. An ihren nackten Körper, der sich an meinen drängt. An ihre Zunge, die mit meiner spielt. An ihre Lippen, die ich küsse. An ihre weiche Stimme, wenn sie ‚Ich liebe dich!' sagt. An mein übersprudelndes Gefühl, wenn ich ihr das gleiche antworte. Daran denke ich, während ich meine Frau im Arm habe. Bin ich nicht ein guter Ehemann? Mein Gewissen bohrt und drückt und hämmert und schlägt. Dann ist der Samstag da. Der Tag der Abreise. Wir bringen Bernhard samt Gepäck zum Bahnhof nach Düsseldorf, wo schon die Reisebegleiter warten, jagen zurück nach Hause, packen unsere Sachen ein, verriegeln und verrammeln das Haus, rufen ein Taxi, geben der Nachbarin die Schlüssel zum Blumengießen, jagen mit dem Taxi zu Sandra, sammeln sie samt Gepäck ein, wechseln ein paar Worte mit ihren Eltern, jagen nach Düsseldorf zum Flughafen, jagen zum Schalter, holen unsere Tickets, geben das Gepäck ab, zahlen die Gebühr für insgesamt vier Kilo Übergewicht, und sinken dann erschöpft in die Sessel im Warteraum. Anders war es nicht zu machen. Sollte Bernhard erfahren, daß Sandra an seiner Stelle mit in Urlaub fährt, wäre die Hölle los gewesen. Wir werden es ihm nach dem Urlaub sagen. Wenn alles vorbei ist. Wenn sein Kopf voll mit Frankreich ist. Mit dem neuen Fotoapparat, den er sich gewünscht hat und an seinem 15. Geburtstag als Geschenk vorfinden wird. Natürlich nur, wenn er sich zusammen nimmt und das Päckchen nicht vorher öffnet. Sandra hingegen ist munter und aufgeregt. Sie klebt mit dem Gesicht am Fenster, schaut auf die Flugzeuge, die rollen, abheben, landen, hüpft aufgeregt auf der Stelle. Bea bleibt bei ihr, während ich uns Getränke hole. Eine Dose Cola zwei Mark sechzig. Das untrügliche Kennzeichen dafür, daß unser Urlaub begonnen hat. Doch wäre es anders, käme keine Urlaubsstimmung auf. Lächelnd trage ich die drei Dosen zurück. Beatrix und ich sind uns darüber einig, daß wir Sandra in den kommenden drei Wochen wie unser eigenes Kind behandeln. Deshalb setzen Bea und ich uns einen Sitz auseinander hin und winken Sandra zu uns. Sie fliegt förmlich in den schmalen Sessel, strahlt uns abwechselnd an, greift nach unseren Händen und hat nun keine mehr frei, ihre Cola zu trinken. Ich tue so, als wollte ich sie füttern, und Bea weist uns lachend auf die garantiert kommenden Flecken hin. Sandra schaut nervös auf ihre Hände in unseren und löst schließlich wütend quietschend beide, um ihre Cola zu nehmen. Gleich darauf kichert sie ausgelassen, und wir lachen herzhaft. Die Stimmung ist perfekt, dem Urlaub angemessen. Dreißig Minuten später kommt der Aufruf. Wir springen auf, gehen zur Gangway. Unsere Tickets werden lächelnd geprüft. Wir gehen durch den quadratischen, hellgrau gestrichenen Gang. Unsere Schritte klingen metallisch unter dem Teppich. Einige Schritte später betreten wir das Flugzeug. Es ist eng. Wir quetschen uns an den Sitzen vorbei, die Tickets in der Hand, suchen konzentriert nach unseren Sitzen. Dann finden wir sie. Direkt neben der Tragfläche auf der linken Seite. Sandra schaut enttäuscht auf das Fenster; sie sitzt außen, zum Gang hin. Doch nicht lange. Wir quetschen und schieben, dann sitzt sie mit leuchtenden Augen am Fenster. Bea drückt mich auf den Sitz neben ihr; sie selbst nimmt den bequemsten Sitz. Denn die Sitze am Gang sind die einzigen, wo man mal die Beine ausstrecken kann. Doch Sandra ist mit ihrem Platz überglücklich. Ich mit meinem auch. Beatrix lächelt mich an, als sie sieht, daß Sandras Hand in meine kriecht. Wie wird ihr Gesicht aussehen, wenn sie erfährt, daß Sandras Hand oft zu meinem Glied gekrochen ist? Es umschlossen und so lange gepumpt hat, bis ich meinen Orgasmus hatte? Gedanken. Bilder. Ich lächle zurück, vertreibe die Bilder, sehe nach links zu Sandra. Sie dreht sich zu uns, greift mit ihrer linken Hand an mir vorbei nach Beatrix' Hand. "Vielen herzlichen Dank", sagt sie bewegt. "Ihnen beiden." "Ach ja." Bea grinst hinterhältig. "Sandra, wir haben uns überlegt, daß du das ‚Sie' mal fallen läßt. Das macht bei drei Wochen gemeinsamen Wohnen keinen Sinn." Sandra schluckt schwer; ihre Augen werden ganz groß. "Ich soll Sie duzen?" "Ganz genau. Deine Eltern haben dir gesagt, du mußt auf uns hören, und ich befehle dir jetzt, uns zu duzen. Sandra, ich bin die Beatrix." "Äh..." Sandra schluckt wieder. Sie schaut ratlos zu mir. Ich lächle gemein. "Ich bin der Bernd." "Ähm..." Ihr Blick fliegt ratlos hin und her. Schließlich schluckt sie ein drittes Mal. Ihr Gesicht läuft rot an. Sie schüttelt Beatrix' Hand. "Hallo, Beatrix", sagt sie kaum hörbar. "Hallo, Sandra." Bea grinst. "Für mich ändert sich ja nichts. Die Hälfte hast du schon mal hinter dir." "Ja." Sandra löst ihre Hand aus Beas Griff und reicht sie mir. "Hallo, Bernd." Ihre Stimme ist noch nervöser als vorher. Warum? Weil sie Angst hat. Angst, mit dem plötzlichen ‚Du' auch die zwischen uns übliche Vertrautheit an den Tag zu legen. Angst, sich in einem unbedachten Moment zu verraten. Ich war dagegen gewesen, daß sie uns duzt, doch ich hätte Bea keinen vernünftigen Grund für meine Weigerung nennen können, also habe ich zugestimmt, als sie es vorgeschlagen hat. Das Netz zieht sich mehr und mehr zu. "Hallo, Sandra." Ich schüttle ihre Hand. Sandra lächelt uns halbherzig und verlegen zu, dann zieht sie ihre Hand zurück, legt beide in ihren Schoß und schaut hinaus auf die Tragfläche. Bea wirft mir einen aufmunternden Blick zu. Danke, Bea. Danke, daß du mir erlaubst, Sandra vor deinen Augen in den Arm zu nehmen. Das macht alles viel einfacher. So dumm oder blind kannst du doch gar nicht sein, Bea! Ich lege meinen Arm um Sandra. Es ist nicht einfach; die Sitze sind schon zum Sitzen zu eng. Doch als Sandra meinen Arm spürt, geht sie automatisch nach vorne. Wie sonst auch. Dann dreht sie sich zu mir, sieht Beas Augen auf sich gerichtet, und erschrickt. "Entspann dich, Kind!", sagt Beatrix sanft. "Kuschel dich ein, denk an den Urlaub, und freu dich." "Das kommt mir so doof vor!", jammert Sandra. "Er ist doch Ihr Mann!" "Dein Mann", verbessert Bea sie schmunzelnd. Sandra reißt die Augen auf. "Meiner?" "Nein, du Nuß!" lacht Beatrix. "Du sollst mich duzen!" "Ach so." Sandra wird feuerrot im Gesicht. Ich hole sie aus ihrer Pein. Ich ziehe sie an mich, umarme sie mit beiden Armen. Sie hängt ziemlich unbequem zwischen ihrem Sitz und mir, doch sie kuschelt sich mit einem unglücklich klingenden Jammern, das Beatrix wieder zum Grinsen bringt, an mich. "So ist lieb." Sie streicht Sandra über das Haar. "So bleibst du jetzt erst mal." Sie klopft Sandra leicht auf die Schulter, dann schnappt sie sich eine der Broschüren aus dem Netz vor ihr und liest sie aufmerksam. Und ich habe das Mädchen im Arm, das ich liebe. Und sitze neben meiner Frau. Ich drücke Sandra unmerklich an mich. Sie hebt ihren Kopf etwas an; nicht genug, um mir in die Augen sehen zu können, doch genug, ihr Haar an meiner Wange zu spüren. Das Band zwischen uns wird wach, meldet sich. Sandra schmiegt sich unmerklich fester an mich, um keine schnelle Bewegung zu machen. Genauso behutsam umarme ich sie kräftiger. Wir wollen uns. Jetzt. Ich spüre es, und ich spüre, daß Sandra es auch spürt. Sie drückt sich kurz und kräftig an mich, dann setzt sie sich wieder gerade. Für einen Moment begegnen sich unsere Blicke. Wir wollen uns jetzt. Wir brauchen uns jetzt. Sandra schaut nach draußen; im gleichen Moment, in dem ich den Blick abwende. Drei Wochen unter den Augen meiner Frau. Das kann gar nicht gut gehen. Es ist zum Scheitern verurteilt, wie unsere Liebe, wie unsere Beziehung. Es kommt Unruhe auf. Wir schauen über die Sitze nach vorne. Zwei Stewardessen erklären die Benutzung der Schwimmwesten. Macht auch Sinn, denke ich zynisch; die meiste Zeit fliegen wir ja über Land. Dennoch lenkt uns die Vorführung ab. Wir lauschen zuerst den norwegischen Sätzen, danach den englischen. Dann geht es los. Wir schnallen uns an. Sandras Augen leuchten wie Sterne, als die Klappen an den Tragflächen sich bewegen. Unsere Hände treffen sich. Im letzten Moment denken wir daran, sie ganz normal zu halten, nicht die Finger zu verschränken. Das Flugzeug rollt los, den Taxiway entlang, zur Startbahn. Tonnen von Stahl bringen sich in Position. Ich denke an Sandras kleine Hand um mein Glied. Meine Hand drückt fester zu. Wie ihre. Wir sind jetzt über eine Stunde zusammen. Ohne Kuß. Ohne Streicheln. Ohne Umarmung. Drei Wochen. Es wird knallen. Es muß knallen. Das Flugzeug stoppt kurz. Dann brüllen die Düsen auf. Die Beschleunigung drückt uns in den Sitz. Sandra atmet aufgeregt ein. Ihr Kopf dreht sich zu mir, ihre Augen leuchten vor Aufregung. Kein Kuß. Kein Streicheln. Keine Umarmung. Kein Teilen dieses Augenblicks. Wir rasen über die Startbahn, schneller und schneller. Dann gibt es einen leichten Ruck. Das Rütteln hört auf. Wir fliegen. Unsere Hände zerquetschen sich fast gegenseitig. Noch immer kein Kuß. Drei Wochen lang keinen Kuß, kein Streicheln, keine Umarmung? Das muß knallen. Unsere Nerven beruhigen sich langsam, als das Flugzeug immer höher steigt. Der Griff unserer Hände entspannt sich, und als das Lichtzeichen erlischt, lösen wir die Gurte. Ruhe kehrt ein. Entspannung. Ohne den gewohnten vorherigen Reiz schmeckt die Ruhe schal.
Drei Stunden später sind wir in unserem Ferienheim. Es ist eine richtige Feriensiedlung. Mit Tennis- und Sportplätzen für die Aktiven, Swimming Pools für die ganze Familie, Spielplätzen für die Kleinen, und kräftig dunkelgrünen Wäldern für die heimlich Verspielten wie Sandra und mich. Die Siedlung ist nach dem Prinzip der ‚Centerparks' aufgebaut, doch im norwegischen Stil. Die Blockhäuser sind aus echtem, herrlich riechendem Holz. Das Gras ist kein Kunstrasen, sondern echtes, frisches, saftiges Gras. Nichts gegen Centerpark; deren Feriendörfer sind erstklassig durchdacht, perfekt aufgebaut. Doch hier ist die Siedlung in die Natur gebaut worden, und nicht die Natur in die Siedlung. Wir kommen jeden Sommer her. Wir stellen die Koffer in das Blockhaus und wollen gleich zum Essen gehen, doch Sandra steht still und reglos auf einem Fleck. Ihre großen Augen sehen einen gemütlichen Raum, eingerichtet mit echt rustikalen Möbeln: zwei Sessel, zwei Sofas mit je drei Sitzen, ein Eßtisch mit vier Stühlen, zwei große Schränke. Vorherrschende Farben: dunkelbraun und beige. Die linke Wand wird von einem großen gußeisernen Ofen nebst Spüle, Kühlschrank und Küchenschränken beherrscht. An der Rückwand befinden sich zwei Türen, zu den Schlafzimmern. An der rechten Wand, hinter der dritten Tür, verstecken sich das Bad und, dahinter, die Sauna. Insgesamt acht Fenster lassen mehr als ausreichendes Licht in den gut zwanzig Quadratmeter großen Raum. "Cool!" wispert Sandra überwältigt. "Es geht noch weiter." Ich lege meinen Arm um sie, begleitet von Beas gerührtem Blick, und führe sie wieder vor die Tür und um das Blockhaus herum zur Rückseite. Dort ist ein Grillplatz nebst einer großen Wiese, hinter der wir fröhliches Kindergeschrei und platschendes Wasser hören. "Das ist wundervoll, Bernd!" flüstert Sandra überwältigt. Ich ziehe sie enger an mich. "Deswegen kommen wir jedes Jahr hierher. Die Schlafzimmer sind allerdings nicht sehr groß. Gerade mal ein Meter Platz um die ziemlich schmalen Betten herum. Schlafen, Aufstehen, und raus ins Grüne; das ist hier die Devise." "Wundervoll." Sie schmiegt sich an mich, schlingt beide Arme um mich. "Komm, mein Engel", flüstere ich. "Gehen wir Essen." Sie schaut mich an, nickt schweigend. Ihr sehnsüchtiger Blick tut mir weh; dafür haben wir weder Gelegenheit noch Ruhe. "Bald", vertröste ich sie. "Nach dem Essen packen wir die Koffer aus, dann schauen wir weiter." "Okay." Sie drückt mich noch ein Mal, mit aller Kraft. Dann gehen wir zurück zu Bea, die uns lächelnd erwartet. "Na? Überwältigt?" "Und tief beeindruckt." Sandra wirft sich an Bea und drückt sie so stark, daß Bea laut die Luft ausstößt. "Sie sind so nett zu mir!" "Du." "Ich bin nett zu Ihnen?" Beatrix lacht herzhaft. "Sandra! Sag endlich Du zu uns." "Ach so. Ja." Sie kichert verlegen, löst sich von Beatrix und steht etwas verloren in der Gegen herum. Ich strecke meine Hand aus. "Kommt. Gehen wir essen." Unser Blockhaus liegt am westlichen Ende des Geländes, das Restaurant am nördlichen. Es ist sowohl für die Feriengäste als auch für die Allgemeinheit zugänglich. Auf dem Weg dorthin zeigen wir Sandra die etwas versteckten Wege zu den Pools und den Sportplätzen. Einige Minuten später betreten wir das Restaurant, das etwa zur Hälfte mit Gästen gefüllt ist. Auch hier ist Holz das vorherrschende Material. Wir wählen einen Tisch am Fenster, mit Blick auf einen der Pools. "Das richtige Schwimmbad ist in der Mitte des Geländes", erklärt Beatrix Sandra. "Ein kombiniertes Hallen- und Freibad. Außen ist eine schön lange Rutsche." Sofort leuchten Sandras Augen auf. Ihr Kopf ruckt zu mir herum. "Gehen wir nach dem Essen schwimmen?" "Nein." Ihr Lächeln erstirbt. "Warum nicht?" "Weil wir nach dem Essen die Koffer auspacken. Dann gehen wir schwimmen." Das Lächeln erscheint wieder, strahlender als vorher. Beatrix schmunzelt.
* * *
Jeder Tag ist lang wie die Ewigkeit. Sandra und ich haben nur selten Gelegenheit, ganz für uns zu sein. Ein verstohlener Kuß hinter einem Busch oder im Haus, eine schnelle Berührung, wenn Bea uns den Rücken zudreht. Das ist alles. Sind wir im Haus, stören uns die hellen Schreie der Kinder draußen. Sind wir draußen, stören uns die vielen anderen Menschen. Sind wir im Garten, schauen die Kinder aus ihren Baumhäusern auf uns herab. Wir haben keine Zeit für uns. Glücklicherweise schlafen Bea und ich nicht miteinander; das haben wir uns für die Ferien abgewöhnt, als Bernhard zwölf wurde. Wenn Sandra diese Geräusche hören würde... In der zweiten Woche zeichnet sich langsam so etwas wie eine Gelegenheit ab. Bea ist in ihrer "Müdigkeitsphase", die immer in der zweiten Urlaubswoche einsetzt: sie liegt nur faul auf dem Liegestuhl und läßt sich von der Sonne bräunen. Als ich ihr mitteile, daß Sandra und ich etwas durch die Landschaft ziehen, winkt sie nur schlapp und murmelt: "Viel Spaß." Wir gehen zum Pool, der heute vollkommen leer ist, doch ein Angestellter des Parks hält uns auf. "Bassenget er stengt pga. Rengjøring". Ich nicke betrübt und wende mich ab. Sandra schaut mich fragend an. "Was hat der gesagt?" "Der Pool ist geschlossen. Wegen Reinigung." "Sch- Mist." Wir nehmen uns an die Hände und laufen das Gelände ab, doch überall ist Hochbetrieb. Entnervt gehen wir wieder zum Blockhaus. "Wir fahren etwas in die Stadt, Bea." Sie nickt nur müde. Eine Viertelstunde später stehen wir umgezogen an der Haltestelle, und kurz darauf kommt der Bus. Wir steigen ein. Ich halte dem Fahrer einen Schein hin, doch er schüttelt den Kopf. "Kun mynter, takk." "Vi har ingen mynter." "Beklager, da må dere ta en taxi." Also wieder nach draußen. Sandra ist verstört. "Was ist los?" "Er nimmt nur Münzen an. Als ich sagte, daß wir keine Münzen haben, hat er bedauernd auf ein Taxi verwiesen. Wenigstens war er höflich." "Kannst du Norwegisch?" "Etwas." Ich lege meinen Arm um sie, während wir dem Bus nachschauen. Sandra schmiegt sich laut seufzend an mich. "Ich brauch dich!", jammert sie leise. "Ich dich auch, mein Engel." Ich lege beide Arme um sie und ziehe sie an mich. Sandra drückt mich kräftig. Für einen Moment genießen wir den Kontakt, dann wächst die Sehnsucht. Die momentan unstillbare Sehnsucht. Wir lassen uns los. Sie kommt an meine Seite, legt den Arm um meine Hüfte. Wir gehen zu Fuß in die Stadt. Doch auch dort sind Menschen, Menschen, Menschen. Überall. Wenigstens können wir uns spüren. Die dritte Woche ist noch schlimmer. Bea kehrt zurück zu den Lebenden, aktiver und fröhlicher als vorher. Sie begleitet uns überall hin, lacht und scherzt mit Sandra und mir und geht uns beiden ganz gewaltig auf die Nerven. Doch wir machen gute Miene zum bösen Spiel. Wir müssen gute Miene zu dem Spiel machen. Als der Tag der Rückreise anbricht, sind wir überglücklich. Sandra und ich. Beatrix meint schmunzelnd, daß sie es noch mal drei Wochen hier aushalten würde, ohne jedes Problem. Sandra lächelt etwas verkrampft, ohne zu antworten. Gegen Mittag sind wir wieder in Düsseldorf. Es ist Freitag. Bernhard wird morgen Mittag zurück kommen. Bea redet auf Sandra ein, daß sie ruhig bei uns schlafen kann, doch Sandra lehnt ab. "Es war ein ganz toller Urlaub, Beatrix", bedankt sie sich herzlich. "Wirklich. Ich kann mich gar nicht genug dafür bedanken. Aber ich muß nach Hause. Ich muß meine Sachen waschen; ich hab kaum mehr was. Ich muß einkaufen. Und zu Hause wahrscheinlich richtig Klar Schiff machen. Es ist nett von dir gemeint, aber -" "Schon klar." Beatrix lächelt mitfühlend. "Sollen wir dich dann gleich nach Hause bringen?" "Ja, bitte. Ich würde gerne noch bei euch bleiben, aber morgen ist ja schon Samstag, und dann schaffe ich das alles nicht mehr." Wir rufen uns ein Taxi. Gut fünfzig Minuten später hält es vor Sandras Haus. Ich helfe Sandra, ihren Koffer ins Haus zu bringen. In der Haustür schaue ich zu Bea, deute auf den Koffer und zeige dann nach oben. Sie nickt lächelnd und sagt etwas zu dem Taxifahrer. Ich trage Sandras Koffer nach oben. In ihrem Zimmer küssen wir uns; leidenschaftlich, ausgehungert, mit dem Frust von drei Wochen. Dann lösen wir uns schnell voneinander. "Ich ruf dich morgen an", verspricht sie. "Vielleicht können wir abends was machen. Uns treffen." "Auf jeden Fall, mein Engel. Ich liebe dich mehr als alles andere, Sandra." "Ich liebe dich mehr als mein Leben", erwidert sie sehnsüchtig lächelnd. Ich ziehe sie an mich. "Das wollte ich damit sagen. Bis morgen, mein Engel." "Bis morgen, Liebster." Ein schneller, heftiger Kuß, dann eile ich nach unten. Sandra läuft hinter mir her. Sie wartet, bis ich im Taxi bin, dann winkt sie uns zu und schließt die Tür. "Dieses Biest hat mir den ganzen Tag vermiest", meint Beatrix verärgert. Ich schaue sie erschrocken an. Mein Herz rast. "Sandra?" "Ja. Waschen, einkaufen, Staub wischen... Mußte sie mich daran erinnern?" Lachend klopft sie mir von hinten auf die Schulter. Ich halte diesen Streß nicht mehr lange aus. Mein Herz rast wie verrückt.
Bernhard hat sich fantastisch erholt. Er läuft braungebrannt auf uns zu, bedankt sich als erstes stürmisch für die tolle Spiegelreflexkamera, die wir ihm geschenkt haben, und sprudelt dann los, was er alles getan, gesehen, und erlebt hat. Mitten in seiner Erzählung reißt er sich los und springt zu einem 15-Jährigen Mädchen. Er nimmt ihre Hand und zieht sie zu uns. "C'est Danielle", stellt er sie uns vor. "Danielle, ma Mere et mon Pere." "Angenehm!", lacht das Mädchen. "Bernhard ist noch gar nicht zurück." "Ich bin auch noch halb in Norwegen", grinst Bea sie an. "Wohnst du hier in der Gegend?" "Das ist das Beste!" Bernhard strahlt uns an. "Sie wohnt gleich hier in Düsseldorf! Nächstes Wochenende wollen wir uns treffen." Da hat er einen guten Fang gemacht, wie ich feststellen muß. Danielle - oder Daniela, wie sie auf Deutsch heißt - ist zwei Zentimeter kleiner als Bernhard, hat volles braunes Haar und ebensolche Augen. Sie ist nicht so schlank wie Sandra, sieht jedoch sehr gut aus. Sie hat eine Ausstrahlung von Selbstsicherheit. Wir unterhalten uns noch eine Weile, bis Daniela ihre Eltern entdeckt. Erneut wird vorgestellt und unterhalten, dann nehmen die Väter die Koffer ihrer Kinder, die Kinder laufen vor, und die Mütter unterhalten sich angeregt. Daniela und Bernhard stellen auf dem Parkplatz sicher, daß sie Telefonnummern und Adressen haben, dann wird sich verabschiedet. Acht Augenbrauen heben sich, als die beiden sich kräftig in den Arm nehmen. Da scheint etwas mehr gelaufen zu sein als nur Bekanntschaft. Der Blick in Danielas Augen kommt mir nämlich sehr bekannt vor. Sandra hatte den gleichen Blick gehabt, als ich aus ihrem Haus ging. Endlich sitzen wir im Auto. Beatrix spricht Bernhard gleich auf die wichtigen Themen an. "Hattet ihr Sex?" Bernhard wird etwas rot. Also nur etwas Sex. "Äh - nicht direkt." "Petting?" Nun wird er richtig rot. Er schweigt und schaut zu Boden. "Und Sylvia?" Auch darauf weiß er keine Antwort. Beatrix schaut ihn vorwurfsvoll an. "Werd erwachsen, Kerl." Bernhard fährt auf. "Wollte ich ja, aber ihr war es noch zu früh." Das bringt sogar mich zum Lachen. Auf Bernhards Wunsch hin halten wir an einem Fotogeschäft, das Fotos innerhalb einer Stunde entwickelt. Er gibt dort fünf volle Filme ab. Wer dafür bezahlen darf, weiß ich auch schon, aber das war im Geschenk mit drin. Zu Hause zeigt er uns stolz, wie gut er mit der Kamera schon umgehen kann. Über das zusätzliche Objektiv - Brennweite 28 bis 120 Millimeter - freut er sich ganz besonders, selbst nach den drei Wochen. Er hat, wie er uns verlegen gesteht, das Geschenk natürlich schon im Zug aufgemacht. Aber das sehen wir ihm gerne nach; so hat er immerhin eine perfekte Dokumentation von seiner Reise. "Ähm...", gesteht er etwas beschämt. "Eigentlich..." "Bernhard!" Beatrix fällt lachend in das Sofa. "Hast du etwa alle fünf Filme mit Daniela vollgeknipst?" Er nickt mit brennenden Wangen. Dann erzählt Bea ihm von Sandra, doch er nimmt die Nachricht, daß sie mit uns in Urlaub war, ungerührt auf. Er fragt, ob es schön war, dann schaut er wieder lächelnd auf die Kamera; in Gedanken wohl "seine" Daniela darin sehend. Wir unterhalten uns, bis das Telefon klingelt. Bernhard springt auf und hechtet zum Beistelltisch, wo es steht. Beatrix ist viel zu langsam für ihn. "Bernhard Zimmermann!", meldet er sich aufgeregt, Danielas ersten Anruf erwartend. Dann stutzt er, lauscht, und sagt schließlich: "Klar." Er reicht Beatrix den Hörer. "Sandra." "Ah!" Bea greift lächelnd nach dem Hörer. "Sandra? Alles erledigt? - Ja, ich auch. Nach dem Tag kann ich wieder Urlaub vertragen." Sie lacht. "Du auch? Kann ich mir vorstellen." Plötzlich runzelt sie die Stirn, während Bernhard seine Kamera zurück in die Tasche packt. "Sandra, sind das deine Eltern, die im Hintergrund streiten?" Sie schließt kurz die Augen. "Das hört sich ja grauenhaft an. Willst du zu uns kommen? - Nein, das geht. Sicher. Warte." Sie schaut zu mir. "Sandra fragt, ob du Lust hast, schwimmen zu gehen." Ich erhalte einen beschwörenden Blick. Offenbar will Beatrix sie schnellstens von zu Hause weg haben. Ich nicke. "Geht in Ordnung, Sandra. Wann soll er bei dir sein? - Wenn er fertig ist. Okay. Er fährt sofort los. Mach's gut, Sandra." Sie legt auf und grinst mir zu. Ich stehe auf. "Wo geht ihr hin?", fragt Bernhard. Da Sandra und ich mit Beatrix' Segen zusammen sind, kann ich ganz offen antworten. Ich muß es sogar, denn wenn jemand Sandra zusammen mit mir sieht und meine Frau informiert, kann sie immer noch lächelnd sagen, daß sie ganz genau weiß, was ich tue und warum ich es tue. "Ins Freibad. Sandra hat sich sehr an die Rutsche ins Wasser gewöhnt. Warum?" Er grinst schief. "Damit ich euch nicht mit Sylvia über den Weg laufe. Wir wollten auch schwimmen gehen." "Findest du das in Ordnung?", fragt Bea ihn sanft. "Hier Sylvia, da Daniela..." "Nein." Er atmet tief durch. "Das mit Daniela hat sich einfach so ergeben, Mama. Deswegen will ich mich ja mit Sylvia treffen. Um ihr das zu sagen." "Hoffentlich." Sie schaut ihn streng an. "Zwei Freundinnen gleichzeitig ist das Schlimmste, was es gibt, junger Mann. Glaub mir das. Es bedeutet Lügen, Verstecken, Verheimlichen. Das geht auf Dauer nicht gut." Wem sagst du das, Bea! Bernhard nickt wie ein Mann, dem das alles vollkommen klar ist. Ich suche meine Sachen zusammen und fahre zu Sandra. Da ihre Eltern daheim sind, steigt sie gleich ein. Wir fahren zum Freibad, wo ich zwei Karten kaufe. Als Beweis. Dann machen wir kehrt, fahren zum See, stellen den Wagen ab und gehen um den Baggersee herum, bis zu "unserer Stelle". Von dort können wir sehen, ob jemand kommt. Wir ziehen uns schnell um, dann setzen wir uns. "Bernd!" Sandra wirft sich auf mich. Im nächsten Moment küssen wir uns verzehrend. Drei Wochen aufgestaute Gefühle entladen sich. Ich ziehe ihr im Liegen das Höschen herunter, greife mit beiden Händen zwischen ihre Beine und reibe sie mit aller Kraft. Drei Wochen ohne richtigen Kontakt. Wir verschmelzen fast miteinander. Sandra kommt sehr schnell. Noch in ihrem Orgasmus rolle ich sie auf den Rücken, ziehe ihr das Höschen aus und vergrabe mein Gesicht in ihrem Schritt. Es ist das erste Mal, daß ich Sandra auf diese Art befriedige. Sie stöhnt voller Erregung auf, noch gefangen in ihrem Orgasmus, doch den nächsten, stärkeren schon spürend. Ich stoße meine Zunge in ihre kleine Scheide, lasse ihren jugendlichen, milden Geschmack in meine Nerven ziehen, will es ihr so schön und so stark wie niemals zuvor machen, lecke und beiße, lutsche und kaue, sauge und trinke. Sandra windet sich wimmernd vor Lust unter mir. Ihre Hände liegen an meinem Kopf, drücken mich fest an ihre Scheide, die sich wiederum an meinem Gesicht reibt, genießt das neue, erregende Gefühl mit jeder Faser, läßt sich nach vorne treiben, preßt ihre Schenkel an mein Gesicht, öffnet sie, schließt sie wieder. Sekunden später stöhnt sie laut, verspannt sich. Ihr Saft fließt fast über mein Kinn. Ich presse meinen Mund an sie, sauge sie aus, trinke von ihr, trinke sie. "Bernd!", keucht sie leise. Ich rutsche schnell neben sie, besorgt die Gegend absuchend. Doch wir sind allein. Sandra kuschelt sich glücklich in meinen Arm. "Der war unbeschreiblich schön", flüstert sie, als sie wieder Luft zum Reden hat. "Danke, Liebster." "Sag nicht Danke, mein Engel." Ich drücke sie zärtlich an mich. Sandra küßt mich sanft, dann liegt sie still. Wie ich. Wir spüren uns nur, nach drei Wochen Enthaltsamkeit. Schließlich setzt Sandra sich auf, greift nach ihrem Höschen und zieht es an. Dann gehen wir schwimmen. Wir toben etwas herum, bespritzen uns mit Wasser, schwimmen ruhig, spielen wieder albernd herum. Nach einer Stunde gehen wir zurück ans Ufer. Wir trocknen uns gegenseitig ab. Anschließend liegen wir still. Ein paar Minuten lang. Bis uns der Hunger wieder packt. Ein prüfender Blick in die Runde, nur zur Sicherheit, dann ziehen wir uns vollständig aus. Wahnsinn, ja; doch wir müssen es tun. Wir legen uns nebeneinander hin, drehen uns zueinander, befriedigen uns gegenseitig. Dann endlich ist es gut. Wir liegen Arm in Arm auf der Decke. Der sanfte Sommerwind streicht über unsere Haut. Das leise Rascheln der Blätter lullt uns ein. Schläfrig küssen wir uns, streicheln uns. "Ob wir es jemals schaffen?", fragt sie leise. "Ich weiß es nicht, mein Engel." Meine Finger fahren zärtlich durch ihr Haar. "Wie soll ich das erklären, Sandra? Daß du Albträume hast?" "Ja." Sie lächelt sehnsüchtig. "Du mußt die ganze Nacht an meinem Bett sitzen und meine Hand halten." Wir küssen uns. "Ich möchte es auch", sage ich dann. "Eine Nacht mit dir in einem Bett liegen. Mit dir einschlafen und mit dir aufwachen. Aber -" "Ich weiß." Sie lächelt; schmiegt sich an mich. "Warten wir ab. Wenn's sein muß, kann ich ja vernünftig sein." Sie seufzt, dann rollt sie sich auf mich und kichert. "Ich will aber nicht vernünftig sein. Kuß!" Den bekommt sie. Mit Sonderausstattung: meine Hände auf ihrem nackten Po. Gegen halb sechs gehen wir noch ein Mal schwimmen, gegen sechs Uhr packen wir zusammen. Ich bringe sie nach Hause. Wir verabschieden uns ohne Kuß, da ihre Eltern sie schon erwarten. Wenig später bin ich auf dem Weg nach Hause. Bernhard kommt erst nach dem Abendessen. Er ist furchtbar angespannt. Als hätte er einen dicken Stein in der Hand und ist schon so gut wie entschlossen, ihn in ein Schaufenster zu werfen. "Was hast du?", fragt Beatrix beunruhigt. Er wirft uns einen Blick zu, vor dem wir erschrecken. Wir sehen Haß. "Ich wollte mich noch bedanken", sagt er mit bebender Stimme und klatscht einen dicken, bunten Umschlag auf den Tisch. Einen Umschlag voller Fotos, wie wir auf Anhieb erkennen. "Dafür, daß ihr euch bei Sandra und mir so eingemischt habt." In diesem Augenblick erkenne ich, daß es aus ist. Bernhard wußte, wo Sandra und ich sind. Er muß uns nachgefahren sein; zum Baggersee sind es vom Freibad nur ein paar Minuten mit dem Auto. Bernhard hat eine gute Kamera mit Teleobjektiv. Bernhard hat Sandra und mich am Baggersee fotografiert. Das ist seine Rache dafür, daß ich mich so um Sandra gekümmert habe. Was er damit anrichtet, weiß er wohl gar nicht. Er will nur Rache. Die Rache eines eifersüchtigen 15-Jährigen Jungen, der die Schuld an seinem Versagen bei allen anderen sucht. Nur nicht bei sich. Er schlägt mit voller Kraft um sich, und wo er trifft, ist ihm völlig egal. Hauptsache, er trifft. "Bist du übergeschnappt?", fragt Beatrix fassungslos. "Wovon redest du?" "Schau nach." Sein Zittern wird stärker. Er sieht mich an. Er sieht, daß ich weiß, was in dem Umschlag ist. Sein Gesicht verzieht sich unter der Wut zu einem schrecklichen Lächeln. Beatrix schaut perplex zu mir, zu Bernhard, wieder zu mir. Ihre Hände greifen unsicher nach dem Umschlag. Ich will sie aufhalten, ihre Hand festhalten, alles ungeschehen machen, doch ich bin gelähmt. Ich kann mich nicht bewegen. Ich kann nicht einmal schlucken. Mein Mund ist trocken wie Staub. Beatrix öffnet den Umschlag. Sie zieht einen Stapel Fotos heraus. 36 Bilder, wie ich sofort sehe. Und Beatrix sieht, wer auf den Bildern ist. Schon das oberste ist eindeutig. Ein schlanker nackter Körper eines jungen Mädchens mit langen, lockigen, hellblonden Haaren auf einem stämmigen nackten Körper eines erwachsenen Mannes. Beatrix' Hände flattern, als sie Bild für Bild ansieht. Sie sind alle verschwommen und unscharf, wie ich vollkommen unbeteiligt feststelle, und die Gesichter sind überhaupt nicht zu erkennen, doch wir drei wissen, wer auf den Bildern ist. Wer der schlanke, kleine Fleck und wer der große, stämmige Fleck ist. Ihre Hände flattern wie die eines Rauschgiftsüchtigen auf Entzug, als sie die Bilder zurück auf den Tisch legt. "Verschwinde in dein Zimmer", flüstert sie bebend vor Wut. Bernhard will nach den Bildern greifen. Bea springt auf und gibt ihm eine derart starke Ohrfeige, daß es ihn umwirft. "Verschwinde!", brüllt sie ihn an. "Oder ich bringe dich um!" Und er ist ihr leiblicher Sohn. Was erwartet mich? Bernhard kommt wie ein flinker Affe auf die Füße und rennt raus. In diesem Moment läutet es an der Tür. Trotz ihrer heißen Wut reagiert Bea instinktiv. Sie wischt die Fotos zurück in den Umschlag, klappt ihn zu, versteckt ihn schnell unter dem Sitz des Sofas, und dreht sich zu mir. Ihr Blick spricht Bände. Ein ganzes Sammelwerk voller heißer, zorniger, haßerfüllter Versprechen. Es läutet wieder. Drängender. Fordernder. "Mach die Tür auf", sagt sie tonlos. Ich gehorche; froh, ihrer Wut für einen Moment zu entkommen. Vor der Tür stehen zwei Männer Mitte Dreißig, in normaler Straßenkleidung. Ihre Augen sind kalt, distanziert. Ich kenne diese Augen. Ich habe sie oft genug auf dem Tennisplatz bei wichtigen Turnieren gesehen. Nur daß es dort Sicherheitsleute waren. Diese beiden sind von der Kriminalpolizei. "Herr Zimmermann?", fragt der rechte, etwas größere. Ich nicke stumm; mein Mund ist so trocken, daß ich kaum reden kann. In seinen Augen kann ich nicht lesen. Sie zeigen keinerlei Regung. "Mein Name ist Becker. Dies ist Herr Eberhard. Wir sind von der Kripo." Zwei Hände greifen in zwei Taschen und ziehen zwei Ausweise heraus, die ich einen Augenblick lang ansehen darf, bevor sie wieder verschwinden. "Dürfen wir einen Moment herein kommen?" Nein, besser nicht. Mein Sohn hat mich dabei fotografiert, wie ich meine 13-Jährige Freundin oral befriedige, und meine Frau hat die Bilder gerade gesehen. Könnten Sie vielleicht morgen wieder kommen? "Natürlich", sage ich mit rauher Stimme. "Bitte." Ich trete zurück. Sie kommen herein. Der linke, kleinere, überreicht mir ein Blatt Papier. "Wir haben einen Durchsuchungsbefehl für die Räume von Bernhard Zimmermann. Sind Sie das?" Bernhard? Bernhards Zimmer? Ich werde blaß. Leichenblaß. Ich spüre es an der Gänsehaut an meinem ganzen Körper. "Sind Sie Bernhard Zimmermann?", fragt der rechte, größere. Herr Becker. "Nein", stottere ich. "Das ist mein Sohn. Einen Durchsuchungsbefehl?" "Ja." Ich schaue auf das Blatt Papier. Es ist voller Juristendeutsch. Links oben sehe ich das Wappen der Polizei. Rechts oben ein Aktenzeichen. Es gibt bereits eine Akte? In der Mitte, fett gedruckt, das Wort "Durchsuchung". Weitere Zeilen. Dann: "Herstellung pornographischer Schriften". Wieder in Fettschrift. Das Wort "Sicherstellung" ist in normaler Schrift. "Wo ist sein Zimmer?" Beatrix kommt dazu. Sie hat ihre Maske angelegt; die Maske der Zivilisation. "Was ist los, Bernd?" "Die Kripo. Sie haben einen Durchsuchungsbefehl für Bernhards Zimmer." Der zweite große Schock für Beatrix. Sie tut mir leid. Wirklich leid. Ich habe das alles nicht gewollt, meine Liebste. Nicht so. Können wir nicht einfach so tun, als wäre es Ende Mai, und Sandra wieder ausladen? Sie gar nicht erst kennen lernen? Doch im gleichen Moment weiß ich, daß ich das gar nicht will. Ich will Sandra behalten. Ich kann nicht mehr auf sie verzichten. Nie mehr. Doch das ist jetzt vorbei. "Einen Durchsuchungsbefehl." Beatrix fängt sich wesentlich schneller. Es stimmt, daß Frauen die Stärkeren sind. Nur: wie lange noch? "Warum?" "Steht alles da drauf", meint Herr Eberhard kühl. "Wo ist das Zimmer Ihres Sohnes?" "Ruf unseren Anwalt an, Bernd", sagt Bea, ohne mich anzusehen. "Sofort." "Wo ist das Zimmer?" Herr Eberhard hebt seine Stimme. "Oder wollen Sie Beweismittel zurück halten? Müssen wir noch weitere Beamte anfordern?" Es fängt an, sich zu verselbständigen. Die Gruppe bricht auseinander. Beatrix deutet stumm auf die Treppe nach oben. Sie geht vor, den Zettel in der Hand. Ich laufe zum Telefon, wähle mit fliegenden Fingern die Nummer meines Anwaltes. Er ist nicht da. Natürlich nicht. Es ist Ende Juli, es ist traumhaftes Wetter, und bei uns durchsucht die Kripo das Zimmer meines Sohnes. Warum sollte er zu Hause sein? Ich hinterlasse eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter und renne nach oben. Bernhard steht bleich in einer Ecke; die beiden Beamten sind dabei, alles auseinander zu nehmen. Alles. Die Kamera wird auf den Schreibtisch gelegt, nebst Zubehör. Dann sind seine Schränke dran. Herr Becker zieht einen gleichartigen Umschlag wie den, den Bernhard uns vorhin auf den Tisch geknallt hat, zwischen zwei Pullovern hervor. Ein Blick hinein, dann liegt der Umschlag neben der Kamera. Die gesamte Wäsche meines Sohnes, der bleich und zitternd an der Wand lehnt, kommt auf den Boden. Nicht besonders unordentlich, aber auch nicht ordentlich. Nach dem Schrank kommt das Bett dran, danach seine Schultasche. Anschließend sämtliche Bücher und Musik-CDs. Sein PC wird ausgestöpselt und nach vorne gezogen. Schließlich sind die beiden durch. Wir schauen stumm zu, wie Herr Eberhard eine Liste anfertigt, sie unterschreibt und sie uns schließlich übergibt. Eine vollständige Aufstellung der Dinge, die sie mitnehmen werden. Bernhard weiß es noch nicht, doch seine neue Kamera, die er gerade mal drei Wochen hat, ist weg. Endgültig. Das zumindest weiß ich. Herr Eberhard bringt die Sachen nach draußen, Beas verwirrte Fragen knapp, jedoch korrekt beantwortend. Doch die Antworten verwirren sie noch mehr. Nachdem alles eingepackt ist, führen die Beamten uns wieder nach unten. Wir werden aufgefordert, uns zu setzen. Das tun wir auch; unsere Beine tragen uns nicht mehr. Herr Becker, der größere, bleibt stehen. Sein Blick ist wachsam, sein Körper auf der Hut. Wie der einer Raubkatze vor dem Sprung. Die nur darauf wartet, daß die anvisierte Beute sich bewegt. Herr Eberhard schaut uns an. Beatrix und mich. "Ihrem Sohn wird vorgeworfen, kinderpornographische Bilder hergestellt zu haben", beginnt er gnadenlos kühl. "Normalerweise werten wir die Beweismittel erst aus und laden dann zur Befragung, doch wir haben schon gefunden, worauf wir hingewiesen worden sind." Er legt den Umschlag auf den Tisch, öffnet ihn, holt die Bilder heraus, breitet sie vor uns aus. Er läßt sie einen Moment auf uns wirken. Dann sieht er zu Bernhard. "Sie müssen nicht antworten", belehrt er ihn. "Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern. Sollten Sie jedoch antworten, kann alles, was Sie sagen, gegen Sie verwendet werden. Wenn Sie möchten, können Sie einen Anwalt hinzu ziehen. Haben Sie das verstanden? Verstehen Sie, was ich damit sagen will?" Bernhard nickt. Er hat sich etwas gefangen. Sein Blick gleitet voller Haß über mich. "Ja." Seine Stimme ist rauh, unsicher. Welche wäre das nicht? "Gut. Wo kommen diese Bilder her?" Beatrix greift nach meiner Hand. Nach außen eine Geste zwischen Eheleuten, deren Sohn ihn arger Bedrängnis ist. Nach innen der Schrei nach Halt, nach einem Ende dieser Farce. Vereint angesichts dieser neuen, viel stärkeren Bedrohung halten wir zusammen. Sonst ist nicht nur Bernhard in Gefahr, sondern auch Sandra und ich. Und Bea möglicherweise auch. Welcher Kripobeamte würde einer verheirateten Frau glauben, daß sie ihrem Mann den vertrauten Umgang mit einem fremden, 13-Jährigen Mädchen gestattet? "Die habe ich gemacht." Bernhard holt tief Luft und schluckt "Heute Nachmittag." "Wo?" Bernhard beschreibt die Lage des kleinen Baggersees. Herr Eberhard macht sich Notizen. "Kennen Sie die beiden Personen auf den Fotos?" Beatrix' Hand zerquetscht fast meine Finger. Dann wird das, was wir beide voller Angst befürchten, ausgesprochen; voller Haß und Wut. "Ja! Das ist mein Vater und seine Freundin!" Herr Eberhard notiert. Bernhard weiß überhaupt nicht, was er da beginnt. Erst wenn ich im Gefängnis sitze, wird es ihm klar werden. Dann wird er es bereuen. Doch im Moment ist nur heiße, verzehrende Wut in ihm, die ihn am Denken hindert. "Wie alt ist das Mädchen?" "13." Herr Eberhard notiert. Dann sieht er zu mir. Kalt, distanziert, ohne Gefühl in den Augen. "Sie haben die Belehrung von eben gehört?", fragt er mich. "Soll ich Sie wiederholen, oder ist das nicht nötig?" Beatrix' Hand wird zu einer stählernen Klammer. Sie hat Angst. Pure Angst, in wenigen Minuten ganz allein in diesem Haus zu sitzen und ihren Sohn und ihren Mann im Gefängnis zu wissen. Meine Angst gilt jedoch Sandra. Mag sie noch so stark sein, diesen kalten Augen hat sie nichts entgegen zu setzen. Absolut nichts. Sie wird brechen. So schnell, daß sie es gar nicht mitbekommt. Mein Kopf dreht sich von links nach rechts. "Ist nicht nötig." Meine Stimme vibriert vor Angst und Anspannung. "Wo waren Sie heute Nachmittag, Herr Zimmermann?" Blitzartig zieht der Tag wieder an mir vorbei. Bahnhof. Bernhard. Daniela. Rückfahrt. Essen unterwegs. Sandra. Freibad. Baggersee. Urplötzlich klickt es in mir. Ich stehe wieder im Finale und habe Aufschlag. Es steht 5:4 für mich, bei 2:1 in den Sätzen. Ich muß ruhig bleiben, dann habe ich den Titel in der Tasche. Ich muß ruhig bleiben. Ich muß so verdammt ruhig bleiben wie noch nie zuvor. Die eigene Frau zu hintergehen ist eins, doch sich mit der Kripo anzulegen etwas ganz anderes. Das ist Benzin am Körper, und das Feuerzeug in der Hand brennt bereits. Ich muß so verdammt ruhig und kühl bleiben wie nur möglich. Meine Gedanken rasen und formen ein Bild, das uns alle retten könnte. Zumindest vor der Kripo; das mit Bea hinterher wird ein Klacks dagegen. Ein gemütlicher Plausch unter Eheleuten, gemessen an der Atmosphäre jetzt. "Ich war im Freibad", sage ich mit rauher Stimme. "Allein. Den ganzen Nachmittag." "Können Sie das beweisen?" Die Stimme kühl, distanziert, ohne Regung. Ich nicke. "Ja. Die Karte ist in meiner Brieftasche. Sie liegt auf dem Schränkchen in der Diele." Herr Eberhard steht auf. "Holen Sie sie." Er folgt mir in die Diele. Ich nehme die Brieftasche in die zitternde Hand. Er bittet mich zurück ins Wohnzimmer. Dort ziehe ich unter den Augen aller die Eintrittskarte heraus. Herr Eberhard nimmt sie, prüft sie, notiert die Daten. Dann reicht er sie mir zurück. Sein Blick fällt auf Beatrix, die betet und betet und betet. "Können Sie das bestätigen?" Bea nickt zitternd. "Ja. Seine Badehose ist oben im Bad. Noch feucht. Das Handtuch auch." Herr Eberhard steht auf. "Zeigen Sie sie mir." Bernhard, Herr Becker und ich bleiben unten. Ich werfe Bernhard einen eindringlichen Blick zu, doch er sieht mich nicht an. Herr Becker beobachtet uns ungerührt. Wenig später sind sie wieder unten. Herr Eberhard schreibt etwas auf seinen Block. Dann sieht er zu Bernhard. "Bleiben Sie dabei, daß die Personen auf dem Bild Ihr Vater und seine Freundin sind?" "Darf ich etwas sagen?", melde ich mich. Entweder jetzt, oder es ist zu spät für uns alle. Ich bete wie Beatrix, daß Bernhard die goldene Brücke bemerkt. Ich bete wie niemals zuvor in meinem Leben. Herr Eberhard sieht zu mir. Kalte, gefühllose Augen durchbohren mich. Er wird es nicht schlucken, doch ich muß es versuchen. Ich muß meine Familie vor der Kripo retten. Alles andere können wir unter uns klären, doch das hier nicht. Das muß ganz klar und deutlich so gebogen werden, daß selbst die Kripo es glaubt. Ich bete inständig. "Ich möchte mich vorab für meinen Sohn entschuldigen", beginne ich. Meine Stimme ist lange nicht so sicher, wie ich möchte. Doch es muß reichen. Es muß. "Er ist vor kurzem erst 15 geworden, und in dem Alter ist alles, was nach Sex riecht oder aussieht, von sehr starker Faszination." Die kalten Augen bleiben kalt, gefühllos, reglos. Sie warten auf die Erklärung. "Bernhard weiß, daß sich an diesem Baggersee oft Liebespaare treffen", spinne ich das Garn weiter. "Er weiß auch, daß es in den Sommerferien dort so gut wie ausgestorben ist, und daß sich deswegen oft dort Paare zum... zum Verkehr einfinden. Er hat sich auf die Lauer gelegt und ein Pärchen erwischt." Ich sehe kurz zu meinem Sohn, der beginnt, zu verstehen. Die Panik ist größer als der Haß. Der Haß hat auch Zeit bis später. Jetzt geht es ums Überleben. Das versteht selbst er. Selbst in seiner Wut. "Irgendein Pärchen, Herr Eberhard. Darf ich die Fotos ein Mal sehen?" Herr Eberhard schiebt eins nach dem anderen zu mir, hält sie jedoch fest. Ich schaue sie mir an, als sähe ich sie zum ersten Mal. Als wüßte ich nicht, was der Mann dort, dessen Kopf zwischen zwei schlanken Beinen verschwindet, da eigentlich macht. "Das könnte ich sein", gebe ich unumwunden zu. "Das könnte aber auch jemand ganz anderer sein. Doch egal, wer das ist, Bernhard hat keine ‚Kinderpornographie' hergestellt, wie Sie es nennen. Er hat einfach Dusel gehabt und ein Pärchen beim Sex erwischt. Aus Ihrer Sicht ist das natürlich ein krimineller Akt, weil das Mädchen in der Tat noch recht jung aussieht, aber..." Ich schaue erneut auf die Bilder und deute auf eins. Das Bild, wo Sandra fast in die Kamera zu schauen scheint, doch dank des Teleobjektivs und Bernhards unruhiger Hand ist ihr Gesicht völlig unscharf. Verwischt und verschwommen. "Sie könnte 13 sein", gebe ich zu. "Sie könnte aber auch eine sehr jung aussehende 16-Jährige sein. Ich könnte es nicht sagen." Herr Eberhard schaut mich nur an, ohne jedes Gefühl in den Augen. Sehr lange. Er mustert mich. Legt meinen Kopf offen, untersucht meine Gedanken. Prüft meine Glaubwürdigkeit. Bezieht meine Intelligenz mit ein. Wieviel von dem, was ich sage, ist wahr, und wieviel ist erfunden? Diese Frage geht durch seinen Kopf, während seine Augen mich festhalten. Auf eine Schwäche von mir warten. Auf ein unwillkürliches Zucken der Muskeln. Auf ein verräterisches Aufblitzen in den Augen. Beas Hand ist ein eiserner Ring, der bebt. Bernhard hat verstanden. Auf seiner Stirn zeigt sich Schweiß. Er will auch nur noch, daß es aufhört. Er wollte mir eins auswischen, mit aller Wut. Doch das hier... Nein, das hatte er nicht gewollt. Doch das werden wir alles später klären. Wenn das hier vorbei ist. Falls das hier vorbei geht. Falls wir dann noch zusammen sind. Wenigstens für die Dauer des Gespräches. Ich stehe wieder auf dem Platz. Sehe meinem Gegner auf der anderen Seite des Netzes in die Augen. Ein Kampf vor dem Kampf. Herr Eberhard zieht die Bilder zurück. Er schaut zu Bernhard. "Wer sind die Personen auf den Fotos?" Seine Stimme ist wie Eis. ‚Spiel nicht mit mir, Junge', sagt sie. ‚Mach das Maul auf und sag endlich die Wahrheit. Da draußen werden Kinder umgebracht, und unser Job ist es, die Täter zu finden. Willst du dich wirklich mit mir anlegen? Gut, kannst du haben. Aber du wirst es bitter bereuen, Junge. Glaub mir das.' All das sagt die eiskalte Stimme, ohne es auszusprechen. Bernhard glaubt der Stimme alles. Er bricht zusammen. Er sinkt heftig schluchzend auf den Boden, verschränkt die Arme vor der Brust. "Ich weiß es nicht!", weint er. "Ich habe einfach gehofft, daß ich was Gutes vor die Kamera kriege, und die beiden kamen an. Ich kenne sie nicht. Nie gesehen." "Mit was für einem Auto kamen sie an?" "Nicht drauf geachtet. Vielleicht kamen sie zu Fuß." "Wie alt ist das Mädchen?" "Älter als ich. Sie war aber ziemlich klein und schlank." Er läßt den Kopf auf die Knie fallen und weint bitterlich. Herr Eberhard stößt weiter zu. "Warum haben Sie behauptet, es wäre Ihr Vater?" "Weil ich ihn hasse!", schleudert Bernhard ihm entgegen. Vor der Wut in seiner Stimme wäre jeder zurück gezuckt, doch Herr Eberhard verzieht keinen Muskel. Herr Becker bleibt wachsam stehen, schaut nur zu. "Warum hassen Sie ihn?" "Weil er mir meine Freundin ausgespannt hat!" "Wie alt ist Ihre Freundin?" "13." Herr Eberhard sieht zu mir. "Wir scheinen immer wieder auf den Punkt zu kommen, daß Sie eine 13-Jährige Freundin haben, Herr Zimmermann. Möchten Sie dazu etwas sagen?" Kalte, distanzierte Stimme. Wie die Augen. Eine Minute später ist das erklärt. Bea bestätigt es; auch sie sieht den hellen Streifen am Horizont. Herr Eberhard dreht sich zu Bernhard. "Sie werfen ein 13-Jähriges Mädchen, das nicht schwimmen kann, in acht Meter tiefes Wasser? Sie sind eifersüchtig, weil Ihr Vater diesem Mädchen unter den Augen der ganzen Familie Schwimmen beibringt? Und nur deswegen beschuldigen Sie ihn, Verkehr mit diesem Mädchen zu haben?" Jedes Wort ist eine harte Ohrfeige in Bernhards Gesicht. Sein Gesicht ist naß von Tränen, die über die Wangen laufen und auf sein T-Shirt tropfen. Seine Stirn glänzt ebenfalls naß. Er nickt, das Gesicht verzerrt. Dann läßt er den Kopf wieder auf die Knie fallen und weint laut und heftig. Herr Eberhard schaut sich Bernhard einen Moment an. Dann sieht er zu seinem Kollegen. Der kommt näher, schaut sich die Fotos an. Er sieht zu mir. "Das sind Sie." Seine Stimme ist fest. Überzeugt. Sicher. Sie beeinflußt mich. Manipuliert mich. ‚Sag es mir', lockt sie mich. ‚Sag es mir, und dieses grausame Spiel ist vorüber. Ich mache das auch nicht gerne, doch einer muß es ja tun. Sag es mir, und ich lasse euch alle in Ruhe.' Doch ich war jahrelang professioneller Tennisspieler. Habe Kämpfe auf und hinter dem Platz gewonnen und verloren. Nervenkämpfe. Ich habe massenhaft Interviews gegeben. Ich weiß, daß wir gewonnen haben. Die Fakten sprechen für uns. Die Fotos sind verschwommen, undeutlich. Ich könnte es sein. Doch da ist die Eintrittskarte. Meine feuchte Badehose. Bernhards Eifersucht. Beas Bestätigungen. Wir sind ganz dicht vor dem Ziel. "Ich könnte es sein", erwidere ich. "Wenn ich nicht im Freibad gewesen wäre." Herr Becker sieht zu Herrn Eberhard, der wiederum auf mich. Schließlich sehen beide wieder zu Bernhard, dessen Weinen etwas nachgelassen hat. Sie warten geduldig, bis er aufgehört hat. Er ist nun schwach. Verletzlich. Nun kommt der letzte, tödliche Stoß. Ich spüre es. "Das Mädchen auf dem Foto ist minderjährig", sagt er hart, als Bernhard verstört aufsieht. "Es wäre Ihre Pflicht gewesen, die Polizei zu informieren. Statt dessen gehen Sie her und beschuldigen Ihren Vater. Sie haben ein 13-Jähriges Mädchen in Todesgefahr gebracht. Sie haben Bilder vom sexuellen Kontakt zwischen einem erwachsenen Mann und einem minderjährigen Mädchen gemacht. Jetzt sagen Sie mir bitte, was ich mit Ihnen tun soll?" Die Zusammenfassung ist eine harte Keule, mit voller Wucht geschwungen. Bernhard fällt tödlich getroffen um. Bea springt auf, fliegt zu ihm, nimmt ihn in den Arm. Die Beamten greifen nicht ein. Es ist nicht mehr nötig. Der letzte Schlag saß voll im Ziel. Bernhard weint, wie ich ihn noch nie habe weinen hören. "Sie ist nicht minderjährig! Sie ist 16 oder 17! Sie ist nur sehr schlank und klein!" Sein Körper zuckt und zittert so stark, daß selbst Bea Mühe hat, ihn fest zu halten. Herr Eberhard sieht zu mir. "Wir müssen ihn mitnehmen." Kühl, distanziert, reglos. "Das verstehe ich", sage ich mühsam beherrscht. "Andererseits haben Sie einen gewissen - Spielraum. Er hat verbotene Bilder gemacht. Zugegeben. Ob das Mädchen minderjährig ist, können Sie eher beurteilen als ich, doch ich bezweifle es. Wenn der Mann das Mädchen gezwungen hat, wird er es wohl kaum vor den Bäumen getan haben. Eher mitten unter ihnen. Und wenn das Mädchen freiwillig mitgemacht hat, kann sie nicht minderjährig sein. Verrückt und gedankenlos, ja. Aber nicht minderjährig." Ich sehe zu meinem Sohn, der von diesem Gespräch nichts hört. Dafür weint er zu heftig. "Er hat verbotene Bilder gemacht", wiederhole ich. Herr Eberhard hört zu. Distanziert und reglos. "Aber nicht aus dem Hintergrund, den Sie annehmen. Er wollte einfach ein paar scharfe Fotos machen. Als ich 15 war, habe ich meine Eltern auch beim Sex belauscht, um etwas mehr darüber zu erfahren. Und wenn möglich, auch beobachtet. Das sollte ich zwar nicht zugeben, aber ich war so. Und viele andere in meinem Alter damals waren genauso. Können Sie die Fotos und die Negative nicht einfach einziehen und den Rest vergessen? Ich denke, Bernhard hat verstanden, worum es geht. Und ich denke, die Lektion sitzt." O ja! Die Lektion sitzt. Ich bete, daß man mir mein Zittern nicht ansieht. Ich zittere um Sandra. Um meinen kleinen, sanften Engel Alexandra Keller. Herr Eberhard und Herr Becker schauen auf Bernhard, der in den Armen seiner Mutter liegt und wie ein kleines Kind schluchzt. Dann sehen sie auf die Fotos. Die unscharfen, verschwommenen Fotos. Sie reichen, um meine Ehe zu zerstören, aber reichen sie, mich vor Gericht zu bringen? Sie sehen zu mir, wieder zu den Fotos. Sie vergleichen. Sie überlegen, wo sie ansetzen können. Doch da ist die Eintrittskarte. Die feuchte Badehose. Und die ganze Familie hat zugesehen, wie ich Sandra Schwimmen beigebracht habe. "Haben Sie dieses Mädchen anschließend noch ein Mal gesehen?" Der nächste Stoß. "Nein." Meine Stimme wird langsam wieder sicher und fest. "Sie hat sich an diesem Tag mit meinem Sohn zerstritten, und er hat die Freundschaft beendet. Schluß gemacht. Danach bestand für uns" - ich sage bewußt: uns - "keine Veranlassung mehr, Umgang mit ihr zu pflegen." Herr Eberhard notiert, während Herr Becker seinen Blick wachsam über uns gleiten läßt. Bernhards Weinen läßt allmählich nach; er ist am Ende, wie seine Kraft. Herr Eberhard notiert und schreibt. Die Stille wird unerträglich, doch keiner von uns wagt sie zu brechen. Endlich wird der Block zugeklappt, der Kuli eingesteckt. Herr Eberhard steckt die Bilder zurück in den Umschlag, hält ihn fest. "Sie hören von uns." Ich springe auf, bringe die beiden zur Tür. Vor dem Haus parkt ein dunkelblauer Opel Vectra. Vier Türen. Normales Kennzeichen. Ich warte, bis sie eingestiegen sind und los fahren, dann schließe ich die Tür. Im gleichen Moment verläßt mich jegliche Kraft. Mühsam schleppe ich mich zurück ins Wohnzimmer. Beatrix schaut auf. Ihre Augen sind leer. Tot. "Laß uns allein", sagt sie gebrochen, unseren Sohn im Arm haltend. "Laß uns allein. Für immer." Mann betrügt Frau. Sohn haßt Vater. A verletzt B, C verletzt A. A muß gelöscht werden, damit die Gleichung aufgeht. Ich gehe in mein Arbeitszimmer, nehme das Handy und rufe Sandra an.
Kapitel 7
"Hallo, mein Engel. Komm rein. Schneit's immer noch?" "Und wie!" Sandra schüttelt sich den Schnee ab, als sie in meine Wohnung kommt. Sie stellt ihre Einkäufe auf den Boden, zieht die Wollmütze ab, hängt sie an einen Haken der Garderobe. Ich helfe ihr aus dem Mantel, der auf einen Kleiderbügel kommt. Dann stützt sie sich an mir ab, zieht sich die Stiefeletten aus und stellt sie ordentlich hin. Ich rümpfe die Nase und erhalte einen leichten Stoß mit dem Ellbogen in den Bauch. Einen Moment später springt sie mich an. "Frohe Weihnachten, mein Schatz." "Frohe Weihnachten, mein Engel." Ich will sie ins Wohnzimmer tragen, doch sie läßt sich wieder auf den Boden herunter. Sie greift in eine ihrer Tüten und überreicht mir ein flaches, fast quadratisches Päckchen. "Vom Weihnachtsmann!", verkündet sie mit leuchtenden Augen. "Danke sehr, Sandra. Für dich liegt auch etwas im Wohnzimmer." "Ja?" Mit schnellen Sätzen fegt sie durch die Diele. Ich folge ihr gerührt. Sandra wirft sich auf das Sofa, nimmt das Paket, das auf dem Tisch liegt, und schüttelt es vorsichtig. Ich drohe mit dem Finger. "Erst nachher!" "Mann!", schmollt sie, dann lacht sie aufgeregt. "Komm her!" Ich setzte mich zu ihr. Sie kuschelt sich in meinen Arm, legt ein Bein und einen Arm über mich. "Gibt's was Neues?" "Ja. Beatrix hat vorhin angerufen. Die Kripo hat Bernhard seine Sachen zurück gegeben, nur den Film und die Fotos nicht. Er hat aber laut Bea die Lust am Fotografieren verboten." Sandra zuckt gleichgültig mit den Schultern. Sie verzeiht Bernhard nicht. Nicht in hundert Jahren. Nicht, weil er ihr etwas getan hat. Sondern weil er mir etwas getan hat. "Anklage wird nicht erhoben. Er ist mit einem blauen Auge davon gekommen. Bea hat es sich überlegt. Sie will die Scheidung. Endgültig. Sie hat versucht, damit umzugehen, kann es aber nicht. Wir wollen uns nach Weihnachten zusammen setzen und die ganzen Details von wegen Unterhalt besprechen." "Sie arbeitet doch!" "Richtig, aber Bernhard nicht. Das war das Neueste vom Tage." "Doch einiges." Sie haucht mir einen Kuß auf den Mund. "Das heißt, du bleibst jetzt hier wohnen?" "Ja." Ich drücke sie zärtlich. "Wenn sie die Scheidung nicht gewollt hätte... Ich auf jeden Fall. Ich habe es an dem Tag, als die Kripo bei uns war, ganz deutlich gemerkt, mein Engel. Daß ich um dich sehr viel mehr Angst hatte als um Bea oder Bernhard." "Das muß furchtbar gewesen sein." Sie drückt mich tröstend. "Mein armer Bernd!" "Es ist ja gut gegangen. Was war bei dir?" "Alle Einkäufe erledigt. Muß ich aber noch einräumen. Hilfst du mir?" "Natürlich." Fünf Minuten später ist alles verstaut. Sandra geht in unser Schlafzimmer und zieht sich etwas Bequemes an, bevor sie wieder zurück kommt, sich ins Sofa und an mich fallen läßt und mich umarmt. "Ich liebe dich", sagt sie leise, zärtlich. "Ich liebe dich auch." Wir küssen uns sanft, dann schaut sie mich wieder an. "Ich hab Mama vorhin in der Stadt getroffen. Seit sie von Papa weg ist, geht's ihr wieder besser. Ihm aber wohl auch!", kichert sie. "Die haben sich ja nur noch zerfetzt." "Gefetzt." "Nein. Das reichte bei denen nicht mehr. Die haben sich zerfetzt. Egal. Ich hab mit ihr gesprochen, und sie sagt, wenn es mir so gut bei dir gefällt, wie ich immer behaupte, dann kommt sie nach Weihnachten mal vorbei und redet mit uns. Vielleicht kann ich dann endgültig zu dir ziehen. Und wenn nicht..." Sie zuckt mit den Schultern. "Dann geht das eben so weiter wie bisher. Jede Woche etwas von meinen Sachen her schleppen, bis mein Zimmer leer ist. Ich leb ja sowieso schon bei dir. Mit dir. Von dir. Durch dich." Sie schmiegt sich kichernd an mich. "'Unter dir' hast du vergessen." Ich werfe sie um, auf den Rücken, und lege mich über sie. Ihre wunderschönen Augen lachen mich an. Ich streiche ihr eine Strähne aus dem Gesicht. "Ich liebe dich wirklich, Alexandra Keller", flüstere ich bewegt, als ich erkenne, was mir ihre Augen sagen wollen. "Hast du es dir gründlich überlegt?" "Ja." Sie legt ihre Arme um meinen Hals, zieht mich zu sich herunter, schmiegt sich an mich. "Morgen. Ich wollte es nicht früher. Also eigentlich wollte ich es schon früher, aber ich wollte erst den ganzen Terror mit meinen Eltern und deinen Terror mit Bea abwarten. Und das ist jetzt vorbei. Alles geklärt. Morgen will ich eine Frau werden." Sie küßt mich sanft. "Deine Frau. Zumindest symbolisch." "Symbolisch? Sollen wir nur so tun, als ob?" "Mann!" Sie lacht fröhlich. "Ich will morgen mit dir schlafen, du Blödmann. Ab dann bin ich symbolisch deine Frau." "Das warst du schon, als ich damals zum ersten Mal gesehen habe." Wir bleiben einen Moment eng aneinander gedrückt. Sandra löst sich zuerst. "Danke fürs Aufräumen und Saugen", sagt sie leise. "Danke fürs Einkaufen." Wir küssen uns kurz, bevor wir aufstehen und in die Küche gehen, Essen machen. Sandra hat recht: sie wohnt sowieso schon hier. Seit dem 15. September. Seit ich diese Wohnung habe. Sie kommt Sonntagabends, wenn ihre Eltern weg sind, und bleibt bis Freitagmorgens. Nach der Schule fährt sie zu dem Haus ihrer Eltern, räumt auf, kauft ein, und tut so, als wäre sie die ganze Woche über da gewesen. Samstag und Sonntag ist sie bei mir, schläft jedoch bei ihren Eltern. Sonntag Nachmittag geht sie zurück, wünscht ihren Eltern eine schöne Woche, packt Kleidung für sich ein und kommt zu mir. Mittlerweile muß ihr Kleiderschrank völlig leer sein. Genau diese Hoffnung hatte ich, als ich die Wohnung gekauft habe. Vier Zimmer. Wohnzimmer, Schlafzimmer, je ein Arbeitszimmer für Sandra und mich. Ein schönes Bad, eine helle, geräumige Küche. Eine breite Diele. Unser Zuhause. Seit dem 15. September. Heute ist Heiligabend. Was auch immer Sandra für mich als Geschenk gekauft hat, sie ist mein schönstes Geschenk. Sie hat mich in den schweren Stunden aufgefangen, wenn die Verzweiflung über die zerbrochene Ehe einsetzte. Sie war da für mich. Das kleine Mädchen tröstet den erwachsenen Mann. Und sieht darüber hinweg wie eine erwachsene Frau. Redet nie darüber. Hält es mir nie vor. Wir essen Spaghetti überbacken, nach Sandras geheimen Rezept. Sie nimmt Bratwürstchen, schneidet sie in Scheiben, und brät sie erst dann, während ich die Nudeln koche. Gleichzeitig reibe ich frischen Gouda in dicke Krümel. Anschließend rühre ich die Soße an: Ketchup, Wasser, Mehl, Oregano. Wenn die Nudeln und Würstchen fertig sind, kommen sie in eine Auflaufform. Eine Schicht Nudeln, eine Lage Würstchen, eine Schicht Nudeln, und wieder Würstchen. Eine letzte Schicht Nudeln bildet den Abschluß. Die Soße wird dick und zäh darüber gegossen. Sie sackt langsam nach unten, tränkt Nudeln und Würstchen gleichermaßen. Darüber kommt der geriebene Gouda, und als letzte Würze Parmesan. Das ganze Kunstwerk kommt in den Ofen. 200 Grad, 45 Minuten. Ein traumhaft leckeres Essen. Wir bleiben in der Küche, während der Ofen den Käse aufheizt und er langsam schmilzt. Wir reden. Über die sechs Wochen, die ich in einer Pension gewohnt habe. Über die Zeit davor, doch sehr viel mehr über die Zeit danach. Unsere Zeit. In dieser Wohnung. Über die vielen alltäglichen Kleinigkeiten. Ein Brief von dort, eine Nachricht von da. Dann schweigen wir, stehen Arm in Arm am Küchenfenster und schauen hinunter auf die Wiese, die unter dem Schnee liegt. Ein paar Kinder bauen einen Schneemann. "Es ist schön hier", meint Sandra leise. "Weit weg von der City, aber schön grün." "Du wirst alt", stichle ich. "Da draußen liegt Schnee." "Aber unter dem Schnee ist alles grün." Sie schaut mich schmollend an, dann lacht sie und drückt mich. "Tanja kommt morgen doch. Wir haben uns in der Stadt getroffen. Hast du wirklich nichts dagegen?" "Warum sollte ich?" Sie schaut mich mit ihren bezaubernden blaugrünen Augen an. "Weil Weihnachten ist." "Sie ist deine beste Freundin, mein Engel. Sie kann kommen, wann immer sie möchte." Sandra kuschelt sich zufrieden an mich. Wenigstens sagt sie nicht mehr Danke. Das hat sie sich abgewöhnt, seit wir zusammen wohnen. Der Käse im Ofen meldet sich mit immer lauter werdendem Brutzeln. Wir hocken uns hin, schauen nach. Sieht gut aus, und riecht noch leckerer. Der scharfe Geruch des Parmesan zieht durch die Küche. Wir lieben diesen Geruch. Ich hole die Form aus dem Ofen Sandra die Teller aus dem Schrank. Eingespielte, routinierte Bewegungen, doch immer wieder aufregend, weil wir sie vollführen. Sandra und ich. Jeder Moment, jeder Augenblick ist neu, aufregend. Weil wir zusammen sind. Ich teile die Nudeln: ein Schnitt von rechts nach links, einer von oben nach unten. Vier gleich große Teile; zwei für heute, zwei für morgen. Nein, übermorgen; morgen essen wir etwas anderes, weil Tanja kommt. Ich löse den geschmolzenen Käse vom Rand der Form. Sandra legt Besteck heraus und bringt es ins Wohnzimmer. Ich hebe die Nudeln vorsichtig mit Heber und Messer heraus. Sandra kommt zurück, hält mir den ersten Teller hin. Es geht gut; der dicke Packen Nudeln bleibt zusammen. Sie schenkt mir ein anerkennendes Lächeln. Auch die zweite Portion landet sicher auf dem anderen Teller. Wir bringen unser Essen ins Wohnzimmer und stellen die Teller auf den Eßtisch. Sandra läuft zurück in die Küche, um den Nachtisch und Löffel zu holen; derweil stelle ich Gläser und Saft auf den Tisch. Eingespielte, routinierte Bewegungen. Immer wieder aufregend. Durch Sandra. Wegen Sandra. Das Essen schmeckt köstlich. "Teamwork!", betont Sandra mit erhobenen Augenbrauen. Ich lächle ihr verliebt zu. Sie erwidert das Lächeln herzlich. Dann kümmern wir uns wieder um unsere Mägen. Vanillepudding mit Schokoladensoße rundet das leckere Mahl ab. Wir sitzen vollgestopft und zufrieden am Tisch, Hand in Hand, ohne zu reden. Wir genießen den Nachgeschmack des Essens, und unsere Gegenwart. Die Gedanken laufen vor sich hin. Morgen. Morgen will Sandra mit mir schlafen. Zum ersten Mal. Wird es klappen? Mehr als ein Fingerglied war bisher nicht im Spiel. Wenn sie es tatsächlich will, muß ich sehr behutsam sein. Langsam. Vorsichtig. Zärtlich. Der Gedanke macht mir etwas Angst. Doch Sandra schaut mich beruhigend an. Sie spürt immer mehr von mir. Wie ich von ihr. Ich drücke lächelnd ihre Hand. Sie schließt ihre Finger fest um meine. Morgen. "Wann?", frage ich sie. "Gleich nach dem Aufwachen. Räumen wir ab?" Wir bringen das Geschirr in die Küche. Ich kratze den gröbsten Schmutz von den Tellern, wie den verklebten Käse und die getrocknete Soße. Sandra stellt das Geschirr dann in die Spülmaschine, füllt Pulver ein, schließt die Tür, schaltet die Maschine ein. Wir gehen noch ein Mal ans Fenster. Der Schneemann ist halb fertig, die Kinder weg. Essenszeit. Wir lächeln uns an, gehen zurück ins Wohnzimmer. Wir setzen uns. Sandra greift nach der Fernbedienung, drückt den Knopf oben rechts. Der Fernseher springt an. Sie nimmt die Programmzeitschrift vom Tisch. "Möchtest du was Bestimmtes sehen?" "Dich." Sie lacht hell, kuschelt sich an mich. Ich lege meinen Arm um sie. Gemeinsam schauen wir das Angebot durch. Pro7 zeigt Trickfilme von Disney. Sandra schaltet auf diesen Sender. Wir reden kaum. Wir sind zusammen; wir müssen nicht reden. Wir spüren uns. Das ist genug. Das ist alles, was wir wollen. Das ist alles, was wir brauchen. Der Nachmittag vergeht. Draußen wird es dunkel. Wir gehen für einige Minuten auf den Balkon. Um zu lüften, und um den hellen Schimmer des Schnees in der Dunkelheit zu sehen. Schweigend, Arm in Arm, schauen wir hinaus, bis die Kälte zu groß wird. Kühl, doch erfrischt, gehen wir wieder hinein. Die Tür lassen wir noch einen Moment auf. Frische Winterluft, nach Schnee riechend, kommt herein. Sandra bibbert kurz, preßt sich an mich. "Zu?" Sie schüttelt den Kopf. "Gleich." Um halb sechs zünden wir die Kerzen am Weihnachtsbaum an. Gemeinsam. Sandra ist kein Kind, das nervös vor der Tür warten muß, bis das Christkind die Geschenke abgeliefert und die kleine, helle Glocke geschwungen hat. Sie ist meine Lebensgefährtin. Meine Partnerin. Als alle Kerzen brennen, gehe ich hinaus. "Wohin gehst du?", ruft sie mir hinterher. "Komme gleich wieder." Zwei Minuten später bin ich wieder da; mit vier Paketen und Päckchen auf dem Arm. Sandra reißt die Augen auf, als ich sie ihr mit dem Wunsch "Frohe Weihnachten, mein Engel" überreiche. "Für - mich?" "Ganz allein für dich." Wir knien uns auf den Boden. Packen unsere Geschenke aus. Sandra hat mir eine Doppel-CD geschenkt, die ich mir gewünscht habe. Sie hat ihre Lederjacke bekommen, die sie sich gewünscht hat, eine kleine Musikanlage für ihr Arbeitszimmer, und zwei Bücher. Wir umarmen und küssen uns, dann setzen wir uns vor den Weihnachtsbaum, schauen den Kerzen zu, riechen das verbrennende Wachs. Sandra zupft eine Tannennadel ab, hält sie in eine Kerze. Der bittere, würzige Geruch läßt Weihnachten ganz stark in unseren Herzen aufkommen. Um acht Uhr öffne ich eine Flasche Weißwein für uns. Sandra nippt nur an ihrem Glas, kommt jedoch schnell in Stimmung. Wir schauen uns "Ist das Leben nicht schön?" an, und sie lacht prustend bei den traurigen Stellen. Ich liebe sie. Um halb elf gehen wir ins Bett. Sandra ist unter dem Einfluß des Weines sehr müde geworden. Sie murmelt "Gute Nacht" und rollt sich ein, dann schläft sie auch schon. Ich nehme sie zärtlich in den Arm, rutsche dicht an sie heran, und schließe die Augen. Als ich aufwache, ist es still. Still in der Wohnung, im Haus. Sandra schläft noch tief und fest. Sie hat sich im Schlaf zu mir gedreht. Die langen Haare liegen halb über ihrem Gesicht. Ich streiche sie vorsichtig zurück, um sie nicht zu wecken. Dann lege ich meine Stirn an ihre, schließe die Augen. Ich spüre sie. Fast denke ich, ich sehe ihre Träume, doch ich kann sie nicht fassen. Nicht sehen. Nur spüren. Eine halbe Stunde später wird sie wach. Sie brummt, dreht sich, streckt sich, gähnt. Dann dreht sie sich wieder zu mir, mit leuchtenden Augen. "Morgen, Liebster!" "Morgen, Engel." Wir küssen uns. Ganz zärtlich, voller Vorfreude. Hände bewegen sich, erforschen wieder im Bewußtsein des Kommenden. Ich möchte vorher noch duschen gehen, doch der Hunger, die Gier, das Verlangen wächst viel zu schnell. Ein weiterer Kuß, verlangender, fordernder. Sandra drückt mich auf den Rücken, legt sich auf mich. Der Kuß wird hungrig, leidenschaftlich. Ihre Hand schleicht sich nach unten, zu meinem Glied. Ich spüre ihre Scheide an der Spitze. Ich halte ihre Hand auf. Sie nickt. Kurz darauf ist mein Glied mit einem Kondom geschützt. Sandra setzt sich auf mich, bringt sich und mich in Position, beginnt mich einzuführen. Es ist eng. Viel enger als erwartet. Zu eng. Zu trocken. Sandra macht ein unzufriedenes Geräusch. "Wieso geht das nicht? Das Gummi ist doch feucht!" "Komm her, mein Engel." Ich rolle sie zärtlich herum, küsse sie. Ihren Mund, ihre Kehle, ihre Brüste. Es dauert etwas, doch dann vergißt Sandra ihre Unzufriedenheit und läßt sich fallen. Ich küsse mich langsam tiefer, bis zu ihrer Scheide. Sandra öffnet sie weit für mich. Ich küsse sie auf die trockene Stelle, locke sie, reize sie. Bis es feucht wird. Sandra stöhnt leise. "Komm hoch!" "Gleich." Ich mache weiter. Küsse sie, lecke sie, stoße die Zunge in sie. Sandra geht mit; sie spürt, was ich vorhabe. Sie preßt ihren kleinen Kitzler an meinen Oberkiefer, reibt ihn daran. Meine Hände greifen unter ihren festen Po, heben den Unterleib an. Mit den Fingerspitzen ziehe ich die Haut im Schritt auseinander, was Sandra so sehr liebt. Ihr Stöhnen und Zittern erfüllt mich mit Freude. Ich bleibe an ihr; küsse und lecke sie, bis ihr Atem die Erfüllung ankündigt. Ich lasse von ihr ab, rutsche schnell hoch, über sie. Sandra quengelt, doch einen Moment später drücke ich mein Glied in sie. Sandra stöhnt tief auf, als ihre junge Scheide zum ersten Mal in ihrem Leben kräftig geweitet wird. Mit der rechten Hand gehe ich in ihren Schritt, ziehe die Schamlippen auf, stoße nach, reibe fest über ihren Kitzler. Sandra hechelt, bäumt sich auf, stöhnt erregt, kommt. Ihre Beine schlingen sich um meine Hüfte, ziehen mich an sich, drücken mich dadurch in sie, über den kurzen Widerstand hinaus, den weder sie noch ich richtig wahrnehmen. Wir spüren nur uns. Mein Glied in ihrer Scheide, das ihren Orgasmus verlängert, verstärkt, bis er sich fast überschlägt; die Stellen unserer Haut, an denen wir uns fest berühren. Sandra wimmert und stöhnt unter mir. Ihre Beine schlingen sich fester um mich, drücken mich tiefer in sie, lösen sich wieder, schließen sich wieder. Ich spüre das Zucken ihrer Scheidenmuskeln und bete, daß das Kondom hält. Mit 13 ist sie etwas zu jung, um Mutter zu werden. Ihre Scheide ist unglaublich eng, doch genügend naß, um mich Stück für Stück aufzunehmen. Immer tiefer dringe ich vor, unterstützt von Sandras lustvollem Stöhnen, bis ich einen harten Widerstand an der Eichel spüre. Im gleichen Moment stoßen unsere Schambeine gegeneinander. Sofort beginnt Sandra, sich stöhnend daran zu reiben. Ich schaue lächelnd auf sie herunter. Ihre Augen sind geschlossen, das Gesicht vor Lust und Wonne verzogen. Sie ist ein kleines Stück gewachsen im letzten halben Jahr; mißt nun 1,68. Damit ist sie nur noch 14 Zentimeter kleiner als ich. Vereint in der Körpermitte ergibt das sieben oben und sieben unten. Sieben Zentimeter, die bei dem Kuß, den ich ihr gebe, nicht mehr die geringste Rolle spielen. Während des Kusses ziehe ich mich zurück, dringe wieder ein. Langsam, behutsam. Um sie an dieses neue Gefühl zu gewöhnen; um mich an ihre Enge zu gewöhnen. Ruhige, bedächtige Stöße. Die ersten von sehr vielen, unzähligen. Sandra wirft ihre Arme um mich, küßt mich feurig, stöhnt in meinen Mund. Wir sind vereint. Nun endgültig. Die letzte Schranke ist gefallen, die letzte Hürde genommen. Mit jedem Stoß in sie wird das Band zwischen uns verstärkt. War es vorher schon fest, wird es nun unzerstörbar. Sandras Zunge fährt in meinen Mund, tobt dort herum, zieht sich wieder zurück. Wie ich in ihr. Hinein, toben, hinaus. Wieder und wieder. Ihr schlanker Körper unter mir verspannt sich urplötzlich, ohne Vorwarnung; ihre Scheide verengt sich für einen Moment. Ihre Beine und Arme ziehen mich an sie, umklammern mich, nehmen mich auf in ihren Höhepunkt. Unsere Wangen pressen sich fest gegeneinander; ihr Atem fährt hart und heiß in mein Ohr. "Schön?", frage ich. Sie ist 13; ich muß wissen, was mit ihr ist. Sie nickt schnell. "Irre! Mach weiter!" Sie löst sich etwas von mir. Ich beginne wieder in ihr zu arbeiten; hinein, hinaus, hinein, hinaus. Sie ist heiß, und naß, und eng. Ich beiße die Zähne zusammen; will es so lange und so schön für sie machen wie es mir möglich ist, doch die Hitze, die Nässe, die Enge fordern ihren Tribut. Mein Tempo wird schneller, härter. Sandra keucht und stöhnt. Sie schwitzt. Sie riecht nach bitterem, leckerem Schweiß. Erregendem Schweiß. Er vermischt sich mit dem ehemals milden, nun jedoch würzigem und reifem Geruch ihrer Scheidensäfte zu einem Cocktail aus Lust. Für sie wie für mich. Ich werde noch schneller, stoße noch härter in sie. Sandra schreit ganz leise auf, als der dritte Orgasmus durch sie rast, stärker als alle anderen vorher, wimmert hell und preßt sich stark an mich, als das Feuer in ihr immer heißer wird, und es springt auf mich über, entzündet sich und explodiert. Sandra schreit ein weiteres Mal auf; lauter, heller, weil mein Glied in ihr anschwillt, explodiert, sie mit zuckenden, bebenden Stößen füllt. Unsere Körper stoßen zitternd aneinander, verankern sich, verschmelzen tatsächlich für einen endlosen Augenblick. Ich stoße wieder und wieder in sie, fülle sie mit meinem Leben, bis die Kraft uns verläßt. "Wow!", keucht Sandra. "Das wird mein neues Hobby!" Ich rolle uns herum. Sie streckt sich auf mir aus, rutscht zurecht, nimmt mich vollständig auf, liegt still, genießt. Wir drehen die Köpfe zur gleichen Seite, Wangen aufeinander. Meine Hände gleiten über ihren feuchten Rücken, den heißen Po, die zitternden Schenkel. Ja, Sandra; jetzt bist du symbolisch meine Frau. Und wenn es nach mir ginge, nicht nur symbolisch. Und das Kondom hat auch gehalten.
Wir gehen duschen; mit neuer, intimer Vertrautheit. Alles ist neu. Die Blicke, die Berührungen. Wir waschen uns gegenseitig, mit neuem Blick, neuem Verständnis. Nach dem Abtrocknen umarmen wir uns schweigend, im Nachgefühl des Morgens. Wieder bleibt die Zeit für uns stehen. 13 Jahre. Unvorstellbar. Doch sie ist hier, bei mir. Lebt mit mir. Ißt mit mir. Und schläft mit mir. Vereint durch Liebe, verbunden durch Streß. Wir ziehen uns etwas Leichtes, Bequemes an, bereiten das Frühstück zu. Wir essen auf dem Sofa, nebeneinander. Ihr linkes Bein liegt über meinem rechten. Unter ihrem T-Shirt schimmert das weiße Höschen. Es sieht eng aus. "Brauchst du neue Unterwäsche?" Sie nickt schüchtern, beißt in ihr Brötchen. "Dann gehen wir nach den Feiertagen mal einkaufen." Sie lächelt dankbar. Sie wohnt nicht mehr bei ihren Eltern. Ich bin jetzt Vater, Bruder, Freund für sie. Und Liebhaber. "Schreib auf, was du brauchst, mein Engel." "Dich." "Du kannst mich aber nicht anziehen." "Würde dir der Job als meine Unterhose nicht gefallen?" "Streich das Einkaufen." Wir umarmen uns lachend. 13 Jahre. Wenn die Gesetze es erlauben würden, wären wir schon längst auf dem Standesamt gewesen, um das Aufgebot zu bestellen. Doch so... "Sandra? Wieviel weiß Tanja?" "Von uns? Kaum was. Sie weiß, daß ich dich sehr mag. Sie hält aber dicht, Bernd. Sonst wär schon längst jemand hier gewesen." "Stimmt. Wann kommt sie?" "Um halb zwölf. Nach Tanjas Zeit also kurz nach zwölf." Punkt fünf Minuten nach zwölf klingelt Tanja. Ich öffne die Tür und warte, bis sie aus dem Aufzug steigt, dann schaue ich sie fragend an. Ihr Lächeln verschwindet sofort. "Äh - Hallo, Herr Zimmermann. Ist Sandra nicht da?" "Nein. Wart ihr verabredet?" "Ja!" "So ein Pech. Was machen wir denn jetzt?" Tanja steht etwas verstört vor der Tür. In diesem Moment springt Sandra aus ihrem Versteck hervor. "Buh!" Tanja erschrickt heftig, dann fallen sich die beiden lachend in die Arme. "Wieso kommst du eigentlich immer zu spät?", fragt Sandra, als die beiden durch die Diele gehen. Ich schließe die Tür und folge ihnen. "Wieso zu spät?", erwidert Tanja erstaunt. "Wir waren um halb zwölf verabredet." "Genau. Jetzt ist es fast zehn nach." "Also noch pünktlich." Lachend läßt sich Tanja in einen Sessel fallen. Ich hole den beiden Getränke, dann gehe ich in die Küche, Essen machen. Es gibt Schnitzel mit Erbsen, Möhren, und Kartoffeln. Aus dem Wohnzimmer dringt das fröhliche Lachen der beiden Mädchen an mein Ohr. Eine schöne Wohnung. Eine Partnerin an meiner Seite. Gäste. Geselligkeit. Lachen. Das Leben beginnt wieder. Ein neues Leben. Mit Sandra. Meinem Engel Alexandra Keller, 13 Jahre und sieben Monate jung. Der Mensch, den ich über alles liebe.
E N D E
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