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SH-073 – Schneemaus

 

Schneemaus .... (sh-073.zip)
(no_sex) (40k)(date posted: Wednesday PM, January 05, 2000)

Laura (13) wird von Robert (33) aus einem Streit, mit dem das Mädchen überhaupt nichts zu tun hatte, herausgeholt. Noch am gleichen Abend werden die beiden gute Freunde. In den nächsten zwei Wochen telefonieren sie jeden Abend miteinander, dann gehen sie Essen, und nach dem Essen zeigt Robert Laura sein restauriertes Fachwerkhaus. Plötzlich steht die Polizei vor der Tür. Robert wird verhaftet: wegen sexuellen Mißbrauchs von Laura.



Schneemaus(geschichte no sex)

Kapitel 1



"Was hast du morgen vor?"
"Morgen?" Laura räkelte sich in ihrem Bett zurecht, knipste mit einem Blick auf ihr Weckradio das Licht aus und legte das rechte Ohr auf das Handy, das ihr neuer Freund, mit dem sie gerade telefonierte, ihr geschenkt hatte.
"Erst mal den Test in Mathe überleben", meinte sie mit einem Seufzer, in dem die überwältigende Weltuntergangsstimmung eines 13jährigen Mädchens lag. "Dann... Zwei Stunden Sport, Physik und Deutsch, dann ist der Tag geschafft. Und du? Was treibst du morgen?"
"Von acht bis zehn an dich denken und dir alle vier Daumen drücken."
"Alle vier?" lachte Laura leise. "Ziehst du dann die Schuhe aus?"
"Schuhe und Strümpfe. Dann habe ich wenigstens meine Ruhe."
"Ja, und ein einsames Büro!" kicherte Laura ausgelassen.
"Das ist die Absicht dahinter." Die männliche Stimme wurde sanft, zärtlich, aufmunternd.
"Du schaffst den Test, Schneemaus. Ganz sicher. Dein Unterbewußtsein erinnert sich an alles, was du je gehört, gesehen und erlebt hast. Bleib einfach ganz ruhig und glaube an dich, dann kommt der Rest von alleine."
"Danke, Robby!" hauchte Laura. "Wann sehen wir uns denn endlich mal?"
"Sehnsucht?" fragte Robert, Spitzname Robby, behutsam. Laura nickte in der Dunkelheit ihres Zimmers.
"Ja", wisperte sie verlegen. "Du? Verliebt man sich eigentlich immer in seinen Lebensretter?"
"Ich bin kein Lebensretter", erwiderte Robby amüsiert. "Ich habe dich nur weggezogen, als diese beiden Furien aufeinander losgegangen sind und du steif wie ein Stock zugesehen hast."
"Ich konnte mich aber wirklich nicht bewegen!" jammerte Laura. "Ich wußte ganz genau, daß die sich über meinen Kopf weg prügeln wollten, aber ich konnte mich einfach nicht bewegen!"
"Du bist gerade 13 geworden, Schneemaus", erwiderte Robby tröstend. "Wenn du wie ich 33 bist, spürst du ganz genau, wann es Ärger gibt, und kannst dich schon gleich zu Beginn verdrücken."
"Kann sein." Laura gähnte leise. "'Tschuldigung. Morgen?"
"Übermorgen", vertröstete Robby sie. "Dann ist Wochenende, und ich habe den Kopf frei für dich."
Laura murrte leise. "Morgen!"
"Robby lachte herzhaft. "Du süße kleine Schneemaus! Wie soll das erst in drei Jahren mit uns werden, wenn du mich schon jetzt um den kleinen Finger wickelst?"
"Dann sehen wir uns morgen?" fragte Laura mit laut klopfendem Herz. "Wann?"
"Halb acht." Sein Lächeln in der Stimme ließ Laura eine angenehme Gänsehaut über den Nacken laufen. "Im San Marco. Ich bestelle einen Tisch auf deinen Namen, Schneemaus. Es kann sein, daß ich ein paar Minuten später komme, aber nicht später als zwanzig vor acht."
"Du sollst doch nicht so viel arbeiten!" sagte Laura streng, bevor sie glücklich seufzte. "Robby? Das ist dann morgen das erste Mal seit dem Abend, daß wir uns sehen. Ich freue mich drauf."
"Ich auch, Schneemaus. Du bist mir wirklich nicht böse wegen damals?"
"Ganz im Gegenteil." Laura zog sich die Bettdecke über den Kopf und flüsterte: "Du tust so viel für mich, daß ich schon ein richtig schlechtes Gewissen bekomme. Erst hast du mir an dem Abend geholfen und mich nach Hause gebracht, dann hast du mir noch stundenlang zugehört, wie ich meine ganzen Probleme abgelassen habe, und zum Schluß hast du mir auch noch das Handy geschenkt. Warum machst du das alles?"
"Och", meinte Robby trocken. "Mir ist abends immer so langweilig, und da -"
"Robby!" fauchte Laura lachend. "Sag!"
"Weil ich mit 13 genau wie du war, Laura." Seine Stimme wurde nachdenklich, fast melancholisch. "Ich lag wie du mit meinen Eltern im Dauerstreit, hatte wie du keine Freunde, aber dafür wie du Angst vor dem Leben, und ich hatte wie du niemandem zum Reden. Und genau wie du war ich stocksteif vor Angst, wenn irgendwo in meiner Nähe Streit ausbrach." Laura hörte atemlos zu.
"Ich mußte ganz alleine damit fertig werden, Schneemaus, und es hat viele Jahre gedauert, bis ich wenigstens etwas selbstsicher wurde. Und jetzt, da ich weiß, wie das geht, kann ich es an dich weitergeben und dir viele Jahre unnützer Arbeit ersparen. Wirklich nicht böse?"
"Nein." Laura mußte kräftig durchatmen, als ein starkes, warmes Gefühl urplötzlich in ihr aufstieg.
"Wirklich nicht, Robby. Als du im Auto deinen Arm um mich gelegt und mich an dich gezogen hast, dachte ich erst, jetzt bin ich tot, aber dann... Weißt du, daß du ganz warme Augen hast? Als ich die gesehen hab, war meine Angst plötzlich weg, und als du dann gesagt hast, daß ich alles rauslassen sollte... Da hab ich eben alles rausgelassen. Wann war ich fertig?"
"Mitternacht." Robby lachte leise, wie auch Laura.
"Au weia! Hab ich echt drei Stunden am Stück gelästert?"
"Nein, Schneemaus. Du hast dir alles von der Seele geredet, was dich belastet, und mit den ganzen Unterbrechungen, wenn es zu schmerzhaft wurde, hat es eben drei Stunden gedauert. Aber das ist alles nebensächlich. Wichtig ist nur, daß du wieder auf dem Damm bist."
"Das bin ich." Die Luft unter der Decke wurde knapp. Laura zog das Oberbett mit den Füßen herunter, bis ihr Kopf im Freien war. "Daß ich jeden Abend mit dir reden kann, hilft mir auch. Apropos! Was hast du deiner Mutter eigentlich geschenkt? Oder war das Handy doch nicht für sie?"
"Doch. Sie hat einen Gutschein für ein Handy bekommen. Und das war auch ganz gut so, denn sie mag keine Handys, wie sie mir schonungslos mitgeteilt hat. Nun kann sie sich für das Geld etwas aussuchen, was ihr gefällt. Also alles geklärt. Schneemaus? Was war das vorhin mit Lebensretter und Verlieben? Möchtest du darüber reden?"
"Nein." Laura kicherte schüchtern und fühlte ihr Gesicht in der Dunkelheit heiß werden. "Da hast du dich bestimmt verhört. Muß an der schlechten Leitung liegen."
"Bestimmt!" lachte Robby. "Morgen um halb acht im San Marco?"
"Ja. Was soll ich anziehen?"
"Was du möchtest, Laura. Ich bin überzeugt, daß du umwerfend aussehen wirst."
Laura seufzte glücklich. "Bis morgen, Robby."
"Bis morgen, Schneemaus."
Ein leises Piepen verriet Laura, daß Robby die Verbindung getrennt hatte. Sie drückte das warme Handy an ihre Wange.
"Du hast dich nicht verhört", flüsterte sie. "Aber ich bin nun mal feige."
Ohne das Licht anzumachen verstaute sie das Handy ganz tief in ihrem Rucksack, der neben dem Bett stand. Nur Robby kannte ihre Nummer, und er rief nur abends zwischen viertel vor elf und elf an. Mit einem weiteren Seufzer drehte sie sich auf die Seite.
"Bis morgen, Robby", flüsterte sie in ihr Kopfkissen. "Ich liebe dich."



Wider Erwarten bestand Laura den Test in Mathe. Als sie die vier Aufgaben an der Tafel sah, wurde sie für einen Moment lang unsicher, doch dann dachte sie an Robbys Worte und beruhigte sich. Im gleichen Augenblick sah sie die Lösungswege ganz klar vor Augen, und keine fünfzehn Minuten später gab sie ihr Blatt ab. Ihr Lehrer überflog die Berechnungen, markierte hier und dort unklare oder unsaubere Buchstaben und Zahlen, und am Ende erhielt Laura ihre erste Zwei in diesem Fach. Der anerkennende Blick ihres Lehrers tat sein übriges, um sie in einen fast euphorischen Zustand zu versetzen.
Als sie um kurz nach zwei nach Hause kam, machte sie sich schnell zwei Brote, die sie im Stehen verschlang, während sie die Einkaufsliste überflog, die ihre Mutter geschrieben hatte. Lauras Eltern arbeiteten beide in der gut 20 Kilometer entfernten Großstadt und kamen erst gegen sieben, halb acht nach Hause. Das war einer der vielen Streitpunkte zwischen Laura und ihrer "Regierung", wie sie ihre Eltern nannte: daß sie neben der Schule auch den gesamten Haushalt machen mußte, zumindest in der Woche. Doch heute berührte sie das nicht; ihre Laune ließ keinen Platz für mißmutige Gedanken. Sie schluckte den letzten Bissen herunter, spülte mit einem Glas Milch nach und ging schnell in den zehn Minuten zu Fuß entfernten Supermarkt, einkaufen. Anschließend setzte sie sich an ihre Hausaufgaben, mit denen sie gegen fünf Uhr fertig war.
"Und tschüs!" Mit ein paar Griffen war ihr Rucksack für den nächsten Tag gepackt. Laura stand auf und streckte sich ausgiebig, bevor sie sich auszog. Nur mit ihrem Schlüpfer bekleidet lief sie ins Badezimmer, wo sie Wasser in die Wanne ließ, dann eilte sie ins Schlafzimmer ihrer Eltern. Vor der Spiegeltür blieb sie stehen und musterte sich kritisch.
Kastanienbraune Haare fielen voll und schwer mit leichten Naturlocken bis fast zur Taille. Aus dem schmalen, ovalen Gesicht blickten zwei strahlend blaue Augen aufgeweckt in die Welt. Über den vollen Lippen thronte eine niedliche Stupsnase. Die leichten Sommersprossen im Gesicht ignorierte sie geflissentlich; sie wollte sich nicht aufregen.
Ihr Blick glitt über die schmalen Schultern zu den Brüsten, die sie selbst mit dem größten Wohlwollen nicht als solche bezeichnen konnte. Laura fand, ihr Körper stimmte hinten und vorne nicht. 1,77 groß, bei 47 Kilo Gewicht; da blieb für Busen und Po nicht viel übrig.
Lauras Blick ging zu den Oberschenkeln, die im Schritt eine große Lücke ließen. "Bohnenstange!" flüsterte sie ihrem Spiegelbild zu. Seufzend drehte sie sich zur Seite. Ihr Po war so flach, daß er kaum vorstand, und ihr Busen... Laura drückte vorsichtig mit den Fingern auf die kleinen Schwellungen, die selbst von einer Kirsche noch an Größe übertroffen wurden.
"Na los!" knurrte sie die kleinen Knubbel an. "Wachst endlich! Raus mit euch! Zeigt euch!"
Doch den Gefallen taten sie ihr nicht. Schulterzuckend wandte sich Laura ab und lief zurück ins Bad. Sie zog sich den Schlüpfer aus, legte ihn auf den heruntergeklappten Deckel der Toilette und schaute an sich herunter zu ihrer Scham, auf der sich noch kein Härchen zeigte.
"Pubertät ist doch was Feines", maulte sie schmollend. "Der Busen wächst, die Schamhaare sprießen, die Periode setzt ein... Ha! Wann denn endlich, verdammt?" Dann atmete sie tief durch.
"Friedlich jetzt!" beruhigte sie sich, während sie in die Wanne stieg und das Wasser abdrehte. "Denk an Robby, denk an heute abend."
Sie packte ihre langen, vollen Haare zu einem Strang, den sie in das Wasser tauchte, während sie sich langsam nach hinten sinken ließ. Als ihr Nacken auf dem Rand der Wanne lag, schloß sie die Augen und dachte an den Abend, als sie Robby kennengelernt hatte.
Es war auf dem Weihnachtsmarkt gewesen, der hier am ersten Advent begann und bis zum dritten Advent andauerte. Laura war mit ihren Eltern zusammen dort hingegangen, hatte sich jedoch, nachdem sie einige Leute aus ihrer Klasse gesehen hatte, schnellstens von ihnen abgesetzt und sich der kleinen Gruppe angeschlossen, die sich wie gewohnt um Natalie scharte, ein sehr hübsches und gut entwickeltes 13jähriges Mädchen. Laura fand keine Beachtung; selbst als sie sich nach fast zwei Stunden schwer sauer verabschiedet hatte, hatte niemand auf ihren Gruß reagiert. Geladen wie ein Chinaböller trollte sich Laura über den Weihnachtsmarkt, schaute hier, roch da, und wurde mit jedem fröhlichen Gesicht um sie herum schwermütiger. Schließlich hatte sie sich in ein kleines Zelt gesetzt und einen Tee getrunken. Das war gegen acht Uhr gewesen. Gegen viertel vor neun kamen ihre Eltern, die sie schon gesucht hatten, herein und wollten sie mit nach Hause nehmen, aber Laura verfiel in starrsinniges Schweigen. Schließlich gaben ihre Eltern auf und zogen ab. Laura hatte sich einen weiteren Tee bestellt und bezahlt. Sie nippte gerade von dem heißen Gebräu, als sich zwei Frauen rechts und links neben sie auf die Bank setzten, die einzigen noch freien Plätze. Und sofort hatte das Gezeter begonnen. Die Frau links beschwerte sich über die Frau rechts, daß sie gefälligst nicht mehr ihren Mann besuchen sollte, wenn sie nicht zu Hause wäre, worauf die Frau rechts ziemlich frech erwiderte, daß sie und Axel (der Name des Mannes, wie Laura vermutete) sich schon seit der Schule kannten und sie ihn besuchen konnte, wann immer sie wollte. Worauf die Frau links ziemlich wütend antwortete, daß es ihr Mann wäre und sie ihn auf gar keinen Fall mit einer Schlampe wie der Frau rechts teilen würde. Die Antwort der Frau rechts trieb Laura sofort die Schamröte ins Gesicht. Sie wollte schnell aufstehen und weggehen, konnte sich aber nicht bewegen. Sie war vor Schreck wie angefroren auf ihrem Sitz. Der Streit zu ihren beiden Seiten wurde lauter und heftiger, und plötzlich holte die linke Frau aus und schlug über Lauras Kopf hinweg nach der Frau rechts. In diesem Moment spürte Laura zwei starke Hände, die sie von der Sitzbank rissen. Keine Sekunde zu spät. Laura war zwar erschrocken, weil sie jemand von hinten angefaßt hatte, aber als sie sah, wie die beiden Frauen aufeinander losgingen, dankte sie ihrem Lebensretter insgeheim. Sie hatte sich auf die Füße gekämpft, von diesen beiden starken Händen gestützt, und sich umgedreht. In diesem Moment, noch bevor sie sah, wer ihr geholfen hatte, wurde sie bleich und fing an zu zittern wie noch nie in ihrem Leben. Sofort zogen die beiden Hände sie an einen kräftigen, nach leckerem Rasierwasser riechenden Körper, stützten sie und führten sie hinaus. Laura hatte sich mit beiden Armen an ihren Retter geklammert, der sie sicher durch den ganzen Trubel zu einem großen Parkplatz und zu seinem Auto führte. Sie spürte mehr als daß sie sah, wie sie in ein Auto gesetzt wurde. Sekunden später hörte sie jemanden nach ihrer Adresse fragen. Mit bebender Stimme gab sie an, wo sie wohnte. Der Wagen hatte sich in Bewegung gesetzt und sie nach Haus gebracht. Dort hatte der Wagen angehalten, und der Motor ging aus. Ein Arm legte sich um ihre Schultern. Laura bekam Panik und sah auf, in zwei freundliche, warme, herzliche Augen, und eine sanfte Stimme sagte ihr, daß sie ihre ganzen Sorgen und Probleme herauslassen sollte, was Laura auch sofort tat. Der Arm zog sie an den Körper, an den sie sich weinend drückte, und sie erzählte und schluchzte und redete und weinte und jammerte und protestierte, bis sie weder Luft zum Reden noch Tränen zum Weinen in sich hatte. Dann hatte der Mann sie einfach nur im Arm gehalten. Tröstend, beschützend, wie ein Vater. Laura hatte sich an ihn geklammert und die kurze Wärme genossen, die er ihr gab, und als sie sich bewegte, hatte er sie sofort losgelassen, nach hinten gegriffen und ihr ein großes Päckchen überreicht, in Weihnachtspapier eingewickelt. 'Das sollte eigentlich ein Geschenk für meine Mutter werden', hatte er mit einem sanften Lächeln gesagt. 'Aber du brauchst es viel dringender. Es ist ganz einfach zu bedienen. Wenn du jemand zum Reden brauchst, ruf mich an. Meine Nummer ist schon eingespeichert.' Dann hatte er ihr die Tür aufgemacht, doch Laura wollte noch nicht nach Hause. Sie legte das Päckchen mit einem gehauchten 'Danke!' auf ihren Schoß und sah ihn an. 'Muß ich denn schon gehen?' hatte sie leise, schüchtern gefragt. Der Mann nickte. 'Ja, Mädchen. Es ist gleich Mitternacht. Wenn du magst, ruf mich nachher noch an, aber du solltest jetzt wirklich nach Hause gehen.' Laura hatte traurig gelächelt. 'Wann kann ich Sie denn anrufen?' hatte sie gefragt, und er hatte geantwortet: 'In einer Viertelstunde.' Laura bedankte sich noch einmal und verließ den Wagen so zögernd, als wäre sie ein Pionier, der das heimische Fort verläßt, um feindliches Terrain zu erkunden. Sie hatte dem Mann zugewinkt und ihm hinterher gesehen, bis seine Rücklichter nicht mehr zu erkennen waren, dann war sie sehr langsam die paar Meter nach Hause gegangen, wo ihre Eltern schon sehr aufgebracht auf sie warteten.
"Ach, Robby!" flüsterte Laura sehnsüchtig. "Was das für ein Theater war! Aber dann habe ich noch mal mit dir geredet, und alles war gut." Sie lächelte in Gedanken, dann riß sie sich zusammen und begann, sich gründlich zu waschen. Als sie ihr Geschlechtsteil wusch, meldete sich wieder dieses Kribbeln, was sie seit ein paar Tagen verspürte, wenn sie sich mit dem Waschlappen dort saubermachte. Nervös lauschte Laura, doch die Wohnung war still. Aufgeregt drückte sie den Waschlappen gegen ihre Scheide und bewegte ihn auf und ab. Das Kribbeln setzte sofort wieder ein. Als Lauras Atmung tiefer und schwerer wurde und sich das Kribbeln in ein starkes, merkwürdiges Ziehen wandelte, hörte sie auf. Sie hatte etwas Angst, auch wenn sie nicht genau wußte, wovor. Etwas traurig wusch sie ihre Beine und die Füße, dann spülte sie sich mit der Brause ab und setzte sich wieder ins Wasser. Sie lehnte den Kopf wieder an und schloß die Augen, während ihre Hände auf den Oberschenkeln lagen.
"Soll ich oder soll ich nicht?" murmelte sie leise. "Das fühlt sich ja alles gut an, aber auch so fremd! Wenn ich nur wüßte, was das ist."
Sie seufzte leise und blieb noch ein paar Minuten still liegen, dann zog sie den Stöpsel und ließ das Wasser ablaufen. Als die Wanne leer war, drehte sie noch einmal die Brause an, spülte sich die restliche Seife ab und stieg dann aus der Wanne. Sie trocknete sich gründlich ab und hängte das Badetuch ordentlich auf, bevor sie sich ihr Höschen griff und langsam zurück in ihr Zimmer ging. Das Höschen kam direkt in den Beutel für schmutzige Wäsche. Laura öffnete ihren Kleiderschrank und schaute konzentriert hinein, doch lange überlegen mußte sie nicht.
"Wie damals, Robby!" flüsterte sie verliebt und griff nach der Kleidung, die sie an dem Abend angehabt hatte: weiße Jeans, gelber Rolli, weiße Strümpfe und die weiße Jacke mit Kapuze. Dazu die weißen Stiefel.
"Schneemaus!" kicherte sie leise, während sie sich anzog. "Du bist so süß, Robby!"
Im gleichen Moment erschrak sie zu Tode. Sie sah Robby, wie er an einem Schreibtisch saß und mit einem Mann redete. Hinter und neben Robby waren Regale voller Bücher, und vor Robby lag ein großer Notizblock, auf den er von Zeit zu Zeit etwas schrieb. Laura hatte das Gefühl, durch ein Loch in der Wand zu blicken, so echt war das Bild. Ihr Herz hämmerte wie ein Preßlufthammer. Sie versuchte, das Bild zu vertreiben, doch es blieb. Sie hörte im Gegenteil sogar, wie Robby mit dem Mann redete.
"An Ihrer Stelle würde ich drauf eingehen", sagte er in diesem Moment. "Einen besseren Vergleich können Sie nicht erzielen. Wenn Sie ablehnen und die Sache vor Gericht kommt, besteht eine sehr große Wahrscheinlichkeit, daß Sie verlieren. Wenn wir wirklich Pech haben, bekommen wir Richter Patzke, und der versteht in solchen Dingen überhaupt keinen Spaß. Immerhin haben Sie noch Wechsel ausgeschrieben, als Sie schon vollkommen pleite waren. Der dreht Ihnen einen tödlichen Strick daraus."
Bild und Ton brachen ab. Laura fand sich schwer atmend auf ihrem Bett wieder, Stirn und Achsel feucht vor Schweiß.
"Was war jetzt das?" fragte sie fassungslos. "Robby?"
Kein Bild. Kein Wort.
"Robby!"
Nichts.
Laura schüttelte verstört den Kopf. "Fängt es so an?" fragte sie ängstlich. "Werde ich jetzt verrückt?" Sie sah auf die Uhr: kurz nach sechs.
Mit zitternden Händen griff sie nach der Flasche Sprudel neben ihrem Bett, schraubte sie auf und trank mit großen Schlucken daraus, bis sich ihr Mund nicht mehr so trocken anfühlte. Sorgfältig schraubte sie die Flasche zu und stellte sie ab, dann atmete sie tief durch.
"Alles Einbildung", redete sie sich ein. "Robby ist bestimmt schon zu Hause und zieht sich um. Wie ich." Dies brachte sie zurück in die Realität. Sie schaute an sich herunter. Jeans und Strümpfe fehlten noch. Schnell machte Laura sich fertig und ging dann ihre Haare fönen.
Gegen halb sieben war sie fertig. Sie schälte noch schnell die Kartoffeln für ihre Eltern und stellte Getränke in den Kühlschrank, bevor sie aus dem Haus eilte und zur zweihundert Meter entfernten Bushaltestelle lief. Vor dem Haus war zwar auch eine, doch diese Linie fuhr nur jede Stunde in die Stadt. Die Linie, auf die Laura nun zulief, fuhr alle zehn Minuten, weil sie den Supermarkt mit einem großen Wohnkomplex verband, bevor sie die Stadt ansteuerte. Laura mußte zwar einen Umweg des Busses in Kauf nehmen, aber dafür saß sie wenigstens im Warmen anstatt eine Stunde im Kalten zu stehen und auf den Bus zu warten, der direkt in die Stadt fuhr.
Um zehn nach sieben stand sie vor der Pizzeria und ging hinein.
"Guten Abend", begrüßte sie einen Kellner. "Laura Wirt. Auf mich wurde ein Tisch reserviert."
Der Kellner nickte lächelnd und führte Laura zu einem kleinen Tisch für zwei Personen in einer ruhigen Ecke, weit weg vom Eingang. Laura bestellte einen Kaffee und setzte sich. Ihre Jacke hängte sie über den Stuhl, dann schaute sie sich um.
An den roten Ziegelsteinen, aus denen die Wände bestanden, hingen Bilder von italienischen Häfen und Städten. Auf einem Regal, das über alle Wände in gut zwei Meter Höhe lief, standen Weinflaschen, dicht an dicht, gelegentlich von kleinen Gipsstatuen unterbrochen. Jeder Tisch, ob für zwei oder für acht Personen, war mit einer kleinen, teilweise durchsichtigen Wand aus geflochtenem Korb von den benachbarten Tischen getrennt, was eine heimelige Atmosphäre schuf.
"Danke." Laura lächelte dem Kellner zu, der ihr ihren Kaffee brachte. Die Frage nach der Speisekarte verneinte sie mit dem Hinweis, daß sie noch auf jemanden wartete.
Dieser Jemand erschien um kurz vor halb acht. Lauras Augen leuchteten auf, als Robby mit einem warmen Lächeln ihren Tisch ansteuerte und sich zu ihr setzte. Sie musterte ihn diesmal wesentlich gründlicher als vor knapp zwei Wochen. Er war ein gutes Stück größer als sie, etwa 1,85, und schlank wie sie. Sein Haar war tiefschwarz, seine Augen von einem warmen Braun. Angezogen war er mit einer legeren Kombination aus schwarzer Hose, weißem Hemd, grauem Jackett und schwarzem Mantel, den er in der Hand trug. Er hängte ihn an die Garderobe und setzte sich dann zu ihr.
"Guten Abend, Schneemaus."
"Robby!" seufzte Laura glücklich. "Du bist da!"
"Glaubst du, ich würde eine Schönheit wie dich versetzen?"
Laura wurde feuerrot.
"Nicht!" bat sie leise. "Sag so etwas nicht."
"Warum nicht?" Er beugte sich etwas vor und sah sie fragend an. "Weil wir uns persönlich gegenüber sitzen?"
Laura schüttelte verlegen den Kopf. "Nein."
"Weil du der Meinung bist, du bist nicht hübsch?"
Laura hauchte ein Ja.
"Das ist deine Meinung", lächelte Robby. "Meine kennst du jetzt. Was möchtest du essen?"
Laura schaute dankbar auf die Speisekarte, die der Kellner ihr reichte, und ließ sich nur zu gerne ablenken.
"Pizza Prosciutto", meinte sie, ohne die Karte zu öffnen. "Mit Ei. Hartgekocht. In kleinen Scheiben auf der Pizza verteilt."
"Ich nehme das gleiche, und einen kleinen Rotwein."
Der Kellner sammelte die Karten wieder ein und ging. Robby sah Laura an, die sich etwas unwohl fühlte.
"Schneemaus", sagte er leise. "Was du über dich denkst, ist eine Sache. Was andere über dich denken, eine andere. Wenn ich denke, daß du hübsch bist, laß mir doch meine Meinung. Sie tut dir ja nicht weh, oder?"
"Nein", wisperte Laura, ohne aufzusehen. "Robby? Was machst du eigentlich beruflich? Ich meine, wir haben uns jeden Abend immer nur über mich unterhalten. Von dir weiß ich kaum etwas."
"O doch!" grinste Robby. "Du weißt, daß ich im Büro gerne Schuhe und Strümpfe ausziehe."
Laura lachte hell. "Komm! Sag!"
"Ich bin was ganz Langweiliges", winkte Robby ab. "Anwalt. Pflichtanwalt, um genau zu sein. Ich verteidige die Leute, die kein Geld haben, sich einen Anwalt zu leisten."
Lauras Herz schlug hart und schnell, als sie an das Bild dachte, was sie vorhin gesehen hatte. "Ehrlich?"
"Ja." Er sah sie erstaunt an. "Warum regt dich das auf?"
"Das regt mich nicht auf." Sie beugte sich aufgeregt vor, ganz im Gegensatz zu ihrer Äußerung. "Robby? Hattest du um sechs noch einen Kunden?"
"Einen Klienten. Ja. Warum?"
Laura schüttelte den Kopf. "Was war mit dem? Was hat der verbrochen?"
Robby sah sie fragend an. "Nun, normalerweise rede ich nicht über meine Klienten, Schneemaus."
"Bitte!" Laura sah ihn so flehend an, daß Robby sich ernste Sorgen um sie machte.
"Na gut. Ich erzähle es dir, und hinterher erzählst du mir, warum du das wissen wolltest. Einverstanden?"
Laura nickte schnell. "Ja. Jetzt erzähl. Was hat der verbrochen?"
"Wechselbetrug. Ein Wechsel ist ein Zahlungsversprechen, Schneemaus. Darauf steht zum Beispiel, daß ich dir in genau drei Monaten, also am 11. März 2000, die und die Summe Geld zahle. Wenn ich dieses Versprechen nicht halte, werde ich straffällig. Das ist viel schlimmer als ein Scheck, der nicht gedeckt ist. Und so etwas hat mein Klient gemacht. Allerdings nicht aus böser Absicht. Er steckte in einer ziemlich bösen Klemme damals und rechnete fest damit, von einem seiner Kunden Geld zu bekommen. Dieser Kunde hat jedoch nicht gezahlt, und so platzte auch der Wechsel. Und nicht nur einer."
Laura stieß ungläubig den Atem aus. "War da auch die Rede von einem Vergleich?" fragte sie atemlos. Robby schaute sie erstaunt an.
"Ja, das ist der beste Weg für meinen Klienten. Seine Gläubiger - also die Leute, die von ihm Geld bekommen - erklären sich bereit, auf ihr Geld zu warten, allerdings muß er dafür zwanzig Prozent der Rechnungssumme sofort zahlen. Das ist das Äußerste, was er aufbringen kann, indem er sein Auto und einen Teil seiner Möbel verkauft. Zahlt er nicht, kommt der Fall vor Gericht, und er ist dran. Das bedeutet, er kann in den nächsten drei Jahren kein Geschäft mehr führen, bekommt keinen Kredit bei der Bank und so weiter. Ein Vergleich ist für ihn das rettende Handtuch."
"Boah!" Lauras Augen leuchteten. "Robby, jetzt muß ich dir was sagen, was du mir nie glaubst. Ich hab euch gesehen! Dich und deinen Kunden - Klienten. Ich hab euch sogar reden hören! Wahnsinn!" Sie quietschte leise.
"Aha?" Robby sah sie ganz ruhig an. "Was hatte ich an?"
"Einen dunkelblauen Anzug", erwiderte Laura spontan. "Ein hellgraues Hemd mit schwarzen Streifen, und eine grüne Krawatte, die überhaupt nicht dazu paßte."
Robby seufzte. "Das sagt meine Mutter auch immer. Daß ich keinen Geschmack habe. Und das hast du gesehen?"
"Ja!" Ihre Augen strahlten aufgeregt. "Und auch dein Büro! Hinter dir und neben dir hast du total viele Bücher, und in einer Reihe stehen ganz viele rote Bücher, alle gleich groß."
"Interessant." Robby lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er sah Laura an, ohne sie zu sehen.
"Mehr nicht?" fragte Laura enttäuscht. "Nur: Interessant?"
Robby blinzelte kurz. "Doch." Er lächelte schief. "Schneemaus, hast du nach dem Essen noch Zeit?"
"Klar! Ich hab meinen Eltern einen Zettel hingelegt, daß ich erst sehr spät komme; ich hab Freitags ja erst um neun. Wieso?"
"Weil ich dir eine Geschichte erzählen möchte." Er sah nach ihrer Hand, griff jedoch nicht danach. "Eine Geschichte, die so unglaublich klingt wie das, was du mir gerade erzählt hast. Du weißt, daß deine Geschichte wahr ist, und ich weiß, daß meine wahr ist. Ich glaube dir deine Geschichte, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß du mir meine nicht glauben wirst."
"Riskieren wir's", lächelte Laura. "Meine Eltern werfen mir ja laufend vor, daß ich ziemlich naiv bin."
"So schätze ich dich nicht ein, Laura", erwiderte Robby zärtlich. "Ganz im Gegenteil. Du hast sehr viel Durchblick. Wie war eigentlich dein Test in Mathe?"
"Bestanden!" antwortete Laura strahlend. "Eine Zwei!"
"Gratuliere." Robby lächelte listig. "Und die Fehler waren deine Buchstaben, weil dein Lehrer das kleine 'a' nicht von einem kleinen 'c' unterscheiden kann."
Lauras Unterkiefer fiel nach unten. "Woher -"
"Nach dem Essen, ja?" Diesmal griff er ganz leicht nach ihrer Hand, die Laura nicht wegzog. "Nur soviel: Das, was du gesehen hast, Schneemaus, das kann ich auch. Etwas sehen und hören, was weit weg ist."
"Weit weg?"
"Weit weg. Mein Büro ist in der Stadt, gut zwanzig Kilometer von hier." Er drückte ihre Hand leicht und ließ sie danach los. "Laß uns nach dem Essen weiter darüber reden, ja? Ich muß jetzt erst mal etwas verarbeiten."
"Deinen Klienten?" fragte Laura neugierig. Robby lächelte dünn.
"Nein, Schneemaus. Das, was du gesehen hast. Und das, was ich gesehen habe."
"Kann ich verstehen. Als ich dich gesehen habe, habe ich fast die Panik bekommen. Ich war total am Zittern."
"Wie ich auch damals." Er verzog das Gesicht. "Jetzt reden wir doch schon darüber. Schluß jetzt. Sag mal, wie machst du das, daß du so toll aussiehst?"
"Robby!" Laura wurde flammend rot. "Laß das!"
"Laß das, ich haß das!" sagte er mit einer Kinderstimme. Laura fletschte die Zähne.
"Mach so weiter", drohte sie, "und wir telefonieren nur noch!"
"Na gut." Er trank einen kleinen Schluck von seinem Rotwein, der mittlerweile vor ihm stand, und schaute Laura dann nachdenklich an.
"Ich habe viel über dich nachgedacht", sagte er. "Du bist ein sehr intelligentes Mädchen, Laura. Deine Eltern haben ein schönes Haus. Warum kommst du nicht mit ihnen klar?"
Laura zuckte mit den Schultern. "Da denke ich auch viel drüber nach", erwiderte sie leise. "Ich weiß es nicht, Robby. Ich weiß nur, daß ich eigentlich schon als kleines Kind mit ihnen dauernd Streit hatte. Manchmal habe ich das Gefühl, als wären sie gar nicht meine Eltern. Aber das kann auch nicht sein. Papa hat Fotos von meiner Geburt gemacht. Erst war Mamas Bauch dick, dann war er wieder flach, und ich war da." Sie wurde rot. "Und alles, was zwischen diesen beiden Fotos war, hat er auch fotografiert. Und natürlich dann später auch. Mich als Säugling, als Baby, als Kleinkind, im Kindergarten, in der Grundschule... Und so weiter. Es sind meine Eltern, aber... Es fühlt sich nicht so an."
"Verstehe. Seit Kind schon?"
"Ja." Laura lächelte wehmütig. "Als ich vier war, bekam ich zum Geburtstag ein Dreirad geschenkt. Ein Nachbarsjunge hat mir das noch am gleichen Tag geklaut und kaputtgemacht. Einfach so. Und wer war schuld? Ich. So war das eigentlich immer. Ich sitze ganz friedlich irgendwo rum, jemand stolpert und schüttet mir seinen Kaffee über die Jacke. Ich bin schuld, weil ich genau da gesessen habe, wo der Kaffee hinfiel." Sie schüttelte den Kopf. "Erzähl was von dir, ja? Wieso bist du Pflichtanwalt geworden?"
"Aus Trotz." Er schmunzelte. "Anwalt wollte ich schon immer werden, doch als ich nach und nach erkannte, wie sehr das Recht vom Geld abhängt, kam der Entschluß wie von selbst. Meine Mutter drehte beinahe durch, als ich ihr das sagte. Immerhin hatte ich 'Summa cum laude' abgeschlossen, also mit der höchsten Auszeichnung, die man bekommen kann. Alle großen Anwaltsfirmen in der Stadt wollten mich vom Fleck weg engagieren, aber ich war in meiner Trotzphase und sagte: 'Nein, ich werde Pflichtverteidiger.' Und heute haben alle großen Anwaltsfirmen in der Stadt Angst vor mir." Er lächelte entschuldigend. "Das klingt alles furchtbar angeberisch, aber so ist es nun mal. Als mein Vater vor zehn Jahren gestorben ist, hat er sein Vermögen zwischen meiner Mutter und mir aufgeteilt. Ich habe mir ein kleines Häuschen gekauft, in dem ich mich sehr wohl fühle, und zum Leben brauche ich auch nicht viel. Ich stelle keine hohen Ansprüche. Das jetzt hier, Pizza essen und so, ist für mich schon wie ein Feiertag. Und mit dir ist es wie ein Festtag." Er grinste, als Laura ihn mit rotem Gesicht und wütend blitzenden Augen ansah.
"Entschuldige, Schneemaus. Ich finde dich wirklich hübsch. Zurück zum Thema. Ich fand es schon während des Studiums nicht gut, daß die Klienten mit mehr Geld öfter recht bekamen als die ohne Geld, und ich hatte mir damals vorgenommen, anders zu sein. Ich brauche nicht viel Geld, und so kann ich meiner Linie treu bleiben. Und du? Was möchtest du mal werden?"
"So schnell wie möglich eine Frau", entfuhr Laura unwillkürlich. Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund und starrte Robby an. Der schüttelte lächelnd den Kopf.
"Das wird kommen, Schneemaus. Gib dir Zeit. Manche entwickeln sich früher, manche später. Laß deinem Körper Zeit, das wird alles schon noch kommen und wachsen."
Laura stieß erleichtert den Atem aus. "Du hast das nicht mißverstanden? Ich dachte schon, du... Du weißt schon."
"Nein, Schneemaus. Ich wußte irgendwie ganz genau, was du meinst. Wie gesagt: gib dir Zeit. Das wird alles noch kommen. Wann bist du so geschossen?"
"Mit elf. Da fing das an. Ich bin in zwei Jahren über dreißig Zentimeter gewachsen." Sie kicherte ausgelassen. "Meine Eltern sind beinahe durchgedreht! Ich hatte die neuen Sachen gerade mal zwei Monate an, da waren sie schon wieder zu klein."
"Jetzt lachst du endlich", sagte Robby sanft. "Schön."
"Finde ich auch." Laura nahm sich ihr Glas und trank einen Schluck. "Damals... War ich natürlich auch schuld, daß ich so gewachsen bin. Klar! Ich lag jeden Abend im Bett und habe mir vorgenommen, am nächsten Tag fünf Zentimeter größer zu sein."
"Aber so ist das nun mal", meinte Robby fürsorglich. "Erst wachsen die Knochen, dann kommt der Rest. Zumindest bei dir. Andere gehen erst in die Breite und dann in die Höhe, und wieder andere machen alles gleichzeitig. Das ist bei jedem unterschiedlich, Schneemaus. Ich war mit dreizehn ein richtiges Pummelchen. Dick und fett. Mit siebzehn, als ich fast ausgewachsen war, war ich dann auch wieder schlank. Da hat sich mein Gewicht richtig verteilt. Diese Zeit geht vorbei, Laura. Glaub mir das."
"Tu ich auch." Sie lächelte ihn herzlich an. "Robby? Ich finde es ganz toll, hier mit dir zu sein. Und abends mit dir zu reden. Wo gehen wir denn gleich hin? Nach dem Essen, meine ich."
"Wo du hin möchtest, Laura."
"Gut." Sie sah ihm fest in die Augen. "Dann fahren wir zu dir."










Kapitel 2



Laura quietschte begeistert auf, als sie Robbys Haus sah.
"Das ist deins?"
"Ja. Es gefällt dir?"
"Unbeschreiblich!" Sie sprang aus dem Auto, noch bevor Robby richtig angehalten hatte, und schaute sich sein kleines Häuschen an. Es war wirklich klein, gemessen an dem von Lauras Eltern, doch es gefiel ihr sofort. Nicht nur, weil es Robbys Haus war, sondern weil es ein ganz altes, urgemütlich aussehendes Fachwerkhaus war. Robby stieg ebenfalls aus und stellte sich neben sie.
"Da stecken zwei Jahre Arbeit drin", sagte er ruhig, fast etwas verlegen. "Ein Schreiner und ich haben das neu gebaut. Er hat altes Holz besorgt, und gemeinsam haben wir die Struktur außen nachgebaut. Dadurch ist es zwar etwas größer als das alte geworden, sieht aber, wie ich finde, immer noch richtig niedlich aus."
"Aber voll!" Laura schaute mit leuchtenden Augen auf die kleinen Fenster. "Ihr habt alles neu gemacht? Und die Fußböden?"
"Die auch. Als das Gerüst außen stand, haben wir das originale Haus Stück für Stück abgetragen. Sehr sorgfältig, natürlich. Das Holz hat mein Bekannter bekommen. Als alles weg war, haben wir im Keller angefangen. Eine neue Heizung kam rein. Nicht mehr Kohle, sondern Gas, wie alle hier in der Gegend. Dann kamen die Stützwände und der Fußboden vom Erdgeschoß. Der ist aber schon Beton, mit Fußbodenheizung. Danach kamen wieder Wände, und der erste Stock."
"Und dann wieder Wände", unterbrach Laura aufgeregt, "und das Dach!"
"Genau. Ein kleiner Dachboden ist auch da, aber den nutze ich nur zum Wäschetrocknen. Da ist es schön warm. Die Fenster sind trotz ihres alten Aussehens moderne Thermopenfenster. Die Wände sind ebenfalls nach heutigem - das heißt, nach damaligem Standard isoliert. Doch durch das Fachwerk, also das Füllmaterial zwischen den Holzstreben, ist das auch so schon sehr gut isoliert. Ich zahle unglaublich wenig ans Gaswerk. Strom und Wasser sind natürlich auch neu gemacht worden." Er lächelte entschuldigend. "Wie gesagt, wir haben zwei Jahre daran gewerkelt, bis es stand. Mit der Hilfe von ein paar anderen Fachleuten."
"Irre!" Laura schaute auf das schwarze Holz, die weißen Zwischenräume, die grüne Tür und dir Fensterläden in gleicher Farbe. "Voll irre!"
"Ja", schmunzelte Robby, "mir gefällt es auch ganz gut. Wollen wir hinein?"
"Sicher!" Laura stürmte zur Tür und wartete ungeduldig auf Robby, der eine etwas gemächlichere Gangart an den Tag legte. Doch schließlich stand sie im Flur und fühlte sich sofort zu Hause.
Es war und wirkte angenehm warm, was nicht zuletzt an dem dicken Läufer in der Diele lag. Von dem Betonboden war nichts zu sehen, er war durch dunkelrote Bretter verdeckt. Gleich rechts neben der Tür führte eine schmale Treppe nach oben, die Hälfte der Flurbreite beanspruchend. Die Stufen waren ebenfalls aus Holz, mit einem robusten Teppich abgedeckt und von Messingstangen in Form gehalten. Der Treppe gegenüber stand eine kleine Kommode, auf die Robby nun Schlüssel und Brieftasche sowie Geldbörse legte. Daneben hingen mehrere Messinghaken mit Kleiderbügeln aus Holz in unterschiedlicher Höhe an der Wand. An einen davon hängte Robby seinen Mantel, seine Jacke kam auf einen zweiten.
Laura ließ sich ihre Jacke abnehmen und folgte Robby in den Raum rechts von der Treppe.
"Wohnzimmer", meinte Robby. Laura nickte abwesend. Der Raum war groß genug, um sich nicht bei jeder Bewegung irgendwo zu stoßen, doch klein genug, um sofort den Eindruck von Wohnlichkeit zu vermitteln. Die Möbel waren alle rustikal, im Bauernstil, auf dem Sofa und den drei Sesseln lagen unglaublich viele kleine Kissen.
"Fernseher und Musik sind in dem Schrank da hinten", meinte Robby. "Weiter?"
Der nächste Raum war die Küche, ebenfalls rustikal. Sogar ein alter Kohleofen stand in der Ecke.
"Der ist nicht angeschlossen", meinte Robby. "Wir haben auf den Kamin verzichtet, auch wenn es mir schwerfiel. Aber dadurch haben wir im Bad etwas an Platz gewonnen. Und den brauchte ich auch dringend."
Laura nickte, während ihre Augen über die herrlichen Schnitzereien auf den Schranktüren glitten. Ein schmaler, rechteckiger Eßtisch war an der Wand befestigt; an beiden schmalen Enden standen je ein Stuhl.
"Weiter!" forderte Laura, als sie alles aufgenommen hatte. Sie gingen nach oben. In Robbys Schlafzimmer stand ein riesiges altes Bett, mit Vorder- und Rückenteil aus dickem Holz. Die Kleiderschränke wurden aus vier alten Schränken gebildet, die miteinander fest verbunden waren.
"Die Matratzen sind allerdings brandneu", meinte Robby schmunzelnd. "Die alten wurden zu weich. Das Innenleben der Schränke haben wir nach heutigem Standard angepaßt. Und auch die Seitenteile verstärkt, weil ich viele Anzüge habe, die ein ganz schönes Gewicht an die Stangen bringen."
Das Bad war winzig, durch eine große Badewanne schon fast vollständig in Anspruch genommen. Für Toilette und Waschbecken, wie die Wanne in Beige gehalten, war kaum mehr Platz.
"Warum so eine große Wanne?" fragte Laura erstaunt.
"Weil ich es wie die Pest hasse, mich beim Waschen überall zu stoßen", erklärte Robby schulterzuckend. "Oder mit beiden Füßen schon in den Rundungen zu den Seitenwänden zu stehen, wenn ich dusche. Deshalb. Manche wünschen sich einen Ferrari, ich wollte eine große Wanne."
"Cool!" kicherte Laura begeistert. "Das ist wirklich ein ganz tolles Haus, Robby!"
"Na ja, es ist einiges kleiner als eures, aber wie schon gesagt: ich bin damit mehr als zufrieden."
"Kann ich verstehen." Sie folgte ihm auf den Flur hinaus und sah ihn an. "Was machen wir jetzt? Ach ja! Die Geschichte!"
"Genau. Gehen wir runter. Was möchtest du trinken?"
Wenig später saßen sie im Wohnzimmer, bei gedämpftem Licht und leiser Musik. Laura trank einen Schluck von ihrer Cola, bevor sie sich neugierig vorbeugte und Robby ansah. Der hingegen lehnte sich zurück, nahm seine Pfeife, die er konzentriert stopfte und in Brand setzte, und verbreitete angenehmen Geruch in dem Wohnzimmer, bevor er anfing, zu reden.
"Ich war etwa in deinem Alter, Schneemaus. Fast 14. Da begannen bei mir diese - Visionen, wie ich sie genannt habe. Ich war genau wie du sehr verunsichert und hatte Angst vor dem Leben als solches, und als dann diese Visionen einsetzten, geriet ich vollkommen in Panik."
Laura nickte aufgeregt.
"Anfangs bezogen sich die Bilder und Filme nur auf Menschen, die ich kannte, doch als ich etwa zwanzig war, brauchte ich einen wildfremden Menschen nur anzusehen, und schon kannte ich sein ganzes Leben. Von Anfang an. Du kannst dir vorstellen, wie es mir damals ging; mitten in einem Hörsaal voller Studenten."
Laura schauderte unwillkürlich, als sie Robbys damalige Panik spürte. Er nickte leicht.
"Genau, Schneemaus. Ich habe viele Monate gebraucht, um mich wenigstens etwas abzuschotten; um wenigstens einen kleinen Teil dieser ganzen Bilder abzublocken. Doch das war erst der Anfang." Er griff nach dem Stopfer und drückte den Tabak in der Pfeife etwas fester zusammen, bis sie wieder ordentlich zog. Laura atmete den milden, aromatischen Geruch voller Genuß tief durch ihre Nase ein.
"Als ich 22 war, kam eine weitere Stufe: ich konnte in die Zukunft sehen." Diesmal schauderte Robby. "Es war entsetzlich, Laura. Ich sah einen Menschen an und wußte, daß der am nächsten Tag stirbt. Und wie er stirbt. Oder daß er einen Unfall hat. Oder daß er sonst etwas Schlimmes erlebt. Oder etwas Gutes. Das hing immer von dem Menschen ab. Aber ich bekam alles mit, ungefiltert und gnadenlos. Doch selbst das reichte irgendwem da oben noch nicht." Er atmete tief ein und langsam wieder aus.
"Ich begann, in meine eigene Zukunft zu sehen. Immer morgens, nach dem Aufwachen. Ich schlug die Augen auf und sah, was der Tag mir brachte. Am Ende dieses ersten Tages war ich mit den Nerven vollkommen am Ende. Alles, aber auch wirklich alles, was ich nach dem Aufwachen gesehen hatte, war exakt so eingetroffen." Er schüttelte den Kopf, völlig in seine Gedanken versunken und von Laura mit höchster Aufmerksamkeit beobachtet.
"Doch das war immer noch nicht das Ende. Ich hatte meine Panik deswegen gerade im Griff, als der Blick in die Zukunft immer weiter reichte, von Tag zu Tag. Erst als ich 28 war, kam das Ende, doch da war diese Fähigkeit so stark ausgebildet, daß ich seitdem etwa 20, 25 Jahre in die Zukunft sehen kann. In meine, und in die von anderen Menschen. Je älter ich werde, um so mehr sehe ich Tod um mich herum, Schneemaus. Was an sich nur natürlich ist, aber es macht mir doch gewaltig zu schaffen. Und so lernten wir uns kennen, Laura. Ich habe dich auf dem Weihnachtsmarkt gesehen und dir wegen deiner weißen Kleidung und zierlichen Figur den Spitznamen Schneemaus verliehen, und sofort sah ich auch, was dir bei der Schlägerei dieser beiden Frauen passieren würde. Normalerweise mische ich mich nicht ein, aber da..." Er lächelte traurig. Lauras Augen weiteten sich vor Angst.
"Was wäre mir denn passiert?"
"Du wärst am Leben geblieben", flüsterte Robby. "Aber du hättest für den Rest deines Lebens eine ganz tiefe, lange Narbe auf der linken Wange gehabt. Die Frau links von dir hat nämlich, als wir zwei aus dem Zelt gegangen sind, mit einer Bierflasche ihres linken Nachbarn auf die andere Frau eingeschlagen. Wenn du dazwischen gesessen hättest..." Er schauderte, und Laura spürte mit absoluter Gewißheit, daß Robby ihr keine Lügengeschichte auftischte. Auch sie schauderte, was erst Robby zum Lachen brachte, und dann Laura.
"Du siehst also", meinte er dann wieder in seinem gewohnten, humorvollen Ton, "daß ich nicht dein Leben gerettet habe. Das war nie in Gefahr, Schneemaus. Nur deine Gesundheit und dein hübsches Aussehen. Und jetzt reden wir nicht mehr davon. Was möchtest du jetzt tun?"
"Mehr davon hören!" antwortete Laura spontan. "Was passiert noch mit mir?"
"Nun", überlegte Robby laut. "Morgen wirst du von einem Bus angefahren, übermorgen verwechselt der Arzt im Krankenhaus deine Medikamente, die Nachtschwester vergißt, dir -"
"Robby!" Laura sprang wütend auf und ballte ihre kleinen Hände zu Fäusten. "Laß den Unsinn!"
Robby lächelte sie zärtlich an. "Komm her, du Wüterich."
Aufgebracht setzte sich Laura neben ihn. Robby legte seinen Arm um sie und zog sie sanft an sich. Laura murrte zwar laut, wehrte sich aber nicht.
"Was bringt es dir, das zu wissen?" fragte er sie leise. "Möchtest du wirklich wissen, wenn du einen Unfall hast?"
"Nein, aber..." Laura zog eine Grimasse. "Das nicht, aber du kannst mir doch was Schönes sagen!"
"Was Schönes." Robby legte die Stirn in Falten, dann schüttelte er den Kopf. "Tut mir leid, Schneemaus. Da ist nichts."
"Nichts Schönes?" Laura starrte ihn entsetzt an und bemerkte erst da das lustige Schimmern in seinen Augen. Sie stieß die Luft aus.
"Du - Boah!" Sie holte aus, doch Robby war schneller. Er drückte sie kräftig an sich.
"Nicht schlagen, Laura", flüsterte er. "Ich bin Anwalt und könnte dich für zwei Jahre ins Gefängnis stecken."
"Mach doch!" Diesmal brachte sie ihren Schlag erfolgreich an. Robby verzog das Gesicht, als ihre Faust auf seinen Oberarm schlug. Schnell fing er ihre Hände ein und drückte Laura in das Sofa. Laura fletschte die Zähne und versuchte, in seine Nase zu beißen, was Robby gerade noch verhindern konnte. Plötzlich ließ Lauras Wutausbruch schlagartig nach. Sie sah ihm geradewegs in die Augen, als ihr Gefühl für ihn übermächtig wurde.
"Robby?" sagte sie leise. "Ich hab dich sehr gern."
"Ich dich auch, Schneemaus." Er zog sie wieder an sich. Diesmal umarmte Laura ihn auch und schmiegte sich an ihn.
"Passiert mir wirklich nichts Schönes?" fragte sie besorgt.
"Doch, Laura. Sehr viel Schönes sogar. Die Zwei in Mathe war erst der Anfang."
Sie hob den Kopf und sah ihn freudestrahlend an. "Wirklich?"
"Ja, Schneemaus." Er legte seine Wange an ihren Kopf, Laura drückte sich ganz eng an ihn. Zögernd hob Robby seine Hand zu ihrem Kopf und legte sie auf ihr Haar. Sofort preßte sich Laura dagegen und schloß die Augen. Wieder begann dieses merkwürdige Kribbeln in ihr, und im gleichen Moment sah sie sich in Robbys Bett liegen, friedlich schlafend in seinen Armen. Das Gefühl, was sie bei diesem Bild hatte, war so voller Wärme und Vertrauen, daß sie anfing, vor Glück und Erwartung leise zu weinen. Robby strich ihr zärtlich über den Kopf, während er sie beschützend an sich drückte; den Kopf voller verwirrender, sich laufend ändernder Bilder mit ihrer und seiner Zukunft, die mal gemeinsam, mal getrennt verlief. Denn das hatte er ihr nicht erzählt: daß sich die Zukunft eines Menschen mit jeder Entscheidung verändert, und daß er niemals nur eine Zukunft eines Menschen sah, sondern meistens gleich Dutzende.
"Ich hab dich auch sehr gern", flüsterte Robby durch ihr volles, kastanienbraunes Haar. "Ich dürfte es nicht, weil ich so viel älter bin als du, aber es ist so."
Anstelle einer Antwort preßte sich Laura gleich noch einmal so stark an ihn, bis es ihnen beiden schon fast weh tat. Robby hörte auf, ihren Kopf zu streicheln, legte eine Hand in ihren Rücken und die andere an ihren Hinterkopf und hielt sie fest, während manche Bilder verschwanden und andere auftauchten.
"Ich empfinde sogar mehr für dich als nur Gernhaben, Schneemaus. Viel mehr." Noch mehr bedrückende Bilder von Lauras Zukunft verschwanden nach diesem Satz, und mehr schöne und fröhliche erschienen.
Laura schluchzte auf. "Ich auch!" Sie drehte sich in seiner Umarmung, setzte sich auf seinen Schoß, legte ihre Wange an sein Ohr und drückte ihn mit aller Kraft.
Robby schloß bedrückt die Augen, als sich eine bestimmte Zukunft herauskristallisierte. Doch auch mit diesem Wissen konnte er nicht gegen sein Gefühl handeln. Das Bild von Laura mit der tiefen Narbe hatte ihn damals so schwer getroffen, daß er sich um seine Visionen überhaupt nicht mehr gekümmert hatte, sondern umgehend eingreifen mußte. Danach das lange Gespräch in seinem Auto, die vielen Telefonate am Abend, und etwas in ihm hatte sich verändert. Als Anwalt war ihm natürlich sofort klar, auf was er sich da einließ, doch sein Gefühl für dieses Mädchen war einfach stärker als jede Vernunft.
Laura bekam von diesen Gedanken nicht das Geringste mit. Ihre Vision - sie hatte Robbys Ausdruck dafür sofort übernommen - hatte schon lange aufgehört, doch das warme, behütete Gefühl in ihr hielt an. Ein Gefühl, das sie bei ihren Eltern niemals gehabt hatte und doch so verzweifelt suchte. Nun, da sie es gefunden hatte, kümmerte es sie nicht, daß Robby erwachsen war. Es spielte keine Rolle. Nur das Gefühl zählte; dieses wundervolle, warme Gefühl, das mit jeder Sekunde in seinen Armen wuchs.
"Robby!" flüsterte sie voller Sehnsucht nach noch mehr Gefühl. "Robby!"
"Ich bin hier." Er drückte sie mit Armen und Händen gleichzeitig; nicht nur, um soviel wie möglich von ihr zu spüren, sondern auch, um ihr das Gefühl zu geben, was sie brauchte.
"Ich bin bei dir, Schneemaus."
"Und ich bei dir." Sie drehte ihren Kopf leicht zur Seite und hauchte ihm einen Kuß auf die Wange. Als ihre Lippen seine warme Haut berührten, fuhr etwas wie ein leichter elektrischer Schlag durch sie, und sie zitterte unwillkürlich. Wie von einem Magneten wurden ihre Lippen von seiner Wange angezogen, legten sich darauf und hielten still.
"Arme kleine Schneemaus", flüsterte Robby, der ihren Hinterkopf streichelte. "Warum hast du keine Freunde?"
"Du kannst doch in die Vergangenheit sehen", murmelte Laura, ohne ihre Lippen von seiner Haut zu lösen. "Schau nach."
"Sag es mir."
Laura drückte sich an ihn, als die Trauer aufstieg.
"Die wollen mich nicht", schluchzte sie leise. "Keiner will mich! Ich bin die Größte in unserer Klasse, aber auch die Dünnste. Wenn die mich ansehen, dann nur, um über mich zu lachen. Ich hasse mich!" Weinend warf sie sich an ihn, umarmte ihn und wollte ihn nie wieder loslassen. Robby strich ihr tröstend über den Kopf und wiegte sie sanft, wartete ansonsten aber, bis sie sich ausgeweint hatte und wieder aufsetzte. Er reichte ihr ein Papiertaschentuch, was sie annahm, ohne ihn anzusehen, wischte sich erst die Augen und putzte dann gründlich ihre Nase. Das Taschentuch kam in ihre Hosentasche, dann legte sie ihre Wange auf seine Schulter und schwieg, den Blick in die Unendlichkeit gerichtet.
"Jetzt besser?" fragte Robby leise. Laura zuckte mit den Schultern.
"Ja. Nein. Etwas. Weiß nicht. Doch."
"Ich liebe klare Aussagen", meinte Robby mit einem Schmunzeln. Laura schob die Zunge zwischen ihre Lippen und machte ein unanständiges Geräusch. Robby warf seine Arme um sie und drückte sie herzlich.
"Und ich liebe freche, ungezogene Mädchen."
"Da kann ich mit dienen." Laura zog so leise wie möglich die Nase hoch, zog den Kopf und sah ihn an.
"Robby? Was passiert in der Zukunft? Ich meine, mit uns. Bleiben wir zusammen?"
"Dazu muß man nicht in die Zukunft sehen können", antwortete Robby lächelnd. "Wenn wir das wollen, bleiben wir zusammen. Wenn einer von uns es nicht will... Dann bleiben wir nicht zusammen."
Laura kuschelte sich wieder an ihn. "Ich will das aber", sagte sie leise. "Und du?"
Anstelle einer Antwort drückte Robby das Mädchen fest an sich, gab ihr einen Kuß auf den Kopf und schmuste sanft mit ihrem Haar. Laura lächelte glücklich, als sie sein Gefühl für sie spürte.
Ein neues Bild erschien vor ihren inneren Augen. Sie sah sich und Robby in der Küche sitzen. Er im Morgenmantel, sie im T-Shirt, und beide lachten fröhlich. Das Bild verschwand. Sie klammerte sich an ihn.
"Ich will bei dir bleiben", hauchte sie.
"Ich auch, Schneemaus." Robby schloß die Augen, als eine wahre Bilderflut über ihn herein brach. Bilder voller Unschuld, und Bilder, für deren Verwirklichung er ins Gefängnis kommen würde. Aber zumindest keines mehr, das Laura tot oder depressiv zeigte.
"Ich hab dich lieb, kleine Schneemaus", flüsterte er glücklich.
"Ich hab dich auch lieb", flüsterte Laura kaum hörbar. Sie gab ihm einen so schnellen Kuß auf den Mund, daß sie es selbst kaum spürte, und versteckte ihr Gesicht sofort darauf an seinem Hals.
"Ich möchte dir etwas zeigen, Laura."
Laura erschrak etwas; sie befürchtete, er würde ihr das zeigen, wovor sie Eltern und Lehrer gewarnt hatten.
"Was denn?" fragte sie beklommen.
"Den Dachboden. Den habe ich vorhin ganz vergessen."
Erleichtert setzte sich Laura auf und sah ihn an. In seinen warmen Augen fand sie nichts, wovor sie Angst haben müßte, und sie nickte schnell.
"Ja, zeig mir den Dachboden."
Sie griff nach seiner Hand, noch bevor sie aufstand, und ließ sich von ihm hinauf führen, in den Flur, wo er mit einer Stange eine Klappe in der Decke aufmachte und eine Leiter, fast so breit wie der Flur, nach unten zog. Er ging vor, sie folgte.
Als Laura den Kopf durch den Durchgang gesteckt hatte, blieb sie überwältigt stehen.
"Robby!"
Er lächelte herzlich. "Also gefällt es dir?"
Laura nickte schnell. "Total!"
Der Dachboden war fast vollständig ausgebaut. Die schrägen Wände waren mit weiß lasiertem Holz verkleidet, und unten, an den noch geraden Wänden, waren Regale eingebaut. Manche mit, manche ohne Türen. Der Fußboden selbst war voller Schmutz und Sägespäne, doch in einer Ecke konnte Laura eine Rolle hellbraunen Teppichboden ausmachen, der mit dicker Plastikfolie abgedeckt war.
Schnell stieg sie die letzten Stufen hinauf und stellte sich neben Robby.
"Machst du das alles?" fragte sie staunend.
"Die Verkleidungen, ja. Wasser und Heizung kommt von Fachleuten, genau wie Strom. Hier oben möchte ich ein Arbeitszimmer einrichten. Das wird der einzig große Raum im ganzen Haus."
"Er ist wunderschön!" hauchte Laura. Sie ließ ihren Blick gleiten und entdeckte sogar ein kleines, offenes Badezimmer, mit Toilette und Waschbecken.
"Keine Tür?" kicherte sie mit roten Ohren.
"Nein." Er zog Laura an sich. Sie warf sofort beide Arme um ihn und drückte ihn. "Als ich das geplant hatte, wußte ich noch nicht, daß ich dich treffen würde. Sonst hätte ich eine Tür einbauen lassen."
"Funktioniert das alles schon?"
"Sicher, sonst würden wir jetzt im Dunklen stehen."
Laura streckte ihm wütend die Zunge heraus, und Robby drückte sie lachend.
"Es war eine berechtigte Frage, Schneemaus. Es ist ja noch eine halbe Baustelle. Ich schätze, daß ich die fehlenden Bretter bis Neujahr angebracht habe, dann kommt der Teppich, und dann die Möbel." Er neigte seinen Kopf zu Laura, die sich sofort an ihn schmiegte.
"Früher, also vor dem Umbau, konnte man die Temperatur nur am Ölofen im Keller regeln. Heute kann jedes Zimmer mit einem Thermostat auf die richtige Temperatur gebracht werden. Du merkst, wie warm es hier ist?"
"O ja!"
"Dann schau mal auf den Thermostat."
Er deutete auf ein kleines graues Gerät an der Wand. Neugierig ging Laura dorthin und schaute nach.
"Aus?" fragte sie erstaunt.
"Ja. Das ist die gute Isolierung, von der ich vorhin geredet habe. Im Sommer wird es hier wie in einem Backofen sein, deswegen auch die Lücke da hinten." Laura folgte seinem Finger und sah eine etwa ein Meter breite Unterbrechung in den Regalen. "Da soll eine Klimaanlage hin. Komm mal bitte hier rüber."
Sie gingen zu einem der vier Fenster im Dach. Robby öffnete es, Laura sah hinaus und seufzte im gleichen Moment.
"Ist das schön!"
Robbys Haus lag in einer Straße, die sehr erhöht auf einem Hügel gebaut war. Laura schaute auf ihre Heimatstadt herunter, auf die ganzen hellen Fenster in der Stadt und die Straßenlaternen, auf die weißen, roten und gelben Lichter der Autos, und auf die schneebedeckten Hausdächer und Gärten.
"Herrlich, nicht wahr?" sagte Robby leise, fast andächtig. "Manchmal stehe ich hier abends stundenlang und schaue nur, anstatt etwas zu tun. Das sind die Zeiten, wo ich froh bin, im Sauerland zu wohnen. Sehr viel Schnee."
"Schnee mag ich auch!" seufzte Laura. Sie zog Robby, der neben ihr stand, hinter sich, griff nach seinen Händen und legte sie sich auf den Bauch. Schweigend schauten sie gemeinsam auf die kleine Stadt herunter, bis Laura sich in Robbys Armen drehte und ihn verliebt anblickte.
"Woran denkst du gerade?"
Robby lächelte breit. "Ob dein Pulli mit Perwoll gewaschen ist."
"Nee!" grinste Laura. "Der ist neu!" Lachend warf sie sich an ihn. "Ja, ist mit Perwoll gewaschen. Glaub ich wenigstens. Keine Ahnung, was meine Regierung nimmt. Woran hast du wirklich gedacht?"
"An dich." Er legte seine Wange an ihre Schläfe. "Immer nur an dich, Schneemaus. Dein Haar riecht lecker."
"Das ist auch frisch gewaschen." Sie drehte schnell ihren Kopf, hauchte ihm einen Kuß auf die Wange und sah wieder geradeaus. "Wie der ganze Rest von mir", flüsterte sie.
"Und was soll mir das sagen?" fragte Robby behutsam. Laura zuckte mit den Schultern.
"Weiß nicht. Keine Ahnung, warum ich das gesagt hab."
"Du mußt dich nicht anpreisen, Laura. Ich hab dich auch so lieb."
Lauras Augen wurden feucht. "Hast recht", wisperte sie. "Ich bin bescheuert."
"Nein." Robby drückte sie kräftig an sich. "Das bist du nicht. Du bist nur etwas unsicher, Schneemaus. Dreh dich um; wir schauen noch etwas nach draußen."
"Okay", hauchte Laura. "Kann ich Licht ausmachen?"
"Sicher. Der Schalter ist gleich neben der Luke."
Laura ging schnell zur Treppe und knipste das Licht aus. Sie wartete ein paar Sekunden, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bevor sie langsam auf das helle Viereck des Fensters zuging. Bei Robby angekommen, stellte sie sich wieder vor ihn, nahm seine Hände und preßte sie vor ihren Bauch. Robby drückte sie mit den Armen leicht an sich. Gemeinsam schauten sie wieder hinaus, auf die Autos, die Lichter und den Schnee, und hingen ihren Gedanken nach.
"Robby?" flüsterte Laura nach einigen Minuten.
"Ja, Laura?"
"Ich liebe dich."
Robby zögerte einen Moment, bevor er das nächste Wort aussprach.
"Warum?"
Laura antwortete, ohne auch nur einen Moment nachdenken zu müssen.
"Weil du für mich da bist. Weil du mir hilfst. Weil du mir das Gefühl gibst, etwas wert zu sein. Deswegen. Liebst du mich auch?"
Robby lachte leise. "In meinem Alter geht das nicht mehr so schnell, Laura. Ich -"
"Sag!" flehte sie leise. Robby atmete langsam aus.
"Ja, Laura. Ich liebe dich auch, obwohl ich dich nicht lieben darf."
"Weil ich erst 13 bin?"
"Genau, mein Liebling." Laura spürte, wie Robby sie noch enger an sich zog und seine Lippen auf ihren Hinterkopf drückte.
"Es muß ja keiner erfahren", überlegte sie laut. "Wenn wir draußen sind, reden wir einfach ganz normal miteinander, ohne uns anzufassen, und wenn wir hier sind, können wir uns im Arm halten und schmusen." Sie drehte sich in seinen Armen und sah in seine Augen, die in der Dunkelheit leicht schimmerten.
"Und küssen", flüsterte sie. Dann legte sie ihren geschlossenen Mund auf seine Lippen. Robby war einen Moment wie erstarrt. Er mußte erst einmal Lauras Verhalten einsortieren, bevor er reagieren konnte, doch als er realisiert hatte, daß ihr Hunger nach Zärtlichkeit ausgebrochen war, legte er eine Hand in ihren Nacken, die andere in ihren Rücken und erwiderte den vollkommen unschuldigen Kuß. Dabei hielt er sich strikt an Lauras Vorgaben; er machte nur das, was auch sie tat.
Laura jedoch handelte nur aus dem Bauch heraus, nicht nach Logik. Die ganze letzte Woche hatte sie sich vorgestellt, wie es wäre, Robby zu küssen, und nun war es endlich soweit. Das Gefühl seiner weichen Lippen an ihren, seinem Körper an ihrem, seinem Geruch in ihrer Nase und seinen Händen auf ihrer Kleidung und Haaren versetzte sie in wahre Glückseligkeit. Sie schmolz förmlich in seinen Armen, wurde ganz weich und locker und badete in dem wunderschönen Gefühl ihres allerersten Kusses. Sie vertraute Robby, und er hielt seine Hände auch dort, wo sie waren.
Voll neu erwachtem Selbstvertrauen löste sie sich schließlich von ihm, legte ihre Wange an seine Schulter, das Gesicht von ihm weggedreht, und fühlte sich rundherum wohl. Als Robby dann auch noch sanft und zärtlich über ihre Haare strich, wollte sie nie wieder weg von ihm.
"Robby?" flüsterte sie. "Darf ich mal was fragen?"
"Alles, was du möchtest, Laura."
Laura sammelte Mut, was ihr nur in der herrschenden Dunkelheit gelang.
"Es geht um -", begann sie zögernd. "Also heute nachmittag, da - Ich meine, beim Baden... Also, äh - Ich trau mich nicht!" Sie drückte sich verlegen an ihn.
"Dann warte", tröstete er sie. "Warte, bis du dich traust, Laura. Denk immer nur an eins, Schneemaus: dein Gefühl ist der einzige Maßstab. Tu immer nur das, was du möchtest. Okay?"
"Okay." Glücklich schmiegte sie sich an ihn, von seinen Händen gestützt, von seinen Gefühlen getragen. "Ich liebe dich!"
"Ich liebe dich auch." Er schloß sie ganz eng in seine Arme, atmete ihren betörenden Geruch ein und folgte den vielen, vielen Bildern, die sich in seinem Kopf ausbreiteten.
Ein Drang, den Laura nicht mehr ignorieren konnte, veranlaßte sie, aus der Umarmung auszubrechen.
"Ich muß mal!" wisperte sie verlegen.
"Warte." Robby ging von ihr weg. "Augen zu!"
Gehorsam schloß Laura die Augen. Robby schaltete das Licht an. Laura blinzelte mehrere Sekunden lang, bis sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, dann lächelte sie Robby verliebt zu und stieg schnell die Holztreppe hinunter.
"Ich komm dann wieder hoch!" rief sie noch hinauf. Bevor Robby antworten konnte, hörte er die Tür zum Badezimmer zugehen. Er lächelte still.
"Ich warte, Schneemaus."
Knapp drei Minuten später steckte Laura ihren Kopf durch die Luke. "Können wir runtergehen?" bat sie ihn. "Ich habe Durst."
"Das klingt nicht besonders sinnvoll", lachte Robby fröhlich. "Erst Toilette, dann Trinken..."
"Mann!" fauchte Laura verlegen. "Ich mußte nun mal, und jetzt hab ich wirklich Durst!"
"Dann geh", lächelte Robby. "Ich komme mit."
Wenig später saßen sie wieder im Wohnzimmer. Laura trank mit großen Schlucken, bis ihr Durst gestillt war, und schmiegte sich dann wieder an Robby, der sie sanft an sich drückte. In diesem Moment klingelte es an der Tür.
"Besuch?" fragte Laura verwundert. Robby schüttelte den Kopf, und Laura spürte plötzlich eine Spannung bei ihm, die sie sich überhaupt nicht erklären konnte.
"Robby!" flüsterte sie ängstlich. "Was ist los?"
"Nichts, Schneemaus." Er lächelte beruhigend, was ihm jedoch nicht so recht gelang. "Ich liebe dich." Er stand auf und ging hinaus. Laura hörte ihn die Tür öffnen und sagen: "Hallo, Bernd. Komm rein."
Sekunden später stand Laura voller Angst einem ziemlich streng aussehenden Mann gegenüber, der mit einem Polizisten in voller Montur ins Wohnzimmer gekommen war. Der Mann namens Bernd drehte sich zu Robby.
"Robert, ich muß dich wegen sexuellen Mißbrauchs von Laura Wirt festnehmen."










Kapitel 3



Der kleine Sitzungssaal im Amtsgericht war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ganz vorne saßen Lauras Eltern, sich nervös und aufgebracht unterhaltend, während sie gelegentliche Blicke auf Robert warfen; neben und hinter ihnen waren Vertreter der örtlichen Zeitungen und die übrigen Zuschauer. Laura fehlte; wenn alles so lief, wie der Staatsanwalt wollte, würde sie auch gar nicht gebraucht werden.
Nachdem die Verhandlung eröffnet worden war, wandte sich die Richterin namens Kaiser an Robby.
"Herr Wagner, Ihnen wird vorgeworfen, am Abend des 9. Dezember 1999 die 13jährige Laura Wirt nach einem gemeinsamen Abendessen in der Pizzeria San Marco in Ihre Wohnung mitgenommen und sich dort an ihr vergangen zu haben. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß sich ein volles Geständnis positiv auf das Urteil auswirkt, weil dadurch dem Opfer erspart wird, aussagen zu müssen. Wie bekennen Sie sich?"
"Nicht schuldig." Robby sagte das voller Überzeugung, denn er wie Laura wußten, was an dem Abend passiert war: nichts. Die Anzeige ihrer Eltern, die von einem befreundeten Ehepaar, das auch an dem Abend in der Pizzeria war, über das Verhältnis von Laura und Robby informiert worden waren, war vollkommen an den Haaren herbei gezogen. Er hatte nichts zu befürchten, auch wenn er in dem letzten halben Jahr nicht mit Laura hatte reden dürfen. Das war ihm untersagt worden, und Lauras Handy hatten ihre Eltern eingezogen.
Die Richterin nickte; ihr Blick wurde kalt.
"Ganz sicher?"
"Ja." Robby blieb standhaft. Die Richterin sah zum Gerichtsdiener, der an der Tür zum Gang stand.
"Rufen Sie bitte die Zeugin Laura Wirt."
Wenig später kam Laura in den Saal geschlichen. Sie schlich tatsächlich und hielt den Kopf gesenkt. Sie sah nicht einmal zu Robby, was ihn sehr verwunderte und auch etwas unsicher machte. Die vielen Bilder in seinem Kopf schob er mit aller Macht beiseite; er brauchte jetzt klare, geordnete Gedanken.
Laura ging zu dem Stuhl in der Mitte zwischen Staatsanwalt und Robby. Zögernd setzte sie sich hin, noch immer mit gesenktem Kopf.
"Laura", sagte die Richterin sanft. "Du weißt, warum du hier bist?"
Laura nickte ganz leicht.
"Laura, es kann dir leider nicht erspart werden, noch einmal zu erzählen, was am Abend des 9. Dezember 1999 geschehen ist. Fühlst du dich stark genug dazu?"
Wieder nickte Laura sehr zögernd.
"Dann fang bitte an, und laß dir viel Zeit. Erzähl bitte nur alles, woran du dich erinnerst."
Stockend, nach Worten suchend, erzählte Laura von dem Abendessen und wie Robby sie anschließend mit zu sich genommen hatte. Wie er sie überredet hatte, mit ihm auf den Dachboden zu gehen. Wie sie am Fenster gestanden hatten und sich im Arm hielten. Wie er sie dann mit einem Arm festgehalten hatte, während er mit der anderen Hand in ihre Hose gegangen war und einen Finger in ihre Scheide gesteckt hatte. Neben ihrer leisen Stimme war nur das Kratzen von Stiften auf Papier zu hören, mit denen die Reporter möglichst jedes Wort von Laura festhielten.
Und Robbys nervöses Atmen. Ungläubig, fassungslos und entsetzt starrte er auf Laura, hörte jedes Wort und konnte doch nicht glauben, was hier geschah. Er wußte mit absoluter Sicherheit, daß er nichts von dem getan hatte, was Laura ihm hier vorwarf. Das konnte nicht sein!
Laura beendete ihre Schilderung, und noch bevor die Richterin sie entlassen konnte, stand Robby auf den Füßen. Er sah zur Richterin.
"Ich bin Anwalt und durch die neue Rechtslage seit dem 1. Januar vor diesem Gericht zugelassen, wie Sie wissen", begann er. Die Anspannung, unter der er stand, drückte sich ganz deutlich in seiner Stimme und seinem Gesicht aus. "Ich werde mich selbst verteidigen. Als Anwalt möchte ich eine einzige Frage an die Zeugin stellen."
"Das halte ich für keine besonders gute Idee", entgegnete die Richterin sehr kühl. "Nicht im entferntesten."
"Ich bestehe darauf."
Die Richterin stieß unhörbar die Luft aus. "Eine einzige Frage."
Robby drehte sich von Laura weg, damit ihm nicht der Vorwurf gemacht werden konnte, er würde sie beeinflussen. Doch das war im Grunde überflüssig, denn Laura hob auch jetzt nicht den Kopf.
"Laura", sagte Robby ganz nüchtern. Weder freundlich noch distanziert, nur nüchtern und ruhig. "Bist du absolut sicher, daß all das passiert ist?"
"Ja." Lauras Stimme war kaum zu hören.
"Bitte etwas lauter", forderte die Richterin sie auf.
"Ja", wiederholte Laura lauter. "Es ist alles so passiert, wie ich gesagt habe."
Robby schloß erschüttert die Augen. Er mußte sich an seinem Stuhl festhalten, als er sich hinsetzte; seine Beine trugen ihn nicht mehr.
"Danke, Laura", sagte die Richterin. "Herr Staatsanwalt?" Der schüttelte den Kopf.
"Du kannst gehen, Laura", sagte die Richterin dann. Laura stand auf und schlurfte zur Tür. Sie hatte sie gerade erreicht, als sie sich plötzlich straffte und aufrichtete. Sie blieb einige Sekunden so stehen, von Richterin, Staatsanwalt, Robby, ihren Eltern, den Reportern und Zuschauern gebannt, erwartungsvoll oder besorgt angeblickt, dann drehte sie sich zu Robby. Über ihre Wangen liefen dicke Tränen. Die Richterin wollte gerade dem Gerichtsdiener ein Zeichen geben, Laura hinaus zu bringen, als Laura laut schluchzte, zu Robby lief und in seine Arme fiel. Im Gerichtssaal war es totenstill, nur Lauras Schluchzen und Weinen war zu hören.
"Ich hab gelogen!" schluchzte Laura. "Robby, es tut mir so leid! Die haben mich gezwungen, das zu sagen!"

* * *

Nach der von der Richterin angeordneten Unterbrechung wurde die Verhandlung fortgesetzt. Wieder saß Laura im Zeugenstuhl, doch diesmal aufrecht, den Kopf erhoben, Stimme und Augen klar und fest. Sie schilderte, unter welchen Umständen sie und Robby sich kennengelernt hatten, wie sie jeden Abend telefoniert und worüber sie gesprochen hatten, und von dem fraglichen Abend selbst.
"Wir waren auf dem Dachboden", gab sie mit fester Stimme zu. "Wir haben uns im Arm gehalten. Aber das alles kam, weil ich es so wollte. Ich wollte es. Der Vorwurf, der Robby hier gemacht wird, ist völlig aus der Luft gegriffen. Ich bin nicht einmal ärztlich untersucht worden; wäre das geschehen" - hier wurde sie etwas rot im Gesicht - "hätte sich ganz schnell herausgestellt, daß ich noch Jungfrau bin und es schon von daher gar nicht möglich ist, daß Robby das getan haben soll."
Richterin und Staatsanwalt waren ziemlich verwirrt, doch beide faßten sich schnell. Laura durfte den Zeugenstand vorerst verlassen, dann kam Bernd Hott an die Reihe, der Polizist.
"Am 9. Dezember 1999 ging um 19:49 ein Anruf bei uns ein. Der Vater des Mädchens, Herr Markus Wirt, zeigte Robert Wagner wegen sexuellen Mißbrauchs seiner Tochter an. Er sagte, daß seine Tochter und Herr Wagner in diesem Moment noch in der Pizzeria San Marco säßen. Ich fuhr in Begleitung eines Beamten der Schutzpolizei dort hin und sah Laura und Herrn Wagner an einem Tisch sitzen, in eine angeregte Unterhaltung vertieft, während sie aßen. Gegen halb neun verließen sie die Pizzeria und fuhren zu dem Haus des Herrn Wagners. Der Beamte und ich beobachteten, wie wenig später nach und nach verschiedene Räume des Hauses erhellt und wieder verdunkelt wurden, dann erschienen Laura und Herr Wagner in einem Fenster auf dem Dachboden. Sie standen sehr nahe beieinander. Kurz darauf ging das Licht auf dem Dachboden aus, doch trotz der Dunkelheit waren die beiden Gesichter noch zu sehen. Sowohl der Beamte wie auch ich kamen zu dem Schluß, daß Herr Wagner das Mädchen im Arm hielt. Einige Minuten später drehte sich das Mädchen zu Herrn Wagner. Oder sie wurde gedreht, das konnten wir nicht eindeutig erkennen. Wiederum einige Minuten später ging das Licht an und fast sofort wieder aus. Das war der Moment, wo uns ein Eingreifen für gerechtfertigt erschien. Wir betraten das Haus, von Herrn Wagner eingelassen, und fanden das Mädchen im Wohnzimmer, wo es saß und einen verängstigten Eindruck machte. Daraufhin habe ich Herrn Wagner festgenommen. Nach Lauras Aussehen zu urteilen, war etwas vorgefallen, und so haben wir alle Anstrengungen unternommen, das aus ihr herauszuholen."
Nach ihm wurde der Beamte befragt, dessen Aussage sich mit der von Bernd Hott deckte. Dann war wieder Laura an der Reihe. Als sie erzählte, was seit diesem Abend geschehen war, mußte sogar die Richterin mehrmals ungläubig blinzeln.
"Die Polizei hat mich mitgenommen", sagte sie nervös, als sie an den Abend zurückdachte. "Ich wurde in ein ziemlich kaltes Zimmer gesetzt, und dann fingen vier Leute an, auf mich einzureden. Wieviel Glück ich gehabt hatte, daß nichts Schlimmeres passiert war. Was für ein Schwein Robby gewesen sein soll. Was für Sauereien er mit mir gemacht haben soll. Ich habe die Leute erst nur anstarren können, weil ich gar nicht kapiert habe, wovon die eigentlich reden, und dann fing der Mann da" - sie zeigte auf Bernd Hott - "an, deutlich zu werden. 'Er hat dir doch seinen Finger da unten reingeschoben', hat er immer und immer wieder gesagt. 'Laura, du verdrängst das nur. Du willst dich nicht mehr dran erinnern, aber so war das. Er hat dir seinen Finger da unten reingeschoben.' Immer und immer wieder hat er das gesagt." Zwei Tränen kullerten aus Lauras Augen, als sie die Richterin ansah.
"Mir war so kalt in dem Zimmer, ich war todmüde, und ich bekam richtig Angst vor dem - dem Polizisten. Ich wußte nicht, was mit Robby los war und wo er war. Ich wußte nur, daß da vier Leute auf mich einreden." Sie wischte sich die Tränen weg und zog die Nase hoch.
"Ich weiß gar nicht mehr, wie lange das gedauert hat", bekannte sie leise. "Aber als die endlich fertig waren und ich nach Hause durfte, war kein Auto mehr auf der Straße. Erst zu Hause hab ich gesehen, daß es schon zwei Uhr morgens war. Als ich ausgeschlafen hatte, waren die Polizisten schon wieder da und haben mich abgeholt. Das ganze Wochenende lang haben die auf mich eingeredet und geredet und geredet." Sie schüttelte leise weinend den Kopf.
"Irgendwann fing ich an, diesen ganzen Schwachsinn selber zu glauben. Der Polizist sagte immer wieder, daß ich nach Hause könnte, wenn ich endlich die Wahrheit sage." Sie sah gequält zu Robby.
"Ich wollte dich nicht beschuldigen, Robby, aber ich wollte auch nicht mehr da sitzen und so vollgequatscht werden. Verstehst du das?" Robby nickte mit einem zärtlichen Lächeln, das Laura dankbar erwiderte, bevor sie wieder zur Richterin sah.
"Und so hab ich eben gesagt: 'Ja, er hat mich da unten angepackt, und ja, er hat meinen Busen betatscht, und ja, er hat dies und ja, er hat das gemacht.' Aber das hat er alles nicht gemacht. Er hat mir nur sehr geholfen, als ich Hilfe brauchte, und er hat viel mit mir geredet, als keiner da war, um mit mir zu reden. Das ist seine ganze Schuld. Er hat mit mir geredet und mich im Arm gehalten. Mehr nicht." Ihr Blick wurde verzweifelt.
"Sagen Sie dem Polizisten bitte, er soll mich in Ruhe lassen!" flehte sie die Richterin an. "Ich kann das nicht mehr! Ich halte das nicht mehr aus!" Sie ließ den Kopf sinken und weinte bitterlich. Sofort war Robby bei ihr, trotz der lauten Ermahnung der Richterin, auf seinem Platz zu bleiben. Laura hob den Kopf, sah ihn, umarmte ihn sofort und drückte sich schutzsuchend an ihn. Die Richterin gebot dem Gerichtsdiener, der sich schon auf den Weg gemacht hatte, Robby wieder zu seinem Platz zu bringen, sich zurückzuhalten, als sie das sah, während unter den Zuschauern aufgeregtes Gemurmel laut wurde. Eine kurze Ermahnung der Richterin stellte wieder Ruhe her. Alles sah auf Robby und Laura, die sich umarmt hielten. Robby, der die gezischten Bemerkungen von Lauras Mutter hörte, sah sie an und erstickte im gleichen Moment unter den ganzen Bildern, die er von ihr mitbekam, doch eines war darunter, das sein Herz zum Rasen brachte. Er konzentrierte sich darauf, folgte dem Bild zurück und fand etwas, was er niemals für möglich gehalten hätte. Schnell fasste er sich, tröstete Laura mit ein paar Worten und kurzem Streicheln und sah dann die Richterin an.
"Das Verfahren hat sich damit wohl erledigt, nehme ich an?"
"Nicht ganz." Sie erwiderte seinen Blick ungerührt. "Es bleibt noch die Frage offen, was Sie, Herr Wagner, zu einem 13jährigen Schulmädchen führt. Welche Motive Sie bewegen. Möchten Sie uns dazu etwas sagen?"
"Das wurde zwar alles schon gesagt", lächelte Robby, "aber ich kann es gerne wiederholen. Vorher würde ich jedoch gerne das rechtliche Verhältnis zwischen Laura und ihren Eltern klären."
Sofort wurde es wieder laut im Saal. Herr und Frau Wirt standen mit vor Wut roten Gesichtern auf ihren Füßen, zeigten auf Robby und stießen eine Beleidigung nach der anderen aus, was angesichts der Örtlichkeit, in der sie sich befanden, nicht gerade klug war. Doch die Richterin hatte genug Mühe, für Ruhe zu sorgen. Als es endlich wieder still wurde, sah sie Robby mit einem Blick kalt wie Eis an.
"Was bitte meinen Sie damit?"
"Ich meine damit", sagte Robby laut und deutlich, während er Laura festhielt, um ihr Halt zu geben, "daß das leibliche Kind der Eheleute Wirt kurz nach der Geburt gestorben ist. Daß Laura im Alter von zwei Monaten von einem Vermittler gekauft wurde. Daß Laura nicht das Kind der Eheleute Wirt ist."
Nun war es endgültig vorbei mit der Beherrschung. Im Saal wurde es so laut, daß sogar zwei Polizisten von draußen hereinkamen, um nach dem Rechten zu sehen. Herr und Frau Wirt waren bleich wie der Tod, und das bekam sogar die Richterin mit. Sie schaute zum Staatsanwalt herüber, dem die Veränderung auf den Gesichtern der beiden auch nicht entgangen war, und führte eine kurze, stumme Unterhaltung mit ihm, bevor sie mit kräftiger Stimme androhte, den Saal räumen zu lassen, wenn nicht umgehend Ruhe einkehrte. Das wirkte. Innerhalb von Sekunden wurde es still, doch die Spannung war greifbar. Laura sah Robby mit großen Augen an.
"Du mußt jetzt ganz stark sein, Schneemaus", flüsterte er schnell. "Aber ich bin bei dir." Laura nickte verständnislos, jedoch etwas beruhigt. Die Richterin wandte sich wieder an Robby.
"Was bringt Sie auf diese gewagte Vermutung?"
"Zum einen Lauras Schilderung des Verhältnis zwischen ihr und ihren sogenannten Eltern. Zum anderen... Ein Instinkt. Wenn ich genug Zeit bekomme, kann ich das auch beweisen. Oder Sie nehmen die Sache gleich hier in die Hand. Nachdem meine gewagte Vermutung bewiesen ist, werden Sie verstehen, warum Laura und ich Freunde im harmlosesten Sinn des Wortes sind. Laura hat buchstäblich keinen Menschen, an den sie sich wenden kann. Sie vermutete schon, daß ihre Eltern nicht ihre Eltern sind, doch die fotografischen Aufnahmen, die ihre Eltern von ihr haben, sind von Geburt an lückenlos und beweisen eigentlich das Gegenteil. Jedoch kann ich beweisen, daß Lauras Aussehen als Baby das Hauptkriterium war, nach dem ihre Eltern sich ein neues Baby ausgesucht haben."
Richterin Kaiser schaute sich Herrn und Frau Wirt sehr genau an und entschied innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde.
"Frau Wirt, bitte kommen Sie vor. Laura, du kannst erst einmal gehen."
Robby half Laura auf und schickte sie zu einem Stuhl in den Zuschauerreihen, während gleichzeitig eine äußerst nervöse Frau Wirt nach vorne kam. Ein ebenso nervöser Herr Wirt sah ihr zu. Robby setzte sich gelassen auf seinen Stuhl, warf Laura einen beruhigenden Blick zu und konzentrierte sich dann auf die Verhandlung.
Frau Wirt wurde vereidigt, dann begann die Befragung.
"Wann wurde Laura geboren?"
"Am 26. November 1986."
"Das ist das Datum, das auf Lauras Geburtsurkunde steht?"
Frau Wirt wurde unter den Blicken von Staatsanwalt und Richterin sichtbar kleiner.
"Ja", flüsterte sie.
"Bitte? Ich habe Sie nicht verstanden."
"Ja", wiederholte Frau Wirt lauter, und sehr viel nervöser. Richterin Kaiser schaute sie einen Moment an und stach dann zu.
"Ist Laura Ihr leibliches Kind, Frau Wirt?"
Frau Wirt drehte sich hektisch zu ihrem Mann um, der ihren Blick voller Angst erwiderte.
"Frau Wirt!" Die Stimme der Richterin war wie eine Peitsche. Frau Wirt fuhr wieder herum. "Ist Laura Ihr leibliches Kind?" Laura saß auf ihrem Stuhl, die zu Fäusten geballten Hände vor der Brust, und lehnte sich voller Angst und Aufregung vor. Frau Wirt erstarrte zur Salzsäule.
"Sie stehen unter Eid, Frau Wirt." Die Stimme des Staatsanwaltes war sehr kalt. "Machen Sie es sich nicht schwerer, als es schon ist."
"Ist Laura Ihr leibliches Kind?" fragte die Richterin zum dritten Mal. Frau Wirt schüttelte verzweifelt den Kopf.
"Nein." Sie brach weinend auf dem Stuhl zusammen.

* * *

Nach einer weiteren Unterbrechung konnte die Verhandlung fortgesetzt werden. Wie vorher Laura erzählte nun Frau Wirt sehr stockend und zögernd. Ihr Mann saß auf seinem Stuhl, das Gesicht in die Hände gelegt, und schüttelte von Zeit zu Zeit den Kopf.
"Laura war ein kerngesundes Baby", sagte Frau Wirt mit leiser, sehr bedrückter Stimme. "Vollkommen gesund und kräftig. Wir hatten sie nicht mal einen Monat, als sie - als sie..." Ihre Stimme kippte, doch Frau Wirt fasste sich sofort wieder.
"Wir fanden sie morgens im Bett. Tot. Einfach so. Plötzlicher Kindstod. Wir haben uns mit einer Autopsie einverstanden erklärt, obwohl uns der Gedanke, Laura aufzuschneiden..." Sie schüttelte den Kopf.
"Es wurde nichts gefunden. Sie ist einfach so gestorben, ohne jeden Grund und Sinn. Aber wir wollten doch so gerne ein Kind, und so kamen wir auf die Idee, uns mal umzuhören. Nach zwei Monaten hatten wir durch einen Vermittler ein Baby gefunden, das von den Eltern ausgesetzt worden war. Jennifer. Die heutige Laura. Unsere Tochter Laura. Sie sah genauso aus wie unsere tote Laura. Wir bezahlten die geforderte Summe und bekamen Jennifer. Anschließend sind wir hierher gezogen, weit weg von unserer alten Heimat." Sie schwieg voller Trauer.
"Aber warum dann die ganzen Schwierigkeiten zwischen Ihnen und Ihrer Tochter?" fragte die Richterin behutsam. "Eigentlich hätten doch alle Seiten darüber glücklich sein müssen."
"Wir wissen es nicht." Frau Wirt sah mit nassen Augen auf. "Laura - Jennifer war vom ersten Moment an ein Dickkopf. Schwierig. Eigensinnig. Ganz anders als unsere Laura, die immer lieb und sanft gewesen ist. Bis sie... Jennifer war - ist ganz anders. Wir haben sie mit Liebe überschüttet, doch sie hat es abgelehnt. Irgendwann haben wir auch aufgegeben. Da war sie acht oder neun und nicht mehr zu bändigen. Sie war uns gegenüber zugeknöpft und kalt, und daran hat sich auch nichts mehr geändert." Der Staatsanwalt hatte sich reichlich Notizen gemacht und schaute nun auf.
"Frau Wirt, Ihnen ist klar, daß Sie sich strafbar gemacht haben? Daß Sie Jennifer nicht behalten können? Daß ich Sie und Ihren Mann anzeigen muß?"
Frau Wirt nickte stumm weinend. "Wir wollten doch nur ein Kind!" flüsterte sie verzweifelt. "Nach Laura konnte ich keines mehr bekommen; es sei zu gefährlich, sagte der Arzt. Wir haben es doch nur gutgemeint, und wir haben einem Waisenkind ein schönes Heim gegeben. Wir haben es zumindest versucht." Sie sah zu Laura, die ebenfalls lautlos weinte.
"Es tut mir so leid, Laura. Wir haben dich unbewußt immer mit unserer Laura verglichen, und als du ganz anders als sie wurdest... Da konnten wir auch nicht mehr."
Die Richterin sah zum Staatsanwalt. "Wir müssen das Jugendamt informieren, daß Jennifer einen Heimplatz braucht."
"Nein." Robby stand auf. "Das lasse ich nicht zu. Daß Jennifer bei ihren Eltern bleiben kann, ist leider vom Gesetz nicht erlaubt. Aber das Gesetz erlaubt, daß sie einen Vormund bekommt, und das werde ich sein."
"Das werden Sie nicht sein!" erwiderte Richterin Kaiser beherrscht. "Ich mache doch den Bock nicht zum Gärtner!"
"Das war ein Fauxpas", lächelte Robby. "Während dieser ganzen Verhandlung ist nichts herausgekommen, was Jennifer oder mich belastet. Es kann auch nichts herauskommen, weil es nichts Belastendes gibt. Jennifer hat Vertrauen zu mir. Ich kann mein Büro von der Stadt in mein Haus verlagern und so rund um die Uhr für sie da sein. Wenn Jennifer das möchte, heißt das. Wir sollten sie fragen, finden Sie nicht?" Er sah die Richterin mit einem munteren Lächeln an. Diese beherrschte sich, keinen weiteren verbalen Ausrutscher zu fabrizieren. Robby hatte vollkommen recht mit dem, was er sagte; trotzdem widerstrebte es ihr bis in die letzte Faser, seinem Wunsch nachzukommen.
Aber ablehnen konnte sie das, was er vorschlug, auch nicht.
"Dieses Gericht ist nicht dafür qualifiziert, eine solche Entscheidung zu treffen", sagte sie deshalb. "Jennifer wird vorerst der Aufsicht des Jugendamtes unterstellt, bis eine endgültige Entscheidung getroffen ist."
"Da hab ich ja wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden!" platzte Laura - Jennifer wütend. Ohne sich um Eltern, Reporter, Zuschauer oder sonst wen zu kümmern, lief sie mit schnellen Schritten zum Richtertisch.
"Erst erfahre ich so ganz nebenbei, daß ich eine Waise bin!" fauchte sie die Richterin an. "Dann werden mir meine Eltern weggenommen, ich bekomme mir nichts, dir nichts einen neuen Namen, und jetzt soll ich auch noch in ein Heim? Sie sind ja bescheuert!" Ihre Wut verrauchte so schnell, wie sie aufgekommen war. Sie drehte sich um, lief zu Robby und fiel ihm weinend in die Arme.
"Ich will zu dir!" schluchzte sie zum Gotterbarmen. "Ich hab doch jetzt wirklich keinen Menschen mehr außer dir! Laß nicht zu, daß die mich einfach so in ein Heim stecken!"
"Das lasse ich auch nicht zu", versprach Robby ihr, sah dabei jedoch die Richterin an. "Frau Richterin Kaiser, Ihnen ist durch Ihre Tätigkeit bekannt, wie sehr Kinder darunter leiden, keine Eltern mehr zu haben. Laura - Jennifer wurde vollkommen überraschend mit einer Tatsache konfrontiert, die sie nicht so einfach verarbeiten kann. Sie jetzt in ein Heim zu stecken, würde noch viel mehr Schaden in ihr anrichten, als bereits entstanden ist. Sie braucht im Moment die Stabilität einer Familie, auch wenn diese nur aus einem Vormund besteht. Jennifer und ich kennen uns sehr gut, und sie vertraut mir. Es ist ihr Wunsch, bei mir zu bleiben, und es ist mein Wunsch, sie aufzunehmen. Wenn Sie Jennifer tatsächlich dem Jugendamt überstellen, werde ich um sie kämpfen, und ich werde auch gewinnen. Warum wollen Sie ihr diesen zusätzlichen Streß aufbürden?"
"Eins nach dem anderen." Richterin Kaiser war am Ende ihrer Beherrschung. "Das Verfahren gegen Robert Wagner wegen sexuellen Mißbrauchs ist wegen erwiesener Unschuld eingestellt. Die Kosten dafür trägt der Staat. Sie, Herr Wagner, kommen mit Jennifer in das Richterzimmer. In zehn Minuten. Verspäten Sie sich auch nur um eine einzige Sekunde, sind Sie wegen Entführung dran. Die Sitzung ist geschlossen."
Im Saal wurde es wieder laut, als alle aufstanden und sich aufgeregt oder schockiert unterhielten. Die Reporter jagten als erste hinaus, hinter ihnen gingen die Zuschauer nach draußen. Lauras - Jennifers Eltern wurden von zwei Polizisten gebeten, mitzukommen. Robby flüsterte Jennifer schnell etwas ins Ohr, und sofort rannte sie zu ihren bisherigen Eltern und umarmte sie weinend, bis sie von den Polizisten sanft, aber nachdrücklich zur Seite geschoben wurde. Daraufhin rannte sie wieder zu Robby, der sie tröstend an sich drückte. Das arme Kind war völlig mit den Nerven fertig. Sie hatte in wenigen Minuten ihre gesamte Vergangenheit verloren und stand einer völlig ungewissen Zukunft gegenüber.
Als Robby mit ihr auf die Sekunde pünktlich das Richterzimmer betrat, hatte Jennifer sich schon wieder etwas beruhigt. Genau wie die Richterin, die Robby nicht mehr kühl, sondern nachdenklich ansah.
"Nehmen Sie Platz", bat sie Robby und Jennifer freundlich. "Jennifer, möchtest du etwas trinken?"
"Ja", stieß Jennifer erstickt hervor. "Einen Kaffee."
"Milch und Zucker?"
"Reichlich von beidem." Jennifer lächelte scheu. Die Richterin lächelte aufmunternd zurück und besorgte ihr das Getränk. Während Jennifer vorsichtig an dem heißen Gebräu nippte, setzte sich die Richterin den beiden gegenüber in einen Sessel und sah abwechselnd zu Jennifer und zu Robby.
"Sie unterstellen mir also Befangenheit", eröffnete sie schließlich das Gespräch. Robby schüttelte den Kopf.
"Nein. Nur Voreingenommenheit. Laura - Jennifer und ich sind wirklich sehr gute Freunde. Nicht mehr, aber auch nicht weniger."
"Und Sie glauben tatsächlich, daß sie das Mädchen bekommen?"
"Ja." Robby hielt ihrem Blick stand. "Aus zwei Gründen. Jennifer will zu mir kommen, und ich will Jennifer zu mir nehmen. So ist ihr, dem Staat und mir geholfen."
"Ihnen wohl mehr als dem Staat", konnte sich die Richterin nicht verkneifen. Robby lächelte nachsichtig.
"Frau Kaiser, sie waren acht Jahre am Familiengericht. Lassen Sie bitte mal diese blödsinnige Anklage außen vor und schalten Ihren Verstand an."
"Sie haben einen ganz schön frechen Ton am Leib, Herr Wagner." Ihre Augen bohrten sich in die seinen. Robby zuckte mit den Schultern.
"Nur dann, wenn es nötig ist. Ich sehe es aber nicht als frech, sondern als notwendig an." Er beugte sich vor und schaute sie ebenso ernst an wie sie ihn.
"Ich kann Ihnen von Mensch zu Mensch schwören, daß Jennifer zu keiner Zeit in der vorhin hier erzählten Art und Weise von mir berührt worden ist. Wir haben uns gegenseitig umarmt, und das war alles. Das möchte ich ein für allemal klarstellen. Es war sehr klug von Ihnen, 'wegen erwiesener Unschuld' zu sagen, und nicht: 'wegen Mangels an Beweisen'. Mit einem solchen Urteil wäre ich niemals einverstanden gewesen. Doch nun zu den wichtigen Angelegenheiten. Jennifer." Er legte seinen Arm um Jennifers Schultern. Sofort schmiegte sich das Mädchen an ihn und schluchzte leise.
"Jennifer mußte hier vor Gericht erfahren, daß sie ein gekauftes Waisenkind ist. Kurz darauf hat sie ihre Eltern verloren. Auch wenn sie mit ihnen im Dauerkrieg lag, waren es doch für mehr als dreizehn Jahre ihre Eltern. Und die gibt es auf einmal nicht mehr. Jennifer weiß nicht, wer ihre richtigen Eltern sind. Und diesen schweren Treffern wollen Sie noch einen hinzufügen und sie in ein Waisenhaus stecken? Damit machen Sie das Mädchen vollkommen kaputt, und das wissen Sie auch, Frau Kaiser. Sie wissen das am besten. Sie haben es oft genug gesehen. Deswegen bitte ich Sie, die Verhandlung beiseite zu schieben und an Jennifer zu denken. Was für sie das beste ist. Ein Waisenhaus, in dem sie sich täglich fragt, wer ihre Eltern sind, oder sie kommt zu mir, und gemeinsam finden wir heraus, was in ihrer Vergangenheit passiert ist."
"Warum möchten Sie Jennifer?" fragte die Richterin, schon halb überzeugt.
"Weil wir uns gut verstehen. Weil wir viele Gespräche miteinander geführt haben. Weil wir uns nahe stehen. Und nicht zuletzt, weil wir uns mögen. Weil wir miteinander auskommen. Weil die vielen Gespräche eine Basis an Vertrauen geschaffen haben, auf der wir aufbauen können. Und weil ich fest daran glaube, daß Jennifer es bei mir gut haben wird. In jeder Beziehung."
Die Richterin sah zu Jennifer. "Was meinst du dazu?"
"Ich will nicht ins Heim." Jennifer schaute sie mit nassen Augen an. "Schon bevor das alles hier passiert ist, wollte ich soviel Zeit wie möglich mit Robby verbringen. Weil ich ihn mag, weil er mit mir redet, wie meine - meine Eltern nie mit mir geredet haben, und weil er mich aufbaut. Seelisch, meine ich. Wenn ich vor etwas Angst habe, nimmt er mir die Angst und gibt mir statt dessen Hoffnung." Ihre Augen bekamen einen flehenden Blick. "Bitte lassen Sie mich zu ihm! Bitte!"
"Du bist dir da ganz sicher?" bohrte die Richterin. "Oder bildest du dir das jetzt ein?"
"Nein." Jennifer schüttelte vehement ihren Kopf. "Da bin ich ganz sicher."
"Früher", sagte Robby behutsam in Richtung der Richterin, "wurden Kinder bei Scheidungen nicht gefragt, zu wem sie wollten. Das hat sich zum Glück geändert. Auch die Gerichte haben eingesehen, daß Kinder ein gewisses Mitspracherecht haben."
Die Richterin nickte zustimmend. "Das ist richtig. Wenn ich nur von dem letzten Teil der Verhandlung ausgehe und die zum Glück für alle Beteiligten falsche Anklage nicht berücksichtige, könnte ich sogar Ihrer Meinung sein, Herr Wagner. Für das Mädchen - Nein, für jedes Kind ist es schöner, in einem stabilen Umfeld zu wohnen als in einem Heim. Die Frage ist nur, ob Sie Jennifer dieses stabile Umfeld gewähren können."
"Bis zu dieser falschen Anklage ist nichts in meinem Leben passiert, was auf ein instabiles Umfeld hindeutet", sagte Robby lächelnd. Richterin Kaiser sah erst ihn lange an, dann Jennifer, die sich an Robby klammerte. Schließlich stand sie auf.
"Jennifer, wartest du bitte - Nein, das geht ja nicht. Die Reporter warten bestimmt auch euch zwei." Sie stieß laut den Atem aus.
"Na schön. Herr Wagner, nehmen Sie Jennifer vorerst mit. Ich werde das Jugendamt informieren, und die sollen sich um alles weitere kümmern." Ihr Blick wurde kalt wie flüssiger Sauerstoff. "Und wenn ich auch nur eine einzige Beschwerde von Jennifer über Sie höre, stehen Sie schneller wieder hier, als Sie 'Nicht schuldig' sagen können."
"Ich nehme an", erwiderte Robby mit einem erleichterten Lächeln, "daß Sie damit keine Beschwerden über angebrannten Toast zum Frühstück meinen?"
"Sie wissen verdammt genau, was ich meine!" Richterin Kaisers Geduld erschöpfte sich rapide. "Verdammt genau! Und jetzt raus, ich muß noch arbeiten."
"Ich darf bei Robby bleiben?" schluchzte Jennifer ungläubig. Robby drückte sie zärtlich an sich.
"Ja, Schneemaus. Außer, ich mache das wirklich, was ich gemacht haben soll."
"Das würdest du nie machen!" weinte Jennifer, außer sich vor Freude, und drückte ihn mit aller Kraft. "Ich weiß, daß du das nie machen würdest!"
"Das würde ich auch nicht, Schneemaus. Nun raus hier, bevor die Richterin doch noch schlechte Laune bekommt."
"Die hat sie schon!" fauchte die Richterin. "Raus!"
Robby nahm Jennifers Hand, stand mit ihr auf und machte, daß er mit seiner kleinen Freundin nach draußen kam, doch seine Augen lachten.
Vor dem Saal warteten schon die Reporter, die natürlich wissen wollten, was in den letzten Minuten passiert war. Robby sammelte sich, drückte Jennifer an sich und legte los.
"Nach dem Freispruch haben wir zu dritt ein klärendes Gespräch geführt. Jennifer wird vorläufig bei mir bleiben, bis das Jugendamt das letzte Wort gesprochen hat. Jennifer hat wiederholt den Wunsch geäußert, zu mir zu kommen. Schon daran können Sie ersehen, daß es der Anklage an jeder Grundlage mangelt."
"Wie konnte es dann überhaupt zu der Anklage kommen?" fragte jemand.
"Ich nehme an", sagte Robby, während er Bernd Hott fest in die Augen sah, "daß sich jemand mehr um seine Karriere als um Schuld oder Unschuld Gedanken gemacht hat. Denn wir alle wissen, daß im August eine hohe Position bei der Kriminalpolizei frei wird."
"Das lasse ich mir nicht bieten!" Hott kämpfte sich durch die Menge und blieb dicht vor Robby stehen.
"Du weißt verdammt genau, daß es mir nur um das Mädchen ging, Robert. Nur um ihre Sicherheit."
"Natürlich." Er deutete mit dem Zeigefinger auf Hott, ohne ihn zu berühren. "Bernd, ich habe mir in den letzten Monaten sehr große Sorgen um Laura - Jennifer gemacht. Wie es ihr geht. Was der ganze Unsinn soll. Aber ich hatte wenigstens ein reines Gewissen. Ohne deinen Übereifer könnte Jennifer noch Eltern haben, und sie wäre vor allem nicht dieser Tortur deines Verhöres ausgesetzt gewesen. Was um alles in der Welt hat dich dazu gebracht, ein 13jähriges Kind bis tief in die Nacht zu verhören und ihr allen möglichen Unsinn einzureden?" Seine Augen wurden so kalt, wie es Jennifer noch nie bei ihm gesehen hatte.
"Ich kann dir verzeihen", meinte Robby mit eisiger Stimme, "daß du mich verhaftet hast. Das ist dein Job. Aber was du mit Jennifer angestellt hast, werde ich dir nicht verzeihen. Als dein ehemaliger Freund gebe ich dir den guten Rat, mehr an den Menschen zu denken als an deine Karriere. Die sowieso beendet sein wird, wenn ich mit dir fertig bin. Das Thema ist noch lange nicht vom Tisch."
"Du drohst mir?"
"Nein. Ich werde dich anzeigen. Nur hat diesmal die Anzeige eine zutreffende Basis: Amtsmißbrauch und Einschüchterung sowie Beeinflussung von Zeugen. Komm, Jennifer. Wir gehen nach Hause." Er kämpfte sich mit Jennifer im Arm durch die Menge und ging mit ihr hinaus.
Im Gerichtssaal drehte sich Richterin Kaiser um und ging langsam von der Tür weg, zurück zu ihrem Zimmer. Sie hatte genug gehört. Sie faßte den Entschluß, sofort das Jugendamt anzurufen und eine Empfehlung auszusprechen. Die Empfehlung, Jennifer bei Robert Wagner zu lassen.


E N D E

 

 

 

 

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