|
SH-020 - Lolita 1998
Lolita 1998 .... (sh-020.zip) (M/ff cons tragic) (81k) Tribute to Vladimir Nabokov
Copyright © 1998, Shana.
Date of first publication Monday AM, October 12, 1998
Lolita 1998
Begonnen: 03. März 1998 Beendet: 15. August 1998 Nr.: SH-020
© Story: Shana 1998
Vorwort in eigener Sache
Dies ist eine ziemlich beklemmende Geschichte; wer das Original gelesen hat, wird wissen, was ich meine. Ich habe hier versucht, die Persönlichkeit von Humbert Humbert nachzuvollzie- hen und sie in unsere heutige Zeit zu übertragen, denn in 42 Jahren verändert sich doch einiges. Peter Geiß, die männliche Hauptperson, ist eine ziemlich labile Persönlichkeit, und das, was er im ersten Kapitel erlebt, wirft ihn um Jahre zurück. Manch Leser und manche Leserin wird versucht sein, diese Geschichte zu editieren. Ich bitte sogar darum, da ich auch nach dem zehnten Lesen garantiert noch Tippfehler übersehen habe. Aber worum ich dringend bitte: Laßt die Namen der Mädchen in den sehr verwirrenden, von Peter Geiß geschilderten Gedanken so, wie sie sind! Ich habe diese Teile, die von Renate und Bettina und Petra und Claudia handeln, mit äußerster Sorgfalt geschrieben und genauso konzen- triert Korrektur gelesen. Die Namen stimmen. Hundert Pro. Jeder Korrekturversuch (‘Ist das jetzt Renate oder Bettina hier? Ach, ich mach mal Bettina draus.’) verändert den Sinn dessen, was ich nachfolgend von mir gelassen habe. Tut es bitte nicht. Wenn sich beim Lesen ein gewisses ungutes Gefühl einschleicht, so ist genau das beabsich- tigt. Sollte das Gefühl ausbleiben, bitte ich auf jeden Fall um eine Info. Denn dann stimmt etwas nicht mit meiner Geschichte. Da dies meine erste Geschichte ist, die sich mit Geisteskrankheit beschäftigt, bin ich auf jede Hilfe und Info von außen angewiesen, was die „Stimmung“ angeht. Seid bitte so nett und schickt mir eine eMail an: shanamagic@hotmail.com Solltet ihr Angst haben, mir eine eMail zu schreiben, habe ich vollstes Verständnis dafür, aber genau dafür ist Hotmail ja da. Ein neuer Account ist schnell eingerichtet, es dauert etwa zwei Minuten online, bis alle Angaben (die natürlich nicht mit den realen Namen / Orten überein- stimmen müssen) eingetragen sind, und schon könnt ihr loslegen. Shana (was natürlich nicht mein richtiger Name ist) hat als Wohnort Reykjavik in Afghanistan eingetragen. Soviel zur Lo- gikprüfung. Ihr könnt dort eintragen, was ihr wollt.
Und nun: viel Spaß!
I
Menschen zu überreden ist nicht sehr schwer; es bedarf dazu nur etwas Menschenkenntnis und ein gutes Auge für das, was ihnen wichtig ist. Mir persönlich war Ruhe wichtig, um an meinem neuen Buch arbeiten zu können; die Frau, die in der Tür zu ihrem ruhig gelegenen Haus stand und in deren Fenster ein Schild mit dem Hinweis „Zimmer zu vermieten“ angebracht war, legte Wert auf Ordnung. Dies sah ich mit ei- nem kurzen Blick in den Flur des kleinen Häuschens. Es war perfekt aufgeräumt und sauber, der gekachelte Boden blitzte, in den Fenstern des kleinen Hauses spiegelte sich die von alten Bäu- men gesäumte Allee. In dem kleinen Vorgarten, der durch einen weißen Lattenzaun von dem Bürgersteig getrennt war, standen Vergißmeinnicht und Tulpen fein säuberlich in Reih und Glied. Der Fußweg zum Haus war sauber gefegt, ebenso die Treppe, auf der ich jetzt stand und mich vorstellte. „Einen schönen guten Morgen, Frau Moll“, sagte ich höflich und verbeugte mich leicht. „Ich komme wegen des Zimmers. Ist es noch frei?“ Die Frau, die etwa Anfang Vierzig war, und in deren nicht besonders gut frisierten schwarzen Haaren sich erste graue Strähnen bemerkbar machten, musterte mich gründlich, bevor sie ant- wortete. Aus ihrer Sicht stand sie vor einem Mann Anfang Dreißig, ordentlich gekleidet mit An- zug und Krawatte, blank geputzten Schuhen, und einem Koffer in der linken Hand. „Ich weiß nicht“, sagte sie schließlich unsicher. „Es war schon jemand da, der sich dafür in- teressiert. Haben Sie Referenzen?“ Nein, dachte ich, wir haben 1998. „Leider nein“, sagte ich bekümmert. Ich stellte den Koffer ab und zog ein Notizbuch aus meiner Jackentasche. „Wissen Sie vielleicht, wo noch ein Zimmer frei wäre?“ fragte ich höflich, während ich das Notizbuch aufklappte. Ein Bündel Geldscheine fiel heraus, das ich schnell aufhob und wieder einsteckte. Die Miene der Frau wurde etwas freundlicher. „Lassen Sie mich überlegen“, sagte sie nachdenklich. „Wie gesagt, es war zwar schon je- mand da wegen des Zimmers, aber“ - sie beugte sich etwas vor und sprach leiser - „er machte keinen guten Eindruck auf mich. Ich kann Menschen auf den ersten Blick beurteilen, wissen Sie?“ „Das ist eine sehr nützliche Eigenschaft“, lächelte ich. „Dann bleibt mir nur zu hoffen, daß Sie dieses Talent nicht auf mich anwenden.“ „Gehen Sie weg“, lachte sie und änderte ihr Verhalten mir gegenüber. „Was sollten Sie schon zu verbergen haben?“ Ihr erster Satz, kombiniert mit ihrem Lachen, brachte mich kurzzei- tig aus dem Konzept, doch dann wurde mir klar, was sie meinte. Es war eine humorvolle Bemer- kung in der Art wie: „Ach, hör doch auf!“ Sie trat ins Haus und hielt mir die Tür auf. „Möchten Sie sich das Zimmer einmal ansehen?“ „Sehr gerne“, bedankte ich mich und trat ein. Ich putzte mir sehr gründlich die Schuhe ab, was mir einen wohlwollenden Blick einbrachte, dann trat ich auf die Fußmatte in dem Flur, stellte meinen Koffer an die Wand und zog meine Schuhe aus. „Ich möchte Ihren Boden nicht beschmutzen“, erklärte ich. Das Wohlwollen in ihrem Blick wurde von Anerkennung abgelöst. Sie führte mich eine Treppe hinauf, während sie mir das Haus beschrieb. „Im Keller haben wir nur ein paar Räume, in denen aller möglicher Kram steht. Seit mein Mann - Gott habe ihn selig - nicht mehr unter uns weilt, nutzen wir die Räume nur noch als Abstellkammer. Unten sind Wohnzimmer, Küche und Eßzimmer.“ Wir hatten inzwischen den Flur auf der ersten Etage er- reicht. „Hier sind die Zimmer meiner beiden Kinder, das Bad und mein Schlafzimmer.“ Wir gin- gen eine weitere Treppe hinauf. „Ganz oben sind dann nur noch zwei Räume: ein Gästeraum und ein Zimmer, in dem meine Kinder und ich unsere Kleidung aufbewahren, die wir in der jeweili- gen Jahreszeit nicht benötigen. So, da wären wir auch schon.“ Sie hielt mir eine Tür auf, und ich trat in ein helles, freundliches Zimmer von etwa fünf mal vier Metern. Es war möbliert mit einem Bett, einem Tisch, zwei Sesseln und einer Couch, an der Wand links neben der Tür stand ein ho- her Schrank mit zwei breiten Türen. Ein Fenster in der Dachschräge ging nach Süden. Die Wän- de waren mit einer leicht aufdringlichen Tapete mit Blümchenmuster bedeckt. Vergeblich suchte ich nach einem Badezimmer oder einer Waschgelegenheit. Die Tapete und das fehlende Bad schienen jedoch die einzigen Minuspunkte zu sein, denn als ich an das Fenster trat, fiel mein Blick auf einen sehr gepflegten, großen Garten. Am Rande meines Blickfeldes, zum Haus hin, sah ich den Beginn einer Treppe, die wahrscheinlich auf die Terrasse führte. Ich öffnete das Fen- ster und lauschte. Das einzige, was ich hörte, waren der leichte Wind und ein paar Vögel, die ihren Angelegenheiten nachgingen. „Es ist sehr schön“, sagte ich schließlich, nachdem ich zu der Überzeugung gekommen war, daß ich die Tapete schon verkraften würde. Ich drehte mich zu Frau Moll um, die mich beob- achtete. „Was muß ich tun, um meinen Ihnen nicht so sympathischen Konkurrenten aus dem Wettbewerb zu werfen?“ „Kommen Sie erst mal mit runter“, lächelte sie mich an. „Wir unterhalten uns etwas, Sie er- zählen mir ein bißchen von sich, und dann werden wir schon weitersehen.“ Wir gingen die bei- den Etagen hinab in das Wohnzimmer. Es paßte sich dem Stil des Hauses an: altmodisch, teil- weise überladen, aber ansonsten gemütlich. Frau Moll bat mich, Platz zu nehmen, dann durfte ich etwas über mich erzählen. „Mein Name ist Peter Geiß“, begann ich. „Alter: 31, von Beruf Schriftsteller.“ Ihre Augen leuchteten kurz auf. „Ich bin heute morgen hier in München eingetroffen, um einen kleineren Roman über das Vorstadtleben zu schreiben, und ein Taxifahrer, dem ich meine Vorstellungen geschildert habe, hat mich hier, in dieser Straße, abgesetzt. Er sagte, daß hier öfter Zimmer ver- mietet werden; ich solle einfach die Straße abgehen und mich umsehen. So kam ich zu Ihnen.“ „Wo wohnen Sie den sonst?“ wurde ich gefragt. „Bisher wohnte ich in Kassel, und das näch- ste Jahr möchte ich hier verbringen. Das heißt, wenn ich irgendwo unterkomme.“ „Und nach diesem Jahr?“ - „Dann geht es wahrscheinlich wieder zurück, oder ich gewöhne mich an die Stadt und suche mir eine feste Wohnung. Es kommt ganz darauf an, wie gut ich mit der Arbeit an dem Buch vorankomme.“ „Schreiben Sie mit der Maschine?“ Diese Frage war von der Besorgnis begleitet, das Haus würde von morgens bis abends von dem lauten Klack-Klack einer Schreibmaschine erfüllt sein. „Nein, mit dem Computer, den ich in meinem Koffer habe. Die Tastatur ist so leise, daß Sie es schon auf dem Flur, direkt vor dem Zimmer, nicht mehr hören werden.“ „Schriftsteller, soso“, überlegte Frau Moll. „Dann schlafen Sie morgens ziemlich lange?“ „Ganz im Gegenteil“, lachte ich. „Ich bin ein Frühaufsteher. Um sieben spätestens ist die Nacht für mich vorbei.“ „Ich sehe“, sagte Frau Moll befriedigt. „Jetzt eine dumme Frage: konnten Sie das Buch nicht auch in Ihrer Heimatstadt schreiben?“ „Sicher hätte ich das gekonnt, aber ich kenne München nicht, und viele der Szenen, die ich mir vorgestellt habe, spielen in der Innenstadt, so daß es mir sinnvoll erschien, eine Weile hierher zu ziehen, um die Stadt zu entdecken und bestimmte Details in das Buch einzubauen, an denen erkennbar ist, daß ich an Ort und Stelle war. Dadurch wird es glaubhafter und realistischer. Und München ist zu groß, um es an einem Wochenende kennenzulernen.“ „Ja, unsere Stadt ist wirklich riesig“, stimmte Frau Moll zu. „Also das Zimmer gefällt Ih- nen?“ „Es ist wirklich sehr schön hell und freundlich“, sagte ich wahrheitsgemäß. „Der einzige Nachteil ist das Fehlen eines Bades, aber ansonsten ist es sehr ruhig. Genau das, was ich suche.“ „Tja“, machte Frau Moll. „Jetzt habe ich dem anderen Herrn gesagt, ich würde das Zimmer für ihn festhalten.“ Sie sah mich nachdenklich an. „Aber ich habe wirklich kein gutes Gefühl bei diesem Menschen.“ Jetzt lag es wohl an mir, eine Lösung für ihr Dilemma zu finden. Sofern es diesen anderen Herrn überhaupt gab, was ich bezweifelte. „Haben Sie ihm denn gesagt, wie lange Sie es für ihn reservieren würden?“ „Nein“, griff sie nach dem Seil, das ich ihr zuwarf. „Er sagte, daß er sofort wiederkommen würde; er wollte noch kurz zur Bank, um Geld abzuholen.“ Sie konnte sehr gut improvisieren; das mußte ich neidlos anerkennen. „Wann war das denn genau, Frau Moll?“ Sie schaute auf ihre altmodische Standuhr. „Vor etwas mehr als einer Stunde. Und dabei haben wir gleich in der Nähe eine Bank, nur eine Straße weiter!“ „Nun“, schmunzelte ich, „ich kann Ihnen selbstverständlich nicht in Ihre Entscheidungen hin- einreden, aber meiner Meinung nach spricht dieses Verhalten nicht gerade von Zuverlässigkeit.“ „Ganz meine Meinung“, stimmte sie mir zu. „Wenn das schon so losgeht, was soll dann erst später werden?“ „Völlig richtig, Frau Moll. Vielleicht laufen Sie später sogar Ihrer Miete hinterher. Ach ja, wieviel verlangen Sie für das Zimmer?“ „Dreihundert Mark im Monat.“ Ihre Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. „Der Preis ist angemessen“, überlegte ich. „Aber wie gesagt: das Zimmer hat kein Bad.“ „Ich weiß“, lächelte sie. „In der Miete ist die Badbenutzung auf der ersten Etage enthalten, auch das Fernsehen abends im Kreis der Familie. Wenn Sie mit uns essen möchten, werden wir uns darüber bestimmt auch noch einig. Normalerweise verlange ich zweihundert Mark im Monat, aber dafür erhalten Sie auch drei Mahlzeiten am Tag, wie wir auch.“ „Das klingt fair“, sagte ich erfreut. „Wenn Sie mich als Mieter haben möchten, würde ich mich sehr freuen.“ „Das möchte ich“, lächelte sie. „Allerdings würde ich gerne noch zehn Minuten warten, nur um mein Gewissen zu beruhigen, falls der andere Herr doch noch kommt. Sie verstehen?“ „Selbstverständlich“, stimmte ich ihr zu. „Sein Wort muß man halten.“ „Ich bin sehr froh, daß Sie meiner Meinung sind.“ Die nächsten zehn Minuten erzählte ich ihr von den Büchern, die ich bisher geschrieben hatte; allerdings sagten ihr die Titel nichts. Auf die Sekunde genau zehn Minuten später stand sie auf. „Er hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn er sich nicht an das hält, was abgesprochen wurde. Herr Geiß, das Zimmer gehört Ihnen.“
* * *
Ein leiser Gong, der, wie Frau Moll mir mitgeteilt hatte, das Signal für das fertige Mittages- sen war, zwang mich, meine Arbeit zu unterbrechen, doch ich war darüber nicht unfroh, denn mein Magen hatte sich schon einige Male lautstark über Inaktivität beklagt. Ich sicherte die Glie- derung meines Buches, dann ging ich gemessenen Schrittes die Treppen hinunter und in das Eß- zimmer. Nur meiner ausgeprägten Selbstbeherrschung war es zu verdanken, daß ich nicht sofort hinausgeworfen wurde aus diesem Haus, denn was ich sah, verschlug mir den sprichwörtlichen Atem: am Eßtisch saßen zwei so unglaublich hübsche Mädchen, daß längst verheilte Wunden wieder aufbrachen. Die Mädchen starrten mich neugierig an, während ich, noch um Fassung rin- gend, zu einem freien Stuhl ging und mich setzte. „Sehr schön“, freute Frau Moll sich. „Kinder, das ist Herr Geiß. Er wohnt seit heute morgen bei uns. Er ist Schriftsteller!“ fügte sie mit bedeutungsschwerer Stimme hinzu. „Herr Geiß, dies sind meine Töchter: Bettina und Claudia.“ Sie deutete der Reihe nach auf die Mädchen. Bettina war 13, Claudia 11 Jahre jung, wie ihre Mutter stolz bekanntgab. Beide hatten die schwarzen Haare ihrer Mutter, die bei Bettina schulterlang und glatt waren, bei Claudia rückenlang und leicht gelockt. Bettina hatte, wie ihre Mutter, blaugraue Augen, Claudia hingegen braune. Beide Mädchen waren, diesmal im Gegensatz zu ihrer Mutter, sehr schlank. Ganz der wohlerzogene Gentleman stand ich auf und gab den Mädchen der Reihe nach die Hand. „Sehr angenehm!“ sagte ich höflich. Die Mädchen kicherten, gleichzeitig belustigt und verlegen, was ihnen einen strengen Blick ihrer Mutter einbrachte, dann füllte Frau Moll die Tel- ler und wünschte allerseits einen guten Appetit. Wie ich das Essen überstand, weiß ich heute nicht mehr, aber was ich noch in frischester Er- innerung habe, sind die verstohlenen, neugierigen Blicke, die die Mädchen und ich uns während des Essens zuwarfen. Eine tiefe Trauer, gepaart mit wilder Leidenschaft, beherrschte mein Füh- len und Denken. Konnte es das geben? Konnten diese beiden Mädchen, die mir vor wenigen Mi- nuten noch völlig unbekannt waren, wirklich das exakte Spiegelbild meiner Schwestern Renate und Petra sein? Sie waren vor zwölf Jahren zusammen mit meinen Eltern bei diesem tragischen Flugzeugunglück in Spanien umgekommen; sie waren damals 16 und 14 gewesen. Ich hatte mir damals bitterste Vorwürfe gemacht und jahrelang in dem festen Glauben gelebt, daß die unmora- lischen, inzestuösen Spiele zwischen uns dreien schuld an ihrem Tod waren, und kaum darüber hinweg, konfrontierte mich das Schicksal mit ihren Ebenbildern und ließ diese vergangene Zeit in aller Deutlichkeit wieder auferstehen, mit Gefühlen, die so stark waren, als wären diese Spiele erst gestern gewesen. Frau Moll entgingen diese kleinen, versteckten Blicke glücklicherweise, auch von meinem inneren Aufruhr spürte sie nichts. Nach dem sehr leckeren Essen trug sie einen mindestens eben- so leckeren Nachtisch auf, „zur Feier des Tages“, wie sie betonte: Vanillepudding, garniert mit Walnüssen. „Geil!“ freute Claudia sich über den Nachtisch, was ihr einen strengen Verweis von ihrer Mutter einbrachte. „Claudia!“ sagte Frau Moll mit scharfer Stimme. „Du weißt, daß ich bestimmte Wörter nicht in meinem Haus hören möchte, und das Wort, was du soeben in völlig unpassender und komprit- tierender Weise benutzt hast, gehört definiv dazu.“ Ich bemerkte die Versprecher, ließ mir meine Belustigung jedoch nicht anmerken. Es sollte wohl „kompromittierend“ und „definitiv“ bedeuten. Erst im Lauf der nächsten Zeit sollte ich merken, daß es keine Versprecher waren: Frau Adelheid Moll hatte schlichtweg eine äußerst mangelhafte Bildung, die sie durch Einstreuen gewisser, je- doch grundsätzlich fehlerhaft ausgesprochener Fremdwörter zu überdecken suchte. Sie darauf aufmerksam zu machen hätte jedoch bedeutet, mir ihren Zorn zuzuziehen, und das wollte ich um jeden Preis vermeiden, nun, da ich Bettina und Claudia gesehen hatte. Wieso „geil“ jedoch ein kompromittierendes Wort sein sollte, entzog sich meiner Kenntnis. Spätestens mit Einzug der Neuen Deutschen Welle in den achtziger Jahren gehörte dieses Wort zum allgemeinen Sprach- gebrauch. Nicht zum gehobenen, aber immerhin zum allgemeinen. Claudia kniff wütend die Lippen zusammen, legte ihren Löffel mit einem lauten Geräusch auf den Tisch, schob den Stuhl heftig nach hinten, sprang auf und rannte die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Sekunden später dröhnte das Geräusch einer laut zufallenden Tür durch das Haus. „Es tut mir außerordentlich leid“, sagte Frau Moll mit ruhiger Stimme, aber wütend funkeln- den Augen, „daß Sie gleich bei Ihrer Ankunft Zeuge eines so unglaublich theatralischen Vorfal- les werden mußten, Herr Geiß.“ „Jede Generation hat ihre eigene Sprache“, gab ich vorsichtig zurück, was mir einen aner- kennenden Blick von Bettina und einen forschenden von Frau Moll einbrachte. „Was ich sagen möchte: Wörter oder Redewendungen, die zu unserer Zeit noch als unschicklich galten, werden heute mit ganz anderen Maßstäben gemessen.“ „Nun ja“, gab Frau Moll zu. „Sie als Schriftsteller haben wohl mehr Kenntnis über die Spra- che als unsereins, aber dennoch… Finden Sie den Verfall der Sprache nicht auch bedauerlich?“ Bettina beobachtete mich interessiert durch ihre Wimpern, während sie den Pudding aß. „Ich als Schriftsteller muß mich in vielen Sprachebenen bewegen können“, sagte ich mit ei- nem leichten Lächeln. „Wenn ich zugebe, daß ein Wort unmoralisch oder unschicklich ist, würde ich mich selbst dazu verdammen, dieses Wort nie wieder zu benutzen.“ „Sie ziehen sich geschickt aus der Affäre, junger Mann“, lächelte Frau Moll. Ich verbeugte mich im Sitzen. „Ich fasse das als Kompliment auf“, lächelte ich zurück. Frau Moll schenkte mir einen freundlichen Blick, dann tauchte sie ihren Löffel in den Pudding. Ich zwinkerte Bettina zu, um ihr zu zeigen, daß ich ihre Mutter nur auf den Arm genommen hatte. Sie verstand auch sofort und kniff die Lippen zusammen, um nicht laut loszulachen, dann kümmerte sie sich ebenfalls um ihr Dessert. Der amüsierte Zug um ihren Mund blieb jedoch.
Ein zaghaftes Klopfen an meiner Zimmertür unterbrach meine Gedanken. Ich sah zur Tür. „Ja, bitte?“ Die Tür öffnete sich vorsichtig, und Bettina schaute zögernd herein. „Störe ich?“ fragte sie leise. „Nicht im Geringsten“, versicherte ich und stand auf. Bettina trat unsicher ein und schloß die Tür hinter sich. Ich bemerkte das Schulbuch unter ihrem Arm. „Möchtest du mir Guten Tag sa- gen, oder kann ich dir bei etwas helfen?“ „Na ja, schon irgendwie“, sagte sie umständlich und verlegen, das Buch mit beiden Händen festhaltend. „Es ist… wir haben da diese Aufgabe, und – und ich dachte, daß wenn Sie Bücher schreiben…“ Ihre blaugrauen Augen blickten mich bittend an. „Daß ich dir bei Deutsch helfen könnte?“ fragte ich lächelnd. Bettina nickte zaghaft. „Ja, aber nur, wenn Sie möchten!“ beeilte sie sich zu sagen. „Dann zeig mal, was dir so großen Kummer macht.“ Erleichtert reichte Bettina mir das Buch. „Seite 147“, sagte sie leise. Ich schlug die Seite auf und setzte mich auf das Sofa. Bettina nahm neben mir Platz. „Darüber sollen wir einen Aufsatz schreiben“, sagte sie bekümmert. „Aber ich kapiere nicht, worum es eigentlich geht.“ „Kein Wunder“, sagte ich, nachdem ich den kurzen Text überflogen hatte. „Das hat weniger mit Deutsch als mit Geschichte zu tun.“ „Da bin ich noch schlechter als in Deutsch“, gab Bettina leise zu. Ich widerstand dem starken Verlangen, meinen Arm um sie zu legen und sie zu trösten. „Tja, Bettina, ich denke, ich muß dir etwas von der Vorgeschichte hierzu erzählen.“ Ich deutete auf den Text. „Wenn du das gehört hast, wirst du todsicher einen erstklassigen Aufsatz hinlegen.“ „Echt?“ Voller Hoffnung richtete sie ihre Augen auf mich. „Echt“, lächelte ich sie an. „Jetzt lehn dich zurück, schließ die Augen und hör mir einfach zu.“ Bettina gehorchte widerspruchslos, dann erzählte ich ihr mehr über den Reichspropaganda- führer, während ich ihre geschlossenen Augen ausnutzte und sie mir in aller Ruhe von den Haa- ren bis zu den Füßen anschaute. Schließlich war sie in der Lage, den kurzen Text in ihrem Buch richtig zu interpretieren. Mit offenen und glänzenden Augen stand sie auf. „Vielen Dank“, seufzte sie. „Sie wissen gar nicht, wie sehr Sie mir geholfen haben!“ „Wetten, doch?“ lachte ich und gab ihr das Buch zurück. „Jetzt aber an die Arbeit!“ Bettina nickte fröhlich und sprang hinaus. Ich sah ihr noch lange hinterher und dachte an Renate, meine kleine Schwester… „Peter, sie sind weg!“ flüsterte Renate aufgeregt. „Petra schläft schon.“ Sie schlüpfte in mein Bett, umarmte und küßte mich leidenschaftlich. „Hat ja auch lang genug gedauert“, sagte ich atemlos, als Renate mich losließ. „Willst du nach oben?“ „Erst du!“ wisperte sie und rollte sich auf den Rücken. Ihre Hand ging zu meiner Körper- mitte und half mir. Sie seufzte kehlig, als unsere Körper sich vereinten. „Oh Mann, ist das stark!“ flüsterte sie. „Mach schön langsam, ja? Ich will auch was davon haben!“ Gehorsam machte ich langsam. Renate stöhnte leise, als ich rhythmisch in sie ging. Sie war 13, ich 16, und seit fast einem Jahr spielten wir nun dieses Spiel, wenn unsere Eltern ausgin- gen. Daß es verboten war, was wir hier taten, regte uns nur noch mehr an. Viel zu schnell wa- ren wir am Ziel. Wir rollten herum, Renate stützte sich auf meine Hände und begann die zweite Runde. Sie ließ es sehr langsam angehen, viel langsamer als ich, doch schließlich mit gleichem Erfolg. Erschöpft fielen wir aufeinander, küßten uns zärtlich und streichelten uns, dann stand sie auf und ging zurück in ihr Zimmer. Ich preßte mein Gesicht in das Kopfkissen und roch Re- nates Duft und Schweiß, bis ich einschlief. „Verzeihung!“ riß eine laute Stimme mich aus meinen Träumen. Bettina stand in der Tür. Ich sah sie verwirrt an. „Ich hab geklopft, aber Sie haben nicht geantwortet“, entschuldigte sie sich. In der Hand hielt sie zwei Blätter Papier. „Könnten Sie sich das mal durchlesen?“ bat sie schüchtern. „Falle ich Ihnen auch nicht auf die Nerven?“ fragte sie noch schüchterner hinterher. „Auf gar keinen Fall!“ erwiderte ich aus tiefstem Herzen. „Nein, Bettina, das tust du nicht. Ist das etwa schon der Aufsatz?“ „Ja!“ strahlte sie und kam fröhlich zu dem Sofa gesprungen. Noch während sie sich fallen- ließ, reichte sie mir die Blätter. Offenbar war ich ziemlich lange in meinen Träumen gewesen; beide Blätter waren in einer sauberen, ordentlichen Handschrift beschrieben, und zwar voll. Bet- tina beobachtete mich aufgeregt, während ich ihren Text las. Sie hatte eine etwas sprunghafte Art, sich auszudrücken, aber sie war ja schließlich auch erst 13. Nur die Rechtschreibung… Ich mußte öfters raten, was ein Wort bedeuten sollte. Einige Beispiel: „forhär“ anstelle von „vorher“, „Äntschaidung“ anstelle von „Entscheidung“, „Kriech“ statt „Krieg“. Sie schrieb ge- nauso, wie sie sprach. Sie war die perfekte Zielgruppe für die Rechtschreibreform, dachte ich kurz und sehr zynisch. Doch davon abgesehen hatte das, was sie über Göbbels geschrieben hatte, Hand und Fuß. „Gut“, lobte ich sie, als ich zu Ende gelesen hatte. „Wirklich gut, Bettina. Du hast alle wich- tigen Fakten in einen vollkommen richtigen Zusammenhang gebracht und interpretiert. Sehr gut!“ Bettina strahlte mich an. „Wirklich?“ „Können diese Augen lügen?“ lachte ich. Sie sah mich konzentriert an, dann lächelte sie schüchtern. „Glaub nicht“, meinte sie und stand schnell auf. „Danke fürs Helfen und Lesen“, sagte sie dann hastig und eilte zur Tür. „Bettina“, hielt ich sie auf. „Darf ich noch etwas fragen?“ Sie drehte sich in der Tür, die sie bereits geöffnet hatte, zu mir um. „Nimm es mir bitte nicht übel, aber bist du sicher, daß du alle Wörter richtig geschrieben hast?“ Bettina wurde feuerrot und sah zu Boden. „Nein“, sagte sie so leise, daß ich sie kaum verstand, dann war die Tür zu und ich wieder al- leine. Und sehr nachdenklich.
Für Frühstück, Mittag- und Abendessen wollte Frau Moll, wie schon gesagt, monatlich 200,- DM haben. Von der Tatsache, daß ich so für etwas mehr als sechs Mark am Tag drei Mahlzeiten hatte, einmal abgesehen, war auch die Zusammenkunft mit den beiden Mädchen ein nicht un- maßgeblicher Faktor für meine Entscheidung, dieses Angebot anzunehmen. So durfte also auch ich zukünftig dem Ruf des Gongs folgen und mich im Eßzimmer versammeln. An Bettinas Ver- halten mir gegenüber merkte ich sofort, daß sie mir meine Frage in Bezug auf ihre Rechtschrei- bung nicht weiter nachtrug, denn sie lächelte mir freundlich, ja fast kameradschaftlich zu, als ich mich an den Tisch setzte. Auch merkte ich, daß sie wohl mit ihrer Schwester über mich gespro- chen hatte, denn Claudia sah mich ebenfalls wesentlich offener an als noch beim Mittagessen. Sollte sich hier, über den in seiner Wirkung auf das Zwischenmenschliche nicht zu unterschät- zenden Vorgang von schulischer Nachhilfe, eine Tür auftun, die mir den Weg zu dem Herzen der beiden Mädchen freimachte? Und auch noch zu etwas anderem, tiefer gelegenem, nach dem ich mich vor Sehnsucht verzehrte? „Darf ich Sie mal was fragen?“ drang Bettinas Stimme an mein Ohr. Ich schaute von meinem Brot zu ihr und sah, wie sie sich mit einer nervösen Geste die Haare hinter das Ohr strich. Genau wie Renate: mit dem Ringfinger unter die Haare, dann eine kurze Pause, während der Mittelfin- ger die Haare ergriff, dann führte der kleine Finger die Hand an dem Kopf entlang und hinter das Ohr, zum Schluß eine kurze, energische Drehung der Hand im Gelenk, und das schlaksige Fal- lenlassen der Hand. „Selbstverständlich“, sagte ich höflich-distanziert, unter dem wachsamen Blick ihrer Mutter. „Wie kann man denn besser schreiben lernen? Also, ich meine, richtiger?“ Beruhigt aß Frau Moll weiter. „Da gibt es mehrere Wege“, überlegte ich laut. Claudia hörte zu, wie ich an den kleinen, un- willkürlichen Bewegungen ihrer Ohren sehen konnte. „Zum einen könntest du stur büffeln. Zu- erst genau die Wörter, die in Aufsätzen und Diktaten immer so häßlich rot markiert sind“ - hier grinste Bettina verlegen - „und später dann vorarbeiten, also Lexika lesen, oder Wörterbücher.“ „Und wie sonst noch?“ „Nun, du könntest zum Beispiel etwas laut lesen und dabei überbetont sprechen.“ Bettinas Augen schickten Fragezeichen in die Welt. „Ich zeig’s dir“, meinte ich und griff nach einer Fern- sehzeitung. „Mal sehen... Ja, das hier. ‘Nachdem ihr Vater im Krieg gefallen ist’“, las ich laut vor und betonte jeden einzelnen Buchstaben mehr als deutlich. Bettina und Claudia prusteten vor Lachen. „Klingt das ätzend“, meinte Bettina dann und rieb sich die Augen trocken. „Total abgedreht!“ „Aber deutlich, oder?“ lächelte ich. Claudia nickte aufgeregt. „Ja! Ich konnte die Buchstaben richtig sehen!“ „Ich auch!“ fiel Bettina ein, unter dem nachsichtigen Lächeln ihrer Mutter. „Genau“, stimmte ich zu. „Wenn ihr die Wörter so lest und sprecht, wie ich es gerade vor- gemacht habe, dann lernt ihr sehr schnell, wie sie richtig geschrieben werden.“ „Geil!“ entfuhr Bettina. „Bettina!“ Ihre Mutter stand empört auf. „Auf dein Zimmer! Sofort!“ „Aber Mutti...“ „Ab!“ Wie ein geprügelter Hund stand Bettina auf und schlich hinaus. Claudia schaute ihre Mutter wütend an. „Sie hat doch noch gar nichts gegessen!“ „Möge ihr dies eine Lehre sein“, sagte Frau Moll ernst und setzte sich wieder. „Ich dulde diese sozialen Wörter nicht in meinem Haus!“ Ich verkniff mir die Frage, ob sie vielleicht ‘asozial’ meinte, statt dessen bat ich darum, mir noch zwei Scheiben Brot mit auf mein Zimmer zu nehmen, da ich häufig noch kurz vor dem Schlafengehen etwas Hunger bekäme. „Aber natürlich“, sagte Frau Moll mit warmer Stimme. „Sie fallen mir sonst noch vom Fleisch!“ Claudia sah mir verärgert zu, wie ich meine Brote mit Fleischwurst fertigmachte, schwieg aber, um nicht selbst hungrig auf ihr Zimmer geschickt zu werden. Sie schlang ihr Brot hinunter, trank mit einem Zug das große Glas Kakao leer, dann stand sie ärgerlich auf und stapfte mit schweren Schritten die Treppe hinauf. „Diese Kinder!“ seufzte Frau Moll zu niemand besonderem. „Sie werden es noch lernen“, tröstete ich sie und stand ebenfalls auf. „Erlauben Sie, daß ich mich zurückziehe? Ich habe noch einige Ideen, die ich aufschreiben muß.“ „Natürlich, Herr Geiß. Kreatität muß man ausleben.“ Als ich die Treppe hinaufstieg, erlaubte ich mir ein breites Grinsen. Im ersten Stock angekommen, lauschte ich nach unten. Aus der Kü- che drangen Geräusche von Geschirr und Wasser, das in das Becken lief. Keine Gefahr von die- ser Seite. Leise öffnete ich eine Tür, von der ich hoffte, daß Bettina dahinter wäre, doch ich irrte mich. Claudia sah mich sprachlos vom Boden aus an, auf dem sie mit einem Buch hockte. Ich legte schnell den Finger an meine Lippen und schloß die Tür wieder, dann öffnete ich die andere. Bettina sah mich ebenso staunend an wie ihre Schwester. Sie lag bäuchlings auf dem Bett, nur mit Hemd und Schlüpfer bekleidet. Auch ihre Figur war genau wie die von Renate: sehr schlank, mit geraden, glatten Beinen und einem äußerst attraktiven und sehr flachen Hinterteil, das ohne jede Falte in die Oberschenkel überging. Ich nahm mich zusammen, legte erneut meinen Finger an die Lippen und hielt den Teller mit den beiden Broten in ihr Zimmer, ohne einzutreten. Betti- nas Augen fingen an, zu leuchten, dann sprang sie schnell auf, lief leichtfüßig zu mir und riß mir förmlich den Teller aus der Hand. Ich winkte ihr mit dem Zeigefinger, während sie hungrig in das erste Brot biß. Sie hielt mir ihren Kopf hin, und ich beugte mich zu ihrem Ohr, ihren frischen Mädchenduft, der von ihrem Körper und den Haaren ausging, vorsätzlich ignorierend. „Den Teller muß ich mitnehmen“, flüsterte ich, „sonst merkt deine Mutter noch etwas.“ „Geht schnell“, grinste sie mit vollem Mund und sah mich dankbar an, während sie das Brot hinunterschlang. Es ging wirklich schnell: keine zwei Minuten später waren beide Brote ver- schwunden. Bettina wischte sich mit dem Arm über den Mund und reichte mir den Teller zurück. Ich zwinkerte ihr kurz zu, dann schloß ich die Tür wieder und ging leise nach oben.
* * *
Auch die neue Umgebung und die Aufregung über Claudia und Bettina ließen mich nicht län- ger als sonst auch schlafen. Wie gewohnt wachte ich um viertel vor sieben auf, brauchte jedoch einige Sekunden, um mich zurechtzufinden. Dann wußte ich, wo ich war, und warum. Schnell stand ich auf und schlüpfte in eine kurze Hose, um ins Bad zu gehen. Was dann allerdings folgte, ließ mich für einen kurzen Moment den Entschluß fassen, entweder noch eher aufzustehen oder länger zu schlafen, aber wirklich nur für einen kurzen Moment. Versäumen wollte ich dieses morgendliche Karussell auf keinen Fall... Als ich die Badezimmertür öffnete, sah ich Claudia. Sie stand, nur mit einer Unterhose be- kleidet, vor dem Waschbecken und putzte sich gerade die Zähne. Sie ließ vor Schreck die Zahn- bürste fallen, als ich so plötzlich in der Tür stand, doch ich erschrak mich mindestens genauso wie sie. „Verzeihung!“ sagte ich verlegen, zog die Tür schnell wieder zu und drehte mich um. Dabei stieß ich gegen Bettina, die, ebenfalls nur in Unterhose, gerade gähnend aus ihrem Zimmer kam. Wer von uns beiden das schönere und tiefere Rot im Gesicht hatte, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen. „Verzeihung!“ stammelte ich, während Bettina starr vor Schreck vor mir stand und nicht einmal daran dachte, ihren verführerischen und wunderbar anzusehenden Oberkörper mit den Händen zu bedecken. Ich drehte mich erneut und lief in Frau Moll, die, Gott sei Dank in einem langen, dicken Nachthemd, soeben ihr Schlafzimmer verließ. Mit hochrotem Kopf und ein drittes „Verzeihung“ murmelnd eilte ich wieder die Treppe hinauf und schlug die Tür förmlich hinter mir zu, in Gedanken Claudia und Bettina in ihrer die Phantasie so anregenden Kleidung vor mir sehend und Bettinas warmen und weichen Körper fühlend, gegen den ich geprallt war. Angestrengt lauschte ich auf Sirenen und Schritte von Stiefeln, die, auf der Jagd nach dem unver- schämten und rücksichtslosen Eindringling, die Treppe hochgestürmt kamen, doch es blieb ruhig. Sehr ruhig. Zu ruhig, wie ich in meiner Nervosität fand. Endlich hörte ich Schritte, doch die gin- gen die Treppe hinunter statt herauf. Zögernd betrat ich den Flur, ebenso zögernd ging ich die Treppe hinunter, und noch zaghafter öffnete ich die Badezimmertür. Leer. Aufatmend setzte ich mich auf die Toilette und ging meinen Geschäften nach. Erst jetzt fiel mir wieder ein, daß Frau Moll erwähnt hatte, die Badezimmertür hätte keinen Schlüssel mehr. Konnte ich diesen drei Menschen jemals wieder unter die Augen kommen?
„Einen wunderschönen guten Morgen, Herr Geiß“, lächelte Frau Moll mich an, als ich muti- ger, als ich mich fühlte, das Eßzimmer betrat. „Bitte, überdramatisieren Sie diesen kleinen Vor- fall von vorhin nicht.“ „Aber etwas schämen darf ich mich doch?“ fragte ich lächelnd. „Und Ihre Töchter erneut um Verzeihung bitten?“ „Schon gut“, meinte Claudia versöhnlich. „Ich hab mich nur so erschrocken, weil ich verges- sen hab, daß Sie jetzt bei uns wohnen.“ „Und ich hab nur noch...“ fing Bettina an und stoppte sofort wieder, mit roten Ohren. „Was hast du nur noch?“ fragte ihre Mutter neugierig, während sie den Brotkorb herum- reichte. Bettina nahm sich eine Scheibe, die sie auf ihren Teller legte, und schwieg. „Nu sag doch, daß du noch nie so viele Haare gesehen hast“, grinste ihre Schwester vorwit- zig. Bettina gab ihr einen kräftigen Stoß mit dem Ellbogen, den Claudia jedoch schon vorausge- sehen hatte und schnell zur Seite rutschte, so daß der Stoß ins Leere ging. „Bitte benehmt euch, Kinder“, ermahnte Frau Moll ihre Töchter. „Manche Menschen haben nun einmal starke Hormone, und manche nicht.“ „Kannst du dir das vorstellen?“ lachte Claudia plötzlich und sah Bettina an. „Wir, mit so viel Haaren auf der Brust wie er?“ Sie ließ sich vor Lachen nach hinten fallen, doch ihre Schwester fand das gar nicht witzig, ebenso wenig wie ihre Mutter. Der Gegenstand ihrer Bemerkung hin- gegen schwieg und kümmerte sich um sein Frühstück. „Claudia Moll!“ kam die scharfe Erwiderung. „Wenn du das nächste Wochenende nicht auf deinem Zimmer verbringen willst, solltest du dich jetzt benehmen!“ „Ja, ja, schon gut“, kicherte Claudia und beugte sich wieder über ihren Teller, die strafenden Blicke ihrer Mutter nicht beachtend. Bettina sah kaum mehr auf während des Frühstücks, doch wenn sie es tat, trafen sich unsere Blicke. Schließlich war das Haus leer. Die Mädchen waren auf dem Weg zur Schule, Frau Moll - wie jeden Freitag morgen - unterwegs zu ihrem Friseur. Die nächsten zwei oder drei Stunden war ich alleine. Mit stark klopfendem Herzen schlich ich mich in Bettinas Zimmer und suchte auf dem Boden, bis ich eine Unterhose von ihr fand. Dem Geruch nach war sie von gestern. Mit einem leisen Stöhnen ließ ich mich auf ihr Bett fallen, das Gesicht in ihr Höschen vergraben, dann siegte meine Erregung. Als ich fertig war, legte ich das nasse Höschen wieder zurück auf einen Stapel Wäsche und torkelte regelrecht die Treppe hinauf in mein Zimmer.
II
Glücklicherweise respektierte Frau Moll meine „Kreatität“ dermaßen, daß sie mich in Ruhe arbeiten ließ. Um so überraschter war ich, als plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung die Tür zu meinem Zimmer aufgerissen wurde. Erschrocken fuhr ich herum und entdeckte Bettina, die mit glücklich leuchtenden Augen in der Tür stand. Ihr Atem ging stark und schnell, so als ob sie ge- rannt wäre, ihre schönen langen Haare waren zerzaust und unordentlich. In der linken Hand hielt sie die Blätter, auf denen sie ihren Aufsatz geschrieben hatte. „Den mußte ich heute vorlesen“, stieß sie atemlos hervor und rannte die drei Schritte zu mir. „Schauen Sie mal, was ich gekriegt habe!“ Ich nahm ihr die Blätter aus der Hand und sah es sofort: eine Zwei. „Gratuliere!“ sagte ich bewegt; ich freute mich mit und für Bettina, und das merkte sie. Sie strahlte. „Die hat die ganzen Schreibfehler gar nicht gesehen“, lachte sie fröhlich. „Hat einfach nur die Note draufgeschrieben. Meine erste Zwei in Deutsch überhaupt!“ Sie machte eine spon- tane Bewegung vorwärts, so als ob sie mir um den Hals fallen würde, doch sie erschrak vor ihrer eigenen Courage und riß ihren Oberkörper wieder zurück. Ich reagierte etwas zu spät, streckte dümmlich meine Arme aus, merkte erst dann, daß sie noch immer dort stand, wo sie war, und ließ die Arme wieder sinken. Die Chance war vorbei. Bettina nahm mir ihren Aufsatz aus den Händen, schenkte mir noch ein verlegenes Lächeln und ein gehauchtes „Danke nochmal!“, dann war ich wieder alleine in meinem Zimmer, gefangen zwischen Selbstvorwürfen und Ärger. Wenig später ertönte der Gong, der zum Essen rief. Bettinas Augen leuchteten noch immer vor Glück, als ich mich setzte, und auch Claudia schaute mich freundlich an. Ihrer Mutter entging dies natürlich nicht; mit zuckersüßer Stimme fragte sie Bettina, ob sie ihr offensichtliches Glück nicht mit den anderen Anwesenden teilen wolle. „Hab ‘ne Zwei geschrieben!“ sagte Bettina stolz. „In Deutsch!“ „Das ist wirklich ein Grund, fröhlich zu sein“, bemerkte ihre Mutter und griff nach der Schüssel mit den Kartoffeln. Ohne weiteren Kommentar verteilte sie den Inhalt auf die Teller. Ich schaute Bettina heimlich fragend an; sie verstand meine unausgesprochene Frage, warf ihrer Mutter einen schnellen Blick zu, sah mich wieder an und zuckte leicht mit den Schultern. Ich nickte leicht. „Ich wollte nachher mit Astrid und Sandra zur Rollschuhbahn“, sagte Bettina dann, als die Teller gefüllt waren. „So um drei.“ Sie warf mir einen kurzen Blick zu, den ich jedoch nicht ver- stand. Wollte sie mich etwa einladen, mitzukommen? Nein. Unmöglich. „Von mir aus“, erwiderte Frau Moll. „Sei nur pünktlich zum Abendessen zurück, und denk an deine Schulaufgaben.“ „Wir laufen von drei bis fünf“, sagte Bettina zahm. „Dann bin ich um halb sechs wieder hier und mach sie dann.“ Ihre Mutter erteilte nickend ihr Einverständnis. Erneut schaute Bettina mich an, diesmal sah ich ihre Frage deutlich in ihren Augen. Ich beschloß, es zu wagen. „Das bringt mich zu einer Frage“, begann ich vorsichtig. „Gibt es hier in der Nähe Sportstät- ten? Außer dieser Rollschuhbahn?“ „Jede Menge“, rief Claudia sofort. „Schwimmbad, Sportverein, die Rollschuhbahn, ‘n Fuß- ballplatz, und alles mögliche im Sportverein.“ „Und das ist alles gar nicht weit weg“, fügte Bettina eifrig hinzu. „Ich hab ‘nen Stadtplan in meinem Zimmer. Den können Sie sich ja nachher mal ansehen, die ganzen Stellen für Sport sind markiert.“ „Es ist wohl besser, du holst diesen Plan herunter“, sagte Frau Moll ruhig, noch bevor ich etwas erwidern konnte. Ungeachtet dieser Zurückweisung war ich mir nun sicher, daß Bettina mich bei dem Rollschuhlaufen dabei haben wollte. Hatte sie mich nicht soeben in ihr eigenes, heiliges Zimmer eingeladen? „Kann ich auch machen“, meinte Bettina ungerührt. „Ich dachte nur, daß ich ihm dann erklä- ren kann, wie er dahin kommt. Mit Bus und so.“ „Zum ersten heißt es nicht ‘Er’, sondern ‘Herr Geiß’“, verbesserte ihre Mutter kleinlich. „Zum zweiten kannst du Herrn Geiß das auch hier erklären.“ „Bitte!“ lächelte ich. „Lassen Sie mich nicht zum Streitpunkt werden! Mir ist es völlig egal, wer mir wo was erklärt; Hauptsache, ich finde mich schließlich zurecht.“ „Es geht einfach nur darum, Herr Geiß, daß meine Töchter schon frühzeitig ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen müssen“, erklärte Frau Moll gelassen. „Je eher sie bestimmte Grundre- geln lernen, um so eher finden sie sich zurecht.“ ‘Einbildung ist auch eine Bildung’, dachte ich grimmig, doch nach außen lächelte ich. „Verzeihen Sie mir bitte. Ich wollte Ihnen nicht in die Erziehung hineinreden.“ „So habe ich es auch nicht aufgefaßt“, lächelte Frau Moll zurück. Die Krise war überstanden.
Bettina hatte ihren letzten Bissen noch nicht ganz heruntergeschluckt, da war sie schon auf- gesprungen und rannte die Treppe hoch. Sekunden später kam sie zurück, legte einige Pläne auf den Tisch und sprudelte los. „Also: am besten holen Sie sich eine Monatskarte für die ganze Stadt, aber zumindest für diese beiden Waben hier.“ Sie deutete auf ein großes Gebiet. „Da ha- ben Sie dann alle Sportstätten drin, und auch die Innenstadt. Kinos und so. Wenn Sie hier aus dem Haus gehen und dann nach links, dann die nächste Straße rechts, kommt ‘ne Haltestelle. Der Bus fährt bis hier. Genau da steigen Sie aus. An dem Platz hier knubbelt sich alles, da halten alle Busse und alle Straßenbahnen. Von da aus kommen Sie hin, wo Sie wollen. Damit fahren wir auch immer. Mit dem Bus hier vorne, also in der Straße. Die rechts.“ Ich mußte lächeln. „Die rechte Straße, wenn ich links gehe?“ „Genau!“ Bettina nickte eifrig mit ihrem Kopf. „Wir fahren morgens mit dem Bus um kurz vor halb und sind dann um zehn vor an der Schule.“ Sie deutete auf eine Straße. „Das interessiert Herrn Geiß bestimmt nicht“, unterbrach ihre Mutter, doch Bettina ging gar nicht darauf ein. „Sie können natürlich auch mit der Straßenbahn hier vorne fahren“, erklärte sie mit Feuereifer weiter. „Nur hält die da hinten, und Sie müssen dann noch ‘ne ganze Ecke lat- schen - ich meine, laufen, bis Sie hier sind. Von da aus können Sie dann wieder mit ‘ner anderen Bahn weiter bis hier. Oder hier. Nee, stimmt nicht.“ Verwirrt blickte sie auf ihren Plan. „Doch. Fast. Bis hier.“ Mein lautes Lachen ließ sie nervös aufblicken. „Ich nehm mir ein Taxi“, lachte ich. „Bettina, du meinst es richtig lieb, aber ich habe die Ori- entierung verloren!“ „Ist mein Fehler“, gestand sie verlegen. „Nein, Sie nehmen am besten den Bus bis zu dem kleinen Bahnhof. Da ist so’n Laden, wo Sie Tickets kaufen können, und die können das auch alles viel besser erklären als wie ich.“ Enttäuscht klappte sie ihren Plan zusammen. „Du hast es schon gut erklärt“, tröstete ich sie schnell, bevor ihre Mutter sich auf das „als wie ich“ stürzen konnte. „Es war im ersten Moment nur zuviel für mich. Ich bin doch völlig fremd hier.“ Ich lächelte ihr zu. Halb versöhnt lächelte sie zurück. „Zeig mir doch bitte nochmal, welche Linie zu dem Bahnhof fährt, ja?“ Um halb drei saß ich in dem Geschäft, das die Fahrkarten verkaufte, eine Viertelstunde später hatte ich die Taschen voller Fahrpläne und Übersichten, neben einem Monatsticket für die Stadt. Zwanzig Minuten später war ich auf der Rollschuhbahn und zog mir die dort geliehenen Roll- schuhe an, dann stürzte ich mich in das Getümmel. „Stürzen“ ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck in diesem Zusammenhang; ich betrat die Bahn vorsichtig, mich an der Bande abstüt- zend, und machte mich in den ersten Minuten wieder vertraut mit diesen rollenden Füßen, doch dann ging es von Minute zu Minute besser, bis ich wieder in meinem alten Schwung war. Nun hatte ich endlich Zeit, mich während des Laufens umzusehen, und was ich sah, ließ mich den Entschluß fassen, so oft wie möglich hierher zu kommen: so viele hübsche und junge Mädchen auf einem Fleck hatte ich vorher noch nie zu sehen bekommen. Plötzlich entdeckte ich Bettina, die mit zwei anderen Mädchen ruhig ihre Bahnen zog. Als sie in meine Richtung fuhr, erkannte sie mich, wurde nach dem ersten freudigen Erkennen feuerrot und sah weg. Meine geheimsten Befürchtungen wurden wahr: sie hatte mehr Angst, sich vor ihren Freundinnen zu rechtfertigen, woher sie mich kannte, als Mut, mich offen zu begrüßen. Niedergeschlagen wählte ich ein lang- sameres Tempo als sie, um ihr nicht im Weg zu sein. Plötzlich prallte etwas von hinten gegen mich, und eine fröhliche Stimme sagte: „Hi!“ Ver- wirrt sah ich an mir herunter und fand eine ausgelassen lachende Claudia, die offensichtlich eine wesentlich lockerere Einstellung zu mir altem Herrn hatte. „Können Sie laufen?“ fragte sie ernst- haft. Blitzartig die gebotene Chance erkennend, verneinte ich lächelnd. „Nicht so gut.“ „Dann helf ich Ihnen“, bot sie großzügig an, und schon hatte ich ihre kleine, trockene Hand in meiner. Lang vergessene Glücksgefühle durchfuhren mich, als ich dieses hübsche Mädchen spürte, die meiner kleinen Petra wie aus dem Gesicht geschnitten war. Unwillkürlich drückte ich ihre Hand fester. „Ich halt Sie schon fest“, beruhigte Claudia mich und zog mich, immer etwas schneller wer- dend, über die Bahn. Den Ungeschickten spielend, genoß ich ihre Bemühungen, mir das Roll- schuhfahren beizubringen, doch sie machte es sehr gut. Runde um Runde fuhren wir Hand in Hand, und ich fühlte mich so glücklich und zufrieden wie schon lange nicht mehr. Von Zeit zu Zeit strich ich mit dem Daumen über ihren Handrücken, dann bewegte ich schnell meine anderen Finger, um so zu tun, als würde ich meinen Griff korrigieren. Claudia machte dies überhaupt nichts aus, doch meinen Nerven um so mehr. Petra war 12 gewesen, als sie sich den Spielen zwi- schen Renate und mir angeschlossen hatte, und Claudia war fast 12. Meine Phantasie ging mit mir durch. Und mein Temperament. Als Claudia sagte, daß sie eine Pause machen wollte, beugte ich mich zu ihr, hob sie schnell auf, dann drückte ich sie fest an mich und machte eine so schnelle Pirouette, daß die Umwelt verschwamm. Das arme Mädchen, das gar nicht wußte, wie ihr ge- schah, hielt sich krampfhaft an mir fest, erneut Gefühle in mir auslösend, die ich lange nicht mehr verspürt hatte. Schließlich wurde ich langsamer, dann blieb ich endlich still stehen und setzte das kleine Mädchen vorsichtig ab, und obwohl ihr schwindelig war, strahlte sie mich an. „Sie können ja doch laufen!“ warf sie mir lachend vor. Ich verbeugte mich vor ihr. „Bitte verzeiht mir, Madame“, bat ich sie höflich. „Es war zu schön, an Ihrer Seite zu fah- ren.“ „Na gut“, meinte sie großzügig. „Aber nur, wenn wir das nachher nochmal machen!“ „Mit dem allergrößten Vergnügen“, schmunzelte ich, dann fuhren wir Hand in Hand zur Bande, verließen die Bahn und stapften in die kleine Imbißbude, um uns Getränke zu holen. Na- türlich gab ich Claudia die Fanta aus, die sie sich bestellte. Zwei Jahre jünger als Bettina, war Claudia doch die forschere von beiden. Sie war aktiver, redseliger und offener als ihre Schwester, wenn sie erst einmal Vertrauen gefaßt hatte. Meine Aktionen, die ihrer Schwester so geholfen hatten, trugen wahrscheinlich dazu bei, daß Claudia ihre Schranken mir gegenüber so schnell fallengelassen hatte. Mir machte es nicht das Geringste aus, mit einem 11jährigen Mädchen in der Öffentlichkeit zu plaudern; schließlich hatten wir ja durch die gemeinsame Adresse eine gute Basis, um eventuellen bösen Blicken begegnen zu kön- nen, doch dies war mehr die Angst als die Realität: die Umwelt betrachtete uns nur als Vater und Tochter. Wenn sie uns überhaupt beachtete. Von Zeit zu Zeit bemerkte ich Bettina, die uns nunmehr fast durchgängig beobachtete, doch welche Gefühle sie dabei bewegten, konnte ich nicht sehen; dafür war sie zu weit entfernt. Wenn sie mit ihren Freundinnen an uns vorüber fuhr, sah sie nach vorne; erst nach der Kurve schaute sie wieder zu uns, dann aber fast durchgehend, bis sie wieder auf unserer Seite angekommen war, dann blickte sie nur noch auf die Bahn. Ich war ihr nicht böse deswegen, jedoch enttäuscht, denn schließlich war ich nur ihretwegen hergekommen. Doch Claudia tröstete mich mehr, als sie ahnte. Wir plauderten, lachten und scherzten, bis unsere Getränke leer waren, dann gingen wir wieder auf die Bahn. Sofort streckte Claudia ihre Arme nach mir aus. „Drehen!“ befahl sie. Ich beugte mich zu ihr, sie legte ihre Ar- me fest um meinen Hals, dann richtete ich mich auf. Claudia warf ihre dünnen Beinchen um mich und verschränkte sie in meinem verlängerten Rücken. Langsam lief ich los, in einer immer enger werdenden Kurve zur Mitte hin, wo es einigermaßen leer war. Dort angekommen, hatte ich ge- nügend Geschwindigkeit gesammelt. Ich streckte das rechte Bein aus und ging mit dem linken in die Hocke. Dann, als wir uns auf einem Punkt drehten, richtete ich mich wieder auf und wirbelte uns herum, so schnell ich konnte. Claudia quietschte vor Vergnügen in mein Ohr, ein himmli- sches Geräusch, aber nicht so himmlisch wie das Gefühl, ihren schmalen, lebendigen Körper an mich gedrückt zu halten. Viel zu schnell war die Energie verbraucht, und wir standen, nach eini- gen immer langsameren Drehungen, wieder still. Claudias Augen glänzten vor Freude. „Geil war das!“ schwärmte sie. Vorsichtig ließ ich sie herunter, dabei rutschte sie mit ihrem Unterleib über ein sehr angespanntes Körperteil, doch glücklicherweise merkte sie nichts davon. „Hat’s Spaß gemacht?“ Ohne es zu merken, war Bettina mit ihren Freundinnen zu uns ge- kommen. Claudia nickte begeistert. „Du, das war sowas von geil, das solltest du auch mal pro- bieren!“ Wie erwartet, lachten Bettinas Freundinnen bei diesem Gedanken laut los, und Bettina wurde feuerrot. Schnell griff ich nach ihren Händen und wirbelte sie um mich herum. Instinktiv drehte Bettina ihre Füße nach außen, um die Balance zu halten, und nach dem ersten Schreck fand sie Gefallen daran. Wie ich erhofft hatte. Ihre Hände lagen fest in meinen. Nicht fähig, der Versuchung zu widerstehen, bewegte ich meine Daumen sanft hin und her. Bettina sah verlegen zu Boden, dann ging ein listiges Lächeln über ihr Gesicht. Sie spreizte die Beine und ging in die Hocke. Dadurch vergrößerte sich ihre Geschwindigkeit, und ich mußte ihre Hände wieder fester halten, sonst wäre sie mir entglitten. Anerkennend lächelte ich ihr zu, und stolz auf die eigene List lächelte sie zurück. Ich erhöhte meine Kraft, mit der ich sie herumwirbelte. Nun fing es an, ihr richtig Spaß zu machen. Ihr langes Haar flatterte im starken Luftzug, ihre Augen glänzten vor Erregung und Ge- fahr, ihre Brust hob und senkte sich schnell. Sie ging noch etwas mehr in die Hocke und zwang mich dadurch, auch etwas tiefer zu gehen. Dadurch verlor ich meinen sicheren Halt, und plötz- lich teilten wir uns die Energie: wir drehten uns beide umeinander und miteinander. Bettina lachte hell und fröhlich, und auch ich mußte lachen, bis der Schwung ausgereizt war und wir standen. Nun lachten ihre Freundinnen sie nicht mehr aus, ganz im Gegenteil. In ihren Blicken war Neid, doch bevor sie auf dumme Gedanken kommen konnten (sie waren das, was man häß- liche Entlein nennt), nahm ich Claudia an die Hand und lief mit ihr los. Die Kleine lachte hell auf, als sie Bettinas verwirrten Blick sah. Etwa eine halbe Stunde vor Ende der Laufzeit trafen wir uns alle an dem Imbiß. Bettina hatte endlich ihre Hemmschwelle überwunden und redete mit mir, ihren Freundinnen hatte sie mich völlig korrekt als Untermieter ihrer Mutter vorgestellt. Natürlich wurde ich ausgequetscht über meine „Fahrkünste“, doch ich wehrte das unverdiente Kompliment ab. Bettina und Claudia be- harrten darauf, von mir zu lernen, wie man sich ohne Hilfe dreht, und viel zu schnell war die Zeit vorbei und wir mußten gehen. Meine Hände waren voll von dem Gefühl, Bettina und Claudia zu halten.
* * *
„Morgen macht das Freibad auf“, erwähnte Frau Moll beim Abendessen. Die Mädchen fuh- ren elektrisiert auf. „Echt?“ - „Super!“ Interessiert beugten sich beide vor und überflogen die kurze Notiz in der Tageszeitung. „Tatsache!“ meinte Bettina dann. „Können wir hin?“ „Au ja, Mutti, bitte!“ bettelte Claudia. Ihre Mutter schüttelte ablehnend den Kopf. „Ich habe doch samstags mein Treffen“, erklärte sie, wohl zum hundertsten Mal, dann fiel ihr Blick auf mich. „Aber vielleicht wäre Herr Geiß so zuvorkommend, euch zu begleiten?“ Ihr Blick wurde bittend. „Ich möchte die Kinder nämlich nicht gerne den ganzen Tag alleine lassen, verstehen Sie?“ Offenbar war das Thema Schwimmen gehen ein Reizthema, denn daß Frau Moll so schnell nachgab, hatte ich, obwohl erst seit denkbar kurzer Zeit Gast in diesem Haus, noch nicht erlebt. Die Mädchen stießen sofort in die gleiche Kerbe. „Ja, kommen Sie mit uns!“ bettelte Claudia, und Bettina sagte: „Wir sind auch ganz pflege- leicht!“ „Wenn ich Nein sage“, lachte ich, „werde ich wahrscheinlich umgebracht, also sage ich lie- ber Ja.“ „Juhu!“ brüllte Claudia, was ihr einen scharfen Tadel einbrachte, doch ihre Freude war zu groß, als daß sie darauf etwas gegeben hätte. Bettina freute sich ebenfalls über alle Maßen; ob über die Tatsache, daß sie schwimmen gehen durfte, oder darüber, daß ich sie begleitete, wußte ich nicht, es spielte aber auch keine große Rolle für mich. Den Rest des Essens über wurden Pläne geschmiedet, was den nächsten Tag über gemacht werden sollte, wieviel Essen mitgenommen werden mußte, wer mit wem wann um die Wette schwimmen würde und so weiter und so fort, bis die verlockende Aussicht auf morgen mich ins Badezimmer trieb. Wesentlich entspannter ging ich dann auf mein Zimmer und packte, wie ein kleines Kind am Vorabend einer Reise, schon meine Tasche. Am nächsten Morgen, einem strahlend schönen und warmen Maitag, aßen wir nur eine Klei- nigkeit. Nicht nur wegen des bevorstehenden Badbesuches, sondern auch - und das mag un- glaublich klingen - wegen der Nervosität, die uns drei befallen hatte, wenn auch aus unterschied- lichen Motiven heraus. Bei Claudia war es schlicht und einfach Freude und Aufregung. Bei mir war es Aufregung und die wilde, ungezügelte Erwartung, die Mädchen in sehr wenig Stoff ge- kleidet zu sehen. Und bei Bettina? Bei ihr war es vielleicht eine Mischung aus alledem, ich konnte es nicht genau sagen. Doch war sie genauso aufgedreht wie Claudia und ich. Um kurz vor neun hielt der Bus am Freibad und spie eine Masse an Menschen aus, die, wie all die anderen Menschen, die sich bereits vor dem Eingang versammelt hatten, nur ein einziges Ziel hatten: schwimmen! Punkt neun öffnete das Bad die Tore (und natürlich die Kassen), und es dauerte nur etwa fünf Minuten, bis wir die magische Grenze zwischen Kleidung und Haut über- schritten hatten, verdeutlicht durch ein sich drehendes Gitter. Wir trennten uns für einen Mo- ment, um uns umzuziehen, und als die beiden Mädchen aus ihren Kabinen heraustraten, war ich plötzlich wieder jung und sah Renate und Petra vor mir, ihre schlanken, glatten Körper, die schlaksigen Bewegungen und die ungelenken, hastigen Gesten, die schon leider in kurzer Zeit durch weibliche, flüssige Bewegungen vernichtet werden würden, offene Gesichter, ausdrucks- stark trotz der dahinter stehenden Jugend und schon bald zerstört durch Beherrschung und Ver- stellung, strahlende, glückliche Augen, die demnächst mißtrauisch in die ihres Gegenübers blik- ken würden, glatte und weiche Haut, die den Verfall schon in sich trug. Mutlosigkeit angesichts dieses Werden und Vergehen überfiel mich, Trauer über die Sinnlosigkeit des einmaligen Kreis- laufes von Geburt, Jugend, dann Alter und Tod. War diese Natürlichkeit, diese Schönheit des Augenblickes, war sie es nicht wert, festgehalten und in exakt diesem Moment genossen zu wer- den? Wäre ich doch Maler oder Bildhauer, um diesen Augenblick auf ewig festzuhalten, doch nur mit dürren Worten kann ich beschreiben, welche schöne, frische, junge Welt mir gegenüber stand. Worte, die diesen beiden Grazien bei weitem nicht gerecht werden. „Nun los!“ drängte Claudia, nahm mich bei der Hand und zog mich träumenden Denker zu- rück in das Leben und auf die saftige Wiese, auf der sich schon Horden von Menschen, laut und rücksichtslos, breit machten. Bettina eilte voraus und sicherte uns ein schönes Plätzchen nahe an einem der vielen Bäume, so daß wir sowohl Sonne als auch Schatten hatten. Wir breiteten die Decke aus, die Frau Moll uns mitgegeben hatte, und liefen sofort darauf zum Schwimmbecken, das mit jeder Minute voller und voller wurde. Claudia sprang ohne zu zögern hinein, wagemutig riß ich Bettina von ihren hübschen, verführerischen Beinen, hielt das quietschende Mädchen fest und sprang hinterher. Wasser spuckend und lachend kam Bettina wieder hoch, bestrafte mich mit einer Ladung Chlorwasser, die sie mir mitten in das Gesicht spritzte, und tauchte vor der Ver- geltung davon. Was für ein Anblick, ihr schmaler, blasser Körper mit den dunklen Haaren und dem stahlblauen Bikini, sich geschmeidig in dem Wasser bewegend, als wäre es sein natürliches Element, der Schwung ihrer Beine, das Öffnen und Schließen, wenn sie sich kraftvoll fortbe- wegte, und ich war plötzlich dankbar für die vielen Menschen um mich herum; verhinderten sie doch das Sichtbarwerden meines peinlichen Zustandes. Doch nicht genug damit: unerwartet schlangen sich zwei Arme und zwei Beine von hinten um mich, und Claudia befahl: „Schwimmen!“ Ihre nasse, warme Haut an meiner, ihr Druck gegen mich, ihr Vertrauen zu mir, all dies versetzte mich in einen losgelösten Zustand. Leicht und flüssig tauchte ich ein in das Wasser, teilte es mit ruhigen Schlägen, immer darauf achtend, Claudias und meinen Kopf über Wasser zu halten und dabei ihren Körper an meinem zu spüren und - ich gestehe es - zu genie- ßen. Vertrauensvoll legte das kleine Mädchen ihren Kopf an meine Schulter und ließ sich von mir, einem ihr eigentlich völlig Fremden, seelenruhig durch das Wasser tragen, vorbei an ihrer Schwester, die uns lächelnd zusah, vorbei an völlig fremden Menschen, nur das Jetzt erlebend und ausschöpfend. Und wäre das Becken so lang gewesen, daß es einmal um die Erde gereicht hätte, ich schwöre bei meiner Liebe zu Renate und Petra, daß ich ohne einmal zu stocken die ganze Strecke mit dieser süßen Last auf meinem Rücken zurückgelegt hätte, und gleich darauf noch ein zweites Mal, hätte sie mir nur versprochen, dort zu bleiben, wo sie war. Am Ende des viel zu kurzen Beckens angekommen, wollte ich umdrehen, doch Claudia kam mir zuvor. Ohne mich loszulassen, drehte sie sich an mir, bis sie an meiner Vorderseite hing. Ihre Augen lachten mich glücklich an, und wäre ich jünger gewesen, hätte ich wohl alle Beherrschung vergessen und ihre Lippen mit meinen berührt, doch gewitzt durch die Jahre, die ich mit mir trug, wurde mir sofort klar, daß ich, wenn ich mit Claudia auf mir auf dem Rücken schwamm, ein öf- fentliches Ärgernis werden würde. So beschloß ich schweren Herzens, auf das Vergnügen zu verzichten, und schwamm auf dem Bauch weiter. Claudia protestierte sofort, wie erwartet; schließlich war sie nun unter Wasser. Prustend machte sie sich frei, doch anstatt mit mir zu schimpfen und mich stehen zu lassen, lachte sie nur ausgelassen und schwang sich wieder auf meinen Rücken, nachsichtig und lächelnd beobachtet von den Menschen um uns herum. „Papi, ich auch!“ hörte ich einen kleinen Jungen rufen, der Claudias Beispiel folgte und auf den Rücken seines Vaters kletterte. Noch einmal davongekommen! Runde um Runde schwamm ich mit Claudia, Bettina neben uns her, bis Claudia ihre Schwe- ster fragte: „Wollen wir tauschen?“ Bettina schüttelte heftig den Kopf, der schlagartig eine rote Färbung angenommen hatte. Claudia lachte sie aus, verspottete sie als Feigling und Angsthase, bis Bettina so wütend wurde, daß sie Claudia von mir stieß und sich auf meinen Rücken schwang. Ärgerlich drückte sie Arme und Beine an mich, und ich glaubte, sterben zu müssen vor Erfüllung. Erst dreizehn Jahre jung, und doch so viele und intensive Gefühle in mir auslösend, daß mir das Atmen schwerfiel. Todesmutig machte ich eine Rolle über meine Längsachse, so daß Bettina die Bewegung nachvollzog, die mit „Kielholen“ beschrieben wird, dann lag ich wieder richtig herum, sie nach wie vor auf mir, Wasser spuckend, schimpfend und lachend gleichzeitig, ihre kleinen Fäuste trommelten wütend auf meine Schultern. Doch sie hatte ihren Spaß; ich merkte es an dem verstärkten Druck ihrer Beine, mit denen sie sich an mir festhielt. Ruhiger werdend, schwamm ich mit ihr einige Bahnen, bis auch sie sich entspannte und locker auf mir liegen blieb. Sie redete nicht so viel wie ihre Schwester, eigentlich sagte sie kaum etwas, aber ein sanftes Gefühl, ein zartes Band wuchs zwischen uns. Am Rande des Beckens angekommen, drehte ich um, dabei strich ich sanft über ihren Arm, und dann, um zu zeigen, daß es keine Un- achtsamkeit war, gleich noch einmal. Bettinas Antwort war ein ebenso sanftes Reiben mit ihrer Wange an meiner Schulter, ebenfalls zweimal, dann blieb sie wieder ruhig liegen. Verliebt und glücklich schwamm ich weiter, den Protest meiner überanstrengten Muskeln ignorierend. Bettina löste ihre Arme von meinem Hals, griff unter meinen Armen hindurch und verschränkte ihre Hände vor meiner Brust, dann streckte sie ihre wundervollen Beine aus, die nun bei jedem Schwimmzug störend hart gegen meine stießen. Aufmerksam zog sie die Beine wieder an und ließ sie zu meinen Seiten herabhängen. Nun stieß ich zwar immer noch dagegen, aber nicht mehr so kräftig wie vorher. Es war jetzt mehr ein sanftes, rhythmisches Berühren von Oberschenkeln, das mich in eine Art Trance versetzte. Das wunderbare Mädchen veränderte auch noch die Posi- tion ihrer Arme, bis auch diese meine berührten, und plötzlich seufzte ich unwillkürlich auf, als die Spannung sich entlud. „Tut’s weh?“ fragte Bettina besorgt. „Soll ich runter?“ „Auf keinen Fall!“ sagte ich mit - welch Ironie! - trockenem Mund. „War nur ein ganz leich- ter Krampf.“ Doch mein Körper verriet mich: das Zittern und die Müdigkeit, die sich nach die- sem Sturm ausbreiteten, konnte selbst sie in ihrer Jugend nicht mißverstehen. „Ich bin zu schwer“, sagte sie bedauernd. „Wir können ja ‘ne Pause machen und gleich noch was toben.“ Zögernd erst, dann entschlossen löste sie sich von mir. „War schön“, sagte sie lä- chelnd und schwamm zu ihrer Schwester, die ebenfalls erste Müdigkeit zeigte. Schwer atmend rettete ich mich zum Rand, wo ich einige Minuten blieb, erst dann wagte ich es, meine Beine der Anstrengung des Gehens auszusetzen. Wunderbarerweise trugen sie mich bis zur Decke, auf der ich mich erschöpft, aber glücklich bis in die letzte Zelle, nieder ließ. Wenig später kamen die beiden Mädchen an und ließen sich seufzend und stöhnend fallen. Claudias Beine fielen auf mei- ne, doch ich reagierte nicht mehr darauf. Ich konnte nicht mehr. Bettina holte einige Tüten aus ihrer Tasche, die sie uns reichte. Dankbar stießen wir die Strohhalme in die Öffnung und tranken gierig den bereits warmen, aber dennoch erfrischenden Inhalt. Dann packte Bettina eine große Flasche Sonnenöl aus, goß sich einem kräftigen Schuß in die Hände und begann, ihre Schwester einzucremen. Nach außen gleichgültig, doch nach innen vor Neid verglühend, beobachtete ich sie. Doch zu frisch, zu neu war unsere Freundschaft, als daß Bettina oder Claudia mir angeboten hätten, sie einzureiben, und so blieb mir außer Zuschauen und Vorstellen nichts übrig. Schließlich glänzten beide Mädchen vor Sonnenöl. Bettina reichte mir die Flasche mit der Frage: „Sie auch?“ Lächelnd nahm ich an und rieb mich ein, so gut es ging. Dann legten wir uns der Länge nach auf die Decke; die Mädchen eng nebeneinander, ich mit etwas Abstand daneben. Die Kinder unterhielten sich über die Schule und ihre Lehrerinnen und Lehrer, und mit der Zeit vergaßen sie mich völlig. Eine mißmutige Stimmung begann, in mir zu wachsen. Völlig unbe- gründet, dennoch vorhanden. Was hatten sie denn auch mit mir zu reden, fragte ich mich mit dem Verstand, und mein Gefühl antwortete, daß Bettina und Claudia ja schließlich gar nicht hier wä- ren, wenn ich nicht dagewesen wäre, um sie zu begleiten. So tobte der Streit zwischen Verstand und Gefühl in mir hin und her, mit dem Ergebnis, daß ich zu keinem Ergebnis kam. Außer dem, daß meine Stimmung immer schlechter wurde. „Wollen wir jetzt nochmal schwimmen?“ fragte Bettina mich plötzlich, und mit einem Mal schien die Sonne wieder. Schon stand ich, reichte ihr meine Hand, die sie lächelnd nahm, zog sie hoch, hielt sie fest und lief mit ihr zum Becken, Claudia hinter uns her, mich einholend und meine andere Hand fassend. Zu dritt sprangen wir wie einer vom Rand in das Wasser, das nun nicht mehr so voll war, und noch im Sprung klammerte Claudia sich an mir fest, um mit mir wieder aufzutauchen. Schon war sie wieder auf meinem Rücken, schlang beide Beine um mich, und diesmal spürte ich deutlich die Knochen dieser glückverheißenden Stelle, die sie mir gegen meine Wirbelsäule drückte, als sie sich wie ein Reiter auf mich setzte. Und wieder war Petra da, die kichernd auf meinem Rücken saß und sich krampfhaft festhielt, während ich auf allen Vieren durch das Zimmer lief. Ich schüttelte mich, sie stürzte mit einem erschrockenen Schrei herun- ter, dann war ich schon über ihr und küßte sie vom Hals bis zu den Beinen, und ihr Schimpfen verwandelte sich in Seufzen, als ich mich um diese eine, ganz besondere Stelle kümmerte... „Jetzt ich!“ verlangte Bettina plötzlich. Ohne Widerspruch ließ Claudia sich in das Wasser gleiten, Bettina nahm ihren Platz ein, doch sie setzte sich nicht auf mich, sondern legte sich wie- der wie vorhin: ihre Beine hingen zu beiden Seiten meiner Hüfte herab, ihre Arme lagen unter meinen und die Hände verschränkten sich vor meiner Brust. Ganz deutlich spürte ich die ersten Anzeichen von Frau an ihrem Körper, weich und doch fest in ihrer Jugend. Ich schwamm ruhig weiter, doch achtete ich darauf, meine Schultermuskeln stark zu bewegen, und der Erfolg stellte sich kurz darauf ein: was vorher nur fest war, wurde nun spitz und hart. Ihr Atem veränderte sich; er wurde intensiver. „Schön so?“ fragte ich sie. „Hm-m!“ kam die schnelle Antwort, begleitet von einem stärkeren Klammern. Ich wollte mein Glück nicht herausfordern und schwamm deshalb ohne übertriebene Hilfe der Schultermus- keln weiter, doch wie groß war meine Überraschung, als Bettina anfing, sich auf mir zu bewe- gen, und zwar derart, daß sie die vorherige, von mir ausgehende Bewegung nun ihrerseits vor- nahm. Langsam und vorsichtig zwar, doch deutlich fühlbar. Den Ruf ihrer Schwester, daß sie nun wieder dran wäre, beantwortete sie mit einem unfreundlichen Knurren, doch fair, wie sie war, rutschte sie von mir, jedoch nicht ohne ein letztes, kräftiges Reiben dieser zwei Stellen an meinem Rücken. Ich sah ihr kurz in die Augen und fand einen schwachen, aber sichtbaren Wi- derhall meiner eigenen Gefühle. Verschämt sah Bettina weg, als unsere Augen sich ineinander verhakten, verschämt drehte sie sich um, und kräftig stieß sie sich ab und schwamm fort von uns. So verflog der Vormittag, ein Wechsel zwischen Schwimmen und Ausruhen, zwischen Lei- denschaft und Abwarten, zwischen Erregung und Vorsicht. Bettina war sehr still geworden nach diesem letzten, oben beschriebenen Kontakt; ihr Blick, mit dem sie mich immer wieder ansah, hatte nun etwas von dem bekommen, was normalerweise nur zwischen zwei Erwachsenen statt- findet, die sich auf diese bestimmte Zusammenkunft freuen. Mittags stärkten wir uns an der vollkommen überlaufenen Imbißbude und mußten froh sein, daß die Pommes Frites zumindest warm waren und die Bratwurst hellbraun, doch unserer Stim- mung tat dies keinen Abbruch. Vor allem Claudia schaufelte die laue Masse in sich, als wäre es das letzte Essen, was sie jemals auf dieser Erde bekommen würde. Zum Nachtisch spendierte ich eine Runde Eis, das mit großer Freude vertilgt wurde, dann schlenderten wir zurück zu unserer Decke, zogen sie in den Schatten und legten uns hin zum Ausruhen. Aus reinem Sicherheitsden- ken heraus legte ich mich auf den Bauch, und das war gut so, denn Claudia schlüpfte dicht an mich, kuschelte sich mit ihrem Rücken an meine Seite und begann eine Unterhaltung mit ihrer Schwester, die nur einsilbig antwortete. Doch die aktive Kleine ließ sich davon nicht beirren. Unbeeindruckt erzählte und redete sie, untermauerte ihre Worte mit heftigen Gesten, die sich über ihren schmalen und warmen Körper auf meinen angespannten und glühenden Körper über- trugen. Ihre Sätze waren eine Folge von strahlend schönen Harfentönen, und ihr flaches Hinter- teil an meiner Seite war wie Feuer, das mich zu verbrennen drohte. Und sie hörte nicht auf, sich an mir zu reiben, bis ich mich auf die Seite drehte. Petra hob ihr Bein und preßte das Symbol meines Geschlechtes an sich, fortwährend ihr Becken bewegend, und meine Hände trafen sich vor ihrer Brust, während Renate uns lächelnd zusah, dabei ihre Kleidung entfernend, bis sie so aussah wie wir. „Wollen wir nochmal schwimmen?“ fragte Bettina leise, ohne mich anzusehen. Sofort war Claudia auf den Beinen und auf dem Weg ins Wasser. „Ich komm sofort nach“, entschuldigte ich mich. „Dann warte ich“, hauchte Bettina. Sie setzte sich auf, zog die Beine an die Brust und legte ihre Arme um die Knie. „Du bist ein liebes Mädchen“, lächelte ich sie an. „Sie aber auch“, meinte Bettina verlegen, dann wurde sie rot. „Nein! Sie sind kein Mäd- chen!“ redete sie hektisch. „Ich meinte nur, daß das sehr nett von Ihnen war, mitzukommen!“ „Ist doch schon gut!“ lachte ich. „Mir macht es doch auch Spaß mit euch zweien.“ „Mir auch“, flüsterte sie, und meine Befürchtungen verschwanden. Endlich konnte ich auf- stehen. Bettina nahm meine Hand, dann gingen wir gemütlich zum Becken, wo Claudia sich schon austobte. Diesmal schwammen Bettina und ich nebeneinander, und ich mußte sie immer- fort ansehen, und sie erwiderte meinen Blick mehrmals, ohne sich abzuwenden. Schließlich mußte ich sie berühren: meine Hand glitt durch das Wasser zu ihr herüber und streichelte kurz ihre Schulter. Ihr Kopf wollte sich auf meine Hand legen, doch im letzten Moment zog Bettina ihn zurück. Sie lächelte mich schüchtern an, dann tat sie einige kräftige Züge und war weit weg. Als hätte sie nur auf diesen Moment gewartet, war Claudia neben und sofort wieder auf mir. Ihr fröhliches Kinderlachen erfüllte mich mit Glück und Sehnsucht, und ohne nachzudenken, drehte ich mich schnell unter ihr, so daß sie direkt vor mir war, legte meine Arme um sie und drückte sie liebevoll an mich. Sofort schlang auch sie ihre Ärmchen um mich, preßte ihre Wange an meine und flüsterte: „Danke!“ Dann riß sie sich los, stieg auf meine Schultern, wobei ihre Oberschenkel in engen Kontakt mit meinem Oberkörper kamen, und sprang von dort ins Wasser. Völlig starr von dem Gefühl, das Claudia durch ihre Kletterei in mir hinterließ, sah ich zu, wie sie hinter ihrer Schwester herjagte, die ruhig ihre Bahnen zog, erneut gefangen in Vorstellungen, die nur auf eine einzige Art erfüllt werden konnten, doch wie weit entfernt war ich noch davon! Immerhin war ein Anfang geschaffen, erstes Vertrauen wuchs langsam, erste Hürden waren ge- nommen. Ich mußte mich ermahnen, daran zu denken, daß es nicht Petra und Renate waren, son- dern Claudia und Bettina, und daß dies zwei völlig andere Menschen waren, auch wenn sie so aussahen, als wären sie Petra und Renate. Es war ein Konflikt, der mir körperliche Schmerzen verschaffte, und dies nicht nur aus dem Grund, weil ich mit diesen beiden wunderschönen Geschöpfen die Gefühle meiner Jugend wei- terleben wollte. In meinen Gedanken verloren, hatte ich die Mädchen aus den Augen verloren. Ich schaute mich angestrengt um, doch ich fand sie nicht. Plötzlich, mir beinahe einen Herzschlag verursa- chend, tauchte Bettina vor mir auf. Offenbar hatte sie sich ganz am Boden des Beckens an mich herangetastet und dann kräftig nach oben abgestoßen, denn sie flog förmlich aus dem Wasser, bis zu den Knien, und als sie herunterkam, bildeten ihre nassen schwarzen Haare einen wassersprü- henden Fächer in der Luft. Instinktiv fing ich sie auf; ebenso instinktiv warf sie ihre Arme um mich. Für einen kurzen Moment waren wir so vereint, wie ich es mir erträumt hatte; unsere Kör- per waren eng aneinander gedrückt, unsere Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt, unse- re Herzen schlugen gleichsam aufgeregt, doch diesmal wandte Bettina ihren Blick nicht ab. Ihre wunderschönen blaugrauen Augen füllten sich mit dem Wunsch nach Nähe, nach Geborgenheit, nach Anerkennung ihrer Persönlichkeit, während das Blut in mir ein bestimmtes Teil mit dem Wunsch nach Erlösung füllte. „Noch mal Passagier spielen?“ fragte ich mit rauher Stimme. Bettina nickte leicht. Noch im- mer waren unsere Augen wie verschieden gepolte Magnete, sie der Pluspol, ich der Minuspol, der von dem Pluspol magisch angezogen wurde, immer schneller auf ihn zuging, je näher er ihm kam, um mit einem satten, lauten Knall mit ihm zusammenzustoßen und eine Einheit zu bilden, die nur noch durch übermäßige Gewalt auseinander gebracht werden konnte. Meine Nase roch durch den Chlorgeruch des Wassers das Aroma ihrer Haut, den leichten Geruch nach Salami in ihrem Atem, die sie zum Frühstück zu sich genommen hatte, und ich hatte plötzlich Heißhunger auf Salami, wollte den Geschmack von ihren Lippen aufnehmen, möglicherweise vorhandene Reste aus ihren Zähnen saugen, mich ganz in ihrem so wundervollen Mund versenken, beinahe flehte ich darum, daß sie mich ganz verspeisen möge, nur um ihr so nah wie möglich zu sein, bei ihr, in ihr, ein Teil von ihr, und als hätte Bettina meine Gedanken gelesen, kam ihr Kopf näher zu mir, in ihren Augen stand exakt das Verlangen, das auch ich verspürte, doch Anstand und Erzie- hung schritten ein und trennten uns. Verlegen ließ Bettina mich los, genauso verlegen drehte ich mich im Wasser, zögernd stieg sie auf meinen Rücken, ebenso zögernd schwamm ich los, vorsichtig rutschte Bettina auf meinem Rücken zurecht, ebenso vorsichtig paßte ich ihre Bewegungen meinen an, um soviel Kontakt zu ihr zu bekommen, wie in dieser Öffentlichkeit erlaubt war, und endlich lag sie so auf mir wie schon früher, ihre deutlich fühlbare Brust an meinen Rücken gedrückt, und die sanften Bewegun- gen, die sie dort ausführte, entgingen weder ihr noch mir, noch entging uns beiden der Effekt die- ser Bewegung. Wäre in diesem Moment jemand unter mir hergeschwommen, den Blick nach oben gerichtet, er hätte mit vollem Recht die Hüter von Gesetz und Ordnung herbeirufen können. Doch das Schicksal war auf meiner Seite, niemand entdeckte meinen liederlichen Zustand, nie- mand kümmerte sich um uns; unser Beispiel machte im Gegenteil Schule: mehr und mehr Kinder ließen sich von ihren Eltern, sei es nun Vater oder Mutter, auf diese von uns gezeigte Art und Weise durch das Wasser befördern, und meine Angst verschwand und machte einer Seligkeit Platz, die ich lange nicht mehr erlebt hatte. Bettina verstärkte ihren Griff um mich, ihre zwei kleinen, aber festen Spitzen drückten sich in meinen überaus empfindsamen Rücken, offenbar genau auf die Nervenenden, die für die Phantasie zuständig waren, denn Bilder zogen in mir auf, die ich nur unter größter Scham wiedergeben könnte. „Jetzt ich wieder!“ brach Claudias Stimme wie ein Donner an einem heiteren Frühlingstag in unsere Gedanken. Bettina wie ich zuckten heftig zusammen. „Verpiß dich!“ zischte Bettina, die sich lange vor mir gefangen hatte. „Jetzt bin ich erst mal dran!“ „Ist denn mit dir los?“ fragte ihre Schwester verwundert. „Hast ‘ne Macke oder ‘n Sonnen- brand?“ Beleidigt verzog sich Claudia, jedoch nicht ohne, mit Blick auf ihre Schwester, sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe zu tippen. Bettina machte eine heftige Geste, die ich nicht sehen, aber spüren konnte, Claudia streckte ihr die Zunge heraus, drehte sich endgültig um und ver- schwand in der Menge. Bettina legte sich wieder zurecht. Ich hütete mich, irgend etwas zu sa- gen, was diesen Frieden zwischen uns gestört hätte, denn zu glücklich war ich in diesem Mo- ment. Sogar überglücklich. Und übermütig. Übermütig drehte ich mich schnell unter Bettina, so daß wir uns wieder von Angesicht zu Angesicht gegenüber waren. Ihre Augen blickten mich erschrocken an, als ich mich so plötzlich und für sie überraschend gedreht hatte, doch sie fing sich schnell wieder und hielt sich an mir fest. Dummerweise kam sie nun mit ihrem für die Öffentlichkeit nicht gedachten Bereich an den gleichartigen bei mir, und für einen Moment verlor sie die Fassung. Sie blickte mich regelrecht schockiert an, als sie etwas sehr Hartes und deutlich Hervorstehendes gegen ihren Körper drük- ken fühlte, dann zog ein merkwürdiges Schimmern durch ihre Augen, verjagt von Erschrecken, gefolgt von Verlegenheit. Fast schon panisch löste sie sich von mir, stieß sich an mir ab und schwamm davon, fort aus meinem Blick, aus meiner Nähe, aus meiner Welt. Nun hatte ich das absolute Negativziel erreicht: Bettina verschreckt, Claudia beleidigt, ich bloßgestellt. Konnte ich den Schaden, der durch diese eine unachtsame Bewegung, geboren aus Übermut und Lebenslust, konnte ich diesen Schaden jemals wieder gutmachen? Würde Bettina mich jemals wieder ansehen? Mit mir reden? Mich selbst in die tiefste aller Höllen verwünschend, schwamm ich zum Rand und stieg aus dem Wasser. Um meine Gedanken abzulenken, ging ich zu dem kleinen Imbiß, der nun, da die Mittagszeit vorüber war, nicht mehr so belagert war, und kaufte eine große Flasche Fanta für uns, für unverschämte fünf Mark, doch dafür durfte ich auch drei Plastikbecher umsonst mitneh- men. Als ich zurückkam, war Bettina schon da. Sie saß auf der Decke wie ein Geschenk des Himmels, mit leicht angezogenen Knien, die Hände erhoben und die langen, wunderschönen Haare mit einem Handtuch trocknend. Wortlos setzte ich mich neben sie, auf Abstand achtend, stellte die Becher ab, öffnete die Flasche, goß einen Becher voll und reichte ihn meiner (wäre sie es doch!) Freundin, die ich so verletzt hatte. Mit einem leichten und scheuen Lächeln nahm sie das Friedensangebot an, führte ihre verführerischen Lippen an dieses Material, das dieses Ge- schenk gar nicht zu würdigen wußte, und ließ das eiskalte Naß in ihren Mund fließen. Fasziniert beobachtete ich ihren Kehlkopf, der sich bei jedem Schlucken auf und ab bewegte. Auf und ab. Auf und ab. Auf und... Ich riß mich los, als ihr Mund sich bewegte und ihre Augen mich ansahen. „Verzeihung, was?“ „Ich sagte, es tut mir leid“, wiederholte Bettina leise. „Mir auch, Bettina“, sagte ich. Wir schauten uns an mit dem Blick zweier sich Liebender, die sich soeben gegenseitig einen Seitensprung gestanden hatten. Gab es doch noch Hoffnung für uns und unsere Liebe? „Es tut mir wirklich leid“, versicherte ich erneut. „Ich könnte jetzt großspurig und gelehrt et- was von instinktiven körperlichen Reaktionen erzählen, aber das wäre gelogen, Bettina. Ich finde dich sehr hübsch, und deswegen hast du das gefühlt.“ „Schon klar“, lächelte sie verlegen. „Ich war nur erschrocken, weil das so - so groß war“, flüsterte sie, sich mit schnellen Blicken davon überzeugend, daß niemand dieses Geständnis ge- hört hatte. Ihre Ohren wurden feuerrot. „Ich hab schon oft Blues getanzt“, beichtete sie weiter, „aber die Jungs hatten nicht so viel da.“ Sie senkte verschämt ihren Blick, und ich hätte sie küs- sen mögen in diesem Moment. Nicht das Erlebnis an sich hatte sie verschreckt, sondern nur der Unterschied zwischen Mann und Junge! „Bist du mir nicht böse?“ fragte ich voller Hoffnung. „Aber nein!“ versicherte sie schnell mit großen Augen. „Weshalb?“ Eine Spur von Schalk glomm in ihren Augen auf. „Ich sollte das wohl als Kompliment ansehen, oder?“ fragte sie nek- kisch und mit roten Wangen. Ich war so erleichtert, daß ich vergaß, wo wir waren. Meine Arme schnellten vor, schlangen sich um Bettinas Schultern, zogen das Mädchen an meine Brust und drückten sie herzhaft. Bettina entfuhr ein Laut der Überraschung, als sich ihre Sitzposition so plötzlich veränderte, doch dann legte sie den Arm, an dessen Ende sich kein Plastikbecher be- fand, ebenfalls um mich und drückte mich so stark, daß kein Zweifel mehr in mir war, ob sie ver- ärgert über mich war. Impulsiv gab ich ihr einen satten Kuß auf die Haare. Sie hob ihren Kopf, und in ihren Augen stand nichts außer Freude. Eine Riesensorge war beseitigt, blieb nur noch eine weitere. „Wo ist Claudia?“ fragte ich meinen kleinen Liebling. Bettina zuckte die Schultern. „Weiß nicht. Aber ich sollte mich bei ihr entschuldigen.“ „Na komm“, lächelte ich, stand auf und reichte ihr die Hand. „Gehen wir sie suchen.“ Bettina ergriff meine Hand, ich zog kräftig, während sie sich mindestens ebenso kräftig abstieß, und als Folge dieser kinetischen Energie prallten wir zusammen. Lachend hielten wir uns an den Händen und liefen zum Schwimmbecken, um Claudia an unserer Freude teilhaben zu lassen.
* * *
Leises Klopfen an meiner Tür unterbrach meinen Gedankenfluß. Ich blickte von dem Bild- schirm meines Computers auf. „Ja, bitte?“ Die Tür ging auf, und Frau Moll schaute herein. „Es ist Sonntag“, ermahnte sie mich freundlich. „Möchten Sie nicht mit auf die Terrasse kommen? Es ist ein so schönes Wetter draußen!“ „Gerne!“ freute ich mich, denn ich hatte durch das offene Fenster schon die Stimmen von Claudia und Bettina gehört, die sich im Garten aufhielten, doch leider außerhalb meines Sichtfel- des. Schnell speicherte ich meine Arbeit, dann schaltete ich den Laptop aus und folgte Frau Moll hinunter und auf die Terrasse. Und tatsächlich: dort saßen Bettina und Claudia auf Liegestühlen, beide mit ihren wunderschönen zweiteiligen Badeanzügen bekleidet, meinen Augen sehr viel Haut gönnend. Beide Mädchen begrüßten mich fröhlich, Bettina mit einem etwas intensiverem Blick als Claudia, und ich setzte mich schnell, um nicht zu zeigen, wie tief mir dieser Blick ging. Bettina schmunzelte kurz, schloß wieder die Augen und sonnte sich weiter. Ich liebte sie so sehr! Sie war so großzügig, so verzeihend, so rein und kindlich in ihrer ganzen Erscheinung, ich mußte mich buchstäblich an den Stuhl klammern, um nicht aufzustehen, zu ihr zu eilen und die Haut zwischen dem Stoff zu küssen. „Kommen Sie voran mit Ihrem Buch?“ fuhr Frau Molls Stimme in meine Gedanken wie die Peitsche auf das Fleisch. „Ja, doch“, sagte ich schnell und schaute sie an, doch sie machte nur Konversation, ohne mich anzusehen. Ihr Blick war nach innen gerichtet, wie ihre geschlossenen Augen mitteilten, und was immer sie dort sah, hatte sie veranlaßt, mit mir zu reden. „Die Gliederung steht.“ Betti- na schaute kurz zu mir herüber, grinste breit, dann schloß sie ihre wunderschönen Augen wieder. Was für ein kleiner Satan sie doch war! „Die Gliederung ist das wichtigste“, bestätigte Frau Moll mit Kennerstimme. „Ohne Gliede- rung kein Sinn.“ „Und ohne Glied kein Kind“, hörten wir leise. Schockiert öffnete Frau Moll die Augen, amü- siert ich, und fanden beide Mädchen mit vor Anstrengung, nicht zu lachen, verkniffenen Gesich- tern. „Wer hat das gesagt?“ tobte Frau Moll in gerechter, mittelalterlicher Empörung. Beide Kin- der drehten sich zu uns, beide schauten völlig unschuldig drein, wie nur Kinder es können, die gerade etwas furchtbar Gemeines ausgeheckt haben. „Ich warte!“ „Ich war’s nicht!“ - „Ich auch nicht!“ „Nun“, ereiferte Frau Moll sich. „Wenn es keine von euch war, muß ich es wohl gewesen sein, oder?“ Die Mädchen blickten eingeschüchtert zu Boden. „Wißt ihr“, sagte Frau Moll dann mit gefährlich leiser Stimme, und plötzlich brach ihre Vergangenheit durch, „daß ich euch manchmal zum Kot... Nein, ich sag’s nicht“, bremste sie sich, als sie sich bewußt wurde, daß ich mit am Tisch saß. „Ihr beide verschwindet sofort auf euer Zimmer.“ „Aber das ist ungerecht!“ regte Bettina sich auf. „Wieso werden wir beide bestraft, wenn...“ „RAUS!“ schrie Frau Moll nun regelrecht. Claudia und Bettina warfen ihr wütende Blicke zu, die jedoch an dieser Mauer von Selbstgerechtigkeit und Egoismus abprallten. „Wenn schon, dann muß es heißen: Rein!“, meinte Bettina giftig. „Weil, wir sind ja schon draußen.“ Mit einer Behendigkeit, die ich Frau Moll niemals zugetraut hätte, sprang sie auf. Bet- tina, die ihre Mutter schon sehr viel länger kannte als ich, kannte offenbar die Anzeichen. Flink hüpfte sie zur Seite, während Claudia, so schnell sie konnte, in das Haus rannte, dann schlug Bettina einen Haken und kam hinter meinem Stuhl zu einem sicheren und geschützten Stand. „Bettina Moll!“ tobte Frau Adelheid Moll mit vor Wut zitternder Stimme. „Laß dir nicht noch einmal einfallen, mich zu verbessern. Laß dir nicht noch einmal einfallen, dich meinen Befehlen zu widersetzen. Und laß dir bloß nicht einfallen, daß du nächste Woche irgend woanders bist als in deinem Zimmer! Und jetzt verschwinde, ich will dich für den Rest des Tages nicht mehr se- hen!“ Einen kurzen, glücklichen Moment lang spürte ich Bettinas Hand in meinem Rücken, die mich kurz streichelte, dann ging das arme Kind geknickt und gebrochen ins Haus, und mit ihr meine Lebensfreude, mein Vergnügen und mein Lachen. Ich machte noch einige Minuten höfliche Konversation, dann entschuldigte ich mich mit dem Hinweis auf einen spontanen Einfall. Gnädig entließ Ihre Majestät mich und setzte ihren maje- stätischen Körper wieder der Sonne aus, die ich anflehte, diese niederträchtige Ansammlung menschlicher Zellen zu verbrennen, doch leider fuhr kein Blitz auf sie herab, keine Spalte tat sich auf, sie zu verschlingen, und so ging auch ich geknickt und gebrochen hinein, die Treppe hoch, machte Halt und schaute auf die Tür, hinter der ich meine Liebe wußte, die nun bestimmt wieder auf ihrem Bett lag, im Bikini, die schlanken Beine lang ausgestreckt, der... „Pst!“ Ein leiser Laut erklang. Ich schaute mich um, doch da war niemand. Begann es jetzt? Waren dies die ersten Anzeichen? Und erneut: „Pssst!“ Ich sah nach oben und sah... „Bettina!“ Schnell, mit leichten, schwebenden Schritten eilte ich die Treppe hinauf. Dieses süße Kind hatte auf mich gewartet, vor meiner Tür! Und ich hatte nichts anderes zu tun als mit ihrer unwürdigen Mutter zu reden, während die Zeit uns beiden unerbittlich davonlief, Sekunde für Sekunde. Doch nun stand ich vor ihr, ihre schönen blaugrauen Augen strahlten mich an, und ich nahm sie in den Arm, mochte sie mich dafür hassen oder schlagen, doch sie haßte und schlug mich nicht, sondern umarmte mich ebenfalls. Ich senkte meinen Kopf, legte meine Wange auf ihre Haare und rieb sanft hin und her. „Bettina!“ murmelte ich. „Bettina!“ „So heiße ich“, kicherte sie leise. Sie sah zu mir auf. „Wollen wir abhauen?“ „Abhauen? Wohin?“ Ein Schrecken durchfuhr mich. Wohin sollten wir flüchten? Wo woh- nen? Sie mußte doch zur Schule, und... „In den Wald da hinten“, lächelte sie. „Da geh ich immer hin, wenn’s hier zu nervig wird. Kommen Sie mit?“ „Natürlich!“ Sie wollte nicht endgültig abhauen, sondern nur für heute flüchten! „Ich zieh mich schnell an, ja?“ „Okay.“ Sie folgte mir in mein Zimmer, drehte mir jedoch den Rücken zu, während ich aus meiner Badehose schlüpfte und mir Shorts und T-Shirt anzog und in meine Schuhe sprang. „Fertig!“ Bettina drehte sich um. „Jetzt ich“, sagte sie leise und bedeutete mir mit dem Finger, ihr zu folgen. Leise, wie zwei Einbrecher, schlichen wir durch das Haus, in dem wir wohnten, und in ihr Zimmer. Auch ich drehte mich um, als sie sich umzog; es war nur gerecht, auch wenn es wehtat. „Fertig“, hörte ich sie sagen. Ich drehte mich um und sah einen Engel in bauchfreiem T-Shirt, sehr kurzen Hosen und Sandalen. Meine Bewunderung floß in Strömen aus meinen Augen, und Bettina sonnte sich in diesem Blick. „Jetzt aber los“, meinte sie leise, ergriff meine Hand, öffnete leise die Tür und zog mich die Treppe hinunter. Auf der letzten Stufe lauschten wir angestrengt, doch es war nichts zu hören. Auf Zehenspitzen gingen wir zur Haustür, ich öffnete, Bettina schlüpfte hinaus, ich hinter ihr her, steckte meinen Schlüssel unendlich langsam in das Schloß, drehte ihn herum, zog die Tür zu, daß nicht der geringste Windhauch entstand, ließ den Schlüssel sich zurückdrehen und zog ihn ebenso vorsichtig heraus, wie ich ihn hineingesteckt hatte. Wir waren frei! Schnell gingen wir den Bürgersteig entlang, bogen in die Straße ein, wo der Bus hielt, der Claudia und Bettina jeden Morgen in die Schule brachte, folgten ihr ein kleines Stück, bogen links ab, und da begann er auch schon: der Wald, der Bettina vor ihrer Mutter beschützte. Schnell hatten die Bäume uns verschluckt, und wir gingen langsamer. Bettinas Hand fuhr in mei- ne. Ich drückte sie, zog sie an meine Lippen und küßte sie. Bettina lächelte scheu. „Verzeihung“, entschuldigte ich mich. „Das kam... Es war ein Impuls, ein starker Wunsch.“ „Fand ich schön“, sagte Bettina leise. „Sonst stecken die Jungs mir immer gleich ihre Zunge in den Mund.“ Sprachlos blickte ich sie an. „Was denn?“ fragte sie neugierig. „Du...“ Mir fehlten die Worte! Meine kleine, süße, unschuldige Bettina hatte schon geküßt? „Küssen Sie nicht mit Zunge?“ fragte dieses hübsche Mädchen mich nun auch noch. „Doch, aber... Entschuldige, aber ich dachte, du wärst noch etwas zu...“ „Zu jung?“ grinste sie. „Denkt Mutti auch. Bin ich aber nicht.“ Sie blickte mich, plötzlich schüchtern geworden, an. „Oder glauben Sie, ich hätte das sonst so toll gefunden, auf Ihrem Rücken zu schwimmen?“ Sie sah zu Boden. „Ein bißchen was weiß ich auch schon.“ Trotzig blickte sie mich wieder an. „Eigentlich sogar jede Menge.“ Entschlossen und grimmig sah sie nach vorne und überließ es mir, mit diesen Tatsachen fertig zu werden. „Was weißt du denn schon alles?“ fragte ein Teil von mir. „Einiges“, meinte sie hochmütig. „Ich kann mit Zunge küssen, ich kann es mit der Hand ma- chen, und...“ Sie schaute mich mit der ganzen Sicherheit ihrer dreizehn Jahre an. „Und ja, ich hab auch schon mal gefickt. Mehr als einmal sogar.“ Ein kräftiges Kopfnicken zerstörte mein Bild von diesem süßen, unschuldigen Wesen.
III
Bettinas Worte setzten mir mächtig zu. Vorbei waren die Bilder von Reinheit und Kindlich- keit, dahin, vernichtet von Worten, lagen in kleinen Scherben am Boden. Meine kleine Bettina hatte schon...? Dieses süße, kleine Mädchen wußte, was zwischen Mann und Frau war? Hatte es am eigenen Leib erfahren? Womöglich sogar genossen? Zu dem Schock kam nun auch noch Eifersucht, heiß brennende, höllisch schmerzende Eifer- sucht. Meine unschuldige kleine Bettina hatte schon unter einem Jungen gelegen? Sich ihm ge- öffnet? Ihn aufgenommen und ihn empfangen? Hatte seinen Namen gerufen im Moment der höchsten Erfüllung? Oder war sie vielleicht... Nein. Sie sagte: Mehr als einmal sogar. Das mußte mit ihrem Einverständnis geschehen sein. Mein Herz brach. Wie konnte sie nur? Wußte sie denn nicht, was ich für sie empfand? Daß ich sie liebte? Renate war mir nie, nie in all den Jahren, untreu gewesen, und Bettina betrog mich schon, bevor wir uns überhaupt kannten? „Wann?“ krächzte ich. „Und mit wem?“ Bettina sah mich nicht an, doch sie nahm meine Hand. „Letztes Jahr“, erzählte sie leise. „Auf ‘ner Klassenfahrt. Da war ein Junge, den fand ich so süß, schon vorher, und auf der ganzen Fahrt haben wir im Bus nebeneinander gesessen und nur geredet und so, und irgendwie hat’s bei uns dann gefunkt. Na ja, wir sind dann nachmittags raus, als wir unsere Klamotten eingeräumt haben, und haben uns in die Büsche geschlagen. Dann ha- ben wir uns so wild geküßt, daß ich richtig geil wurde, genau wie er, und dann waren wir plötz- lich ohne Hosen und er war in mir drin und das ging so schnell, daß ich es gar nicht richtig mit- bekommen habe, aber dann haben wir es gleich nochmal gemacht, und da hat’s mir auch Spaß gemacht, und von da an haben wir es eigentlich jeden Tag mehrmals gemacht. Und dann, am letzten Tag, als es wieder zurückgehen sollte nach Hause, da haben wir es nochmal gemacht, und als wir aus den Büschen rauskamen, hat die Lehrerin uns gesehen, aber keinen Ton gesagt, aber wir sind so rot geworden, daß alle gelacht haben, und irgendwie müssen seine Eltern es erfahren haben, denn kurz darauf ist er weggezogen, und seitdem hab ich auch nicht mehr gefickt.“ Mit einer so schnellen Bewegung, daß ich sie gar nicht sah, drehte Bettina sich in meinen Arm und umarmte mich und legte ihren heißen, roten Kopf an meine Brust. „Gestern, im Schwimmbad“, sagte sie leise, während ich noch verdaute, „da war das Gefühl wieder da, als ich gegen deinen Schwanz gestoßen bin. Ich war erst total von der Rolle, wie groß der ist, aber dann wurde ich total aufgeregt, als ich daran dachte, den in mir zu haben, und dann bin ich erschrocken, weil ich dachte, der reißt mich total auseinander und daß das tierisch weh tut, und dann hab ich mich doch etwas geschämt, weil wir kennen uns ja kaum, aber trotzdem war das schön, auf deinem Rücken zu liegen, dich zu spüren und ganz nah bei dir zu sein.“ Sie holte tief Luft nach dieser langen Rede und sah mich ängstlich an. „Magst du mich jetzt noch?“ Etwas in mir zerbrach. Ich preßte sie so stark an mich, daß sie beinahe zerbrach. „Mögen?“ schrie ich fast. „Bettina, ich liebe dich! Ich habe mich in dich verliebt, als ich dich das erste Mal gesehen habe! Und du erzählst mir hier in aller Seelenruhe, daß du es wer weiß wie lange mit einem Jungen getrieben hast? Mit zwölf Jahren???“ „Ja und?“ fragte sie ahnungslos. „Das machen doch viele! Mann, wir haben 1998! Glaubst du etwa auch, daß ein Mädchen erst mit 18 ficken darf?“ Wütend riß sie sich von mir los. „Sag bloß, du bist auch so ein altmodischer Scheißer wie meine Mutter. Wenn ich das geahnt hätte...“ Sie drehte sich um und rannte zurück nach Hause.
* * *
Beim Mittagessen sah Bettina mich nicht ein einziges Mal an. Claudia blickte verwirrt von ihr zu mir und wieder zu ihr, sogar die Mutter spürte die Spannung, doch Bettina gab nur unver- ständliche und knurrige Antworten auf ihre Fragen, so daß Frau Moll sie schließlich in Ruhe lies. Bettina spießte das letzte Stück Fleisch auf die Gabel, steckte es sich mit einer ärgerlichen Be- wegung in den Mund, ließ die Gabel fallen, warf mir einen wütenden und verletzten Blick zu, dann stand sie auf und ging die Treppe hinauf. „Ich werde mit ihr nicht mehr fertig“, sagte Frau Moll, als auch Claudia aufgestanden und auf ihr Zimmer gegangen war. „Mit Claudia?“ fragte ich ahnungslos. „Nein, mit Bettina.“ Zum ersten Mal öffnete Frau Moll sich. Sie schaute mich besorgt an. „Ihr Vater ist seit mehr als sechs Jahren tot“, sagte sie leise. „Die Mädchen brauchen eine väter- liche Hand, die sie leitet und führt, aber wie soll ich einen Mann finden, wenn sie sich so beneh- men? Bettina mit ihrer wilden, unverschämten Art, und Claudia mit diesen - diesen vulgären Ausdrücken!“ Sie beugte sich vor und legte - welche Anmaßung! - ihre feuchte Hand auf meine. „Da könnte ich ja gleich hergehen und einen wütenden Eber als zahmes Hausschwein anbieten!“ Sie zog ihre Hand wieder weg, zu meiner großen Erleichterung. Doch ich dachte nicht mehr dar- über nach, denn mir kam eine Idee... „Würde es vielleicht helfen“, begann ich vorsichtig, „wenn ich mal mit Bettina rede? Als die ältere ist sie ja gewissermaßen ein Vorbild für Claudia, und wenn sie sich ändert, dürfte Clau- dia...“ „Würden Sie das tun?“ unterbrach Frau Moll mich, vollkommen entgegen ihrer sonstigen höflichen Art. Es mußte ihr sehr am Herzen liegen. „Ach, Herr Geiß! Wenn Sie das tun könnten, wäre ich Ihnen sehr, sehr dankbar! Ich kam nicht umhin, zu bemerken, daß Bettina Sie mag, und das könnte von Vorteil sein.“ „Ich rede sofort mit ihr“, versicherte ich Frau Moll und stand auf, begleitet von vielen Dan- kesworten ihrerseits. Kurz darauf stand ich vor Bettinas Tür und klopfte leicht. „Was?“ kam aggressiv durch die Tür. Vorsichtig öffnete ich, die Möglichkeit eines harten Gegenstandes in Betracht ziehend, der sich sehr schnell aus Bettinas Hand zu meinem Kopf be- wegen könnte, doch es blieb friedlich. Nichts fuhr durch die Luft und veränderte sie, in der so viel von Bettinas Geruch lag. Bettina saß im langen T-Shirt auf ihrem Bett, auf den Knien ein großes Heft, und funkelte mich an. „Was willst du?“ „Mit dir reden“, sagte ich sanft. Vergessen waren meine bösen Gefühle für dieses liebe Mäd- chen, denn so, wie sie dasaß, hatte auch Renate dagesessen und mich angefunkelt. Warum, weiß ich heute nicht mehr, aber das Bild war noch da. Trotzdem liebte ich sie, nach wie vor, unverän- dert stark. „Und etwas erklären“, fügte ich hinzu. Bettina zuckte die Schultern und schaute wie- der auf ihr Heft. Ich ging langsam zu ihr, setzte mich vor ihr auf den Boden, neben ihre Beine, mit dem Rücken zu ihr und an ihr Bett gelehnt. Dann begann ich, von Renate zu erzählen, zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt, doch Bettina hatte ein Recht darauf, es zu erfahren, weil sie ja fast Renate war, und ich erzählte von der Zeit, als ich 15 war und sie 12, von dem gewalti- gen Gewitter, das meine kleine Renate aufweckte und sie voller Panik in mein Zimmer kommen und mit einem Satz in mein Bett springen ließ, von der innigen Umarmung, als ich sie tröstete, von dem Anschwellen meines Organs, das gar nicht wußte, warum Renate hier war, sondern nur wußte, daß sie hier war, und von Renates neugieriger Reaktion, von den ersten tastenden Versu- chen, das andere Geschlecht zu erforschen, und Bettina wurde neugierig und aufmerksam. Sie rutschte näher zu mir, schwang ein Bein über mich, nahm meinen Rücken zwischen ihre Beine, legte ihre Arme um meine Schultern und ihren Kopf auf meinen. Ich erzählte von dem ersten Mal zwischen Renate und mir, der ersten Nacht, als unsere Eltern mit dem Wagen liegenblieben und anriefen, daß sie erst am nächsten Tag nach Hause kommen würden, und wie oft wir es in dieser Nacht miteinander getrieben hatten. Ich erzählte wehmütig, wie oft Renate und ich uns im Rük- ken unserer Mutter geküßt hatten, den Nervenkitzel auskosteten, daß sie sich nur umzudrehen brauchte, um uns zu sehen, und wie wir mutiger und mutiger wurden, daß wir uns schon beim Frühstück, am Frühstückstisch selbst, an intimen Gegenden berührt hatten, wenn Mutter ihren Kaffee trank und Vater die Zeitung las, und meine Tränen begannen zu fließen. Ich erzählte von Petra, die mit 12 Jahren zu uns stieß, wie ich in sie stieß, von Renate geführt und begleitet, wie wir zu dritt in einem Bett lagen, wenn unsere Eltern im Theater oder im Kino oder in der Oper waren, und von den Küssen und den Ergüssen und schließlich, mit erstickter, brechender Stim- me, von dem Flugzeugunglück, und Bettina kam zu mir auf den Boden, nahm meinen Kopf in ihre Hände, und auch ihre Augen waren feucht vor Mitgefühl, und sie fing meinen Schmerz auf, meinen Kummer, meine Trauer, zog meinen nassen, heißen Kopf an ihre kleine Brust, streichelte mich, beruhigte mich, tröstete mich, und dann, als ich wieder klarer im Kopf war, küßte sie mich, erst sanft und tastend, dann immer leidenschaftlicher und wilder, und Renate und Petra winkten mir zu. Bettinas kleine, feste Zunge schob sich in meinen Mund, ihre Arme verengten die Umar- mung, sie setzte sich breitbeinig auf meinen Schoß, küßte mich, und ich küßte sie, und wir muß- ten sehr leise sein, denn ihre Mutter war ja unten und die Schwester gleich nebenan, trotzdem wurden wir wilder und wilder. Meine Hand stahl sich ihr Bein entlang, Bettina öffnete sich für mich, machte sich ganz weit, und meine unsicheren, tastenden Finger entdeckten, daß sie gar kein Höschen trug, tasteten weiter, fanden den Punkt, streichelten ihn, massierten ihn, und Betti- na stöhnte leise, erstickte Laute in meinen Mund, ihre Lippen drückten stärker und stärker auf meine, und stärker und stärker wühlte ich an ihr, dann in ihr, und plötzlich drang ein starker, hei- ßer Schwall Luft in meinen Mund, und sie klammerte sich an mich, als gälte es ihr Leben, mein Finger noch immer naß und aktiv in ihr, ihre Beine zitterten vor Leidenschaft, dann riß sie ihren Mund von meinem los, küßte mich unbeherrscht im ganzen Gesicht, ihre Zunge fuhr über meine Augen, über meine Lippen, über meine Wangen, sie hielt mit einer Hand meinen Nacken fest, küßte und leckte mich im ganzen Gesicht, mit der anderen Hand ging sie tief nach unten, packte aus, was sie so vermißt hatte, ging etwas zurück, wieder etwas vor, nahm mich auf, nahm mich mit all ihrer Leidenschaft und Lust auf, krallte ihre kleine, heiße Hand in meine Haare, preßte sich an mich, küßte meinen Hals, meine Wangen, meine Ohren, zog sich zurück, stieß wieder vor, härter und kräftiger jedesmal, drückte ihren Mund wieder auf meinen, stöhnte ihre Lust in mich wie ich meine in sie, wurde wilder und erregter mit jeder Sekunde, und ich hätte nie ge- dacht, daß ein Mann meiner Größe und ein Mädchen ihrer Enge so perfekt zusammenpaßten, doch es paßte, es paßte perfekt, und im perfekten Einklang körperlicher und seelischer Harmonie preßten wir uns aneinander, erschauerten beide gleich stark, fühlten, was wir uns zu geben hat- ten, spürten es fließen und aufnehmen, spürten es zurückfließen, um von einem neuen Schwall mitgerissen zu werden, und ihr Körper war so unglaublich heiß, so erregend heiß, ich küßte sie, leckte ihr schweißnasses Gesicht ab, biß sie beinahe aus purer, schierer Lust, zerwühlte ihre lan- gen, ihre wunderschönen, langen Haare, wickelte mich darin ein, während ich strömte und strömte, und Bettina seufzte leise, stöhnte leise, zitterte kräftig, so wie ich, ihre schlanken, per- fekten Beine schlangen sich um mich, meine Arme um sie, und ein letztes Mal erzitterten und erschauerten wir, dann blieben wir aneinander, aufeinander, ineinander und küßten uns, als gäbe es kein Morgen mehr, unsere Hände streichelten nacktes Fleisch, unsere Lippen schmeckten Speichel und Lust, unsere Augen trafen auf Liebe und Erregung, und mit einem letzten gemein- samen Seufzer legten wir unsere Wangen aneinander, umarmten uns zärtlich in Vollendung, ver- sicherten uns gegenseitig unsere Liebe, ohne zu reden, und verstanden einander.
* * *
Beim Abendessen war Bettina eine völlig andere, zur großen Überraschung ihrer Mutter. „Mutti?“ fragte sie höflich, so höflich, daß selbst Claudia aufsah, um zu sehen, was los war. „Hast du etwas dagegen, wenn ich Herrn Geiß frage, ob er mir bei den Hausaufgaben hilft?“ „Die solltest du ja eigentlich selbst machen“, wehrte ihre Mutter ab, doch in ihren Augen und ihrer Stimme lag Stolz auf ihre Tochter, die so plötzlich ein ‘wertvolles Mitglied der Gesell- schaft’ geworden war. „Das mache ich ja auch“, erwiderte Bettina ruhig. „Es geht nur darum, daß Herr Geiß mir be- stimmte Dinge erklärt, die ich nicht so ganz verstehe. Wie bei der Hausaufgabe in Deutsch, wo ich eine Zwei bekommen habe. Erst durch die Erklärungen von Herrn Geiß habe ich kapiert, was ich eigentlich tun soll.“ Claudia blickte ihre Schwester an, als käme diese soeben frisch vom Mars. Augen und Mund waren weit offen. „Dagegen habe ich natürlich nichts“, antwortete Frau Moll geschmeichelt. „Vielen Dank, Mutti.“ Bettina wandte sich zu mir, in ihren Augen stand ein fröhliches La- chen. „Herr Geiß, wären Sie so nett, mir ab und zu bei den Hausaufgaben zu helfen?“ Claudia schüttelte ungläubig den Kopf. ‘Ist das meine Schwester?’ fragten ihre Augen. Bettina warf ihr einen kurzen Blick zu, in dem eine ganze Geschichte lag. Claudia kniff die Augen etwas zusam- men, dann schaute sie wieder auf ihren Teller. „Selbstverständlich, Bettina“, beantwortete ich ihre Frage. „Du kannst jederzeit zu mir kom- men, wenn du eine Frage hast.“ „Danke, Herr Geiß, das ist sehr nett von Ihnen. Wirklich sehr nett!“ Mutter Moll platzte fast vor Stolz. Bettina sah sie wieder an. „Mutti, darf... ich wollte fragen: hast du etwas dagegen, wenn Herr Geiß dann zu mir, in mein Zimmer kommt? Sonst müßte ich nämlich alle paar Minu- ten aufstehen und ein neues Buch aus meinem Zimmer holen, und dann kann ich mich nicht so gut konzentrieren.“ „Aber sicher geht das, mein liebes Kind. Und da dich so perfekt zu benehmen weißt, möchte ich dir mein Entgegenkommen beweisen: dein Hausarrest ist aufgehoben“, sagte Frau Moll nun richtig zärtlich. Bettina dankte mit einem höflichen Kopfnicken und drehte sich wieder zu mir. „Herr Geiß“, begann sie, und ihre Augen funkelten und sprühten vor Freude und Spaß, „dürfte ich Sie bitten, nachher in mein Zimmer zu kommen? Ich habe da eine Aufgabe in Mathe, die ich nicht verstehe.“ „Ich werde kommen“, versprach ich ihr. Bettina bekam den Sinn des Satzes richtig mit; ihre Pupillen weiteten sich kurz, dann sah sie wieder auf ihr Essen.
„Jetzt erzähl“, forderte Claudia ihre Schwester auf, die mit uns auf dem Boden in Bettinas Zimmer saß. „Du hast Mutti ja sowas von verscheißert, und sie hat’s nicht mal gemerkt!“ „Mach ich“, grinste Bettina, „aber vorher holst du noch ein Schulheft und ein Buch rüber, falls sie spionieren kommt.“ „Bin schon weg!“ Claudia sprang auf und rannte in ihr Zimmer, wenige Sekunden später war sie mit einem dicken Atlas und einem dünnen Heft zurück. Beides ließ sie auf den Boden fallen und hockte sich wieder hin. „Jetzt red!“ Bettina sagte kein Wort, doch ihre Augen leuchteten auf. Sie nahm meine Hand, von ihrer Schwester aufmerksam beobachtet, führte sie an ihr Bein, höher und höher, dann schob sie meine Finger vor ihren Schritt. „Echt?“ fragte Claudia ungläubig, während ich gebannt zusah, was Bettina mit meiner Hand anstellte. „Geil!“ Dann legte Bettina meine Hand zurück, führte ihre mein Bein entlang, was Claudia riesengroße Augen verursachte, legte sie über meinen Penis und rieb leicht. „Mann!“ beschwerte Claudia sich. „Und ich hab davon nichts mitgekriegt!“ Bettina lächelte fein, dann deutete sie auf meinen Penis, danach auf ihre Scheide, schloß die Augen und legte den Kopf nach hinten. „So eine Scheiße!“ zischte Claudia leise. „Warum habt ihr mir nicht Bescheid gesagt? Ich wär so gern dabei gewesen!“ Verwirrt blickte ich Claudia an. Claudia grinste, deutete auf Betti- nas Mund, dann auf ihre Scheide, danach auf ihren Mund, zuletzt auf Bettinas Scheide, und ich verstand. Claudia nickte grinsend, deutete auf meinen Mund, dann auf ihre Scheide, und ein warmes Gefühl durchflutete mich. Ich nickte. Claudia strahlte. „Jetzt?“ „Ich weiß nicht, Claudia. Ich - ich muß mich erst dran gewöhnen.“ So vielversprechend die Aussichten auch waren, so verwirrend war es gleichzeitig für mich. Claudia und Bettina? Eine erfahrener als die andere, und beide miteinander? Ein gleißender Sonnenstrahl traf mich und ent- zündete meine Hoffnung zu einem lichterloh brennenden Großfeuer an Sicherheit. „Da gibt’s nicht viel zu gewöhnen“, grinste die 11jährige. Geschmeidig sprang sie auf meinen Schoß und küßte mich, von Bettina lächelnd beobachtet. Ihre Zunge schoß regelrecht in meinen Mund und erforschte ihn, dann zog sie meine Unterlippe zwischen ihre Zähne und knabberte daran, während ihr Unterleib sich an meinem Oberschenkel rieb. Plötzlich gab Bettina ihr einen Klaps auf den Rücken. „Mutti!“ zischte Bettina leise. Claudia erschrak heftig, sprang von meinem Bein, legte sich vor ihre Bücher und schlug sie hastig auf. Sekunden später öffnete sich die Tür, und Frau Moll schaute herein, auf ein Bild voller Unschuld: die Mädchen lagen auf dem Boden, in ihre Schul- bücher vertieft, ich saß in angemessener Entfernung vor ihnen und ließ meinen Blick wachsam über Bücher und Hefte gleiten. „Na, geht’s voran?“ fragte Frau Moll freundlich. „Oh ja!“ beeilte Bettina sich, zu sagen. „Herr Geiß kann sehr gut erklären, nicht wahr, Clau- dia?“ „Doch, das kann er“, sagte Claudia abwesend, scheinbar völlig in ihre Aufgabe vertieft. „Das freut mich.“ Frau Moll blickte die Mädchen kurz an. „Ihr solltet euch vielleicht etwas mehr überziehen, Kinder.“ „Es ist doch so warm hier im Zimmer“, sagte Bettina wohlerzogen und entschuldigend. Sie deutete nach draußen. „Die Sonne scheint doch ab mittags hier rein und heizt auf.“ „Na ja“, meinte Frau Moll mit einem warmen Lächeln. „Ich denke, es ist in Ordnung.“ Sie warf mir einen fragenden Blick zu, den ich mit einem beruhigenden Kopfnicken beantwortete. „Fein. Dann übt noch fleißig!“ Leise zog sie die Tür wieder zu. Drei Köpfe hoben sich, sechs Ohren lauschten den Schritten, die langsam die Treppe hinunter gingen, zwei Beine sprangen auf, ein Körper knallte gegen mich, zwei Lippen drückten sich auf meine. „Und wie wir üben werden“, grinste Bettina, die Claudia und mir zusah. „Tag und Nacht werden wir üben!“ Sie kam dazu, nahm eine Hand von mir und führte sie zwischen ihre Beine.
* * *
„Einen schönen guten Morgen, Mutti“, sagte Bettina wohlerzogen und setzte sich an den Frühstückstisch. „Einen schönen guten Morgen, mein Kind“, strahlte Frau Moll. „Wie hast du geschlafen?“ „Sehr gut, vielen Dank. Und du?“ „Auch sehr gut, danke.“ Frau Molls anerkennender Blick traf mich. „Morgen, zusammen!“ dröhnte Claudias fröhliche Stimme durch den Raum. Fröhlich kam sie hereingehüpft. „Guten Morgen, Mutti. Guten Morgen, Herr Geiß. Morgen, Bettina.“ Unter der dreifachen Erwiderung ihres Grußes setzte sie sich hin. „Hmm“, machte sie und roch am Kakao. „Der riecht ja ausnehmend gut!“ Frau Moll schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf und warf mir einen so liebevollen Blick zu, daß mir angst und bange wurde und ich meine Freiheit schon in den Ketten der Ehe verschwinden sah. Natürlich hatten wir drei gestern abend noch zusammen geredet, doch erst jetzt, als das Ergebnis unserer Unterhaltung so offensichtlich war, wurde mir klar, daß wir viel zu dick auftrugen. „Reichst du mir bitte die Milch, Claudia?“ - „Bitte sehr, Bettina.“ - „Danke, Claudia.“ Das mußte doch ein Blinder merken, was für ein Spiel wir hier spielten! Doch Frau Moll war stockblind. Sie strahlte vor Stolz über ihre zwei wohlerzogenen Mäd- chen, und das gemeinsame Frühstück verging ohne die geringste Andeutung eines Streites. Dann, als die Mädchen aus dem Haus waren, bat Frau Moll mich zu einem Gespräch. „Wie haben Sie das bloß geschafft?“ fragte sie mich ungläubig. „Ich rede und predige seit Jahren, und Sie schaffen das praktisch über Nacht!“ „Ach“, sagte ich leichthin. „Ich habe mal für ein Jugendbuch recherchiert und dabei mit sehr vielen Kindern im Alter Ihrer beiden Töchter gesprochen. So unterschiedlich sie auch waren, in einem Punkt waren sich alle einig: Strenge erzeugt Widerstand.“ Frau Moll hörte mir interessiert zu. „Also habe ich Claudia und Bettina erklärt, wenn sie Ruhe und Frieden haben wollen, müß- ten sie den ersten Schritt tun und auf Sie zugehen. Anscheinend haben sie verstanden, was ich gesagt habe.“ „Das ist kaum zu glauben“, sagte Frau Moll überwältigt. „Herr Geiß, ich kann nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin. Und ich denke, wenn ich ehrlich zu mir bin, daß ein Teil des Ärgers auch durch mich entstanden ist. Darüber muß ich jetzt etwas nachdenken.“ Die Audienz war be- endet; ich konnte mich wieder um mein Buch kümmern.
Montage haben etwas Deprimierendes an sich. Die Freuden des Wochenendes sind vorbei, Erinnerung nur noch, eine neue Woche macht sich bereit, Bettina und Claudia täglich mehrere Stunden von mir fernzuhalten. Sie waren erst zehn Minuten aus dem Haus, doch ich vermißte sie schon. Seufzend schaltete ich meinen Laptop an und gleich wieder aus, da ich wußte, daß ich keinen klaren Gedanken fassen konnte, nicht nach dem gestrigen Tag. Die erste, unvorstellbar schöne Vereinigung mit Bettina. Die Küsse mit Claudia. Das Streicheln von Bettina und Claudia. Heiße, gierige Körper unter meinen Händen, heiße, gierige Hände auf meinem Körper. Zu frisch war die Erinnerung, als daß ich sie hätte verdrängen können, doch genau das wollte ich ja nicht. Ich wollte sie auskosten, mich jede Sekunde lang daran erinnern, an jeden einzelnen Laut, an je- des einzelne Geräusch, an jedes einzelne Wort, an jede einzelne Bewegung. Ich wollte mich an den Geruch von Bettina und Claudia erinnern, an den Geschmack ihrer Münder, ihres Schwei- ßes, an die Wärme und Struktur ihrer Haut, an Bettinas wundervolle Brüste, die so klein und doch so erregend auf ihrem Oberkörper wuchsen, an Claudias flache Brust, die noch nichts von dem zeigte, was einmal da sein würde, an die Haut ihrer Popos, wenn meine Hände darüber glit- ten und sie streichelte. Mutlos ging ich ans Fenster und sah hinaus. Warum mußten sie fort von mir? Was konnte die Schule ihnen geben, was ich ihnen nicht geben konnte? Lernten sie in der Schule etwa Liebe? Zärtlichkeit? Vertrauen? Zuneigung? Nein, oh nein! Nichts von alledem. Sie lernten trockene Dinge, Wissen pur, ohne Zusammenhang mit ihrem Leben. Meine beiden hübschen Mädchen trockneten dort aus, während ich ihnen das sprudelnde, schäumende Leben geben konnte. Doch welche Möglichkeiten hatte ich, die Mädchen jede einzelne Sekunde des Tages bei mir zu ha- ben? Es wurde mir zu eng in dem Zimmer. Ich schlüpfte in meine Schuhe, eilte leise aus dem Haus und wanderte ziellos durch die Straßen, in Gedanken mit Bettina und Claudia an meinen Händen, ihr Lachen in meinen Ohren, ihr Bild vor meinen Augen. Renate, Petra, bitte verzeiht mir, daß ich so schnell nach euch wieder liebe, doch indem ich diese Mädchen liebe, die euch wie Zwil- lingsschwestern sind, liebe ich euch weiter! Weiter und weiter ging ich, bis meine Füße plötzlich stehenblieben. Verwirrt sah ich mich um. Ich stand vor einer Schule. Mein Herz fing an, zu rasen. War dies die Schule, auf die Bettina und Claudia gingen? Saßen meine beiden Lieblinge jetzt irgendwo hinter einem dieser vielen Fenster und lauschten einer öden Stimme, die ihnen etwas von Bodenschätzen in einem völlig unwichtigen Land eines weit entfernten Kontinentes erzählte? Oder mußten sie die Qual der endlosen Folge von längst vergangenen und vergessenen Zeiten über sich ergehen lassen und Daten auswendig lernen, die sie nie, niemals wieder brauchen würden? Oder lernten sie gerade Wörter einer toten Sprache? Etwas in mir schrie gequält auf. Meine Mädchen sollten leben! Sie sollten lachen! Spielen! Freude haben! Und nicht tote Dinge lernen! Was war das für eine Gesell- schaft, die kleine, wundervolle Mädchen zwang, so abzustumpfen, anstatt ihre Fähigkeiten aus- zuleben? Was sollten sie mit all dem Wissen anfangen? Wieviel davon konnten sie jemals an- wenden? Sinnvoll anwenden? Sollten sie Hyperbeln auf Mauern sprühen? Sollten sie Aufsätze ins Wasser schreiben? Sollten sie tote Wörter aus lebendigen Mündern fließen lassen? Ich haßte diese Fenster, diese sinnlose Anhäufung von sterilen Sitzbänken, gerade mal gut genug, den menschlichen Körper stundenlang zu foltern und zu quälen. Ich haßte die Lehrer, die meine Mädchen mit Dingen vollschütteten, die sie niemals brauchen würden, ich haßte diese Stadt, dieses Land, das ihnen aufzwang, von mir getrennt zu sein, wo sie doch bei mir sein woll- ten, ihre jungen Körper mit mir teilen wollten, die Ekstase mit mir teilen wollten, doch alles, was wir von diesem Land bekamen, war Trennung. Schmerz. Einsamkeit. Depression. „Peter? Was machst du denn hier?“ Ich erschrak und schaute auf. Über mir stand Bettina, die mich mit großen, fragenden Augen ansah. „Ich - ich weiß nicht“, antwortete ich verwirrt. „Ich glaube, ich bin spazierengegangen, und irgendwie hier gelandet. Hast du gerade Pause?“ „Ja.“ Bettina musterte mich merkwürdig. „Alles in Ordnung?“ „Ja, danke. Und bei dir?“ „Auch.“ Wieder dieser merkwürdige Blick. „Fahr nach Hause“, sagte sie dann zärtlich. „Ich komm ja bald. Und Claudia auch.“ „Du bist lieb“, sagte ich schlicht und ging gehorsam zur Bushaltestelle.
„Mahlzeit!“ Ein vierfacher Gruß, ein vierfaches Stühlerücken, ein vierfaches Aufnehmen von Besteck, ein vierfaches Klirren von Metall auf Porzellan, ein schneller, verstohlener Blick, ein ebensolcher zurück, addiert um ein Versprechen, ein schneller, verstohlener Blick in eine etwas andere Richtung, auch aus dieser ein schneller, verstohlener Blick mit dem gleichen Versprechen zurück, ein letzter verstohlener Blick: nein, sie hat nichts mitbekommen. „Mutti?“ „Ja, Bettina?“ „Hast du heute wieder deine Versammlung?“ „Natürlich, Kind, wie jeden Montag.“ Versammlung? Montag? Sollte dieser Tag noch eine Überraschung in der Hinterhand versteckt halten? „Um halb drei bin ich weg, gegen acht wieder zurück. Ach, Herr Geiß?“ War ich gemeint? Ich blickte auf und begegnete zwei Augen. Nicht Bettina, nicht Claudia. Aber ich kannte sie... Frau Moll! Richtig! „Ja, Frau Moll?“ „Wären sie so freundlich, ein Auge auf die Kinder zu haben? Ich bin Montags immer außer Haus.“ „Aber natürlich. Wenn es den Mädchen nichts ausmacht...“ „Nö!“ - „Geht schon klar!“ Geheimnisse müssen Geheimnisse bleiben, nicht wahr? „Fein“, freute die Frau sich. Ich freute mich auch, aber nicht, weil sie sich freute, sondern weil meine beiden Mädchen sich freuten. Freuten sie sich auch, weil ich mich freute? Ein ver- stohlener schneller Blick in zwei Richtungen: Ja. Sie freuten sich, weil ich mich freute. War das Leben nicht eine Freude? Eine Stunde später war Frau Moll außer Haus, und Renate und Petra und ich hatten endlich Zeit und Raum. Die beiden Mädchen kamen in mein Zimmer, zuerst Claudia und Petra, dann Bettina und Renate. Petra und Renate bemerkten, lieb wie sie waren, daß das Zimmer zu voll war, und versprachen mir, bald wiederzukommen. Waren sie nicht schrecklich lieb? Gott, wie ich sie liebte! Ich sah Renate hinterher, die sich umdrehte und mir eine Kußhand zuwarf. „Hey! Pennst du?“ Ich zuckte zusammen und richtete meinen Blick auf Claudia, die schon mit einem Bein aus ihrer Hose heraus war. Sie blickte mich fragend an. „Was ist? Willst du nicht?“ „Was ist heute mit dir?“ fragte Bettina besorgt und kam zu mir. Sie legte ihre Arme auf meine Schultern und blickte mich besorgt an. „Irgendwas hast du doch, das spür ich!“ „Es ist nichts“, versicherte ich meinem Liebling. „Schau, Bettina, wenn du ein spannendes Buch liest, was passiert dann mit dir?“ „Was schon? Ich bin völlig weg!“ „Genau, mein Engel. Und was glaubst du, passiert mit dem Menschen, der das Buch ge- schrieben hat?“ Sie blickte mich eine Weile an, dann zog Verstehen durch ihre Augen. „Kapiere!“ grinste sie. „Du meinst, daß du so doll nachdenkst, daß du auch völlig weg bist?“ „Ganz genau!“ Ich drückte Bettina herzlich an mich. „Das passiert mir häufig, wenn ich spa- zierengehe und nachdenke, Liebchen. Ich bin total weg, mitten in dem Buch, was ich schreibe, und denke über alle möglichen neuen Wege nach.“ „Und dann verläufst du dich auch, wie heute morgen?“ fragte sie. Sie war sichtlich erleich- tert, nur warum? Warum hatte sie sich überhaupt Sorgen gemacht? „Ganz genau. Ich bin auch in Kassel oft mit dem Taxi nach Hause gekommen, weil ich ir- gendwo gelandet bin, wo ich noch nie vorher war.“ Ich lächelte schief. „Jedes Genie hat auch Schattenseiten.“ „Seid ihr jetzt bald fertig mit Reden?“ schimpfte Claudia, die völlig nackt auf dem Bett saß. „Sonst geh ich runter und mach den Fernseher an!“ „So ungeduldig?“ grinste ich Claudia an. Schnell ging ich auf die Knie, zwischen ihre Beine, drückte ihren Oberkörper nach hinten und versenkte mein Gesicht in die lustvolle Enge ihrer Oberschenkel. Claudia stellte sofort ihr Schimpfen ein und seufzte auf. Wie gestern schon traf mich der Geschmack ihrer Jugend unvorbereitet: es war, als ob sich Nektar und Ambrosia in ihr zu einer neuen, noch köstlicheren Mischung vereint hätten. Meine Geschmacksnerven jubilierten, als ihre Feuchtigkeit auf mich überging, meine Hände legten sich an ihre wundervoll schmalen, kindlichen Hüften, und Petra hob ihren Kopf und schaute mich verliebt an, so wie ich sie verliebt ansah, dann senkte sie wieder ihren Kopf, stöhnte und seufzte im Rhythmus meiner Anstrengun- gen, doch es war überhaupt nicht anstrengend, es war vielmehr eine reine Freude, ein pures Glück, endlich, nach so langer Zeit, wieder mit Renate und Petra vereint zu sein, und mir war, als hätte es die letzten Jahre ohne sie überhaupt nicht gegeben. Petra seufzte und stöhnte stärker und stärker, und nun kam auch noch Renate dazu, meine einzige, über alles geliebte Renate, umarmte mich von hinten, ihre Hände trafen sich über meinem Glied, nahmen es zärtlich auf, massierten, kneteten und drückten es, rieben es sanft hin und her, Petra wurde laut und sehr naß, und ich drückte meinen Mund auf diesen Quell des Lebens, schlürfte den Jungbrunnen aus, verjüngte mich mit jedem Schluck dieses göttlichen Wassers, kam näher und näher zu meiner geliebten kleinen Petra, die mich sehnsuchtsvoll anblickte, und oh! wie gut kannte ich diesen Blick! Sie wollte mich, mich in ihr, in ihr haben, meine ganze Länge, meine ganze Kraft in ihr haben, und glücklich stand ich auf, beugte mich über sie, küßte ihre flache Brust, ihren Hals, ihr Kinn, ihre Wangen und ihren Mund. „Geh rein!“ sagte sie, ohne daß ihr Mund sich bewegte. Wie perfekt wir uns doch verstan- den! Taumelnd, stolpernd drückte ich mich in sie, und sie wich mir aus, wie verspielt sie doch sein konnte, meine kleine Petra, und plötzlich war Renate vor mir und schaute mich böse an, aber was hatte ich ihr getan? Warum schlug sie mich? Und Petra! Was war mit Petra? Warum weinte sie? Ich blinzelte mehrmals, dann hockte ich mich schnell neben Claudia und nahm sie in den Arm. „Claudia, mein Engel, was ist los?“ „Das fragst du noch?“ schrie Bettina fast. „Du Scheißkerl hast sie beinahe vergewaltigt! Wenn ich dich nicht weggezogen hätte...“ „Was habe ich?“ Ich sah Bettina fassungslos an und streichelte der armen Claudia über die Haare. „Bettina, ich liebe euch! Ich könnte euch nie etwas tun! Das wißt ihr doch!“ „Trotzdem hast - hast du - deinen - deinen Schwanz in - in mich gesteckt“, schluchzte Clau- dia. „Und das hat - das hat wehgetan!“ Ihr Gesicht verzog sich, die Tränen kullerten aus ihren Augen. Was hatte ich getan! Hatte ich es getan? Doch, ich hatte es getan. Claudia weinte bitterlich, und warum sollte sie das tun, wenn ich ihr nicht wehgetan hatte? „Claudia, es - es tut mir leid. Schrecklich leid.“ Ich drückte das Mädchen an mich. Sie wehrte sich nicht, reagierte aber auch nicht. Bettina sah mich lange an, dann kniete sie sich vor mich und legte ihre Arme auf meine Beine. „Peter“, sagte sie leise, aber sehr eindringlich. „Hör mir jetzt bitte gut zu: Renate ist tot. Petra ist tot. Verstehst du? Sie sind beide tot! Tot!“ „Natürlich sind sie das, Bettina“, sagte ich verwundert. „Seit über 12 Jahren schon. Wie kommst du ausgerechnet jetzt darauf?“ „Na, weil... Weil ich glaube, daß du eben an Petra gedacht hast. Kann das sein?“ Ihr Blick durchbohrte mich. „Was?“ lachte ich. „Bettina, das ist doch -“ Und es durchfuhr mich wie ein spitzes, heißes Schwert. Bettina hatte recht! Ich hatte unverzeihlicherweise an Petra gedacht, als Claudia offen und vertrauensvoll vor mir lag. Natürlich! Petra und ich haben so oft miteinander geschlafen, daß ich ihr schon gar nicht mehr wehtun konnte, wenn ich in sie ging, aber bei Claudia... „Claudia“, sagte ich mit brüchiger Stimme, „ich...“ Ich konnte nicht mehr weiterreden. Betti- na nahm mich in den Arm und fing meine Tränen mit ihren herrlich langen, schwarzen Haaren auf. „Ist schon gut“, murmelte sie. „Alles wird gut, Peter. Alles wird gut.“ „Ich weiß, Renate“, flüsterte ich dankbar. „Ich bin Bettina!“ hörte ich Renate mit einem leisen Lachen sagen. „Du Blödmann!“ Ja, Renate. Alles, was du sagst. Du bist bei mir, wen interessieren da noch Namen?
„Jetzt ist wieder alles gut“, lächelte Bettina, als ich ihr Zimmer betrat, und sogar Claudia war wieder gut mit mir. Das kleine Mädchen kam sogar auf meinen Schoß und lächelte mich an! „Tut mir leid, daß ich geweint habe“, sagte sie leise und küßte mich auf die Wange. „Claudia!“ sagte ich bewegt und küßte sie auf den herrlichen Mund. „Claudia, mein Liebling, mein Engel, nicht du mußt dich entschuldigen. Ich muß es tun! Ich habe dir wehgetan, und das kann ich mir nie verzeihen!“ „Schon okay“, lächelte sie schief. „Ich meine, ich wollte ja sowieso irgendwann mal deinen Schwanz in mir haben, aber... das ging einfach so schnell, und ich wußte erst gar nicht, was du da machst, aber als du mein Häutchen zerrissen hast...“ Sie zuckte die Schultern. „Es tut mir so leid, mein Goldkind“, sagte ich mit zitternder Stimme. Ihr Schmerz war mein Schmerz, und sollte ich ihr noch einmal wehtun, absichtlich oder unabsichtlich, wollte ich frei- willig auf meine beiden Mädchen verzichten. „Du hast es ja nicht bös gemeint“, verzieh Claudia mir großzügig. „Bettina hat mir erzählt, was mit deinen Schwestern war. Das tut mir sehr leid.“ Sie gab mir einen sanften Kuß. „Danke, mein Liebchen. Ist jetzt wieder alles gut zwischen uns?“ „Fast“, meinte Bettina bestimmt. „Wie heißen wir?“ „Du bist Bettina, und du bist Claudia“, sagte ich verblüfft. Bettina nickte. „Genau. Und so bleibt es auch, kapiert? Ich meine, ich finde den Namen Bettina nicht gerade super, aber Renate klingt auch nicht so toll. Wenn du mit mir redest, nennst du mich Bettina. Klar? Und wenn du mit Claudia redest, nennst du sie Claudia. Auch klar?“ „Natürlich, Bettina!“ rief ich überrascht. „Das tue ich doch!“ „Nein, das tust du nicht!“ widersprach sie energisch. Sah sie himmlisch aus mit dieser wü- tenden Miene! So lebendig! „Du hast mich vorhin Renate genannt.“ „Hab ich das?“ fragte ich erschrocken. Bettina nickte grimmig. „Hast du. Und zu Claudia hast du Petra gesagt, als du... dich in sie gebohrt hast.“ „Aha.“ Nachdenklich sah ich zu Boden. Warum sollte ich so etwas Verrücktes tun? Renate und Petra waren doch tot! Wieso sollte ich zwei springlebendige Mädchen mit den Namen von Toten rufen? Schweigend sahen mir die Mädchen beim Überlegen zu. „Paßt auf, Kinder“, sagte ich nach einer langen Pause. „Ich werde euch jetzt etwas erklären, aber ich erkläre es eigentlich nicht euch, sondern mir. Klar? Hört einfach zu, unterbrecht mich nicht, und wenn ihr nicht kapiert, was ich sage, macht es auch nichts. Wichtig ist, daß ich mir etwas klarmache. Okay?“ Ich schaute die beiden hübschen Kinder an. Beide nickten langsam. „Gut... Also: ich habe euch beide mit den Namen meiner Schwestern genannt. Aber die sind ja tot. Also kann ich euch nicht so genannt haben. Aber wenn ich es doch getan habe, bin ich verrückt. Nicht gefährlich verrückt, sondern nur leicht verrückt. Eben nicht mehr normal. Gut. Nicht gut, aber gut. Schau mich nicht so an, Bettina, sonst muß ich lachen. Gib mir einen Kuß, ja? Danke, der war lecker. Weiter im Text. Gehen wir mal davon aus, daß ich verrückt bin. Was dann? Bettina, wann habe ich dich Renate genannt?“ „Na, vorhin, als du irgendwie voll drin warst. Und genau da hast du Claudia auch Petra ge- nannt.“ „Aha. Das erklärt vieles. Eigentlich nichts. Trotzdem. Wie gesagt, hört einfach zu und unter- brecht mich nicht.“ „Ich werd mich hüten!“ lachte Bettina. „Nachher beißt du mich noch, weil du denkst, ich bin ein Schnitzel!“ „Eher ein leckerer Schinken. Komm mal mit deinem Po zu mir!“ „NEIN!“ Bettina drehte sich lachend weg. „Hör den Scheiß auf und denk nach!“ „Gut. Ich habe euch mit anderen Namen genannt, als ich mittendrin war in meinem Gefühl. Hmm... Möglich ist es. Doch. Nicht nur möglich, sondern fast sogar wahrscheinlich. Bettina, glaubst du, daß ich Renate und Petra so sehr vermisse?“ „Ganz bestimmt“, antwortete Bettina mit sanfter Stimme. „Peter, du hast sie geliebt, und dann sind sie gestorben. Einfach so. Klar vermißt du sie!“ „Danke, mein Engel, du hilfst mir wirklich sehr gut. Hast du ein Taschentuch? Danke. Ich vermisse sie wirklich, wißt ihr das, Kinder? Ich hab sie doch so geliebt!“ „Nicht weinen“, sagte Bettina schnell und umarmte mich. Auch Claudia schlang ihre Arme um mich und küßte und streichelte und tröstete mich. „Ihr seid so gut zu mir“, schluchzte ich. Es war mir so peinlich! „Schon gut. Wie heiße ich?“ „Renate natürlich!“ Verwirrt blickte ich meine Schwester an. „Nein!“ Sie gab mir eine leichte Ohrfeige. „Ich bin Bettina!“ „Und wer bin ich?“ Ich sah zur Seite. „Du bist Claudia.“ „Mist! Ich hätte ihm auch gerne eine gescheuert.“ „Kommt bestimmt noch. Wer bin ich?“ „Du bist Bettina! Was macht ihr hier für Spielchen mit mir?“ „Weißt du noch, daß ich dir gerade eine geknallt habe?“ „Ja, aber warum hast du das getan?“ „Weil du mich Renate genannt hast.“ „Habe ich?“ „Ja!“ Bettina sah mich ernst an. „Peter, du nennst mich Renate, wenn du voll in deiner Erin- nerung steckst. Kapierst du? Wenn du mich fickst oder total traurig bist, wie gerade eben, dann rutschen dir die anderen Namen raus.“ Sie schaute mich nachdenklich an. „Sag mal, Peter, wie haben deine Schwestern eigentlich ausgesehen?“ „Ganz genau wir ihr zwei, Bettina, und das ist kein Witz.“ Ich nahm ihre Hände in meine. „Bettina, geh bitte in mein Zimmer, ja? Im Schrank findest du eine kleine braune Schachtel. Holst du mir die, bitte?“ „Klar.“ Sie lächelte mich an und lief hinaus. Wenig später kam sie mit der Schachtel zurück und gab sie mir. Ich öffnete die kleine Kiste und suchte etwas, dann hatte ich es. „Hier.“ Ich zeigte den Mädchen ein Foto meiner Schwestern. „Das sind ja wir!“ rief Claudia verblüfft aus. „Tatsache!“ meinte Bettina nicht minder erstaunt. „Nur die Haare sind eine Idee kürzer, aber sonst...“ Fassungslos starrten die Mädchen auf das Foto. „Schau dir das an, Claudia: die Haare von Petra sind genauso gelockt wie deine, und hier: Renate hat auch den Scheitel etwas von der Mitte weg, wie ich! Das ist ja direkt unheimlich!“ Sie reichte Claudia das Foto und schüttelte sich leicht. „Abartig!“ staunte Claudia. „Jetzt ist mir klar, warum du mich ficken wolltest. Du hast wohl echt geglaubt, daß ich Petra bin, oder?“ „Es ist möglich, Claudia. Vielleicht. Bettina, du hast vielleicht sogar recht: daß ich in der Ek- stase an meine Schwestern denke, weil ihr ihnen so ähnlich seid. Und euch deshalb mit den ande- ren Namen beehre.“ „Dann bist du aber nicht verrückt“, sagte Bettina überzeugt. „Mensch, Peter, du hast... wie lange? vier Jahre mit der einen und zwei Jahre mit der anderen Schwester rumgemacht, warst total vernarrt in sie beide, und du bist noch nicht mal ‘ne Woche hier, und wir sehen genau so aus wie sie! Kein Wunder, daß du mitten beim Ficken an sie denkst.“ Sie zwinkerte Claudia zu. „Na, Schwesterchen, was meinst du? Sollen wir ihm mal gründlich beibringen, wie wir heißen?“ „Weiß nicht“, meinte Claudia unsicher. „Wieso?“ fragte Bettina erstaunt. „Claudia, du...“ „Bettina, warte“, unterbrach ich sie. „Jetzt überleg du mal bitte. Ich habe, wie du selbst ge- sagt hast, Claudia vorhin beinahe vergewaltigt. Auch wenn ich in dem Moment geglaubt habe, daß Petra da vor mir liegt, war es doch Claudia, und ich habe Claudia wehgetan. Meinst du, daß sie nach diesem Erlebnis noch Lust hat, mitzuspielen?“ „Ich hab wirklich etwas Angst“, gestand die 11jährige mit Furcht in ihren schönen braunen Augen. „Klar“, überlegte Bettina laut. „Aber da weiß ich was: Claudi, was hältst du davon, wenn er erst mich fickt, so richtig gründlich, ja, und er dich dann ableckt. Direkt danach kann er ja nicht nochmal. Kapierste?“ Claudia zuckte die Schultern. Ich fällte eine Entscheidung. „Paßt auf, Mädchen. Wir haben so viel erlebt und geredet heute, daß es reicht, wie ich finde. Wir gehen jetzt alle zusammen raus und stürmen die nächste Eisdiele. Wer macht mit?“ „Ich!“ Zweifache Antwort, zwei Mädchen sprangen auf wie eins, und Claudia strahlte end- lich wieder.
IV
Es war ein schöner, warmer Tag Mitte Mai, es war gerade mal fünf Uhr nachmittags, und die Eisdiele war brechend voll. Wir mußten etwas mehr als zehn Minuten warten, bis ein Tisch frei wurde, und als eine Gruppe Jugendlicher aufstand, stürmte Claudia durch die Menge wie ein Schneepflug durch Pulverschnee, zerteilte die Menge und nahm den Tisch in Beschlag. Die laut- starken Proteste bog sie schnell ab. „Ich warte schon ‘ne halbe Stunde“, blaffte sie die Menge an. „Ich war nur gerade auf dem Klo!“ Sie winkte uns zu, und als Bettina und ich uns an den Tisch setzten, gab die Menge auf. Der Bedienung war es egal; Hauptsache, wir bestellten und bezahlten. Claudia wählte ein Vanilleeis mit Erdbeeren, Bettina wollte ein Spaghettieis, und ich wollte ein halbes Spaghettieis und ein halbes Vanilleeis mit Erdbeeren, doch die Bedienung verwies ohne ein Wort auf die Karte, und so wählte ich etwas vollkommen anderes, tief enttäuscht über diese mangelnde Bereitschaft, einem Kunden seine Wünsche zu erfüllen. Nicht nur, daß ich nicht bekam, was ich wollte, nein! Der perfekte Symbolismus, den meine Bestellung ausgedrückt hät- te, entging dieser Kuh vom Lande völlig. Was interessierte sie meine Liebe zu den Mädchen? Die Liebe der Mädchen zu mir? Sie war nur daran interessiert, uns so schnell wie möglich abzu- fertigen und sich dem nächsten Kunden zuzuwenden, doch wo blieb die Menschlichkeit? Warum war es nicht möglich, auf die Wünsche eines Kunden einzugehen? Wo lag das Problem, eine die- ser furchtbaren Schalen aus braunem Porzellan zur Hälfte mit diesem und zur Hälfte mit jenem zu füllen? War die Menschheit wirklich so unflexibel geworden? Reichte der Blick in Augen nicht mehr aus, um zu erkennen, daß wir alle Menschen waren? Mit richtigen, echten Gefühlen? Wo... „Peter, wer bin ich?“ Verwirrt sah ich auf. „Du bist Ren... Bettina.“ „Woran hast du gerade gedacht? Ganz ehrlich?“ Ihre Augen bohrten sich in meine. „Ich war traurig“, gestand ich leise. „Weil ich so gerne das gleiche haben wollte wie ihr, und diese dumme Tussi das einfach abgelehnt hat.“ „Du bist lieb“, sagte Bettina mit warmer Stimme. „Du darfst aber von mir naschen.“ Ich schaute sie grinsend an. Bettina schaute verwundert zurück, dann wurde sie rot. „Von meinem Eis!“ lachte sie leise. „Mensch, schau mich nicht so an, sonst kann ich mich nicht mehr beherr- schen!“ Trotz der Menschenmenge legte sie ihre Hand auf den Tisch, direkt vor mich hin. Ich legte meine auf ihre und drückte sie leicht. „Peter, sie hat das bestimmt nicht böse gemeint“, sagte Bettina leise. „Guck dir doch mal an, wie voll es hier ist. Sie hat einfach keine Zeit dafür.“ Sie beugte sich vor. „Außerdem haben wir drei uns doch auch so lieb, ohne das wir alle das glei- che essen müssen, oder?“ „Bettina, ich liebe dich!“ Ein so starkes Gefühl überschwemmte mich, daß meine Augen feucht wurden. „Mädchen, du ahnst gar nicht, wieviel du mir bedeutest.“ Ich sah Claudia an, die uns neugierig anstarrte. „Genau wie du, mein Kleines.“ Claudia lächelte verlegen und schaute wieder auf die Karte. Wie sehr mußte ich sie verletzt haben, daß sie so still und zurückgezogen war. „Peter, versprichst du mir etwas?“ „Was denn, Bettina?“ „Daß du selbst auf dich aufpaßt. Ich meine, daß du ein bißchen auf dich achtest, also was du denkst, und daß du nicht immer so traurig wirst, wenn du was denkst. Ja?“ Ihre wunderschönen blaugrauen Augen blickten mich besorgt an. So wichtig war ich ihr? So viel bedeutete ich ihr? „Versprichst du mir das?“ „Ich verspreche dir, es zu versuchen, Bettina.“ Ich streichelte zärtlich ihren Handrücken. „Aber wenn das so ist, wie du sagst, dann... dann wird es schwierig. Anscheinend denke ich über etwas nach, werde traurig oder verliere mich in Erinnerungen, und irgendwann schieben sich die Namen von Renate und Petra in meinen Kopf, aber das bekomme ich in dem Moment bestimmt nicht mit, sonst würde ich es ja bemerken. Verstehst du? Ich bin weiß Gott kein Spezialist in sol- chen Sachen, aber es scheint so zu sein, daß sich die Wirklichkeit, also das, was ich für Wirk- lichkeit halte, nämlich meine Wirklichkeit, irgendwie... verändert. Ausgetauscht wird. Ganz un- merklich ausgetauscht wird.“ Ich schaute meinen Liebling an. „Erschreckender Gedanke.“ „Schon irgendwie“, lächelte Bettina mich an. „Aber eigentlich auch normal.“ Sie griff mit ih- rer freien Hand nach Claudias Hand und hielt sie fest. „Ich meine, wenn Claudia hier irgend et- was passieren würde... Mann! Wenn es sie auf einmal nicht mehr gäbe, ich würde todsicher durchdrehen! Ausrasten!“ Ihre Augen wurden groß. „Claudi! Erinnerst du dich... nein, kannst du nicht, du warst da ja erst vier. Tante Birgit, also deren Mann, der Onkel Günter, der ist doch auch ganz plötzlich abgek... ich meine, gestorben, und Tante Birgit hat dann nach der Beerdigung nur noch dagesessen, in ihrem Sessel, und mit Onkel Günter geredet, als wäre er noch da!“ Bet- tina schüttelte sich leicht. „Mann, hatte ich einen Schiß vor ihr, wenn sie so quatschte. Natürlich, Günter, mach nur. Nein, nein, geh schon vor. Ja, ist gebügelt.“ Bettina schüttelte sich erneut. „Sie hat sich richtig mit ihm unterhalten, aber man konnte nur sie hören. Ich mag nicht mehr da- von reden.“ Sie zog ihre Hände zurück und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Ich liebte sie in diesem Moment noch stärker als vorher. Sie war erst 13 Jahre alt, meine niedliche, kleine, energische Bettina, doch mir zuliebe tauchte sie in erschreckende, beängstigen- de Erlebnisse ein, nur um mir zu helfen, mir einen Weg zu zeigen, wie ich... Ja, wie ich was? Worüber hatten wir gleich geredet? Es war etwas Wichtiges gewesen, zumindest für Bettina, aber warum konnte ich mich nicht mehr daran erinnern? Es ging um Menschen, die gestorben waren, das wußte ich noch. Und um ein Versprechen... Stimmt! Ich sollte nicht mehr so viel nachdenken. Für meinen Goldengel würde ich das tun. „Ich denk nicht mehr so viel nach“, versprach ich meiner kleinen Bettina feierlich. Bettina schmunzelte. „Wenn wir hier fertig sind, laß ich dich auch gar nicht mehr zum Denken kom- men“, flüsterte sie. „Ich will dich gleich in mir haben!“ Ihr Fuß war plötzlich an meiner Wade, glitt aufwärts, den Oberschenkel entlang bis an das, was sie gleich in sich haben wollte. Schnell zog sie den Fuß wieder weg und schaute sich unbeteiligt in der Eisdiele um. „Unser Eis!“ sagte Claudia plötzlich aufgeregt und richtete sich auf. Sie hatte recht: die Kell- nerin kam und stellte das Eis vor uns hin. Bettina grinste breit. „Eine Runde nach rechts!“ sagte sie lachend. Sie und Claudia nahmen die Löffel in die Hand, dann tauchte Bettina ihren Löffel in mein Eis, Claudia ihren Löffel und Bettinas Eis, und ich spielte mit. Ich nahm etwas von Claudi- as Eis. „Eine Runde nach links!“ befahl Claudia dann. Diesmal nahm Bettina etwas von Claudias Eis, Claudia von mir, und ich von Bettinas Eis. „Eine Runde geradeaus“, flüsterte Claudia mir zu. „Eine Runde geradeaus!“ rief ich lachend, und jeder nahm etwas von dem Eis, das vor uns stand. „Siehst du?“ meinte Bettina grinsend. „Jetzt haben wir alle voneinander genascht. Wieder gut jetzt?“ „Ja, Bettina. Du bist wunderbar!“
„Ich bin so heiß!“ jammerte Bettina und rieb ihren nackten Unterleib an mir. „Peter, geh ganz schnell rein, ja? Gib mir deinen dicken Schwanz!“ Ich wußte nicht so recht, ob es mir gefiel, wie sie redete, doch der Effekt ihrer Bewegungen sprach für sich. Ich drückte sie auf ihr Kinderbett, küßte sie wild von der Stirn bis zu den Füßen, küßte ihr Knie, dieses wundervolle, knochige Knie mit der etwas rauhen Haut, kaute mit den Lippen an ihren Oberschenkeln, die sie weit öffnete, und ihre Hitze traf mich schwer und hart. Ich kühlte sie mit meinem Mund, mit der Zunge, bis sie stöhnte und sich drehte und wand, dann nahm ich ihre Oberschenkel, diese herrlich zarten, festen Oberschenkel in die Hände, hob ihre Beine hoch, drückte sie auseinander, fuhr wieder in sie, leckte und schlürfte den köstlichen, erfrischenden Nektar, bis sie sich aufbäumte und ihren Leib an mich preßte, dann nahm sie mich auf, die ganze Länge, bis tief in sie, erregender als jemals zuvor, ihre Beine trafen sich in meinem Rücken, umklammerten mich, drückten mich an sie, in sie, ihre Hände fuhren wild durch meine Haare, über den Nacken, die Schultern, unsere Zungen trafen sich weit außerhalb unserer Münder, berührten sich, umkreisten sich wie Zwillingssterne, legten sich aufeinander, untereinander, zogen die Lippen näher heran, zu einem so wilden Kuß, daß mir später der Kiefer schmerzte, ihr Becken kreiste und pumpte, pumpte und kreiste, ihre Kehle stieß helle, rhythmische Lustlaute aus, direkt in meinen Mund, ich rollte uns herum, sie lag nun auf mir, legte ihre wunderschönen schmalen Beine zusammen, zwängte sie zwischen meine, und ich drang nicht nur in sie, sondern auch in ihre Beine, zärtelte ihren kleinen, festen Po, diese wunderbaren, fleischigen, festen Backen, drückte sie fest an mich, und Bettina spreizte ihre Bei- ne wieder, zog sie an, kniete sich neben mich, setzte sich auf, unsere Hände verschränkten sich, stützten sie, gaben ihr Halt, ihr schmales Becken schwebte über mir, ging auf und ab, ohne mich zu berühren, fest um mich geschlungen, massierend, aufreizend, erregend, ihre langen Haare fie- len in den Rücken, wenn sie den Kopf in Lust und Liebe nach hinten fallen ließ, fielen nach vor- ne, in mein Gesicht, wenn sie mir nahe kam, wieder rollten wir uns herum, Seite an Seite, ihr Bein über mir, mein Becken in wilder Anstrengung, ihr Oberkörper dicht und eng an meinem, ihre kleinen Brüste hart vor Erregung, genauso hart wie unsere Lippen, die ineinander drangen, so wie ich in sie, ein lautes Stöhnen von Bettina, eine weitere Drehung, und ich war über ihr, gab alles Tempo, was ich hatte, ein starkes Beben ihres so jungen Körpers, der schon so früh die Ge- heimnisse entdeckt hatte, ein noch stärkeres Beben von uns beiden, ein lautes, ersticktes Stöh- nen, eine kräftige Umarmung, als die Erfüllung sich anschickte, zu uns zu kommen, noch einige wilde, hastige, kräftige Bewegungen, und wir begegneten uns in den Wolken, badeten in grellem Sonnenlicht, sagten den Engeln Guten Tag, vereinigten uns für alle Zeiten, für immer und ewig würden wir zueinander gehören, ein letzter Beweis meiner Liebe strömte in sie, dann lag ich auf ihr, drückte sie mit meinem Gewicht in ihr Kinderbettchen, in dem sie heute nacht schlafen wür- de, in meiner Liebe zu ihr, die sie zudecken und beschützen würde, und sie beschwerte sich nicht, daß es ihr zuviel war, sie genoß die Last, die ich für sie war, denn es war keine Last für sie, ich nahm glücklich ihren Körper mit meinem auf, spürte, fühlte, roch, schmeckte, sah, hörte, und wir waren eins, endlich eins, mit Haut und Haar, mit Leib und Seele. „Schön war das“, schnurrte Bettina und küßte mich zärtlich. „Das ist so geil, wenn ich so voll bin! Voll mit dir, voll von dir...“ Sie kicherte. „Ich würd dich am liebsten gar nicht mehr rauslassen!“ „Und ich würd am liebsten gar nicht mehr rausgehen“, schmunzelte ich. „Was bist du bloß für ein wildes Ding!“ „Tja“, meinte sie, schnippisch lächelnd. „Wenn’s dir nicht gefällt...“ Sie machte eine Bewe- gung, als wollte sie aufstehen, doch ich hielt sie auf und preßte sie an mich. Sie warf ihre Arme um mich und küßte mich mit der Zärtlichkeit der Nachwehen unserer Erfüllung. Meine Hände bekamen gar nicht genug von diesem wunderschönen, kindlichen, schlanken, heißen Körper ne- ben mir, der mir so viel Freude schenkte, von ihrer warmen, glatten, perfekten Haut, die mich so anregte, von ihren langen, schimmernden, schwarzen Haaren, die ein Vorhang für mich waren, von ihren weichen, gefühlvollen, zärtlichen Lippen, die nach Himmel und Paradies schmeckten, von ihren schmalen Fingern, die über meine Haut wanderten und mich in Raserei versetzten. „Ich muß mal kurz raus“, flüsterte sie. Sie gab mir einen letzten Kuß, leckte kräftig über mei- ne Lippen, dann stand sie auf und lief ins Bad. Ich streckte mich lang in ihrem Bettchen aus, verteilte die Spuren unserer Vereinigung mit meinem Körper, lag mit meinem Körper auf ihrem Bettlaken, mit meinem Kopf auf ihrem Kopfkissen, deckte mich mit ihrer Bettdecke zu, und war umgeben von Bettina. „...keine Angst haben“, hörte ich eine leise Stimme. „Ich weiß schon, wie.“ Ich sah auf und sah Bettina, die Claudia an der Hand hatte und sie in das Zimmer zog. „Claudia will dich unter- suchen“, grinste Bettina. „Gründlich!“ Sie ließ Claudia stehen, wo sie war, lief zu ihrem Schrank, holte zwei Schals heraus und kam damit zu ihrem Bett, in dem ich lag. „Arm!“ befahl Bettina. Gehorsam streckte ich meinen Arm aus, neugierig, was sie vorhatte. Sie knotete mir ei- nen Schal um das Handgelenk, das andere Ende band sie um das Bettgestell. „Anderen!“ Auch dieser Arm wurde gefesselt. Die Knoten waren fest, aber nicht so fest, daß ich nicht freigekom- men wäre, wenn ich gewollt hätte, doch ich wollte nicht. Ich war gespannt auf das, was Claudia mit mir machen würde, und ich war erregt durch dieses Gefühl, hilflos und ausgeliefert zu sein. Claudia kam näher, zog das Oberbett weg, setzte sich zwischen meine Beine und „untersuchte“ mich. Bettina setzte sich neben mich, drehte mir den Rücken zu, legte ihre Hände auf meinen Bauch und ging tiefer. Claudia begann, indem sie mein Glied vorsichtig in ihre winzi- gen Händchen nahm, es hin und her drehte, vor und zurück bewegte, auf und ab rieb. Dann legte sie eine kleine Hand unter meine Hoden, hob sie vorsichtig hoch, strich sanft mit den Fingern darüber, bewegte sie hin und her, und das Gefühl von Angst, daß sie mir wehtun könnte, ver- mischte sich mit meiner Erregung zu neuen, ungeahnten Höhen. Claudia erhielt geflüsterte In- struktionen, die sie mit einem schnellen Kopfnicken quittierte. Sie schaute mich an, lächelte ver- schmitzt, dann schlossen sich ihre kleinen Händchen um mein Glied, bewegten sich gleichmäßig auf und ab, und Bettina legte sich neben mich, schob ein Bein auf meinen Bauch, drückte ihren Unterleib an mich und rieb sich, während ihre Lippen sich auf meine legten. Das war zuviel, viel zuviel! Und ich konnte meine Arme nicht bewegen! Erregung, Leidenschaft, Frustration, all das durchfuhr mich, vermischte sich, kombinierte sich, addierte sich zu dem Gefühl von Claudias Händen, und ich bäumte mich plötzlich auf, und „Boah!“ kam von Claudia, die ihre Hände schnell auf und ab bewegte, immer weiter, auch als ich nichts mehr zu geben hatte, und ich legte meine Beine um sie, zog sie an mich, damit sie aufhörte, und sie hörte auf, legte ihr Köpfchen an meinen Bauch, umarmte mich, ihre Brust lag in den Spuren meiner Leidenschaft, und Bettina küßte mich noch immer wild und erregt, bis ich den Kopf wegdrehte. „So“, grinste Bettina, „jetzt ist er leer! Keine Gefahr mehr.“ Claudia kicherte und krabbelte auf mich. Sie kniete sich auf meine Arme und bot mir ihre saftige Frucht an, die ich sofort und gehorsam ableckte und schlürfte. Dieses Mal gab es keine Unsicherheit, keine Angst. Claudia ging mit wie beim allerersten Mal. Sie preßte mir ihre kleine Kostbarkeit auf den Mund, seufzte, stöhnte, wimmerte, japste, und Bettina streichelte sie und mich gleichzeitig, uns beide vorantrei- bend, bis Claudia leise aufschrie und ihr Nektar in mich floß. Außer mir vor Lust leckte ich über ihre herrliche, glatte, samtene Haut, trank sie aus, bohrte mich in sie, leckte sie trocken, bis sie sich auf mich warf und mich küßte. Bettina band mich schnell los, dann legte sie sich wieder zu uns, und meine Arme waren voll von kleinen Mädchen.
Wir blieben bis etwa sieben Uhr in Bettinas Bett, kuschelten, schmusten, streichelten, küßten und liebten uns, dann wurde es Zeit, aufzustehen. Die Mädchen zogen sich schnell an und gingen an den Rest ihrer Hausaufgaben, ich zog mich glücklich in mein Zimmer zurück. Das Abendessen verlief wieder völlig friedlich; Bettina und Claudia führten das Spiel fort, ih- rer Mutter vorzugaukeln, sie wären brave, wohlerzogene, gesittete Mädchen. Nach dem Abend- essen wurde ich eingeladen, am abendlichen Fernsehen teilzunehmen, wohl als Belohnung für meinen Erfolg in der Erziehung. Ich setzte mich in einen Sessel, und zu Frau Molls Überraschung kam Claudia auf meinen Schoß, doch sie sagte nichts, beobachtete nur aufmerksam. Meine von Frau Moll abgewandte Hand lag seitlich an Claudias bloßem Bein und streichelte es unmerklich, die andere lag deutlich sichtbar und brav auf der Lehne des Sessels. „Sie fällt Ihnen doch hoffentlich nicht zur Last?“ fragte Frau Moll nach einer Weile besorgt. „Nicht im Geringsten“, beruhigte ich sie. „Claudia ist ein braves Mädchen. Außerdem sitzt sie ja still und ist nicht unruhig.“ Mein Daumen strich über ihren Oberschenkel. „Sagen Sie ihr, wenn es zuviel wird, ja?“ „Ganz bestimmt.“ Das würde mir nie zuviel werden, ganz bestimmt nicht! Um neun Uhr schickte Frau Moll Claudia ins Bett, ungeachtet ihrer Proteste, die jedoch eher halbherzig kamen, so als würde eine allabendliche Routine abgearbeitet werden. Nach kurzem Widerspruch und erneuter Ermahnung trollte Claudia sich schließlich, drückte mich jedoch zum Abschied noch kurz, dann stapfte sie mißmutig in ihr Zimmer, doch auch das war gespielt. Es gehörte einfach dazu. „Herr Geiß, kommen Sie doch zu uns!“ forderte Frau Moll mich auf und klopfte auf die Sitz- fläche neben sich. „Sie sitzen da so einsam und weit weg...“ „Ja, wenn ich Sie nicht störe?“ „Ach was!“ lachte Frau Moll. „Nun geben Sie sich schon einen Ruck!“ Ich stand auf und ging zum Sofa. Bettina rutschte schnell an die Seite ihrer Mutter, ich ließ mich neben ihr nieder. „Ich sitz gern in der Mitte“, strahlte Bettina ihre Mutter an, die diesem Wechsel in ihrem Plan verblüfft zusah. „Da fühl ich mich so sicher!“ Sie legte ihren Kopf an die Schulter ihrer Mutter, die nun keinerlei Handhabe mehr hatte, gegen ihre Tochter vorzugehen. Sie machte böse Miene zum bitterbösen Spiel und schwieg. Bettinas Bein drückte fest gegen meins, doch mehr durften wir nicht wagen. Nicht jetzt, und nicht hier. Bettina öffnete und schloß kurz beide Hände und blickte mich dabei an. Ihr Mund formte das Wort „zehn“. Dann blickte sie kurz an die Decke, und ich verstand. Wir sahen gemeinsam fern, bis ich um kurz vor zehn darum bat, mich verabschieden zu dürfen, was mir auch gnädig erlaubt wurde. Kurz nach mir kam Bettina die Treppe herauf. Vor ihrem Zimmer umarmten und küßten wir uns noch lange und intensiv, dann strich sie mir kurz über die Wange, noch ein letzter, schneller Kuß, und sie war in ihrem Zimmer. Langsam stieg ich die Treppe hinauf zu meinem einsamen, dunklen, kalten Zimmer. In Gedanken bei meiner kleinen Bettina zog ich mich aus, legte mich ins Bett und schloß die Augen. Ich wurde wach, weil sich etwas neben mir bewegte. „Ich bin’s“, hörte ich eine leise Stimme, dann legte sich ein nackter Körper auf mich, mit zwei kleinen Brüsten. „Bettina?“ flüsterte ich zurück. „Was...“ „Scht! Ich brauch dich!“ Ihre Hand ging nach unten, fand mich, führte mich ein. Sie legte sich wieder flach auf mich, ihre Hände suchten und fanden mein Gesicht, hielten es fest, ihr Mund drückte sich auf meinen, eine harte Zunge schob sich entschlossen und fordernd in meinen Mund. Träumte ich? Oder geschah dies wirklich? Es war mir egal. Meine Hände schlossen sich um ih- ren kleinen Hintern, dann bewegten unsere Becken sich aufeinander zu, voneinander weg, auf- einander zu, voneinander weg, in aller Stille und Heimlichkeit, Bettinas Mutter nur drei Meter unter uns und etwa vier Meter nach links. Das ergab etwa 5 Meter Abstand, Luftlinie. Warnsi- gnale und Gefahrenzeichen flammten in meinem Kopf auf, erregten mich über die bekannten Grenzen hinaus, während ich mich in meinen Liebling bohrte, putschten mich auf und damit auch sie, die sich über alle Gesetze und Verbote hinwegsetzte, und viel zu schnell waren wir da, wo wir hinwollten. Aufstöhnend vereinten wir uns, verströmten unser Gefühl füreinander, sanken erfüllt und befriedigt aufeinander. „Stell den Wecker auf viertel nach sechs“, flüsterte mein Liebling. „Mutti geht um sechs pin- keln, dann pennt sie noch bis sieben. Dann können wir nochmal, bevor ich gehen muß.“ „Meine Bettina!“ flüsterte ich bewegt. „Womit habe ich so etwas wie dich verdient?“ „Schon okay“, kicherte sie. „Mir gefällt’s ja auch, was wir so treiben.“ „Mach die Augen zu, ich muß eben das Licht einschalten.“ Ich griff nach dem Schalter der Nachttischlampe und schaltete sie ein. Bettina kniff die Augen zusammen und drehte den Kopf weg. Schnell hatte ich den Wecker gestellt und das Licht wieder ausgemacht. Bettina seufzte und legte ihren Kopf an meinen. Ich schmolz dahin vor Liebe. Sie blieb bei mir, die ganze Nacht! „Gute Nacht, Peter“, flüsterte Renate. „Gute Nacht, mein Liebling.“ Ich hielt sie im Arm, bis wir einschliefen. Trotz der veränderten Weckzeit wurde ich wenige Sekunden vor dem Läuten wach. Schnell schaltete ich den Wecker aus, bevor er sein verräterisches Signal von sich geben konnte. Neben mir lag Bettina, in ihrer ganzen Schönheit, die Haare auf dem Kissen und auf mir verstreut, die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet, das Gesicht entspannt. Ich schlug die Bettdecke zurück und ließ meine Augen wandern, über ihr Gesicht, den Hals, die Schultern, die Brust, den Bauch, den Unterleib, die Oberschenkel, die Knie, die Schienenbeine, die Füße und wieder auf- wärts, dann beugte ich mich über sie und küßte sie sanft auf die unglaublich weichen Lippen. Bettina murmelte etwas und drehte sich um. Ich rollte sie wieder zurück, küßte sie erneut, kräfti- ger diesmal, und sie erwachte. Sie schaute mich mit großen Augen an, dann fiel ihr ein, wo sie war, und sie schloß die Augen wieder und gab sich dem ersten Kuß des Tages hin. Ihre Arme und Beine wickelten sich um mich, ich rollte mich auf sie, schon bereit für sie, fand, was ich suchte, schob und drückte, und sie seufzte und schnurrte, dann begannen wir, in aller Ruhe und Liebe, dann in Lust und Erregung, schließlich in Leidenschaft und Besessenheit. Sie war beses- sen von mir, von meiner Größe, die ihr soviel Freude bereitete, ich war besessen von ihrer Ju- gend und Schönheit, die sie mir so bereitwillig überließ. Schnaufend und grunzend überschritten wir den Punkt, von dem es keine Rückkehr gab, beschenkten uns, empfingen und gaben gleich- zeitig, bis der Tag in seiner vollen Schönheit für uns erstrahlte. „War das geil!“ strahlte mein kleines Mädchen. „So frühmorgens ist das einfache irre!“ Sie umarmte mich herzlich. „Das machen wir heute nacht gleich wieder, ja?“ flüsterte sie in mein Ohr und knabberte daran. Schon war ich wieder bereit, nur durch diesen Gedanken. „Schön langsam“, grinste Bettina und küßte mich erneut. „Ich muß jetzt aufstehen.“ Ich drückte sie ein letztes Mal. „Ich liebe dich, Bettina.“ Sie lächelte mir zu, küßte mich ein allerletztes Mal, dann stand sie schnell auf, schnappte sich ein Tempo von meinem Nachttisch, hielt es vor eine sehr feuchte Stelle ihres Körpers, zwinkerte mir zu und eilte leise hinaus. Be- friedigt und zufrieden ließ ich mich wieder sinken und schloß die Augen. Als ich wach wurde, war ich allein, aber wo war Renate? Ich konnte sie riechen, sie mußte noch hier sein! Besorgt sah ich mich in dem Zimmer um, doch ich war alleine. Ich verstand es nicht. Das Kissen verströmte noch ihren Geruch, und da war auch eines ihrer langen schwarzen Haare. War sie heute nacht bei mir gewesen? Verstört stand ich auf, nahm das einsame schwarze Haar mit mir, legte es in die kleine Schachtel, in der ich alle Erinnerungen an Renate und Petra gesammelt hatte, dann wußte ich es wieder. Bettina war in der Nacht tatsächlich zu mir gekommen, hatte bei mir, mit mir geschlafen, war heute morgen gemeinsam mit mir wachgeworden und ist dann schnell gegangen, bevor ihre Mutter etwas gemerkt hatte. Was für ein schlaues Mädchen sie doch war, meine kleine, clevere Bettina. Ich lächelte über ihre Schläue, und darüber, daß meine Erinnerung so perfekt funktionierte. Ich schaute auf die Uhr: zehn nach sieben, noch völlig im Zeitrahmen. Eilig machte ich mich fertig und ging hinunter ins Eßzimmer. In der ersten Etage kam mir Claudia entgegen. „Morgen!“ schmetterte sie fröhlich. Ich drückte sie kurz an mich. „Guten Morgen, Claudia!“ Wir schauten uns schnell um: niemand da. Wir küßten uns kurz, aber heftig, dann ließen wir uns los. Die Kleine strahlte mich an. „Gehen wir Frühstücken?“ „Das hatte ich vor“, lachte ich, nahm sie an die Hand und ging mit ihr hinunter. „Bettina hat mir erzählt, was heute nacht war“, flüsterte Claudia mir im Flur zu. „War be- stimmt total aufregend, oder?“ „Und wie“, gab ich verschwörerisch zurück. „Das Aufregendste war, zu wissen, daß eure Mutter ganz in der Nähe war!“ „Glaub ich!“ kicherte die Kleine und drückte mich erneut. Wie froh war ich, daß ihre Angst vor mir verschwunden war. Ich ließ meine Hände über ihren Rücken und den Po wandern, dann hörten wir Schritte auf der Treppe. Schnell ließen wir uns los. „Morgen!“ grüßte Bettina, mindestens ebenso gut gelaunt wie ihre Schwester. Sie sah sich im Eßzimmer um, dann kam sie schnell in meinen Arm, ihre Zunge kam heraus und leckte meine Lippen ab. Ich preßte ihren Unterleib an mich. „Nicht abstechen!“ kicherte sie leise. „Nach der Schule, ja? Dann gehen wir was in den Wald da hinten.“ „Sehr gerne“, gab ich, heiß bis in die Haarspitzen, zurück. „Ich komm mit!“ meinte Claudia, dann hörten wir die Küchentür. Schnell liefen wir zum Tisch und standen unbeteiligt herum. „Guten Morgen, Herr Geiß! Guten Morgen, Kinder!“ „Guten Morgen, Frau Moll!“ - „Guten Morgen, Mutti!“ - „Hast du gut geschlafen?“ Das Spiel ging weiter.
* * *
Dienstage waren auch schlimm. Nicht so schlimm wie Montage, aber immer noch schlimm genug. Heute war jedoch ein ganz besonderer Dienstag, denn Bettina hatte bei mir geschlafen, fast die ganze Nacht, und nach ihrer Schule würden wir zu dritt in ihren Wald, in den wunder- vollen Bettina-Wald gehen und... Ich ließ mich überraschen. Beschwingt machte ich mich an die Arbeit und skizzierte die ersten Kapitel meines Buches. Die Arbeit ging so schnell und gut voran, daß ich den Gong, der zum Mittagessen rief, fast überhörte. Überrascht sah ich auf die Uhr: tatsächlich schon fast zwei Uhr mittags! Schnell si- cherte ich meine Arbeit, dann schaltete ich den Laptop aus und ging hinunter. „Hallo, Herr Geiß!“ begrüßten mich zwei fröhliche Stimmchen. „Hallo, Mädchen! Wie war’s in der Schule?“ „Öde, wie immer“, lachte Bettina und setzte sich. „Genau“, knurrte Claudia, die schon saß. „Ich meine, was soll ich denn mit dem Quatsch? Wieso ist es wichtig, daß ich weiß, welches Land wann und wie lange mit welchem anderen Land Krieg geführt hat, und wieviel arme Schweine dabei draufgegangen sind?“ „Claudia!“ unterbrach ihre Mutter scharf, doch das bekam ich vor Glück gar nicht mit. Meine kleine Petra war mir so ähnlich in ihren Ansichten, daß mir ganz warm vor Liebe wurde. Ich freute mich schon auf später, wenn wir mit Renate in den Wald gehen und dort eines unserer liebsten Spiele spielen würden... „Es tut mir sehr leid, Mutti“, hörte ich Claudia wohlerzogen sagen, und ich wunderte mich kurz, worum es überhaupt ging. Hatte sie etwas Böses gesagt? Ich hoffte, nicht. „Es ist mir vor Ärger so herausgerutscht. Bitte entschuldige.“ „Schon gut“, meinte ihre Mutter versöhnlich. „Du bist ja noch sehr jung, aber trotzdem soll- test du auf deine Ausdrucksweise achten.“ „Das werde ich, Mutti. Ganz bestimmt!“ „Ich weiß“, lächelte Frau... Frau... Wie hieß sie noch gleich? Egal. „Du hast ja Dank Herrn Geiß schon sehr gute Fortschritte gemacht. Genau wie Bettina.“ Bettina? Welche Bettina? Meinte sie Renate? War diese Frau geistig verwirrt, daß sie den Namen meiner Schwestern nicht kannte? Aber sie war doch unsere Mutter! Sie mußte doch wissen, wer wir waren! Angst durch- fuhr mich. Angst vor der Zukunft, in der meine Mutter vielleicht nicht mehr klar denken konnte. Was war denn bloß los mit ihr? Ich beobachtete sie verstohlen. Äußerlich sah sie ja noch ganz in Ordnung aus, aber wer weiß, was in so einem kranken Hirn vor sich ging. Ich schüttelte mich innerlich. Es blieb wieder mal alles an Papa und mir hängen. Wenn wir nicht wären, würden meine zwei Schwestern völlig verwildern. Arme Mutti. „Schmeckt es Ihnen nicht?“ fragte Mutti verwundert. Warum sagte sie ‘Sie’ zu mir? Meine Angst wurde größer und größer. Jetzt bloß nicht widersprechen! „Doch, doch, es - es ist nur noch etwas heiß.“ Meine Schwestern musterten mich merkwür- dig. Sie spürten wahrscheinlich auch, daß mit unserer Mutter etwas nicht stimmte. Um des lieben Friedens willen nahm ich eine Kartoffel auf die Gabel und biß hinein. Das war’s! Alle schauten beruhigt und aßen. Puh! Mit Gestörten umzugehen ist nicht so einfach. Ich muß darüber mit Va- ter sprechen. Wann kam er nochmal heim? Renate schaute mich eindringlich an. „Herr Geiß, könnten Sie mir heute vielleicht noch ein- mal helfen?“ Herr Geiß? Renate, ich bin es! Dein Bruder Peter!!! Was ist denn nur los mit euch allen? Bin ich der einzig Normale hier? Papa! Wir brauchen dich! Ich brauche dich! „Sicher“, antwortete ich automatisch. „Wir müssen für Biologie ein paar Pflanzen sammeln, und ich möchte nicht so gerne alleine in den Wald gehen. Nicht wahr, Mutti?“ „Das solltest du auf keinen Fall“, stimmte Frau Moll zu und sah mich bittend an. „Selbstverständlich werde ich Bettina begleiten“, antwortete ich ernst. „Und keinen Schritt von ihrer Seite weichen.“ „Darf ich mit?“ fragte Claudia bittend. „Ich möchte auch was an die frische Luft!“ „Hast du denn viele Hausaufgaben?“ „Nicht so viel“, log Claudia schnell. „Dann geh mit“, erlaubte ihre Mutter huldvoll. Claudia strahlte. „Danke, Mutti!“ „Herr Geiß?“ „Ja, Bettina?“ „Wie kommen Sie mit Ihrem Buch voran?“ „Sehr gut, danke. Ich habe heute die ersten vier Kapitel skizziert, und die Einleitung ge- schrieben.“ „Skizziert?“ Bettina schaute mich erstaunt an. „Wird das ein Malbuch?“ „Nein“, lachte ich und widerstand dem Impuls, meine Hand zu ihr zu schieben. „Skizzieren heißt, die Grundzüge festlegen, in Stichworten aufschreiben, was geschehen soll. In etwa wie eine Gliederung, nur auf das Kapitel bezogen.“ „Verstehe“, sagte sie nachdenklich und steckte die Gabel in ein Fischstäbchen. „Kann man lernen, so was zu machen? Kann man das auch in der Schule brauchen?“ „In der Schule kannst du es bestimmt brauchen, Bettina. Es hilft dir, deine Gedanken in die richtige Richtung zu lenken, damit du dich später, wenn du schreibst, an die vorgegebene Linie hältst. Und das zu lernen geht auch. Es ist mehr eine Frage der Übung als Lernen. Je öfter du es machst, um so leichter fällt es dir.“ „Kann ich mir nachher mal so eine - eine Skizze ansehen?“ Sie schaute ihre Mutter an. „Wenn du erlaubst?“ „Von mir aus gerne“, sagte ich, bemüht, meine Freude nicht zu offensichtlich werden zu las- sen. Bettina würde in mein Zimmer kommen! „Insofern du Herrn Geiß nicht von seiner wichtigen Arbeit abhältst...“ Ihre Mutter schaute sie ernst an. „Das tut sie nicht“, sagte ich ruhig. „Ich schreibe sowieso nur in den Morgenstunden, nach- mittags und abends sammle ich die Ideen und halte sie nur kurz fest.“ „Von mir aus dann“, gab Frau Moll nach. „Danke, Mutti!“ freute Bettina sich. Guter Stimmung aßen wir zu Ende. Direkt nach dem Mittagessen holte Bettina sich eine Plastiktüte aus der Küche, in der sie die Pflanzen tragen wollte, dann zogen wir los. Wenig später hatte der Wald uns umfangen. Bettina steckte die Plastiktüte in die Tasche ihrer Jeans, kam dicht an meine Seite, legte ihren Arm um meine Taille und ihr Köpfchen an meine Seite. Claudia nahm meine Hand, und so gingen wir über ruhige Wege, bogen mal hier, mal dort ab, und die Wege wurden immer schmaler, bis Clau- dia plötzlich stehenblieb, sich umschaute, durch ein paar Büsche sprang und verschwunden war. Bettina gleich hinterher, sie zog mich jedoch an der Hand mit. Hinter diesen dichten Büschen waren unglaublich dichtgewachsene Pflanzen, durch die wir uns regelrecht kämpfen mußten, und nach etwa vierzig, fünfzig Metern hatten wir es geschafft. Vor uns war eine kleine Lichtung, von allen Seiten zugewachsen, und offenbar nur diesen beiden Schönheiten bekannt. „Hier war noch nie jemand außer uns“, feixte Claudia und zog sich splitternackt aus. Bettina folgte ihrem guten Beispiel auf der Stelle, und auch ich ließ mich nicht zweimal bitten. Sofort kam Bettina in meinen Arm, drückte sich verlangend an mich, rieb ihre Wange an meiner Brust, ihren Bauch an meinem Schmerz, Claudia kam in meinen anderen Arm, ließ sich ebenfalls strei- cheln und verwöhnen. „Heb mich hoch!“ verlangte Bettina mit rauher Stimme. Sie legte ihre Arme um meinen Hals, ich faßte sie an den Hüften und hob sie hoch. Claudia half uns, die richtige Stellung zu finden, dann ließ Bettina sich langsam fallen, an mich, um mich herum. Schließlich war sie ganz dicht bei mir, ihre Augen blickten mich verschwommen an. „Ist das wahnsinnig!“ flüsterte sie. „Total aufregend!“ Da hatte sie absolut recht. Sie biß mich in mein Ohrläppchen, steckte ihre Zunge in mein Ohr, leckte darin herum, und ich bewegte ihre Hüften langsam zurück und wieder vor, zu- rück und wieder vor, zurück und wieder vor. Bettina stöhnte leise auf, als ich mit einer Hand ih- ren Unterleib rieb. Mit der anderen Hand knetete ich ihren wunderschönen Po. Vielleicht lag es an der Stellung, vielleicht auch an der frischen Luft, aber so schnell hatten wir noch nie den Hö- hepunkt erreicht. Bettina stöhnte laut auf, ihr Kanal wurde noch enger, als er schon war, ihre Zähne bissen sich in meiner Unterlippe fest, dann kam auch ich, fast gleichzeitig mir ihr. „Bettina!“ stöhnte ich und kam gewaltig in ihr. Sie biß mich immer fester, mit jedem Schub, der in sie ging, etwas fester, und sie schnaufte wie eine alte Dampflok. Mein Samen floß an uns her- unter, Bettina löste sich von meinen Mund, legte ihr Gesicht an meinen Hals, küßte und knutschte mich, und ich streichelte sie mit aller Kraft, bis ich zu schwach wurde, sie zu tragen. Ich ging in die Knie, hielt meine kleine Bettina auf mir fest, drückte sie an mich und küßte sie verliebt, bis wir beide kein einziges Molekül Sauerstoff mehr in unseren Lungen hatten. Keu- chend ließen wir voneinander, umarmten uns, drückten uns, liebten uns. „Peter?“ hörte ich Claudia von sehr weit weg fragen. Ich öffnete meine Augen und sah mich um, bis ich sie gefunden hatte. „Was denn?“ „Wenn - wenn ich...“ stotterte sie. „Also, wenn du... ich meine, wenn ich dir erlaube, daß - daß du deinen... Schwanz in mich steckst, versprichst du mir dann, ganz vorsichtig zu sein und mir nicht wehzutun?“ „Das schwöre ich sogar“, lächelte ich außer Atem. „Claudi, beim ersten Ton von dir, daß es dir wehtut, bin ich weg von dir.“ „Claudi muß aber noch wissen, daß es am Anfang etwas weh tut“, sagte Bettina besorgt. „Claudi, wenn er in dich geht, ich meine, tiefer als... du weißt schon, letztens, dann tut das ein bißchen weh, weil alles in dir richtig weit gemacht wird.“ „Ach so“, sagte Claudia ängstlich. „Ich überleg’s mir nochmal, ja?“ „Komm her, mein Liebling“, sagte ich zärtlich. Claudia flog in unsere ausgestreckten Arme. Wir drückten sie an uns. „Claudi“, flüsterte ich, „laß dir Zeit. Sag Bescheid, wenn du es möch- test, und wenn du es nicht möchtest, machen wir nur das, was du willst, okay?“ „Okay!“ strahlte sie und drückte uns mit all ihrer Kraft. Für eine endlose Zeit blieben wir so, Bettina auf mir, ich noch immer in ihr, Claudia bei uns, in unseren Armen, dann gab Bettina mir einen kräftigen Stoß, daß ich auf den Rücken fiel, und Claudia schwang sich mit einem breiten Grinsen auf meine Brust. „Jetzt ich!“ strahlte sie. „Jetzt du!“ lachte ich zurück. Bettina blieb auf mir, während mein Glied wieder in ihr wuchs, und bewegte sich nur sehr langsam, fast unmerklich. Claudia schob sich etwas höher, bis ihre Scheide und mein Mund in Kontakt kamen, dann ging es zur Sache. Ich bewunderte kurz ihre herrlichen Schamlippchen, die perfekte, glatte, haarlose Haut, dann versenkte ich mich in sie, bohrte, leckte, küßte, schmatzte, kaute und lutschte, bis das kleine Mädchen ihren Orgasmus hatte. Ich preßte meinen Mund auf sie, schlürfte und saugte, bis sie mich zitternd anflehte, aufzu- hören. Sie schob sich wieder nach unten, bis ihre Wange an meiner lag, drückte mich eine Weile, in der Bettina langsam das Tempo erhöhte, dann küßte Claudia mich. Nicht so wild wie Bettina, aber dafür zwei Jahre jünger. Zwei erregende Jahre jünger. Atemlos und mit glänzenden Augen ließ sie schließlich von mir ab, rutschte an meine Seite, auf meinen ausgestreckten Arm, dann schaute sie ihrer Schwester zu, die nun Ernst machte. Bet- tina stützte ihre Hände auf meine Brust, hob und senkte ihr Becken, daß es eine Freude war, ihr dabei zuzusehen. Ihre Augen waren geschlossen, die Sonne ließ ihr schwarzes Haar schimmern und funkeln, auf ihrer Stirn war ein leichter Schweißfilm, ihre kleine Brust hob und senkte sich schnell. Plötzlich wurde sie steif, bäumte sich auf, stöhnte laut und tief, dann fiel sie auf mich. Ich fing sie auf, drehte uns herum, und setzte ihre Arbeit fort. Bettina schrie, winselte und stöhn- te, alles gleichzeitig, als ihr Orgasmus gar nicht mehr aufhörte, und sie war so eng, trotz all der Feuchtigkeit in ihr, daß ich mich nur noch wenig bemühen mußte. Mein Penis schwoll an, Bettina schrie auf, als ich noch dicker wurde in ihr, dann kam ich, heiß und mächtig strömte ich in meine kleine Bettina, rief ihren Namen, wieder und wieder, und sie preßte sich mit aller Kraft und mit ihrem ganzen heißen, nassen Körper an mich, stöhnte und keuchte, bis wir total kraftlos aufein- ander sanken und uns nur noch festhielten. Schließlich hatten wir wieder Kraft. Bettina richtete sich auf und sah mir in die Augen. „Ab jetzt nur noch im Wald“, grinste sie.
* * *
Auch diesen Abend ging ich vor Bettina hoch und wartete auf dem Flur vor ihrem Zimmer, doch diesmal kam Claudia leise heraus, ließ sich von mir auf den Arm nehmen und gab mir einen Gutenachtkuß, der es in sich hatte. Dann verschwand sie winkend und grinsend in ihrem Zimmer. Kurz danach kam Bettina herauf, mit leuchtenden Augen. Auch sie gab mir einen Kuß voller Fri- sche und Passion, den keiner von uns beenden wollte. Meine Hände fuhren Achterbahn auf ihrem Körper, bis sie sich schließlich losriß. „Wenn wir jetzt nicht aufhören“, flüsterte sie atemlos, „nehm ich dich gleich hier auf dem Flur!“ Sie zog meinen Kopf zu sich und gab mir einen sanften Kuß. „Bis später! Schlaf schon mal, ich komm dich wieder überraschen.“ Sie strich mir ein letz- tes Mal über ein sehr angespanntes Teil, dann ging sie leise in ihr Zimmerchen. Überraschenderweise schlief ich tatsächlich ein; ich hatte eigentlich vorgehabt, auf Bettina zu warten, doch die Aktionen des Tages forderten ihren Tribut. Wieder wurde ich wach, als ein nackter Körper auf meinen rutschte und zwei kleine Brüste die Identität des Körpers verrieten. „Hallo, Bettina“, flüsterte ich. „Hi!“ kicherte sie. „Bereit?“ „Nicht erst etwas schmusen?“ „Hmm... na gut, aber nur etwas! Bin heiß!“ kicherte sie. „Ich hab langsam den Eindruck, daß du das immer bist“, zog ich sie auf. Bettina seufzte. „Ja, bin ich. Ich meine, letztes Jahr mit dem Markus, das war ja schon schön, aber mit dir ist es ein- fach irre!“ Sie küßte mich rauh. „Weißte, du bist so groß da, daß das einfach ein total geiles, ab- gefahrenes Gefühl ist, wenn du reingehst.“ „Und das magst du?“ neckte ich sie, während ich ihren wundervollen Popo knetete. „Und wie!“ kicherte sie. „Das Reingehen, das Drinbleiben, das Bewegen, alles!“ Sie hob ih- ren Unterleib, nahm mein hellwaches Glied, setzte es an und nahm es auf. „Hmmmm!“ seufzte sie. „Genauso!“ Sie kicherte, als sie mich vollständig einführte. „Ich bin eine schlimme Schlam- pe, was?“ „Nein, Liebling!“ widersprach ich ehrlich. „Du bist ein ganz wundervolles, süßes, liebes und wildes Mädchen!“ „Das hör ich gerne“, lachte sie leise. „Das mit wild und so!“ Ihre Zunge schoß heraus und leckte über meine Augen. „Ich bin furchtbar wild, wenn’s ums Ficken geht“, sagte sie rauh. Ihre Zunge fuhr in meinen Mund und wieder heraus. „Und ich leck dich wahnsinnig gerne ab! Schon gemerkt?“ Ihre Zunge leckte über meine Wangen. „Ich find das so aufregend! Ficken und Lecken gleichzeitig.“ Sie leckte über meine Lippen. „Am liebsten würde ich dich am ganzen Körper ab- lecken, aber du hast einfach zu viel Haare überall!“ Ein Lecken über die Nase, von unten nach oben. „Dreh den Kopf mal!“ Ihre Zunge fuhr in mein Ohr, ihr erregter Atem stieß heiß in meinen Gehörgang. Ich wurde wild. Meine Hand glitt zwischen ihre Pobacken, zwängte sie auseinander, mein Mittelfinger suchte und fand den rückwärtigen Eingang und drückte sich hinein. Bettina verkrampfte sich. „OHHHHH!“ Ihre Scheide verengte sich, und sie erhöhte ihr Tempo schlagar- tig. Ich drückte mich tiefer. „HNNNNNNN!“ Noch ein Fingerglied hinein. „NGHHHHHH!“ Sie drückte sich an mich, als wollte sie eins mit mir werden, und ihr Unterleib hob und senkte sich rasend schnell. Und den Finger bis an die Wurzel in das 13jährige Mädchen. „HNNNFFF!“ Sie zitterte so stark wie nie zuvor, und kam so stark wie nie zuvor. Ihr Atem bebte vor Lust und Er- regung, ebenso ihr Körper, und ich hämmerte in sie, bis auch ich soweit war. Es wurde so eng in ihr, daß sie leise aufschrie, genau in mein Ohr, und ich füllte sie bis zu ihren hübschen Ohren. Ermattet sanken wir aufeinander, Bettinas Atem ging rasend schnell. Noch immer war mein Finger in ihr, wie auch mein elfter Finger. „Oh Mann!“ stöhnte sie. „Das - das war - das - Allerbeste!“ Ihre Zunge glitt kraftlos über meine Lippen. „Ich bin total - total weg. Ohhhh!“ Sie legte ihre Arme um meinen Hals, ihr Atem beruhigte sich nach und nach, dann ging er tief und gleichmäßig. „Bettina?“ fragte ich leise, doch keine Antwort. Sie war eingeschlafen. Ich zog meinen Finger vorsichtig aus ihr heraus, legte meine Arme um sie und hielt sie fest.
* * *
Die Tage bis zum Wochenende vergingen wie im Flug, in einer endlosen, verbotenen Folge von Intimitäten. Morgens, um viertel nach sechs, eine wilde, heiße Nummer; wenn das Wetter schön war, nachmittags im Wald noch eine, und nachts, wenn Bettina zu mir kam, eine letzte. Das 13jährige Mädchen war permanent heiß, und wie Claudia mir versicherte, tat sie es nur mit mir. Alle Jungs in der Schule ließ sie abblitzen. Am Samstag war wieder Freibad angesagt, und dieses Mal lief alles wesentlich lockerer, ent- spannter und fröhlicher ab. Kein einziges Mal Streit, keine Verlegenheit, nur Spiel und Spaß. Der richtige Spaß würde zu Hause kommen. Gegen drei machten wir uns auf den Heimweg. Als wir von der Bushaltestelle kamen und in unsere Straße einbogen, sahen wir einen Streifenwagen vor dem Haus stehen. Ich bekam Panik. Ich würde Claudia und Bettina verlieren, sie nie wieder sehen, niemals, in meinem ganzen, lan- gen, unwürdigen Leben nicht mehr! „Was wollen denn die Bullen bei uns?“ fragte Bettina und ging schneller. Claudia nahm mich an die Hand und zog mich hinter ihr her. Als wir näherkamen, stiegen zwei Beamte aus, ein Mann und eine junge Frau. Beide sahen sehr ernst aus, aber nicht feindselig. Bestand noch Hoff- nung? „Ist was passiert?“ fragte Bettina, die inzwischen an dem Auto angelangt war. „Wie heißt du?“ stellte die Beamtin eine Gegenfrage. „Bettina Moll“, antwortete Bettina ängstlich. „Das ist meine Schwester Claudia, und...“ „Peter Geiß. Ich wohne hier zur Untermiete.“ Die Beamtin nickte und schaute die Kinder an. „Kinder, eure Mutter hatte einen Herzanfall. Sie liegt im Krankenhaus, und wir sollen euch gleich dahin bringen.“ Sie sah mich an. „Und Sie sollen auch kommen.“
Adelheid Moll lag grau und still auf dem Bett, an viele Schläuche angeschlossen, und hinter ihr stand Gevatter Tod und hakte die Minuten ab, die ihr noch blieben. Es war aussichtslos, hatte der Arzt gesagt; sie würde den Nachmittag nicht überleben. Nun standen wir hier an ihrem Bett, das ihr Totenbett sein würde, die Mädchen weinten leise vor sich hin, und Frau Moll blickte mich ernst an. Ihre Worte sind hier zusammenhängend wie- dergegeben, aber sie machte nach jedem Wort eine kleine Pause, und nach jedem Satz eine län- gere. Dies bitte ich beim Lesen zu berücksichtigen. „Herr Geiß“, sagte sie kaum hörbar. „ich habe eine äußerst ungewöhnliche Bitte an Sie, und normalerweise würde ich mich in Grund und Boden schämen, Ihnen dies vorzuschlagen. Aber es geht nicht anders. Die Mädchen mögen Sie, und Sie mögen die Mädchen. Doch. Ich weiß das, und es ist auch gut so. Sogar sehr gut. Ich werde sterben. Ich weiß das, Sie wissen das, und die Mädchen werden es wissen, wenn es soweit ist. Und dann werden sie alleine sein. Sie haben keine Verwandten mehr, zu denen sie gehen könnten, und ins Heim... Das will ich nicht.“ Eine Schwester tupfte ihr den Schweiß von der Stirn, ließ sie jedoch weiterreden. Ein Pfarrer kam ins Zimmer. Es war soweit. „Deshalb möchte ich, daß Sie mich heiraten. Jetzt. Hier. Dann haben die Mädchen zumindest einen Vater. Bitte sorgen Sie für sie, bis sie alt genug sind. Und denken Sie bitte nicht zu schlecht über mich. Ich weiß sonst keinen Weg.“ Tief gerührt beugte ich mich über sie und nahm ihre kalte Hand in meine. „Frau Moll, ich denke nur das Beste von Ihnen. Selbst jetzt, in diesem Moment, sind die Kinder Ihnen wichtiger als alles andere. Sie sind ein unglaublich guter Mensch.“ Und das meinte ich genauso. Ihre Grö- ße in diesem Moment machte mich winzig und klein. Sie erwiderte den Druck meiner Hand sehr schwach. „Es sind Kinder“, sagte sie leise und abgehackt. „Ich habe mein Leben gelebt, aber sie haben noch alles vor sich. Bettina, Claudia, kommt her.“ Die Mädchen kamen mit tränennassen Ge- sichtern zu ihrer Mutter. „Kinder, ihr habt alles gehört?“ Beide nickten. „Seid ihr damit einver- standen? Oder wollt ihr lieber in ein Waisenhaus?“ „Ich bin einverstanden“, sagte Bettina erstickt und kam an meine Seite. Claudia nickte nur, sprechen konnte sie nicht mehr. „Das freut mich. Herr Pfarrer?“ Sofort begann die Zeremonie, die als Nothochzeit deklariert wurde, um allen Formalitäten Genüge zu tun. Zwei Minuten später war Adelheid Moll Frau Adelheid Geiß, und dem Tod näher als jemals zuvor. Sie blickte mich dankbar an, streckte ihre kalten, zitternden Hände nach den Mädchen aus, die sie schluchzend nahmen, dann schlossen sich ihre Augen. Doch ihre Brust hob und senkte sich weiter. Weiter und weiter. Sogar der Arzt blickte leicht ungläubig. Nach einer halben Stunde war noch immer keine Veränderung eingetreten; Adelheid atmete und lebte immer noch. Sie wurde noch am Abend operiert, ein verengtes Blutgefäß in der Nähe des Herzens wurde entfernt, und damit war ich verheiratet mit einer Frau, die ich nicht einmal unter Androhung oder Durchführung von Gewalt berührt hätte, und sie war auf dem We- ge der Genesung.
V
„Das war das Krankenhaus“, teilte ich Bettina und Claudia mit, als ich den Hörer aufgelegt hatte. „Die Operation ist erfolgreich verlaufen, sie hat die Nacht gut überstanden, und sie wird wieder gesund werden.“ Die Mädchen rannten zu mir, umarmten mich und heulten vor Erleichte- rung. Ich nahm beide auf den Arm, trug sie zum Sofa und setzte mich dort mit ihnen hin. Die Mädchen weinten die Anspannung des gestrigen Tages, der Nacht, in der wir gemeinsam ge- bangt und gehofft hatten, und der frühen Morgenstunden dieses Tages hinaus. Schließlich hatten sie sich ausgeweint, Taschentücher wurden benutzt, dann war die Welt wieder einigermaßen in Ordnung. Abgesehen von zwei Tatsachen: ich war jetzt ihr Vater, und ich war mit ihrer Mutter verhei- ratet. Diese zweite Tatsache machte mir am meisten zu schaffen. Mit der ersten war ich mehr als zufrieden, ich war sogar glücklich damit. Bettina faßte meine Gedanken in Worte: „Müssen wir jetzt Papa zu dir sagen?“ „Auf keinen Fall“, sagte ich sanft und gab Bettina einen sanften Kuß. „Bettina, Claudia, ich bin nicht euer wirklicher Vater. Den sollt ihr nie vergessen. Ich bin jemand, der euer Freund ist, der für euch da ist und, wenn es so kommen sollte, für euch sorgen wird.“ Ich drückte die Mäd- chen kurz, dann gab ich meinen ersten Befehl als Vater. „Wir gehen jetzt unter die Dusche, und dann ins Bett. Ihr habt nur wenig geschlafen heute nacht, und ich gar nicht.“ Wir hatten den gest- rigen Abend und die ganze Nacht im Wohnzimmer verbracht, immer darauf wartend, daß das Telefon klingelt, und die Mädchen hatten vor Angst und Kummer nur wenig geschlafen, sind immer wieder wachgeworden, und konnten dann nicht mehr einschlafen. „Das klingt gut“, lächelte Bettina. „Das mit dem Bett, meine ich.“ „Mal sehen“, schmunzelte ich hintergründig. Und ich hatte recht. In der Dusche wurde zwar noch getobt, gelacht und gestreichelt, aber als wir dann alle drei im Bett lagen, eng aneinander gekuschelt, war es nur noch eine Frage von Sekunden, bis wir alle drei schliefen. Immerhin war es sechs Uhr morgens, und wir waren seit gestern morgen mehr oder weniger durchgehend wach. Ausgeruht erwachte ich. Mein erster Blick galt der Uhr: kurz nach eins. Meine beiden Kost- barkeiten lagen friedlich schlafend neben mir, ihre Arme auf meine Brust gelegt, ihre Köpfe auf meinen Armen. Meine Töchter waren sie nun, durchfuhr mich. Meine Töchter. Ich durfte sie öf- fentlich und ganz legal in den Arm nehmen und streicheln - von gewissen Zonen natürlich abge- sehen - und sie sogar auf die Wange küssen. Ja, mitten in der Öffentlichkeit, und wenn jemand fragen sollte, was bitte ich mit diesen kleinen Mädchen triebe, konnte ich mit gutem Recht sagen: „Ich darf meine Töchter doch wohl noch auf die Wange küssen, oder?“ Und dieser Mensch müßte sich dann bei mir entschuldigen, während Bettina und Claudia ihre schmalen, willigen Körper an mich preßten, genau wissend, was wir drei mit unseren Körpern anstellten, und wir würden uns kringelig lachen über diesen Idioten, der sich so blamiert hatte, auslachen würden wir ihn, und uns gleich darauf küssen wie die Weltmeister, natürlich nicht in der Öffentlichkeit, aber wir waren jetzt schon ein gutes Stück sicherer als vorher, sehr viel sicherer, wir konnten uns umarmen, uns drücken, uns Küßchen geben, und niemand, aber auch wirklich niemand (!) hatte das Recht, uns daran zu hindern. Und wenn irgend jemand es wagen sollte, mich daran zu hin- dern, daß ich Renate oder Petra umarmte, drückte oder küßte, dann... Ja, dann... Dann würden wir uns einfach umdrehen und trotzdem weitermachen. Und wenn dann die Polizei käme, um mich zu verhaften, konnte ich mit Fug und Recht sagen, daß diese beiden wundervollen Mädchen meine Schwestern wären, seit ihrer Geburt, und daß wir uns geschwisterlich liebten, und daß Ge- schwister, die sich geschwisterlich lieben, sich nun mal umarmen und sich drücken und auf die Wange küssen, und die Polizei würde uns nach Hause bringen und unsere Eltern würden das be- stätigen, daß wir Geschwister sind, und die Familie würde dastehen wie ein Mann und die Poli- zei nur ansehen, einfach nur ansehen, und die Polizei müßte sich bei uns allen entschuldigen, daß sie uns so verdächtigt hat, und sie müßten uns dahin zurückfahren, wo sie uns eingeladen haben, und wir würden aussteigen als Sieger, wir würden uns direkt vor dem Polizeiauto umarmen, Re- nate, Petra und ich, wir würden uns drücken und streicheln und küssen, wie Geschwister es nun mal tun, und niemand, verdammt nochmal niemand durfte sich erdreisten, uns auch nur schief anzusehen, denn wer zur Hölle waren alle diese kleinen Scheißer, die nicht einmal wußten, was Liebe ist? Die morgens aufstehen, in der Hoffnung, daß ihr Partner noch schläft, um ihn oder sie bloß nicht zu sehen, sich leise anziehen und aus dem Haus schleichen und dann, auf ihrer Arbeit, prahlen, wie oft sie es gestern abend gebracht haben, und jeder würde sie durchschauen, sie und ihre Prahlerei, aber Renate, Petra und ich, ja! wir brachten es mehrmals die Nacht, wir waren besser als diese arroganten Arschlöcher, die nur prahlen, aber nichts in der Hose haben, denn wir waren besser, weil wir uns liebten! WIR LIEBTEN UNS!!! Unsere Liebe gab uns allen Halt, sie war ein Netz, das uns auffing, das uns zusammenhielt, und wenn einer von uns ginge, würden die anderen beiden vor Sehnsucht dahinwelken, doch das würde nie geschehen, denn wir drei ge- hörten zusammen, wir waren eins zusammen, und eins ist unteilbar, und Flammen schlugen aus dem Flugzeug und Schreie drangen zu uns herüber, und fassungslos würde die Menge uns anse- hen, wenn wir uns vor der Eisdiele, vor dem Kino, mitten auf dem Marktplatz umarmten, drück- ten und küßten, und ein Flugzeug würde über uns hinweg fliegen und diesmal in der Luft bleiben, und wir würden den Daumen ausstrecken und in das Flugzeug einsteigen, wir alle drei, wir drei gehörten zusammen, für immer und ewig, und das Flugzeug würde uns drei an unser Ziel brin- gen, an unser gemeinsames Ziel, an dem wir für alle Zeiten und untrennbar vereint waren, Rena- te, Petra und ich, und dort gab es keine Gaffer, die uns unser Glück neideten, dort gab es nur Menschen wie uns, Menschen, die sich liebten, die sich wirklich liebten, und der Tod war unbe- kannt dort, denn Liebe kann nicht sterben, sie wird weiterleben, immer weiter leben, auch wenn Menschen vergehen, doch Menschen können nur vergehen, wenn sie nicht lieben, aber wenn sie sich lieben, können sie nicht vergehen, aber ihr habt mich doch geliebt, warum seid ihr dann tot, aber ihr seid nicht tot, denn ihr lebt weiter, ihr seid wiedergeboren worden oder wie man das nennt, ist ja auch egal, ihr seid jetzt bei mir, in meiner Obhut, und wir werden uns nie wieder trennen, Renate, und auch wir nicht, Petra. Wir gehören zusammen, und daß ihr da seid, ist ein Beweis für unsere Liebe, denn Liebe besiegt den Tod, und ihr seid auferstanden, ihr habt das Jüngste Gericht vorverlegt, ihr seid auserwählt, ihr lebt, lebt bei mir, mit mir, und wir drei leben wieder für uns, und diesmal werden wir gemeinsam in das Flugzeug steigen, und gemeinsam werden wir ankommen, gemeinsam werden wir... werden wir... Die Aufregung der letzten Stunden muß wohl zuviel gewesen sein für mich, dachte ich ängst- lich, denn mein Herz schlug wie verrückt, mein Körper war feucht von Schweiß, und mein Mund war staubtrocken. Aber ich durfte jetzt nicht aufgeben; Renate und Petra brauchten mich doch. Ich schaute meine Schwestern zärtlich an, die vertrauensvoll in meinem Bett lagen, zur Linken Renate, zur Rechten Petra. Ich schaute zur Uhr: es war kurz nach zwei. Zeit für meine Schwe- stern, aufzustehen. Ich beugte mich zu Renate. „Guten Morgen, meine Hübsche“, flüsterte ich in ihr Ohr. Renate knurrte etwas und drehte mir den Rücken zu. Ich mußte lächeln. Es fiel ihr immer so schwer, aufzustehen. Aber dagegen kannte ich ein Mittel. Meine Finger schoben sich an ihren Po, gingen in ihre kleine Rille, und kit- zelten sie. Der Erfolg stellte sich sofort ein. Renate zog unwirsch ihren Po weg, drehte sich um und sah mich böse an. „Guten Morgen, meine Hübsche“, wiederholte ich. „Morgen“, brummte sie. „Wie spät isses?“ „Kurz nach zwei. Wir sollten langsam aufstehen.“ Renate riß die Augen auf. „Ja! Wir müssen ins Krankenhaus, nach Mutti sehen!“ Sie sprang auf, war mit einem Satz aus dem Bett. „Weck Claudia, ich zieh mich schnell an. Und mach nicht mit ihr rum!“ Verwirrt sah ich ihr hinterher. Unsere Mutter war im Krankenhaus? Und wer war Claudia? Ich zuckte die Schultern. Renate muß wohl schlecht geträumt haben; sie würde sich schon wie- der fangen. Ich beugte mich zu meiner kleinen Petra, strich ihre Haare zur Seite und küßte sie hinter dem Ohr, wo sie es besonders gern hatte. „Guten Morgen, mein Kleines“, flüsterte ich in ihr Ohr und küßte ihre Lieblingsstelle. Petra murmelte etwas und drückte sich an mich. „Guten Morgen, mein Kleines“, wiederholte ich etwas lauter. „Morgen“, kam ihre undeutliche Antwort. Zwei Hände tauchten aus ihrem Versteck auf und rieben sich die Augen. Dann hob sie ihren Kopf zu mir. „Kuß!“ „Tut mir leid“, lachte ich leise. „Renate hat mir verboten, mit dir rumzumachen.“ Petra riß die Augen auf. „Renate?“ Ihre Augen zeigten Angst. „Deine Schwester Renate“, lächelte ich. „Du kennst doch deine Schwester, oder?“ Petra rutschte ganz langsam von mir weg. „Ja, sicher kenn ich meine Schwester. Doch, doch, ich kenn sie. Klar kenn ich meine Schwe- ster. Alles in Ordnung.“ Sie ließ sich förmlich aus dem Bett fallen, kam auf die Füße und rannte gehetzt raus. Kopfschüttelnd sah ich ihr hinterher und stand langsam auf. Ich ging ins Bad, das leer war, wusch mich mehr schnell als gründlich, rasierte mich, putzte die Zähne, dann ging ich wieder hinauf und zog mich schnell an. Kurz darauf war ich unten im Flur. „Bettina, Claudia!“ rief ich laut. „Kommt, wir wollen eure Mutter besuchen!“ Türen gingen auf und zu, Schritte kamen die Treppe herunter. Aber nicht so schnell wie sonst. „Nun trödelt doch nicht!“ lachte ich. „Eure Mutter wird wahrscheinlich noch schlafen von der Operation, aber es wäre schön, wenn sie euch sieht, sobald sie aufwacht.“ Bettina und Claudia kamen die letzten Stufen herunter und sahen mich merkwürdig an. Vor allem Claudia. „Was hast du, Claudia?“ fragte ich sie besorgt. „Nichts!“ sagte sie schnell. „Alles in Ordnung.“ Sie ging schnell zur Haustür und öffnete sie. „So was!“ hörte ich eine Stimme. „Ich wollte gerade klingeln!“ Ich trat näher, Claudia wich mir aus und ging zurück in den Flur. Draußen standen zwei Frauen in Adelheids Alter. „Guten Tag“, grüßte ich freundlich. „Kann ich Ihnen helfen?“ „Wir dürfen doch erst einmal hereinkommen, oder?“ sagte die Frau mit einer gelben Bluse und machte einen Schritt auf mich zu. Ich blieb, wo ich war. „Was kann ich für Sie tun?“ wiederholte ich, etwas knapper. Niemand, aber auch niemand (!) hatte das Recht, mich und meine beiden Mädchen zu überfallen! „Sie sind aber unfreundlich!“ beschwerte die zweite Frau sich. „Das wird sich ändern, sobald ich weiß, wer Sie sind und was Sie wollen.“ Ich musterte die beiden Frauen ziemlich kühl. Die zweite Frau trat vor, während die erste noch an ihrer gerechten Empörung schluckte. „Vielleicht verraten Sie uns erst einmal, wer Sie sind!“ verlangte sie spitz. „Obwohl es Sie nichts angeht, will ich es Ihnen verraten“, sagte ich kalt. „Ich bin seit gestern mit Adelheid verheiratet. Und nun sagen Sie endlich, was Sie hier zu suchen haben.“ „Verheiratet?“ fragte die zweite Frau schwach. Die erste griff sich an den Kragen ihrer Bluse. „Also, was wollen Sie?“ „Wir...“ Die beiden Frauen schauten sich hilflos an. „Wir haben Adelheids Auto zurückge- bracht, und wir wollten gerne wissen, wie es ihr geht.“ „Es geht ihr schon sehr viel besser“, sagte ich freundlich. „Sie wurde gestern abend operiert, und heute früh kam der Anruf, daß sie alles sehr gut überstanden hat. Sie wird wieder gesund werden.“ „Na, Gott sei Dank!“ stieß die erste Frau erleichtert aus. „Wissen Sie, was wir uns für Sor- gen gemacht haben, als sie gestern so plötzlich umkippte? Wir wußten doch nicht, was man in so einem Fall macht, und der Krankenwagen hat ewig gebraucht, um zu kommen, und als er dann endlich da war, hat...“ „Vielen Dank, daß Sie den Wagen meiner Frau hergebracht haben“, unterbrach ich ihren Re- destrom. Nun war mir klar, warum Adelheids „Versammlungen“ so lange dauerten. „Meine Töchter und ich wollten gerade ins Krankenhaus fahren.“ „Ihre - Töchter?“ Fassungslos blickten die Frauen herein. „Meine Töchter“, lächelte ich. „Da ich mit Adelheid verheiratet bin...“ Ich überließ es der Intelligenz dieser Frauen, den richtigen Schluß zu ziehen. „Stimmt das?“ fragte die erste Frau in den Flur. „Ja“, hörte ich Bettinas Stimme. Sie kam zu mir und nahm meine Hand. „Mutti hat ihn ge- stern geheiratet, als wir dachten, sie müßte sterben, damit wir nicht alleine sind, wenn...“ Sie schluckte. „Verstehe“, sagte die erste Frau mit einem merkwürdigen Unterton. „Sehr schön. Wie gesagt, ich bin Ihnen sehr dankbar für die Rückführung des Autos, aber wir sind in Eile. Wenn Sie so nett wären...“ Ich schaute auf die Füße der Frau, die halb in der Tür standen. „Ja, natürlich“, erwiderte sie verwirrt. Die zweite Frau reichte Bettina eine schwarze Handta- sche. „Die gehört deiner Mutter, mein Kind.“ „Danke sehr“, sagte Bettina höflich und nahm sie an. Dann schloß ich die Tür und ließ die beiden Frauen draußen stehen. „Bettina, sei bitte so lieb und schau in der Tasche nach, ob die Autoschlüssel drin sind und eine kleine Mappe mit einem weißen Papier und grüner Schrift.“ „Mach ich.“ Meine kleine Bettina öffnete die Tasche und suchte. Claudia stand noch immer ziemlich weit entfernt von uns. „Hier, der Schlüssel“, sagte mein Töchterchen und reichte mir einen Bund. „Und hier ist so ‘ne Mappe.“ Auch diese gab sie mir. Ich steckte beides ein. „Prima. Dann laßt uns fahren.“ Adelheids Auto war ein kleiner Daihatsu. Nichts Großes, nichts Besonderes, aber er reichte aus für zwei Erwachsene und zwei Mädchen. Bettina und Claudia stiegen hinten ein, was ich schweigend hinnahm, dann fuhren wir los. Wenig später waren wir am Krankenhaus, suchten uns mühsam einen Parkplatz, dann gingen wir zum Haupteingang und waren kurz darauf in Adel- heids Zimmer, in das sie nach der Operation verlegt wurde. „Keine Intensivstation?“ fragte ich die Schwester, die uns begleitete, recht erstaunt. „Nein. Frau Moll - Verzeihung, Ihre Frau hat sich so schnell erholt, daß wir sie heute Mittag verlegt haben. Sie ist außer Gefahr, und ihr Zustand verbessert sich stündlich.“ „Das ist schön“, freute sich der höfliche Teil von mir. Die Schwester ließ uns alleine. Ich trat näher an das Bett in dem meine Frau (meine Frau!) lag. Sie sah tatsächlich schon sehr viel besser aus. Ein einziger Schlauch führte von ihrem Arm zu einem Tropf, ein paar Leitungen zu einem Gerät, das Puls und Blutdruck anzeigte, aber sonst war nichts zu sehen. Außer einer Frau, die dem Tod von der Schippe gesprungen war, nachdem sie mich in die Ehe gezwungen hatte. Ihre Hautfarbe war nicht mehr grau, sondern sah gesund aus, ihr Gesicht war trocken und glatt. Was für eine Betrügerin, dachte ich grimmig. Wickelt mich auf die mitleidsvolle Tour ein, nur um noch einen Mann abzukriegen. Wahrscheinlich würde sie auf ihren ach so geliebten Ver- sammlungen mit ihrem jungen Hengst prahlen, und die anderen verwelkten, ausgetrockneten Klatschtanten würden glühen vor Neid. Aber nicht mit mir, schwor ich dieser falschen Person. Eher nehme ich meine Töchter mit nach Kassel. Ich ließ die Mädchen bei ihrer Mutter und suchte nach einem Arzt, mit dem ich ein kurzes Gespräch führte, was Adelheids Geschäftsfähigkeit und meine Vertretung derselben anbelangte. Er versicherte mir, sofort eine Erklärung aufzusetzen, die von der Bank anerkannt werden würde. Ich dankte ihm herzlich und ging zurück ins Zimmer. Bettina und Claudia sahen mich besorgt an, als ich eintrat. „Sie schläft noch immer“, meinte Bettina ängstlich. „Ist doch kein Wunder“, sagte ich leise und drückte Bettina an mich. Sie schlang ihre Arme um mich und schaute mich fragend an. „Bettina, deine Mutter wurde am Herz operiert. Das ist etwas sehr Ernstes und Gefährliches, aber sie hat es überstanden und wird wieder gesund. Gönn ihr den Schlaf. Wollt ihr noch etwas hierbleiben?“ Die Mädchen nickten, doch nach einer weite- ren halben Stunde, in der Adelheid ihre Lage um keinen Millimeter verändert hatte, wurde die Langeweile unerträglich, und wir gingen wieder hinaus. Eine Schwester erklärte uns, daß Adel- heid wahrscheinlich noch den ganzen Tag schlafen würde, aber morgen abend bestimmt an- sprechbar sei, jedoch nicht für sehr lange. Auf der Rückfahrt hielten wir bei BurgerKing und stopften uns erst einmal voll, da wir seit gestern abend nichts mehr gegessen hatten, und inzwischen war es halb vier am Sonntag Nach- mittag. Die Mädchen waren nun, da sie wußten, daß ihre Mutter ihnen erhalten blieb, wesentlich lockerer und fröhlicher, doch mit mir redeten sie nur wenig. Das war mir ganz recht so, denn ich mußte bestimmte Dinge klären. Morgen mußte ich mit der Heiratsurkunde und der Bescheini- gung vom Krankenhaus zur Schule von Betty und Claudi fahren und mich dort als Miterzie- hungsberechtigten eintragen lassen, dann mußte ich Miete, Telefon, Strom und so weiter sicher- stellen, und tausend andere Dinge, die sich in meinem Kopf auftürmten, stapelten, höher und hö- her und umzukippen drohten... „Und ich wollte Ruhe haben“, entfuhr mir. Die Mädchen schraken zusammen. „Was?“ „Tut mir leid, Kinder“, entschuldigte ich mich. „Ich dachte nur gerade daran, daß ich eigent- lich nur ein Buch hier schreiben wollte, und das in einer ruhigen, ungestörten Umgebung, und statt dessen bin ich plötzlich verheiratet, muß mich um allen möglichen Kram kümmern, muß dafür sorgen, daß ihr euer Essen bekommt, und Kleidung, muß...“ „Du kannst ja wieder nach Hause gehen, wenn’s dir hier nicht paßt!“ fuhr Betty mich an. „Bettina!“ sagte ich erstaunt. „Liebling, was ist los?“ „Was los ist?“ rief sie laut, und viele Köpfe drehten sich zu uns um. „Ich sag dir, was los ist: Unsere Mutter wär beinah abgekratzt, wir kriegen von einer Minute zur anderen einen Vater, der nicht weiß, wie wir heißen, und du nennst das ‘Kram’! Ach, Scheiße!“ schrie sie nun. „Verpiß dich wieder dahin, wo du herkommst! Wir brauchen dich nicht, wir kommen auch ohne dich klar! Claudi, komm mit.“ Wütend zerrte sie ihre kleine Schwester hinaus. „Wir gehen nach Hause“, rief Bettina quer durch den aufmerksam lauschenden Raum. „Gehen! Kapierste?“ Weg waren sie. Übrig blieben mindestens zweihundert Augen, die auf mich gerichtet waren. Ruhig stand ich auf und ging ebenfalls hinaus. Mindestens zweihundert Messer trafen meinen Rücken. Der Teufel hatte sich in unser Paradies geschlichen, und dieser Teufel hieß Adelheid.
* * *
Unser erster richtiger Streit. Bisher hatten Renate, Petra und ich uns nie gestritten, und schon gar nicht so heftig. Mit schmerzendem Kopf fuhr ich langsam über die Straßen, suchte meine Schwestern, die ganz allein, ohne mich, durch die feindliche Welt gingen. Wir mußten doch zu- sammenhalten! Endlich sah ich sie. Sie gingen Hand in Hand auf dem Bürgersteig. Eine zärtliche Wärme stieg in mir auf. Renate! Petra! Was wäre ich ohne euch! Wieviel Glück und Freude haben wir uns geschenkt! Ich parkte den Wagen schnell, sprang hinaus und lief auf meine zwei Mädchen zu. „Na kommt“, sagte ich sanft, ihre wütenden Blicke nicht beachtend. „Steigt ein, dann fahren wir nach Hause und reden über alles. Einverstanden?“ Renate und Petra schauten sich an, dann nickte Re- nate. Wir stiegen ein und fuhren heim. Dort gingen wir gleich ins Wohnzimmer und setzten uns. „Mädchen“, sagte ich sanft. „Wir stehen im Moment alle unter Streß. Wir sollten versuchen, zusammenzuhalten. Streit ist das, was wir im Moment nicht brauchen können. Oder?“ Bettina und Claudia nickten leicht. „Prima. Bettina, warum bist du vorhin so böse geworden?“ „Weil mir das alles zuviel wird“, sagte sie leise. „Peter, du bist jetzt unser... Vater, auch wenn wir dich nicht so nennen sollen. Mutti ist fast gestorben, und du redest uns immer wieder mit den Namen von Renate und Petra an.“ „Hab ich das wirklich?“ fragte ich erschüttert. Beide Kinder nickten. „Das tut mir leid“, ent- schuldigte ich mich leise. „Bettina, wenn... wenn das wirklich so ist, dann - dann seid doch bitte so lieb und macht mich darauf aufmerksam, ja?“ „Machen wir ja“, sagte Claudia ängstlich. „Aber du hörst gar nicht zu!“ „Claudia meint, du bist dann so drin in deinem... deiner Phantasie, daß du es gar nicht hörst, daß du uns mit den falschen Namen ansprichst“, sagte Bettina zögernd. „Ich verstehe.“ Ich schaute Bettina ernst an. „Bettina, ich liebe euch beide. Ich liebe euch wirklich. Ob ihr nun... ich meine, ob ich euch Bettina oder Renate oder Claudia oder Petra nen- ne, ist doch... Nein, es ist natürlich nicht egal, nicht für euch, aber... deswegen liebe ich euch trotzdem. Und egal, wie ich euch nenne, ich würde euch nie etwas tun.“ „Das wissen wir“, erwiderte Bettina leise. „Aber Peter, wenn du uns anders anredest, be- kommen wir Angst. Wir wissen, daß du nicht verrückt bist, aber...“ Sie zuckte die Schultern. „Wir haben dann Angst.“ „Verständlich“, sagte ich leise. „Kommt mal her, ihr zwei.“ Ich streckte meine Arme aus. Zögernd kamen die Mädchen zu mir. Ich umarmte sie leicht. „Mädchen, wenn ich euch wieder mit den falschen Namen anrede, dürft ihr mir eine Ohrfeige geben. Okay?“ Ich lächelte ihnen zu. „Irgendwann werde ich schon kapieren, wie ihr heißt.“ „Wie heißen wir denn?“ fragte Bettina schnell. „Bettina und Claudia. Richtig?“ „Richtig.“ Bettina lächelte, das erste Mal seit unserem Essen. Auch Claudia wirkte ent- spannter. „Na sehr ihr. Wollen wir noch etwas spazierengehen?“
Nach dem Abendessen fuhren wir noch einmal im Krankenhaus vorbei, doch Adelheid schlief noch immer. Der diensthabende Arzt bestätigte jedoch, daß es ihr sehr gut ging und daß keinerlei Komplikationen zu erwarten wären. Die Mädchen saßen nun wesentlich entspannter am Bett ih- rer Mutter, redeten ein bißchen mit ihr, um sie zu trösten, doch dieses einseitige Gespräch wurde schnell langweilig. Etwas wie Haß durchfuhr mich, als ich meine Frau (Pah!) dort im Bett liegen sah. Erwartete sie tatsächlich, daß ich mich in eine heißblütige Umarmung mit ihr stürzen würde, nur damit sie mit mir angeben konnte? Ich hatte noch so etwas wie Selbstachtung! Schon der Gedanke, in einem Bett mit ihr zu liegen, den Schweiß ihres unappetitlichen Körpers zu riechen, das Fett schwabbeln zu sehen, wenn sie sich bewegte, verursachte mir Übelkeit. Starke Übelkeit. Und Kopfschmerzen. Warum mußte sie sich so in mein Leben einmischen? Konnte sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Warum mußte sie sich so zwischen meine Schwestern und mich stellen? Was hatte sie Renate und Petra nur angetan, um diese Mädchen so an sich zu binden, daß sie jetzt an ihrem Bett saßen und mit ihr redeten? Gut, sie war unsere Mutter, aber das rechtfertigte noch lange nicht diese Einmischung. Wir drei waren glücklich zusammen. Wir brauchten sie nicht. Niemand brauchte sie. Warum ist sie nicht einfach gestorben? Die Mädchen standen auf und kamen zu mir. „Wir fahren“, sagte Bettina leise. „Ist gut, Bettina. Sagt eurer Mutter noch Gute Nacht; vielleicht hört sie euch ja.“ Die Mäd- chen verabschiedeten sich mit einem Kuß von ihrer Mutter, dann fuhren wir heim. Wir sahen noch etwas fern, dann gingen wir alle drei in mein Bett. Claudia und Bettina waren zu müde, deshalb schmusten wir nur noch etwas, bis wir alle eingeschlafen waren. Mitten in der Nacht wurde ich wach. Etwas fehlte. Ich überlegte. Meine Schwestern waren in meinem Bett; ich spürte sie neben mir liegen. Aber trotzdem fehlte etwas. Unsere Eltern waren zu Hause. Das wußte ich. Sicher. Ganz sicher. Aber etwas fehlte... Jetzt hatte ich es! Wir hatten nicht miteinander gespielt vor dem Einschlafen. Doch nun, da unsere Eltern tief und fest schlie- fen, war es sicher für uns. Ich rollte mich zu Petra, zu meiner niedlichen, kleinen Petra, die trotz ihrer 12 Jahre nicht genug von diesem Spiel bekommen konnte. Ich fühlte nach ihrem Schritt, und automatisch öffnete sie sich für mich. Sofort war ich über ihr und in ihr. Petra zappelte, wie sie es sonst auch immer tat, wenn sie mich ärgern wollte, doch heute war es zu gefährlich; unsere Eltern hätten uns hören können. Und jetzt schrie sie auch noch! Schnell legte ich das Kopfkissen auf ihren Mund. „Petra, leise!“ zischte ich, doch sie hörte nicht, strampelte und schrie nur noch ärger und lauter. Und jetzt fing auch noch Renate an, mich zu ärgern! Sie zerrte an mir, belei- digte mich, schrie mich sogar an! Ich nahm sie in den Schwitzkasten. Was hätte ich denn tun sollen? Sie mußten doch leise sein wegen unserer Eltern! Petra bäumte sich auf unter mir; sie war so wild, daß ich sofort meinen Höhepunkt bekam. Ich preßte das Kissen noch fester auf sie, nahm Renate noch kräftiger in den Schwitzkasten, und plötzlich war Ruhe. Stille. Alles war still. Petra war still. Renate war still. Keiner bewegte sich, nicht einmal ich. Vorsichtig nahm ich das Kissen hoch. Petra blieb still. Petra bewegte sich nicht. Ich öffnete meinen Arm. Renate fiel auf das Bett. Renate blieb still. Renate bewegte sich nicht. Mein Mund wurde trocken. Was war mit meinen Schwestern? Ich beugte mich zu Petra. Sie atmete nicht mehr! Und Renate? Ich fühlte an ihrer Brust: kein Herzschlag. Panik erfüllte mich, eine verzweifelte, seelenverschlingende Panik. Meine Schwestern waren tot! Dabei hatten sie vor zehn Minuten noch gelacht und gewunken, als sie zum Flugzeug gingen. Dann rollte diese verdammte Kiste los, mit meinen Schwestern darin, hob ab, blieb für einen Moment in der Luft und fiel wie ein Stein zurück auf die Erde. Meine Schwestern! Meine kleinen Schwestern waren mitten in diesen Flammen, die hoch und höher schlugen! Meine Schwestern verbrannten! Ich schüttelte die leblosen Körper unter mir. „Renate! Petra! Kommt zurück! Geht nicht weg!“ Doch ohne Erfolg. Wie im Traum stand ich auf, ging hinunter in den Flur, noch eine Treppe weiter, hinaus aus der Tür. Meine Schwestern, wo waren meine beiden süßen Schwestern? Warum kamen sie nicht heim? Weinend taumelte ich durch die Straßen, durch die verlassenen, leeren Straßen, suchte meine Schwestern, suchte Re- nate und Petra, die irgendwo da draußen sein mußten. Das wußte ich. Sicher. Ganz sicher. Ich lief weiter und weiter, rief ihre Namen, hörte auf ihre Antwort, die nicht kam, lief weiter, rief weiter, hörte weiter, lief weiter, versuchte den Menschen auszuweichen, die mich aufhalten wollten, doch es waren so viele, viel zu viele. Ich klammerte mich an den Nächstbesten. „Meine Schwestern sind tot“, schluchzte ich. „Ich habe sie doch so geliebt.“ Zwei andere kamen dazu, führten mich in ein Auto, fuhren mit mir davon, aber niemand sagte mir, wo Renate und Petra sind... „Renate! Petra! WO SEID IHR?“
VI
„... wurden heute zwei Mädchen Opfer eines Sexualdeliktes. Ein elfjähriges Mädchen wurde mißbraucht und erstickt, ihre dreizehnjährige Schwester lag mit gebrochenem Genick neben ihr im Bett. Als Täter wurde ein 31jähriger Schriftsteller aus Kasse identifiziert, der offenbar unter schweren Wahnvorstellungen leidet. Er wurde von der Polizei in psychiatrische Untersuchung eingeliefert. Die Mutter der beiden Mädchen wurde erst gestern am Herz operiert. Als sie die Nachricht vom Tod ihrer Kinder erfuhr, erlitt sie einen zweiten Herzanfall, den sie trotz der so- fort zu Hilfe eilenden Ärzte nicht überlebte. Berlin. Wie der Pressesprecher der Bundesregierung mitteilt, sind die Aussichten für den Wahlkampf...“
E N D E
Lolita 1998
© Shana 1998
|
|