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SH-007 – Brieffreunde
Brieffreunde .... (sh-007.zip) (M/f cons romantic ) (38k) Brieffreunde - Wie man sie kennenlernt und was (manchmal) dabei herauskommt
Brieffreunde
Anmerkungen / Allgemeine Informationen für alle meine Geschichten: - In dieser Geschichte werden sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Minder- jährigen deutlich beschrieben. Wenn diese Art Geschichten nicht Deinen Vorstellungen von einer erotischen Geschichte entsprechen oder Du selbst nicht volljährig bist oder die- se Art Geschichten dort, wo Du lebst, nicht den lokalen Gesetzen entsprechen, lösche sie jetzt bitte sofort. - Geschichten in der Art von „Erwachsener Mann trifft minderjähriges Mädchen, und zehn Minuten später rammelten sie wie die Karnickel“ finde ich persönlich sehr unwahr- scheinlich und an den Haaren herbeigezogen, vor allem, wenn das Mädchen weit unter 16 Jahren alt ist. Daher versuche ich, in meinen Erzählungen mögliche Wege aufzuzeigen, wie eine Verbindung Mann - Mädchen zustande kommen kann. Wem dies zu langatmig ist, kann gerne auf andere Geschichten ausweichen. Zu einer guten Geschichte gehört für mich auch Logik. Ich möchte damit nicht behaupten, daß meine Geschichten gut sind, sondern nur eine Feststellung treffen. - Die meisten meiner Geschichten sind reine Erfindung. Namen, Personen, Orte und Daten sind frei erfunden, jedoch geändert in den Fällen, in denen ein realer Vorfall die Basis für eine Geschichte bildet. - Es wird ausdrücklich davor gewarnt, die Intimsphäre eines jungen, minderjährigen Men- schen gegen seinen / ihren Willen zu verletzen! Nicht, weil es gegen das Gesetz ist, son- dern weil es gegen den Willen des Menschen ist!!! Es entsteht kein gutes Karma, wenn Du dies tust, und du wirst früher oder später dafür bezahlen müssen. - Leben ist Kommunikation. Deshalb ist in meinen Geschichten sehr viel wörtliche Rede. - Für Handlungen, die aus dem Genuß dieser Geschichte entstehen, übernehme ich keiner- lei Verantwortung. Ich habe schon genug damit zu tun, mein eigenes Leben in den Griff zu kriegen ;-). - Kommentare, Lob und Kritik sowie virtuelle Schokolade bitte in diese NG posten. - Falls diese Geschichte dem entspricht, was Du suchst: Viel Spaß beim Schmökern!
Begonnen: September 1997 Beendet: 02. Mai 1998 Nr.: SH-007
© Story: Shana 1997
Kapitel 1 - Die Briefe
Hallo Schlumpfinchen,
ich fand deine Annonce im VIVAText total cool! Wenn du Brieffreunde / -freundinnen suchst, mit denen du per Brief träumen und rumspinnen kannst, bin ich der Richtige für Dich! Niemand spinnt so sehr wie ich! Wär toll, wenn ich mal von dir hören würde.
Dein Kater Mikesch
Hallo Mikesch,
echt wahr? Du spinnst auch komplett? Und ich dachte, ich wäre die einzige
Tut mir leid, daß ich erst so spät antworte, aber es waren sooooooooo viele, die mir auf meine Annonce geantwortet haben! Ich mußte erst mal alles durchsor- tieren... Schreib doch mal mehr von dir, wer du so bist und was du so treibst. Daß du spinnst, ist schon mal sehr gut, Normalos mag ich nämlich nicht.
Bis danndann! Schlumpfinchen
Hallo Schlumpfinchen,
schön, daß du doch endlich geschrieben hast! Ich hoffe, daß unter den irrsinnig vielen Briefen viele schöne und nette waren.
Tja... wer bin ich und was mach ich? Du, das weiß ich manchmal selbst nicht so ge- nau. Sicherheitshalber hängt auf meinem Spiegel ein Zettel mit meinem Namen, wo ich wohne und wo ich nach dem Frühstück hingehen muß, denn sonst würde ich wahr- scheinlich den ganzen Tag wie ein Zombie durch die Botanik latschen, ohne Sinn und ohne Ziel. Warte, ich schalt mal eben für einen kurzen Moment auf Normal (keine Angst, nicht ganz normal, nur ein kleines bißchen Normal). Kater Mikesch heißt eigentlich Martin (aka Marty, aka MM), verbringt den Tag auf die übliche Weise und sieht zu, daß er abends ein bißchen Spaß hat. Spaß heißt für mich nicht auf den Putz hauen, sondern eher die Kurve kratzen (aber nicht so laut, wegen der Nachbarn!). Ich mag Rave und Trance, treibe ein bißchen Sport und lache vor allem sehr viel und sehr gerne. Ich habe immer einen Scherz auf den Lippen (und demnächst, wenn ich so weitermache, todsi- cher eine Kugel zwischen den Augen ). Politik geht mir irgendwo links vorbei (oder rechts, das ist mir Jacke wie Hose), Soziales interessiert mich SEHR, und ich unterhalte mich gerne. Wie dir bestimmt der Poststempel verraten hat, wohne ich in Düsseldorf, in einem netten Randviertel. So, jetzt weißt du schon eine ganze Menge mehr über mich. Jetzt bist du dran!
Auch bis danndann (Gruß an Enie!) Marty
Hallo Marty,
danke für deine schnelle Antwort! Unter dem irrsinnig vielen Briefen waren viel mehr irrsinnige als gute, deswe- gen hat meine Antwort auch so lange gedauert beim ersten Mal. Ich mußte erst mal sortieren. Du gehörst zu den Auserwählten, die mir noch ein bißchen öfter schreiben dürfen! (Tusch!) Magst du Enie auch so gerne? Ich finde sie voll geil!!! Die Idee mit dem Namen auf dem Spiegel gefällt mir sehr gut, ich werde es mal probieren. Hoffentlich schreibe ich nicht aus Versehen den Namen meiner Freundin drauf und gehe nach der Schule dann zu ihr nach Hause. Kannst du dir das Chaos vorstellen? Kinder tauschen? Geil! So, jetzt zu mir. Mein bürgerlicher Name ist Nina, ich bin 13 und verrückt. Sagt meine Mutti jedenfalls. Ich mag auch Rave, und Trance liebe ich! Kann man voll drauf abheben, wenn mal wieder alles nervt. Außerdem mag ich noch die Musik aus den Sechziger Jahren, obwohl es mich damals noch gar nicht gab. Aber trotzdem! Ich mag Tiere, vor allem Katzen, gehe gerne spazieren (meistens durch den Wald bei uns, aber nur mit meiner Freundin, allein hab ich Angst) und träume gerne so vor mich hin. Manchmal auch in der Schule (schäm). Reden tu ich nicht so gerne, eher zuhören. Ich finde, es wird viel zu viel geredet und nichts gesagt. Wie dir bestimmt der Poststempel verraten hat, wohne ich in (Zitat Ende) Dortmund. Na ja, nicht direkt Dortmund, sondern in Kirchhörde. Ist ein Vorort, und zum Sterben öde! Den Brief habe ich in Dortmund eingewor- fen, in den Briefkasten neben der Schule. Frage: was heißt „aka“? Ich habe das nirgendwo gefunden! Bitte bitte auf- klären, ja? So, jetzt muß ich erst mal etwas Pause machen, mein ganzes Taschengeld ist für Briefmarken draufgegangen. Sei nicht enttäuscht, wenn ich mich erst nächsten Monat wieder melde, ja? Irgendwie mag ich deine Schreibe.
Bis danndann, Nina
Hi Nina,
ich war ja voll von den Socken: schon nach drei Tagen deine Antwort! Ich werde ja ganz rot vor Stolz! Ich, ein Auserwählter! (Wo kann ich meinen Clubausweis abholen? ) Das mit den vielen Briefen, die danebengegangen sind, tut mir echt leid, ich hoffe, es waren keine allzu bösen oder schlimmen darunter. Enie ist einfach Super!!! Ihr Satz „Gibt’s die Milchstraße auch in Erdbeer?“ war das Beste und Lustigste, was ich jemals gehört habe. Ich bin fast vom Sofa gefallen vor Lachen. Von wegen Kinder tauschen: wenn du dich mit deiner Freundin wirklich gut verstehst, sprech dich doch einfach mit ihr ab. Tauscht Schlüssel und Schultaschen und Ausweise und so, dann geht jeweils zu den anderen Eltern nach Hause und behauptet steif und fest, ihr wärt die andere. Kommt bestimmt voll gut! Musik ist was wirklich Geiles, nicht? Hilft total, wenn man mies drauf ist. Deswegen spiel ich auch Gitarre; hilft mir, Frust abzubauen. Daß du die Musik aus den 60ern magst, finde ich gar nicht so verrückt. Aus der Zeit kommen sehr viele Wurzeln der heutigen Musik. Rock, Heavy Metal, auch Blues. Kommt alles daher. Und nebenbei, ich mag diese Zeit auch am liebsten. Nicht nur wegen der Rockmusik, die damals ent- stand, sondern auch wegen der sogenannten psychedelischen Musik, die Ende der 60er aufkam. Pink Floyd, Yes, Van der Graaf Generator, um nur einige zu nennen. Du magst Katzen? Super! Ich wollte dir eigentlich meine (Mikesch) mal zum Anguk- ken mitschicken, aber das dumme Vieh hat sich geweigert, in den Briefumschlag zu gehen. Katzen! Wir haben in der Nähe auch einen schönen Wald. Ich sitz gern an dem See mitten im Wald und träume von besseren Zeiten. Du hast echt recht, es wird zuviel geredet heu- te, und nichts gesagt. Deswegen finde ich auch Spitze, daß du Zuhören kannst, das können nicht viele. „Aka“ ist Englisch und bedeutet: „Also known as“, übersetzt „Auch bekannt als“. Ist sowas wie ein Alias. Was ist dein Alias? Oh Horror, mir kommt da ein furchtbarer Gedanke: Wurdest du vielleicht mal „Ninchen“, gerufen? Bitte enttäusche mich und sage, daß das nicht wahr ist! Was die Pause angeht: ich habe eine kleine Überraschung eingepackt. Wie wäre es mit einigen weiteren Details von mir in der Zwischenzeit? Meine Lieb- lingsfarbe ist Königsblau, Sternzeichen Krebs / Jungfrau, Größe 177 cm. Ich mag hel- les Holz (Kiefer, Fichte, Tanne), bequeme, kuschelige Sofas und Sessel, lebe lieber etwas einfacher als pompös, bin in der Regel eher still und ruhig. So, jetzt du!
Mach es gut! Marty
Lieber Marty,
du bist bescheuert! Verrückt! Durchgeknallt! Du kannst mir doch nicht ein- fach fünfzig Briefmarken und ein komplettes Schreibset schicken! Super, ey! Ich danke dir!!! Mit einem Küßchen sogar! Ist auf der Rückseite von diesem Brief. Sag mal, bekommst du überhaupt so viel Taschengeld? Das kannst du dir doch bestimmt nicht leisten. Oder doch? Ich hab jedenfalls ein ganz schlechtes Gewissen! Ich hab nämlich einige deiner Briefmarken und etwas von dem Papier dazu benutzt, den anderen, mit denen ich noch geschrieben habe, ab- zusagen. Die wollten sich alle nach dem zweiten Brief mit mir treffen, aber das ging mir zu schnell. Bist du mir böse? Bitte, sei mir nicht böse, ja? Du kannst dir nicht vorstellen, was zu Hause los war, als da dieses Päck- chen für mich ankam. Meine Mutti stand total neugierig dabei und hat mir zugeschaut beim Aufmachen. Ich fand das so peinlich! Aber das Papier ist wirklich ganz ganz ganz toll! So ein herrlich romantisches Muster! Woher wußtest du, daß mir so etwas gefällt? Mutti grinste direkt und fragte ganz hinterhältig, ob ich einen neuen Verehrer hätte. Ich bin ganz rot geworden! Alles deine Schuld! Trotzdem ganz süß von dir! Jetzt bin ich so verlegen, daß ich gar nicht weiß, was ich jetzt noch schreiben soll. Außer: Danke! Ich verspreche auch hoch und heilig, keinem anderen außer dir auf diesem Papier zu schreiben! Doch, ich weiß noch was! Meine Lieblingsfarbe ist (kein Witz!) Königsblau, Sternzeichen Wassermann, Größe 156 cm (beim letzten Messen). Die Möbel in meinem Zimmer sind (immer noch kein Witz!) aus Kiefernholz. Sag mal, ist das nicht total irre? Wir sind uns sowas von ähnlich, das kann doch kein Zufall mehr sein! Ob das Schicksal irgend was mit uns vorhat? Ich habe einen total bequemen Schaukelstuhl in mei- nem Zimmer, in dem ich gerne rumhänge und aus dem Fenster schaue, wenn ich mir eine Geschichte oder ein Gedicht ausdenke. Und glaub es oder nicht: ich mag auch lieber das einfache Leben! Nicht, weil wir nicht soo reich sind, sondern weil ich keinen Sinn darin sehe, Muscheln oder Hummer in mich reinzustopfen. Oder sogar Schnecken! Oder Heuschrecken!!! Bäh! Und in weißem Marmor will ich nicht mal begraben werden, geschweige denn woh- nen! Von den Gruppen, über die du geschrieben hast, habe ich (bis auf Pink Floyd) noch nie etwas gehört. Bin eben doch nur ein dummes kleines Mäd- chen . Vielleicht kannst du mir mal was von denen schicken (?)
Deine Nina (aka „Eure Nervigkeit“, aka „Träumelinchen“)
P.S.: Wenn du wirklich deine Katze in einen Umschlag packen solltest, komme ich höchstpersönlich nach Düsseldorf und zeige dir meine Krallen!!!
Liebes Träumelinchen (was für ein süßer und niedlicher Name!),
dein Versprechen kann ich leider nicht annehmen. Das Papier und die Briefmarken waren ein Geschenk, und damit kannst du tun, was du möchtest. Ich bin wirklich nicht böse auf dich. Ehrlich nicht. Ganz bestimmt nicht. Großes Ehrenwort. Ohne Überkreu- zen. Und mach dir bitte keine Sorgen wegen meinem Geld, ja? Ich verkaufe nicht mein letztes Hemd, um dir schreiben zu können. Obwohl... ich würde es wahrscheinlich so- gar tun! Denn ich hab mich nicht einfach an deine Briefe gewöhnt, es ist eher so, daß ich mich sehr darauf freue, von dir zu hören und deine Briefe zu lesen. Danke für dein Küßchen! Es hat sehr gut geschmeckt (rot werd!) Ich werde dir aber nicht verraten, wo dein Brief hängt, damit ich ihn jeden Abend vorm Einschlafen sehen kann. Nein, das sage ich nicht. Die Wand, an der ein bestimmtes Möbelstück steht, interessiert dich bestimmt auch nicht. Es ist halt einfach eine Wand, wie so viele ande- re. Wände trifft man ja überall. Ist dir das auch schon aufgefallen? Egal, wo du in ei- nem Zimmer stehst, du siehst Wände. Manchmal komme ich mir richtig umzingelt vor. Eingeengt. Oder sollte ich sagen: Eingewändet? Ach ja: Solltest du wirklich mal nach Düsseldorf kommen, denk daran, daß ich eine Heckenschere habe, mit der ich dir deine (bestimmt herrlich langen und niedlichen) Krallen stutzen kann . (Ernsthaft jetzt) Es tut mir ehrlich leid, daß kaum einer übriggeblieben ist von den ur- sprünglich vielen Briefen. Andererseits muß ich ganz ehrlich sagen, daß es mich freut, daß ich übriggeblieben bin. Obwohl jetzt DU mir etwas versprechen mußt: Versprich mir bitte, daß du mir nicht nur deswegen schreibst, weil ich dir etwas geschenkt habe, ja? Bitte schreib mir nur, wenn dir das, was ich so von mir lasse, gefällt, okay? Ich möchte nicht, daß du irgendwie verpflichtet fühlst. So war das nämlich nicht gemeint. Ich habe dir das Papier geschenkt, damit du weiter schreiben kannst, egal ob mir oder anderen. Du hörst gerne zu, und mir gefällt es, wenn andere glücklich sind. Ja? Einver- standen? Keine Verpflichtung? Gut. Tja, wir scheinen uns wirklich sehr ähnlich zu sein, Nina. Ist schon merkwürdig. Sehr merkwürdig. Und natürlich auch schön. Aber ich hoffe, daß du mir jetzt kein unseriö- ses Angebot machst ! War ein Scherz! Was für Geschichten oder Gedichte schreibst du denn so? Darf ich vielleicht mal et- was davon lesen? Das würde mich sehr freuen! Schick mir doch bitte etwas, wovon du glaubst, daß es mir gefällt. Als Dankeschön bekommst du dann ein Gedicht von mir.
Bis bald, Marty
Lieber Marty,
entweder bist du noch verrückter, als ich dachte, oder du bist sowas von lieb, daß du schon gar nicht mehr echt sein kannst. Sowas Liebes wie deinen letz- ten Brief habe ich bisher kaum gelesen. Ich konnte richtig spüren, daß du es ehrlich meinst; mein ganzer Nacken fing an, zu kribbeln, und das tut er nur bei ganz wenigen Leuten. Ich muß ehrlich sagen, daß ich mich zuerst schon irgendwie verpflichtet gefühlt hatte, aber jetzt nicht mehr. Trotzdem habe ich mir vorgenommen, daß nur du Briefe auf diesem herrlichen Papier bekommst. Keine Widerrede! Ich will es so! Ich würde gerne mal nach Düsseldorf kommen. Irgendwie bin ich sehr neu- gierig geworden auf dich. Die anderen Briefe (also von den anderen Leuten, die mir geantwortet hatten) waren irgendwie falsch, unecht. Alle bis auf dich wollten sich sofort mit mir treffen, um tanzen oder essen zu gehen. (Empört:) Einer hat sogar geschrieben, daß er schon 30 wäre und mich im Bikini foto- grafieren wollte. Er würde auch gut dafür bezahlen. Kannst dir vorstellen, was ich dem geschrieben habe! Ich benutze selten schlimme Wörter, aber der hat jede Menge davon bekommen! Er kann mich ja anzeigen. Ein anderer wollte gleich mit mir in Urlaub fahren! Spinner allesamt!!! Das sollte ich dir vielleicht alles gar nicht erzählen. Jedenfalls kann ich dir nur empfehlen, niemals eine Annonce im VIVAText aufzugeben. Nein, auch falsch. Dann hätte ich dich nicht kennengelernt, und das wäre sehr, sehr schade. Ich mag dich nämlich sehr, auch wenn ich dich gar nicht kenne. Mist, jetzt habe ich mehr verraten, als ich wollte. Ich überlege jetzt gerade, ob ich den Brief zerreißen soll... (Ich überlege immer noch, deswegen darfst du nicht weiterlesen. - Nein, bin immer noch nicht fertig. - So, jetzt!) Ich zerreiß ihn nicht. Überlies das einfach alles, ja? Du spielst Gitarre? Geil! Was denn für Musik? Kannst du mir mal was vor- spielen? Ich meine, auf MC aufnehmen und schicken? Ich würde das so ger- ne mal hören. Die Kassette, die du mitgeschickt hast, hat mir sehr gut gefal- len. Das ist also psychedelische Musik? Was macht die denn genau? Ich meine, ich habe schon irgendwie gespürt, daß man da sehr genau zuhören muß, aber irgendwie schien das noch nicht alles zu sein. Übrigens...: Nik und ich (Nik ist meine Freundin) haben das mit dem Tausch mal gemacht. Wir haben uns bep... vor Lachen! Unsere Eltern wa- ren total geschockt. Wir haben in der Schule unsere Schlüssel getauscht. Ich also rein zu Niks Eltern, ohne Hemmungen die Tür aufgeschlossen, Tasche und Jacke in den Flur und gefragt, ob Essen fertig wäre. Die Gesichter! Nik und ich haben uns abends wieder „zurückgetauscht“. Natürlich haben wir ge- geiert vor Lachen. Das war eine geile Idee von dir!!! Du, ich würde wirklich mal gerne nach Düsseldorf kommen und dich sehen. Wie wäre es mit einem Austausch von Fotos? Ich warte ganz gespannt auf deine Antwort.
Deine Nina
P.S.: Ich wurde bisher nur einmal „Ninchen“ genannt, und dieser Mensch lebt heute nicht mehr. Also Vorsicht, ja? Denn niemand konnte es mir nach- weisen Nochmal P.S.: Ein Gedicht von mir? Hmm... Mal überlegen. Wie wäre es damit? Flieg durch die Wolken, empfange das Weiß, Sieh nicht nach unten, dort ist alles Grau. Schau nur nach vorne, dort ist das Eis, Das Eis löst mich auf, ich fliege ins Blau.
Liebes Nin - Liebe Nina,
ich habe mich gerade noch beherrscht . Ich liebe mein Leben! Auf der MC findest du ein Lied, das ich sehr gerne spiele, wenn ich träume. Erzähl mir mal, was du dabei gefühlt hast, ja? In dem zweiten Umschlag ist das, was ich beim Spielen dieses Liedes gefühlt habe. Mach ihn bitte erst dann auf, wenn du sicher bist, was du spürst. Bin echt gespannt, was du denkst. Psychedelische Musik... Tja, wie soll ich sagen? Sie wurde damals gespielt, um sich gefühlsmäßig in eine andere Welt zu versetzen, meistens noch unterstützt durch leichte Drogen wie Alkohol oder Marihuana. Ich muß ehrlich sagen, daß es mich wundert, daß du eine solch intensive Reaktion auf diese Musik gezeigt hast. Es gibt nur wenige 13jährige, die diese Musik so verstehen wie du. Find ich toll. Aber bitte nimm jetzt keine Drogen deswegen, ja? Auf den Mittelteil deines Briefes antworte ich nicht. Kann ich ja auch gar nicht. Ich habe es nämlich überlesen, so wie du wolltest. Aber ich finde es auch sehr schön, mit dir zu reden, auch wenn es nur per Brief ist. Mit den Fotos ist das so eine Sache. (Langes Zögern...) Ich bin schon neugierig, wie du wohl aussiehst, aber ich weiß, wie ICH aussehe, und ich befürchte, ein Foto von mir wird unseren schönen Briefwechsel sofort beenden. Ich bin nicht gerade gutaussehend . Nebenbei gesagt, ich würde dich auch gerne treffen, aber ich finde, wir sollten uns noch etwas besser kennenlernen, bevor wir uns persönlich gegenüberstehen. Ich habe manchmal das Gefühl (klingt jetzt komisch, ist aber wahr!), daß ich dich fast vor mir sehe, wenn ich deine Briefe lese. Jetzt hab ICH mehr verraten, als ich wollte , aber das macht nichts. Du darfst es ruhig lesen. Großzügig von mir, nicht? Vielen Dank für dein Gedicht, es ist sehr schön und sehr interessant. Ich kann mir schon fast denken, was du damit sagen willst. Jetzt eins von mir:
Flieg durch die Wolken, heraus aus deinem Leid, Laß alles hinter dir, genieß deine Zeit, Dort hinten der Berg, auf dem landest du, Du schaust nach unten, dein Weg war sehr weit.
Doch du hast es geschafft, du bist nun am Ziel, Im Nachhinein war es doch gar nicht so viel. Das Ziel immer vor Augen, war der Weg das Schwerste, Es hat dir geholfen, es vor dir zu sehen, Du bist nun am Ziel, du bist die Erste, Das letzte Stück willst du nun auch noch gehen.
Dein Marty
Lieber Marty,
hast du dich eigentlich mal gefragt, warum ich im VIVAText annonciert habe? Ich bin zwar nicht häßlich, aber auch nicht so gutaussehend, daß die Jungs bei mir Schlange stehen (Verlegen werd). Mist, jetzt habe ich total falsch angefangen. Jetzt denkst du bestimmt, ich bin auf der Jagd nach Jungs... Also nochmal: Ich habe im VT annonciert, weil es mir auf die Nerven ging, immer Mauerblümchen zu sein, obwohl ich nicht häßlich bin. Aber die Jungs aus meiner Schule wollen immer gleich Anfassen und Küssen, und das geht mir zu schnell. Deshalb wollte ich erst mal jemanden über Briefe kennenler- nen, bis ich sicher bin, daß er nett ist. Und du bist echt total nett! Deshalb kannst du mir ruhig dein Foto schicken, ich werde weder lachen noch mich entsetzt von der nächsten Brücke stürzen . Aber sag mal... Langsam wird mir das unheimlich. Ich habe auch das Ge- fühl, daß ich dich vor mir sehe, wenn ich deine Briefe lese. Das Bild ist zwar total undeutlich, aber ich kann irgendwie spüren, daß du ein richtig net- ter und lieber Mensch bist. Geht dir das auch so? Ich meine damit nicht, daß ich lieb und nett bin... Quatsch, jetzt habe ich mich total verhaspelt. Nochmal: Hast du auch so ein Gefühl, daß du mich mehr spürst als siehst? Wär ja toll, wenn das so wäre. Könnte ich mir den Zug nach D sparen und dich einfach so sehen . Nein, ich will dich schon irgendwann sehen. Aber den Vorschlag, uns besser kennenzulernen, finde ich sehr schön. Üben wir uns also in Geduld . Wie wäre es mit nächstem Sonntag? Zwölfmal Danke für die Kassette. Hast du das echt selbst gespielt? Das ist super! Warum hast du noch keine CD rausgebracht? Was ich dabei gefühlt habe: ich war eine Möwe, die über den Strand flog und es genoß, eine Möwe zu sein und auf der Luft zu gleiten. Ich habe übrigens deinen zweiten Um- schlag ungeöffnet wieder mitgeschickt, allerdings habe ich ein Siegel drauf- gemacht, damit wir beide wissen, daß wir ihn nicht aufgemacht haben. Schick ihn bitte wieder mit, dann mach ich ihn auf und vergleiche. So kannst du auch sicher sein, daß ich nicht geschummelt habe. Auf jeden Fall habe ich ein Foto von mir beigelegt. Ich dachte, wir fangen langsam an, und habe ein Bild von mir rausgesucht, das mich als Baby zeigt. In meinen nächsten Brief lege ich dann eins von meinem ersten Ge- burtstag, in meinen übernächsten dann eins von meinem zweiten Geburtstag und so weiter. Gut, was? So können wir uns langsam daran gewöhnen, wie wir aussehen. Aber Martin, du weißt so viel über die 60er Jahre. Wie alt bist du eigentlich? 18? 20? Ich habe alle deine Briefe noch einmal gelesen und das nirgendwo gefunden. Und keine Angst: ich nehm keine Drogen. Ich rauche nicht ein- mal. Drogen machen mir irgendwie Angst, und ich werde sie bestimmt nicht nehmen, nur weil irgend jemand meint, ich müßte sie nehmen, um zu irgend einer Gruppe zu gehören. Nix! Dein Gedicht war wunderschön! Ich fand es ganz toll, daß du den gleichen Anfang genommen hast wie ich. So konnte ich sehen (oder besser: lesen), was man aus einem Anfang alles machen kann. Danke! Hast du das schon früher geschrieben, oder extra für mich? Ich verstehe es nicht so ganz, aber es macht mir irgendwie Mut. Nochmal Danke! Marty, ich finde es unwahrscheinlich schön mit dir! Deine Briefe sind so warm und so lebendig, daß ich mich richtig gut fühle, wenn ich sie lese. Schreibst du viel? Ich meine, nicht nur Briefe, sondern auch Geschichten? Ich denke viel über dich nach.
Dein Nin - Deine Nina , die dich sehr mag!
Liebe Nina,
ich bin die nächste Woche weg, deswegen nur ganz kurz der versiegelte Umschlag und ein Babyfoto von mir. Ich schreibe mehr, wenn ich wieder zurück bin. Das Gedicht habe ich extra für dich geschrieben; ich werde dir doch kein „gebrauchtes“ anbieten!
Marty
Lieber Marty,
auch wenn du nicht zu Hause bist, muß ich dir trotzdem schreiben. Diese ein- wöchigen Klassenfahrten sind der nackte Horror, was? Ich habe diesen geheimnisvollen Umschlag geöffnet, den Zettel gelesen und bin umgefallen. Das kann’s ja wohl nicht geben! Hast du echt an eine Möwe gedacht, als du das Stück erfunden hast? Ich faß es nicht! Sind wir uns so ähnlich? Ich muß dich treffen! Ich muß, ich muß, ich muß! Ganz schnell! Ich hab sogar versucht, deine Telefonnummer rauszubekommen, um dich am Samstag oder Sonntag anzurufen, aber deine Eltern haben anscheinend eine Geheimnummer. Bitte, bitte, melde dich nach deiner Klassenfahrt ganz schnell bei mir, ja? Meine Telefonnummer steht oben. Das heißt, wenn deine Eltern erlauben, daß du mich anrufst.
Deine Nina
P.S.: Ich denke sehr oft an dich. Wer du wohl sein magst. Ich träume da- von, mit dir spazierenzugehen, deine Hand in meiner zu halten und zu spüren, daß du da bist. Ich überlege mir viele Briefe, aber ich schreibe sie nicht, weil... Nein, das kann ich nicht sagen. Oder doch? Nein, besser nicht. Doch, ich sage es jetzt: Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.
Noch immer Deine Nina
Liebste Nina,
bitte setz dich jetzt hin und sei bitte ganz ruhig, ja? Du bist nicht in mich verliebt. Du kannst es nicht sein. Du kennst mich nicht, und das, was du von mir kennst, sind nur ganz kleine Stücke von mir. Ich habe dir absichtlich nicht geschrieben, wie alt ich bin. Laß mich bitte erklären, warum: Ich schreibe derzeit ein Buch über ein junges Mädchen, das sich ganz einsam fühlt und von den Eltern vernachlässigt zu Hause sitzt und sich nur mit Brieffreunden austauscht. Um den Einstieg in dieses Buch so wirklichkeitsnah wie möglich zu gestalten, habe ich auf einige Annoncen im VIVAText geantwortet, um „Material“ zu sammeln, aber nur bei dir habe ich gemerkt, das sich irgend etwas zwischen uns aufbaut. Deshalb auch diese Woche „Pause“. Ich wollte - nein, ich mußte darüber nachdenken. Es ist zwar ein sehr, sehr schönes Gefühl, was ich für dich habe, aber es macht mir auch etwas Angst, um ehrlich zu sein. Denn wir haben uns erst ein paar Mal geschrieben. Trotz- dem ist da etwas. Nicht nur auf deiner Seite, auch auf meiner. Um so schlimmer für uns. Nina, ich bin ein erwachsener Mann, fast vierzig Jahre alt. Ich bin berufstätig, geschie- den und wohne alleine. Durch den Briefwechsel mit dir war ich eine Zeitlang wieder jung, und dafür möchte ich dir danken. Vor allem aber möchte ich mich bei dir ent- schuldigen, daß ich nicht ehrlich zu dir war. Es tut mir mehr leid, als ich sagen kann, und noch mehr tut es mir leid, daß die Gefühle, die zwischen uns entstanden sind, so brutal und abrupt beendet werden müssen. Aber es geht nicht anders. Nina, du bist ein so wundervoller und lieber Mensch, daß ich mir wirklich wünsche, wieder jung und dein Freund zu sein, aber leider bin ich alt. Alt im Vergleich zu dir.
Bitte vergib mir. Martin
Martin,
weißt du, was ich in den letzten vier Wochen seit deinem „tollen, ehrlichen“ Brief gemacht habe? Geheult! Warum mußtest du das tun? Konntest du mich nicht einfach in meinem Glau- ben lassen? In meiner Hoffnung? In meinen Träumen? Mußtest du mir die Wahrheit so hinknallen? Warum konntest du nicht einfach jede Woche ein Foto schicken, jedesmal ein Jahr weiter? Irgendwann hätte ich dann schon gemerkt, was los ist, aber das wäre dann meine Entscheidung gewesen. Wenn ich überhaupt irgendwas entschieden hätte. Ich weiß es nicht. Aber jetzt sitze ich vor einem Haufen Scherben. Danke!
Nina
Lieber Marty,
mein Brief von vorletzter Woche tut mir leid. Wirklich. Ich war wütend und traurig und verletzt und stinksauer und alles mögliche. Ich wollte gestern deine ganzen Briefe wegwerfen, aber ich konnte es nicht tun. Ich habe mich auf mein Bett gelegt und sie alle noch einmal gelesen, jeden einzelnen, jedes einzelne Wort, jeden einzelnen Buchstaben. Du bist also ein Erwachsener. Na und? Weißt du, was ich gemerkt habe in deinen Briefen? Wir haben einige unterschiedliche Interessen, aber auch sehr viel gemeinsame. Du bist nicht so wie der Typ, von dem ich geschrieben habe. Du hast gesagt, was du magst und was du fühlst, und ich habe entdeckt, daß ich in vielen Dingen ebenso denke und fühle. Wir sind uns so ähnlich, daß es mir egal ist, daß du ein Erwachsener bist. Ich mag dich eben. Können wir uns nicht einfach mal treffen? Ich meine, ohne Verpflichtung? Ich möchte zu gerne mal in deine Augen sehen! Warum schreibst du mir denn überhaupt nicht mehr? Wir können doch Freunde sein, oder? Einfach Brieffreunde. Erzähl mir doch von deiner Ar- beit. Ich werde wahrscheinlich nicht viel davon verstehen, aber ich möchte ganz einfach wieder von dir hören. Nicht nur wegen der niedlichen Kleinigkei- ten, die du immer in deine Briefe gelegt hast, sondern einfach wegen dir. Du fehlst mir. Sehr sogar. Ich vermiß dich, Marty! Letzte Nacht habe ich von dir geträumt. Glaube ich jedenfalls. Wenn du blau-grüne Augen hast und kurze, dunkelblonde Haare, dann warst du es. Ich kenne sonst keinen, der so aussieht. Ist das nicht bescheuert? Ich kenn dich kaum, hab dich noch nie gesehen, und träume von dir. Das muß doch etwas bedeuten! Scheiße, jetzt sitze ich seit über einer Stunde an diesem Brief und rede immer noch völligen Blödsinn. Ich möchte einfach nur sagen, daß du erreicht hast, daß ich mir wertvoll und anerkannt vorkomme. Du kannst kein schlechter Mensch sein, wenn du so etwas schaffst. Was kannst du eigentlich schaffen, wenn du mit Menschen direkt zu tun hast? Wenn du ihnen gegenüber bist? Ich habe geschrieben, daß ich dich mag, und daß ich glaube, in dich verliebt zu sein. Es tut mir leid, daß ich das gesagt habe. Nein, tut es nicht. Doch. Nein, doch nicht. Wovor hast du denn Angst? Hast du überhaupt Angst, oder magst du mich auf einmal nicht mehr? Hast du mich überhaupt jemals ge- mocht? Doch, das hast du. Deine Briefe sagen es. Ich bin im Moment ein bißchen durcheinander. Tut mir leid. Ich möchte dich sehen. Kannst du nächsten Sonntag um elf Uhr morgens am Westfalenpark sein, Eingang Westfalenhalle? Wenn ja, ruf mich bitte am Samstag abend um Mitternacht an und laß das Telefon genau dreimal klin- geln, dann mach eine Minute Pause, ruf wieder an und laß es zweimal klin- geln. Dann leg auf. Meine Mutter schläft sehr fest, und ich bleibe wach bis Mitternacht. Bitte ruf an! Bitte!!! Ich glaube fest daran, daß wir uns erkennen werden.
Deine Nina, die dich nicht verlieren möchte
Nina, mein Liebes,
was habe ich dir bloß angetan? Es tut mir unendlich leid, dich so verwirrt und deine Gefühle verletzt zu haben. Ich wollte eigentlich nur Informationen für mein Buch ha- ben, und jetzt merke ich, daß ich für dich ebenfalls sehr viel empfinde. Aber Nina, ich bin erwachsen! Ist dir klar, was das bedeutet? Selbst wenn wir uns treffen und fest- stellen, daß wir uns mögen, was dann? Um es ganz offen zu sagen: kannst du dir vor- stellen, mich zu umarmen? Mit mir etwas zu unternehmen? Was werden deine Eltern dazu sagen? Was deine Freundinnen und Freunde? Bist du sicher, daß du diesen gan- zen Ärger (der todsicher kommen wird) auf dich nehmen willst? Denk bitte darüber nach. Ganz gründlich, versprochen? Kennst du den Film „Der Dunkle Kristall“? In dem Film kommt ein kurzer Dialog vor: „Was ist Schrift?“ - „Worte, die bleiben.“ Auch ich habe deine Briefe sehr oft und immer wieder gelesen. Nina, von dem, was du schreibst, und was deine Worte aus- drücken, bekomme ich Angst. Ja, ich habe Angst. Nicht vor dir, aber vor dem, was da zwischen uns ist. Warum das so ist, weiß ich nicht. Bei den anderen Mädchen, die mir geschrieben haben, war das nie so. Es war ein lockerer, unverbindlicher Plauderton, das war alles. Aber bei dir... Irgend etwas ist da, aber ich weiß nicht, was es ist. Viel- leicht will ich es auch nicht wissen. Du hast von mir geträumt? Das ist mehr, als ich verdiene. Aber du hast recht: ich habe blau-grüne Augen und dunkelblonde Haare. Wenn du blaue Augen und lockiges blon- des Haar hast mit einem Mittelscheitel, dann sollten wir uns vielleicht wirklich treffen. Aber nicht an diesem Wochenende. Denk bitte zuerst ganz tief über das nach, was ich weiter oben geschrieben habe, Nina. Erst wenn du so aussiehst, wie ich denke, und du der Meinung bist, daß du mit den Konsequenzen, die ich angedeutet habe, leben kannst, dann können wir uns am nächsten Wochenende sehen. Den Westfalenpark kenne ich sehr gut; ich bin früher oft dort hingefahren, wenn ich mal abschalten oder nachdenken wollte. Es ist ein schöner Platz zum Reden. Nina, ich möchte noch so viel mehr schreiben, aber ich fürchte, daß es dich nur bela- sten wird, wenn unser Treffen (sollte es zustande kommen) nicht so ausfällt, wie du (und vielleicht auch ich) es dir erhoffst. Denk drüber nach, ja?
Marty
Liebster Marty,
vielen, vielen Dank für deinen lieben Brief. Ich wußte es! Du magst mich doch! Ich habe sogar zwei Wochen über das nachgedacht, was du geschrieben hast. Ergebnis: ich will dich noch mehr als vorher sehen! Mit meiner Mutter kriege ich das schon hin; mein Papa ist schon seit vielen Jahren nicht mehr bei uns. Meine Eltern sind geschieden. Nächsten Sonntag, elf Uhr? Ruf bitte am Samstag an, wie ich bereits er- klärt habe. Du weißt ja jetzt, wie ich aussehe. Dein Traum von mir war auch richtig.
In Liebe, deine nervöse Nina, die es gar nicht erwarten kann, dich endlich zu sehen!!!
Kapitel 2 - Das Treffen
(Nina) Ich habe meiner Mutter gesagt, daß ich über Mittag bei einer Freundin bin, und sie hat es geschluckt. Ich hab mich in die Straßenbahn gesetzt und bin zum Park gefahren. Ich war so nervös, daß ich gar nicht still sitzen konnte, sondern nur noch auf meinem Sitz hin und her gerutscht bin. Die zehn Minuten Fahrt kamen mir vor wie eine Stunde. Würde Marty wirklich kommen? Das Telefon hat zwar gestern nacht geklingelt, so wie wir es vereinbart hatten, aber würde er wirklich kommen? Bitte, bitte, laß ihn kommen! Laß ihn da sein! Ich will ihn so gerne sehen! Hoffentlich mag er das, was ich anhabe. Wird ihm mein Haar gefallen? Gott, bin ich nervös. Ich kriege bestimmt kein einziges Wort heraus!
(Martin) Ein Teil von mir konzentrierte sich auf den Verkehr auf der Autobahn nach Dort- mund, ein anderer war aufgeregt bis in die Haarspitzen, und ein dritter fragte perma- nent, was ich denn für einen Unsinn triebe, mich mit einem fremden, 13jährigen Mäd- chen zu treffen, das behauptete, in mich verliebt zu sein. Gut, ich empfand auch etwas für sie. Allein das verwirrte mich mehr, als ich es zu- geben wollte. Kann man sich wirklich per Brief in einen Menschen verlieben? Ich war mir gegenüber ehrlich genug, um mir einzugestehen, daß ich nicht ehrlich zu mir war und viel von meinen Gefühlen verdrängte. Mist, jetzt hätte ich beinahe die Abfahrt verpaßt. Ich war viel zu früh dran. Erst kurz nach zehn. Noch knapp zwei Kilometer, und ich war da. Ich fuhr den Wagen auf den Parkplatz, zahlte, suchte mir einen freien Platz, stieg aus und ging mit einem Cha- os an Gefühlen die Straße hinauf zum Eingang.
(Nina) Ich war viel zu früh da. Es war erst kurz nach zehn, aber ich hatte es zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten. Meine Mutter wußte nicht, daß Marty ein Erwachse- ner ist. Sie glaubt, daß er in meinem Alter ist und denkt sich nichts dabei, daß ich ihm schreibe. Meine Uhr zeigte Viertel nach Zehn. Er würde mit dem Auto kommen, aber ich traute mich nicht, auf die Straße zu sehen. Ich setzte mich mit dem Rücken zur Straße auf einen Betonpfeiler und spielte mit dem Ärmel meiner Bluse vor Nervosität. Plötz- lich spürte ich etwas. Er war da! Er war in meinem Rücken und schaute mich an. Herz, klopf nicht so stark! Mein Mund war vollkommen trocken. Ich wußte, daß Marty hin- ter mir stand, aber ich konnte mich nicht umdrehen. Es ging nicht!
(Martin) Vor dem Eingang saß ein junges Mädchen, mit dem Rücken zu mir, aber ich wuß- te, daß das Nina war. Sie war wirklich gekommen. Halb fürchtete und halb hoffte ich, daß sie nicht da wäre, doch sie war da. Mein Puls schaltete in den 4. Gang und gab Vollgas. Ich fühlte den starken Impuls, mich umzudrehen und wegzulaufen. Was um Himmels willen sollte ich denn mit ihr reden? Wir waren 27 Jahre auseinander! Stocksteif blieb ich hinter ihr stehen und starrte auf ihren Hinterkopf. Ich war ge- lähmt.
(Nina) Bitte, sag etwas, oder ich sterbe! Ich hab solche Angst, und ich freu mich so, daß du da bist! Bitte, sag etwas! Irgendwas!!!
(Martin) Das ist doch zu blöd! Ich bin über 70 Kilometer gefahren, um Nina zu treffen, und jetzt bringe ich kein Wort heraus. Befehl an Beine und Füße: losgehen! Ich ging halb um sie herum und blieb an ihrer Seite stehen. „Nina?“
(Nina) Er sagte meinen Namen! Ich sprang auf und starrte ihn an. Er sah genauso aus wie in meinem Traum. Aber seine Augen waren viel schöner als ich geträumt hatte: so freundlich und lebendig und voller Wärme. Marty! „Marty!“ Er nickte und lächelte, dann streckte er mir seine Hand entgegen. Total daneben nahm ich sie und schüttelte sie heftig. Marty sah wirklich genauso aus wie in meinem Traum. Nicht sehr groß, aber breite Schultern und kräftig. Aber seine Augen! Wenn ich nicht schon in ihn verliebt gewesen wäre, wäre es in genau diesem Moment passiert. Ich konnte nicht anders; ich mußte ihn umarmen!
(Martin) Nina nahm meine Hand und begrüßte mich. Sie schaute mich einen Moment lang an, und in diesem Moment sprang etwas über. Sie hatte gelogen. Sie war kein Mauer- blümchen, sondern ein hübsches junges Mädchen. Nicht schlank, aber auch nicht dick. Gerade richtig proportioniert, um gut auszusehen. Etwas in ihren Augen leuchtete auf, und plötzlich umarmte sie mich heftig. Ich konnte nicht anders; auch ich legte meine Arme um sie und drückte sie an mich, als hätte ich etwas wiedergefunden, was ich verloren hatte. Was passierte mit uns?
* * *
Für die Menschen, die über den großen Vorplatz zum Eingang des Parks gingen, sah es so aus, als ob Vater und Tochter ein Wiedersehen nach langer Trennung feier- ten, doch davon merkten Nina und Martin nichts. Für sie existierte in diesen Sekunden nichts anderes außer ihnen selbst auf dieser Welt. Die Welt bestand nur aus ihnen bei- den. „Ich hab so gehofft, daß du kommst“, sagte Nina erleichtert und hob ihren Kopf, um Martin anzusehen. „Ach, Nina“, seufzte Martin schweren Herzens, ohne jedoch erklären zu können, warum er seufzte. Er wußte nur, daß er Nina ebenfalls sehr, sehr mochte. Mehr, als ihm vielleicht guttat. Nina schien zu spüren, was in ihm vorging. Sie lächelte ihn schüchtern an. „Wir haben den ganzen Tag für uns“, sagte sie leise. „Ich muß erst abends wieder zu Hause sein. Wir können also viel reden.“ Martin sah in ihre Augen und fand dort so viel Gefühl, daß sein Blick sich trübte. Er drückte das Mädchen noch einmal an sich, dann ließ er es los. „Komm“, sagte er zu ihr, „laß uns reingehen und ein bißchen laufen, ja?“ „Gerne“, freute Nina sich. Sie legte einen Arm um seine Hüfte und ging mit ihm zur Kasse, wo er - trotz ihres Widerspruchs - für sie beide den Eintritt bezahlte. Nina schwor, ihm zum Ausgleich ein Eis zu kaufen, was Martin gerne annahm. Sie gingen durch den wunderschönen Park, ohne jedoch viel davon zu sehen. Sie redeten und redeten, als ob sie sich seit Jahren kennen würden. Sie tauschten Erfah- rungen und Erlebnisse aus; Nina von ihrer Schule, Martin von seiner Arbeit, und beide sprachen sehr viel über ihre gemeinsamen Interessen. Zum Mittagessen fuhren sie auf den Fernsehturm und saßen ganz dicht nebeneinander. Es schien für sie beide lebens- notwendig zu sein, sich immer und jederzeit zu spüren. Nach dem Essen fuhren sie wieder hinunter und gingen weiter, immer die gleichen Wege entlang, ohne es zu mer- ken, bis es für Nina Zeit wurde, nach Hause zu fahren. Tieftraurig verabschiedeten sie sich voneinander. Martin blieb noch stehen und sah der Straßenbahn hinterher, die Nina wegbrachte von ihm, dann drehte er sich um und ging zu seinem Auto, um nach Hause zu fahren. Auf der Rückfahrt konnte er nur an eines denken: an den nächsten Sonntag, wenn er Nina wiedersehen würde. Nina ging es genauso. Sie saß in der Straßenbahn und dachte nur noch an ihn.
Marty, mein Liebling,
jetzt ist es gerade mal zwanzig Minuten her, seit wir uns verabschiedet haben, und ich vermisse doch schon, als hätten wir uns ein ganzes Leben nicht gese- hen. Ich weiß nicht, wie es kommt, aber der Tag heute war der schönste Tag in meinem Leben. Ich war mit dir zusammen, und das war alles, was ich wollte. Ich bin so froh, daß wir uns endlich getroffen haben! Kannst du dir das erklären? Du könntest glatt mein Vater sein, aber du bist für mich jemand, nach dem ich mich mein ganzes Leben lang gesehnt habe. Vorher habe ich nur geglaubt, daß ich mich in dich verliebt habe, aber jetzt weiß ich es. Marty, ich liebe dich. Dein Alter ist mir egal, ganz ehrlich. Du bist der, der mir fehlt zu meinem Glück. Ich kann es kaum erwarten, bis es wieder Sonntag wird.
Ich liebe dich. Nina
Nina, mein Liebes,
was ist bloß passiert mit uns? Ich bin gerade eben nach Hause gekommen und kann es schon jetzt kaum erwarten, dich wiederzusehen. Ich hätte nie gedacht, daß der Tag mit dir so wunderschön werden würde, aber er war es. Um ehrlich zu sein, hatte ich heute morgen noch Angst, daß wir beide nicht wissen würden, was mir miteinander reden sollten, aber der Tag war ja vorbei wie nichts, und es gibt noch soviel, was ich dir sa- gen möchte. Aber nicht im Brief. Du weißt, warum. Nina, es war ein wundervoller Tag, und du bist ein ganz wundervolles Mädchen. Du erscheinst mir wie das fehlende Teil im Puzzle meines Lebens. Ohne dich fehlt mir etwas, ohne dich bin ich kein vollständiger Mensch. Klingt das nicht verrückt? Auf der Rückfahrt mußte ich immerzu an dich denken, Nina, und wie prächtig wir uns verstanden haben. Du hattest recht, als du geschrieben hast, daß das kein Zufall sein kann. Der heutige Sonntag war der schönste Sonntag, den ich seit vielen Jahren hatte. Dafür danke ich dir. Nina, du kannst dir nicht vorstellen, wie ich den nächsten Sonntag herbeisehne. Es war so herrlich, dich den ganzen Tag im Arm zu haben, daß ich fast nicht weiß, wie ich die nächste Woche ohne dich überstehen soll. Na ja, ich schätze, ich werde eben arbeiten, bis ich umfalle .
Paß auf dich auf, mein Schatz. Marty
Marty, mein Schatz,
ist das nicht lustig, daß wir beide noch am Sonntag einen Brief geschrieben haben? Nein, nicht lustig, eher schon merkwürdig. Auch falsch, es ist irgend- wie... Ich weiß nicht, aber es paßt. Für mich war es auch der schönste Sonn- tag seit langem. Wenn ich mit einem Jungen Arm in Arm gehe, ist das nur nervig, aber bei dir war es wunderschön. Ich spür jetzt noch deine Hand um meine Schulter. Mist, ich werde rot. Schau mich jetzt bloß nicht an! Ach, Marty, ich merke erst jetzt, wie langweilig und trostlos mein Leben vor- her war, bevor es dich gab. Quatsch! Es gab dich ja schon lange vor mir, aber das wußte ich ja nicht. Du weißt, was ich meine. Heute ist Dienstag. Noch fünfmal schlafen, dann sehen wir uns wieder! Juchhu! Was machen wir dann? In Dortmund ist nächstes Wochenende Kirmes, aber das ist mir alles zu voll und zu laut. Kann ich dich mal besu- chen? Vielleicht könnte ich... Nein, vergiß es. Übrigens, du kannst ruhig schreiben, was du möchtest. Meine Mutter geht nicht an meine Post. Nicht mehr. (Ich grinse jetzt ganz gemein!) Ein einzi- ges Mal hat sie einen Brief von einer meiner Freundinnen aufgemacht und gelesen. Weißt du, was ich dann gemacht habe? Nicht getobt oder so, nein! Ich habe einfach am nächsten Tag ihre ganze Post aufgemacht und gründ- lich gelesen . Seitdem läßt sie meine Briefe in Ruhe, und ich ihre. Gab zwar ganz schön Streß, aber jetzt weiß sie Bescheid. Ach, Marty, warum kannst du jetzt nicht bei mir sein, in meinem Zimmer- chen, das so leer ist ohne dich? Die Wände (ja, ich habe auch welche ) schauen mich so traurig an, oder kommt mir das nur so vor? Warum mußt du auch so weit weg wohnen? Ich meine, für dich ist es nicht weit, du hast ja ein Auto, aber für mich und mein Fahrrad ist es doch zu weit. Ich würde mehr als vier Stunden brauchen, um zu dir zu kommen, aber ich darf ja mit dem Rad nicht auf die Autobahn. Oder ich schreibe der Polizei ein- fach, daß ich dich wahnsinnig liebe und ganz dringend zu dir muß, vielleicht erlauben sie es dann. Soll ich das mal versuchen? Nein, tu ich doch nicht. Die Autos fahren mir viel zu schnell. In der Schule gab es heute Ärger. Keinen richtigen, nur ein bißchen. Ich hab von dir geträumt, anstatt aufzupassen, und der Lehrer meinte, ich solle gefäl- ligst nicht schlafen. Dabei bin ich in Bio die Beste! Aber egal. Ich will ja gar nicht schlafen, denn dann kann ich nicht an dich denken. Ich kann zwar von dir träumen, aber das geht viel zu schnell vorbei, und dann muß ich auch schon wieder aufstehen und zur Schule radeln. Bist du mir sehr böse, wenn ich beim Radfahren nicht an dich denke? Da muß ich auf die Straße achten. Aber sonst denke ich immer an dich! Entschuldige, aber ich habe jetzt dreimal tief gegähnt. Ist ja auch schon nach elf, und klein Ninchen muß in die Heia. Wehe, wenn du mich so nennst! Dann gibt es Ärger, und zwar gewaltig! Ich liebe dich, Marty. Mach, daß es ganz schnell Sonntag wird, ja?
Nina
P.S.: Ich liebe dich. Und ich liebe dich. Und dann liebe ich dich noch. Au- ßerdem liebe ich dich, und ich liebe dich. Nochmal P.S.: Ich liebe dich wirklich.
Meine süße, kleine Nina,
bitte schreib mir nicht mehr so gefühlvolle Briefe, ja? Sonst kann es nämlich passieren, daß ich mitten in der Woche nach Dortmund komme, dich entführe und nie wieder nach Hause lasse, sondern dich für immer bei mir behalte! Scherz beiseite. Nina, ich liebe dich auch. Ich wußte es schon seit längerem, aber ich wollte es nicht zulassen, wegen deinem und meinem Alter. Doch das spielt keine Rolle mehr. Egal wie alt du bist, ich liebe dich. Ich liebe dein Lachen, deinen niedlichen Schneidezahn, der etwas schief steht, und deine Stimme. Ich liebe deine Art, dich zu geben: so vollkommen natürlich und locker. Ich liebe deine herrlichen Geschichten aus der Schule und über deine Freundinnen. Ich liebe dein wundervolles Haar, den Blick in deinen Augen, wenn wir uns ansehen, die Art und Weise, wie du dich bewegst. Jetzt höre ich mich bestimmt bescheuert an, was? Auch ich denke Tag und Nacht an dich, Nina. Meine Wohnung ist nur noch ein Platz, wo ich mich aufhalte, bis es Sonntag wird und ich wieder bei dir sein kann. Leider kann ich bei meiner Arbeit nicht so oft an dich denken, wie ich möchte, aber das einzig Gute daran ist, daß der Tag schnell rumgeht und der Sonntag immer näher rückt. Was wir Sonntag machen können? Mal sehen, wie das Wetter wird. Wenn es so schön bleibt wie bisher, können wir ja vielleicht irgendwo schwimmen gehen. Oder wir ver- suchen doch mal die Kirmes; vielleicht gefällt es dir ja doch, mitten im Trubel zu stek- ken. Ich paß auch auf dich auf, daß dich keiner klaut! Wir könnten auch den Freizeitpark in Bottrop versuchen, wenn du magst. Oder wir entscheiden ganz spontan am Sonntag, was wir machen wollen. Was hältst du davon? Warum kannst du jetzt nicht bei mir sein, Nina? Fehle ich dir auch so, wie du mir? Ich hoffe nicht! Ich möchte nicht, daß du dich so leer fühlst, wie ich mich jetzt fühle. Du fehlst mir, mein kleiner Liebling. Ich zähle die Minuten bis Sonntag.
In Liebe, Marty
Marty, mein Liebster,
warum braucht die verd... Post so lange? In diesem Tempo schaffen wir nur drei Briefe pro Woche! Sonntag schreiben, Montag in den Briefkasten, Dienstag bei mir oder bei dir, dann abends schreiben, Mittwoch in den Ka- sten, Donnerstag Ankunft, abends schreiben, Freitag in den Kasten, Sams- tag bei dir oder bei mir. Ende. Aus. Schluß. Nur drei Briefe pro Woche. Waaaaaah! Das ist zuwenig!!! Aber andererseits... So ist es richtig spannend. Kann ich vier Tage auf deinen Brief warten. Nein, das ist doch viel zu lange! Danke für die neuen Briefmarken. Jetzt, wo ich weiß, daß du gut Geld ver- dienst, schäme ich mich auch nicht mehr, sie anzunehmen . War nicht ernst gemeint, mein Liebling. Ich danke dir wirklich. Versteh das jetzt bitte nicht falsch: du kommst mir gar nicht so alt vor. Als du geschrieben hast, du wärst schon fast 40, dachte ich, ich würde sterben vor Kummer, aber jetzt bin ich froh, daß du so ein alter Knacker bist . Du weißt, was ich meine. Die Jungs in meiner Klasse wollen immer nur grapschen und küssen, aber du bist richtig sanft und zärtlich. Wenn du mich im Arm hältst, fühle ich mich richtig wohl, weil ich weiß, daß du mich los- läßt, wenn ich das möchte. Obwohl ich das eigentlich nicht möchte. Was mich letzten Sonntag wirklich erstaunt hat, war, wie sanft du mich festgehalten hast, obwohl du so kräftig aussiehst. Wenn mich ein Junge aus meiner Klasse auf einer Fete beim Tanzen in den Arm nimmt, komme ich mir vor wie eine Walnuß im Nußknacker. Wenn das der Unterschied ist zwischen Jungs und Männern, dann bleibe ich lieber bei Männern. Bei dir! Noch einmal schlafen, dann sehen wir uns! Hätte nie gedacht, daß eine Wo- che so furchtbar lang werden kann. Aber wir haben es geschafft. Wir haben tapfer durchgehalten und werden morgen dafür belohnt. Du, man muß doch Versprechen halten, oder? Du wirst diesen Brief ja erst am Dienstag bekommen, deswegen... Nein, ich fang besser vorne an. Letzten Sonntag wollte ich dir einen kleinen Kuß geben, aber ich habe mich nicht getraut. Deswegen verspreche ich dir jetzt, daß ich dir übernächsten Sonntag einen gebe. So, jetzt ist es raus. Das muß ich jetzt auch halten. Ich glaube, ich zerreiß den Brief! Nein, tu ich nicht. Du bekommst deinen Kuß. Ich habe dich nämlich lieb, weißt du? Ach, habe ich das schon mal gesagt? Mann, ich werde alt und vergeßlich . Aber das kann man ja nicht oft genug sagen, nicht wahr?
Bis morgen, Marty! Nina
Mist! Ich kann gar nicht aufhören, zu schreiben, denn wenn ich dir schreibe, denke ich ganz fest an dich, und das ist so schön! Deswegen schreibe ich jetzt einfach weiter, obwohl ich schon fertig war. So, du magst also meinen schiefen Zahn, ja? Mal sehen, ob du ihn auch noch magst, wenn er dich beißt! Also wirklich, Marty! Du kannst einem Mädchen doch nicht einfach so sagen, daß ihre Zähne schief sind! Weißt du, was ich aufregend finde? Ich weiß, daß wir uns morgen sehen, aber diesen Brief wirst du erst Dienstag bekommen. Also weiß ich etwas, was du noch nicht weißt, wenn wir uns sehen. Lustig, nicht? Obwohl... Wenn du mir heute auch etwas schreibst, weißt du das morgen, aber ich nicht. Hmm... Ist vielleicht doch nicht so gut. Lassen wir das einfach unter den Tisch fallen, ja? Aber nicht so laut! So, jetzt mach ich aber wirklich Schluß, sonst muß ich noch wegen Überge- wicht bezahlen. Ich meine den Brief!!! Sag mal, findest du eigentlich, daß ich zu dick bin? Nein, antworte darauf besser nicht. Wir wollen doch ehrlich miteinander sein, und eine ehrliche Ant- wort würde mir garantiert nicht gefallen...
Also nochmal: bis morgen, Marty. Ich liebe dich.
Nina
* * *
(Martin) Ich hatte kaum geschlafen in der Nacht zum Sonntag, weil ich immer und immer wieder an Nina denken mußte. Trotz meines fast biblischen Alters hatte ich bisher nicht gewußt, daß Liebe so stark und mächtig zuschlagen kann. Bei allem, was ich tat, und bei allem, worüber ich nachdachte, war Nina immer im Hintergrund mit dabei. Es war jedoch keine Belastung, sondern im Gegenteil ein Ansporn. Ich wußte jetzt, wofür ich lebte. Daß sie erst 13 war, machte mir keine Angst mehr. Das Gefühl, das zwi- schen uns war, war echt; das wußten wir beide. Das einzige, was mit etwas Sorge machte, war die Reaktion der Umwelt auf unsere Beziehung, die gerade erst anfing, sich zu entwickeln. Gegen halb sieben stand ich auf und frühstückte in aller Ruhe. Allerdings mehr aus Gewohnheit, denn ich hatte eigentlich gar keinen richtigen Hunger. Um viertel nach sieben war ich im Bad und rasierte mich, als ich plötzlich Nina sah, die in einem dun- kelblauen T-Shirt an einem Tisch saß, Essen vor sich. Dumme Phantasie. Spielt mir schon Streiche. Endlich wurde es neun Uhr, und ich konnte losfahren. Wir hatten uns schon für zehn Uhr verabredet, um eine Stunde mehr aus dem Tag herauszuholen. Nina, mein Liebling, mein süßer Schatz, ich komme!
(Nina) Jetzt weiß ich endlich, was Liebe ist: ein Bonbon mit einer wunderbaren, leckeren Füllung. Am Anfang ist es rauh mit scharfen Kanten, dann lutscht man es rund und glatt, dann wird die Schale immer dünner, und zum Schluß fließt diese leckere Füllung auf die Zunge! Das ist Liebe! Das Beste steckt innen drin. Ich war schon um sechs Uhr wach. Persönliche Bestleistung für einen Sonntag! Aber ich kann es einfach nicht erwarten, wieder bei Marty zu sein, seinen Arm um meine Schultern zu spüren, seine Augen zu sehen, seine Stimme zu hören. Gott, bin ich verknallt! Leider kann ich es niemandem erzählen. Ich weiß, daß wir uns eigentlich gar nicht lieben dürfen, aber es ist nun mal so. Soll ich mich deswegen umbringen? Oder mein Herz rausreißen? Nö. Kirmes ist vielleicht doch eine gute Idee. Es wird voll sein, und dann können wir ganz eng beisammen sein. Doch. Ich gehe mit ihm auf die Kirmes. Soll ja heute wieder schön werden, fast dreißig Grad. Was ziehe ich bloß an? Huch! Was ist denn jetzt mit mir los? Ich dachte gerade daran, mein ganz enges Top anzuziehen, das meinen Bauch freiläßt, damit er meine Haut spüren kann. Nina! Zur Ordnung jetzt! Beherrsch dich! Nein. Ich will mich nicht beherrschen. Ich will ihn spüren, meinen Marty ganz dicht bei mir spüren, so nah wie möglich. Ich liebe ihn so sehr! Hoffentlich halte ich es aus bis zehn. Das ist noch so lange hin! Ich blieb in meinem Bett, bis ich Mutti in der Küche hörte. Dann stand ich auf und ging frühstücken. Ich habe Mutti wieder erzählt, daß ich bei meiner Freundin bin. Wie kann ich es schaffen, daß ich mal bei Marty übernachten kann? Zeit, geh end- lich rum! Uhr, geh vorwärts! Los! Mach! Schnell! Aber vielleicht will er gar nicht, daß ich ein Wochenende bei ihm bleibe? Doch, will er bestimmt. Und wenn nicht? Nina, mach dich nicht verrückt! Frühstücke jetzt in Ruhe. Oder soll ich vielleicht ein Kleid anziehen? Komisch, ich habe gar keinen richti- gen Hunger. Ob Marty noch schläft, oder ist er schon wach? Viertel nach sieben. Er steht im Bad und rasiert sich gerade. Hoppla, woher weiß ich das denn? Ich frag ihn nachher. Nein, ich zieh das enge T-Shirt und meine Jeansshorts an. Wenn wir auf die Kirmes gehen und Karussell fahren, kann ich ihn an meinen Beinen spüren. Oh Mann, ich werde ganz aufgeregt! Marty, komm schnell! Ich brauche dich!!! Der Sekundenzeiger der Uhr mag mich nicht. Er geht so langsam, als würde er eine Prämie dafür bekommen, wenn er mich verrückt macht. Aber sieht das nicht zu auf- dringlich aus? Nein, das Wetter ist heiß, und ich wette, daß viele andere Mädchen auch in dünner und leichter Kleidung auf die Kirmes gehen. Ach, Marty, bitte faß mich an! Halt mich in deinen Armen! Drück mich ganz fest an dich und laß mich nie mehr los! Endlich, endlich wurde es Zeit. Ich nahm die Straßenbahn um zwanzig vor zehn. Marty, mein Liebling, mein großer Schatz, ich komme!
* * *
Martin wartete bereits an der Haltestelle, als Nina ausstieg. Mit einem Jubelschrei rannte sie auf ihn zu und umarmte ihn genauso fest, wie er sie. Es schien, als ob beide eins werden wollten. „Nina“, sagte Martin leise, und in diesem einem Wort lag seine ganze Liebe zu ihr. Nina blickte zu ihm auf, mit leuchtenden, glücklichen Augen. „Marty“, flüsterte sie in genau dem gleichen Ton, dann legte sie wieder ihren Kopf an ihn. Martin streichelte ihr Haar und wünschte sich, dieser Moment würde nie aufhö- ren. Und in gewisser Weise hörte er auch nie auf. Die Ewigkeit ist manchmal nur eine Winzigkeit entfernt. Schließlich trennten sie sich. Martin legte Nina die Hände auf die Schultern und schaute sie offen und bewundernd von oben bis unten an. „Nina, du siehst einfach umwerfend aus“, sagte er überwältigt. Nina trug ein är- melloses, bauchfreies Top in Königsblau, dazu hellblaue Jeansshorts und weiße Slip- per. Die Kleidung paßte hervorragend zu ihren blonden Haaren und blauen Augen. „Du aber auch“, erwiderte Nina geschmeichelt und musterte ihn auf die gleiche Art. Martin trug ebenfalls ein dunkelblaues T-Shirt und hellblaue Jeans, dazu weiße Schuhe. „Das ist wohl der beste Beweis“, lächelte sie ihn an, und Martin nickte. „Glaube schon. Wir passen optimal zusammen, Nina.“ „Ja“, kicherte sie, „und nicht nur wegen der Kleidung. Ich hab dich schrecklich vermißt!“ Nina klammerte sich wieder an Martin, als wollte sie ihn nie wieder loslas- sen. Martin hielt sie so fest, wie er nur konnte, ohne ihr wehzutun. Nina roch sein Ra- sierwasser und sein Deo; sie glaubte, sie würde ohnmächtig werden vor Glück. Martin stieg der Duft ihrer frisch gewaschenen Haare in die Nase; auch er glaubte, platzen zu müssen vor Glück und Erfüllung. Eine ankommende Straßenbahn riß sie aus ihrer privaten Welt zurück in diese. „Die nehmen wir“, sagte Nina bestimmt und schaute der immer langsamer werdenden Bahn zu. „Und wohin?“ fragte Martin neugierig. „Zur Kirmes natürlich“, schmunzelte Nina. „Ich hab’s mir überlegt. Ich glaube, das wird ein ganz toller Tag. Aber du mußt mich ganz fest halten, damit mich wirklich niemand klaut!“ „Da kannst du dich drauf verlassen“, lachte Martin und nahm Nina zur Bestätigung fest in den Arm, als sie einstiegen. Es war zwar sehr eng, aber sie wollten es so. Mar- tin zahlte, Nina schwor wieder, daß sie ihm ein Eis zum Ausgleich kaufen würde, dann suchten sie sich zwei nebeneinanderliegende Sitzplätze und setzten sich. Die ganze Fahrt über hielten sie sich an den Händen. Der Tag verlief genauso, wie Nina es sich vorgestellt hatte. Martin ging auf alle Karussells mit ihr, und sie konnte sein Bein an ihrem spüren. Davon wurde ihr mehr schwindelig als von der Fahrt an sich. Aber es war ein schöner, angenehmer Schwin- del, so leicht und abgehoben, und kein bißchen unangenehm. Wenn sie nach der Fahrt Arm in Arm gingen, nahm Nina Martins Hand, die auf ihrer Schulter lag, und führte sie an ihre Taille, so daß seine Hand auf ihrer bloßen Haut lag. Zuerst hatte er sich etwas dagegen gewehrt, doch Nina bestand darauf, und so gab er nach. Nach einiger Zeit fand er es ein sehr schönes Gefühl und begann sogar, ab und zu ihren Rücken mit dem Daumen zu streicheln. Das waren die Momente, wo Nina dachte, sie müsse sterben vor Glück. Sie wünschte, daß sie in Martin hineinkriechen könnte, um noch näher bei ihm zu sein. Auch sie streichelte ihn sehr oft. Beide steigerten sich in einen Zustand hinein, der nach Erlösung schrie, die jedoch versagt blieb. Wie schon der letzte Sonntag verflog auch dieser, und es wurde Zeit für Nina, wie- der nach Hause zu fahren. Gemeinsam standen sie an der Haltestelle; Nina wollte nicht, daß Martin sie nach Hause fuhr, und er verstand, warum. Sie umarmten sich in- nig, bis die Straßenbahn kam. Die Türen gingen auf, Nina gab Martin einen schnellen, aber herzhaften Kuß auf die Lippen und lief in die Straßenbahn. Von ihrem Platz aus winkte sie Martin zu, bis er nicht mehr zu sehen war. Dann weinte sie vor Kummer. Martin auch.
* * *
Marty, mein einziger Liebling,
nächste Woche fangen die Sommerferien an. Du kannst doch so gut Ge- schichten schreiben. Glaubst du, du kannst dir eine Geschichte ausdenken, da- mit ich eine Woche zu dir kommen kann? Bitte, versuch es, ja? Bitte! Marty, ich liebe dich! Ich brauche dich! Du fehlst mir. Der Tag heute war so wunderschön. Arm in Arm mit dir, deine Hand auf meiner Haut. Das hat mich ganz kribbelig gemacht! So kribbelig, daß ich dich nie wieder loslassen möchte. Marty, ich will bei dir sein! So oft wie möglich!!! Ich möchte bei dir sein, wenn du einschläfst und wenn du aufwachst. Ich möchte mit dir frühstücken, dir beim Waschen und Rasieren zusehen, ich möchte jede Winzigkeit deines Lebens mit dir teilen. Nur für eine Woche, ja? Bitte! Bitte mach es möglich, ja? Irgendwie! Du darfst mir auch beim Waschen zusehen. Hauptsache, wir sind zusammen. Was ist bloß los mit uns? Kann es so etwas wirklich geben? Daß wir uns so sehr lieben? Es kommt mir fast unmöglich vor, aber es scheint wahr zu sein. Die Sonntage mit dir sind wundervoll, aber mir bricht fast das Herz, wenn ich wieder nach Hause muß. Nur eine Woche? Bitte! Bitte ruf mich an, wenn du es schaffst. Ich muß deine Stimme hören. Mein Liebling. Ich liebe dich.
Nina
Nina, mein Herzblatt,
sei bitte nicht überrascht, wenn du mich am Freitag abend vor eurer Tür stehen siehst. Spiel mit.
Martin
* * *
„Guten Abend?“ Ninas Mutter begrüßte Martin freundlich, aber reserviert. „Was kann ich für Sie tun?“ „Guten Abend, Frau Wyzek“, sagte Martin zuvorkommend. „Mein Name ist Mar- tin Mercher, der Vater von Ninas Brieffreund.“ Ninas Mutter änderte ihren Ausdruck und wurde sehr entgegenkommend. „Das ist aber eine Überraschung“, sagte sie erstaunt. „Bitte, kommen Sie herein.“ Sie trat beiseite und ließ ihn eintreten. Während sie ihm den Weg ins Wohnzimmer wies, rief sie nach Nina. „Nina! Der Vater von Martin ist da! Kommst du?“ Die Tür von Ninas Zimmer flog auf, und Nina sprang heraus, auf ihrem Gesicht ein vollkom- men verwirrter Ausdruck, den ihre Mutter jedoch nicht sah, weil sie Martin bereits ins Wohnzimmer gefolgt war. Nina sah Martin. Sie hatte nur einen einzigen Gedanken: Er hat es geschafft! Sie lehnte sich gegen die Wand im Flur und atmete tief durch, um sich zu beruhigen, was ihr nicht leicht fiel, doch schließlich hatte sie sich im Griff. Gefaßt betrat sie das Wohnzimmer, begrüßte Martin genauso, wie sie den Vater eines Klas- senkollegen begrüßt hätte, und setzte sich dann neben ihre Mutter. Dies zum Teil aus Berechnung, damit ihre Mutter ihr Gesicht nicht so einfach sehen konnte. Ninas Mutter sorgte für Getränke, dann fragte sie Martin, was sie für ihn tun könnte. „Für mich nichts“, log Martin gekonnt. „Eher für meinen Sohn. Die Brieffreund- schaft mit Nina tut ihm unglaublich gut, wie ich an dieser Stelle betonen möchte. Ihre Tochter scheint ein außergewöhnliches junges Mädchen zu sein. Mein Junge schwärmt regelrecht von ihr. Jetzt wünscht er sich nur, Nina einmal persönlich kennenzulernen.“ „Warum ist er dann nicht mitgekommen?“ fragte Ninas Mutter erstaunt. „Ja, hat er das nicht in seinen Briefen geschrieben?“ erwiderte Martin überrascht. „Er sitzt im Rollstuhl. Er ist von der Hüfte an querschnittgelähmt und hat panische Angst vorm Autofahren, weil seine Behinderung durch einen Autounfall entstand. Sei- ne Mutter kam bei diesem Unfall ums Leben.“ Nina sah Martin mit großen Augen an. Sie bewunderte ihn über alle Maßen. Wenn sie nicht gewußt hätte, warum er hier war, hätte sie ihm das glatt geglaubt, so überzeugend redete er. Ninas Mutter zeigte eine ähnliche Reaktion. „Das tut mir leid“, sagte sie bedau- ernd. Martin winkte lächelnd ab. „Das geschah vor über acht Jahren. Wir haben es überwunden. Mein Junge hat gelernt, damit umzugehen, so wie ich. Er wie ich versuchen mit einigem Erfolg, das Gute im Leben zu sehen, und ich denke, ein Besuch von Nina würde sehr viel Gutes bewirken.“ Frau Wyzek nickte verstehend. Martin ließ die Bombe platzen. „Natürlich habe ich dagegen geredet, wie Sie sicher verstehen werden, denn eine Woche ist viel zu lang.“ „Eine Woche?“ fragte die Mutter verwirrt. „Was für eine Woche?“ „Mein Junge wünscht sich nichts mehr, als eine Woche der Sommerferien mit Nina zu verbringen, natürlich mit mir zusammen. Ich habe ihm gleich gesagt, daß das viel zu lang ist, und daß ich versuchen werde, mit Ihnen zu reden, daß Nina vielleicht einen oder allerhöchstens zwei Tage zu uns kommen darf.“ Nina verstand nichts mehr. Einen Tag nur? Sie wollte eine Woche! Martin redete munter weiter. „Vor allem, da Sie ja sicher auch in Urlaub fahren wollen. Wie dem auch sei, ich habe ihm versprochen, mit Ihnen zu reden, und das habe ich getan. Ich will Sie nicht überreden, Frau Wyzek. Es ist ihre Entscheidung, aber ein Tag wäre bestimmt genug. Wer weiß, vielleicht verste- hen sich die beiden auch gar nicht mehr, wenn sie sich plötzlich gegenüberstehen. Eine Woche wäre auf jeden Fall viel zu lang.“ „Das kommt wirklich sehr überraschend“, meinte Frau Wyzek nachdenklich, als Martin aufgehört hatte, zu reden. Nina saß schweigend da und betete. Was machte Martin da? Er machte doch alles total falsch! „Wir fahren leider nicht in Urlaub“, redete Frau Wyzek weiter. „Leider nicht. Von daher wäre es für Nina bestimmt eine Abwechslung...“ Sie schaute Martin an, der ihre Musterung gelassen über sich ergehen ließ. Offenbar zufrieden mit dem Ergebnis sprach sie weiter. „Obwohl ich Ninchen nur ungern aus den Händen gebe, denke ich doch, daß ein Tag zu wenig ist.“ Sie schaute ihre Tochter an, die aus Angst, etwas Fal- sches zu sagen, lieber gar nichts sagte, sondern den Blick ihrer Mutter nur hoffnungs- voll erwiderte. „Glaubst du, du hältst es eine Woche mit deinem kleinen Freund aus?“ Nina nickte nervös. „G-ganz bestimmt“, stotterte sie. Ihre Mutter lächelte und sah Martin an. „Ihre Adresse und Telefonnummer habe ich ja. Ich werde es mir überlegen und Sie dann anrufen, einverstanden?“ „Selbstverständlich“, entgegnete Martin mit einer leichten Verbeugung. „Mit einer sofortigen Entscheidung habe ich auch gar nicht gerechnet. Geben Sie mir bitte nur eine Woche vorher Bescheid, damit ich meine Termine umorganisieren kann.“ „Was machen Sie denn beruflich, wenn ich fragen darf?“ „Natürlich dürfen Sie“, lächelte Martin. „Ich bin selbständig und berate Unterneh- men darin, welche Computeranlage sie einsetzen sollten, um ihren Betrieb zu optimie- ren.“ „Klingt kompliziert“, lachte Frau Wyzek erleichtert. Das klang doch sehr seriös, fand sie, und Martins Erscheinung paßte in das Bild. Maßgeschneiderte Kleidung, sehr teure Uhr, äußerst gepflegtes, aber nicht aufdringliches Äußeres. „Dann haben Sie be- stimmt viel Zeit für Ihren Sohn.“ „Weniger, als ich möchte“, gab Martin zu. Das war die genau richtige Antwort. Frau Wyzek nickte kurz. „Einverstanden. Heute ist Freitag. Wäre es Ihnen recht, wenn Nina nächste Woche Samstag kommt?“ Nina ballte ihre Hände zusammen. Ja! „Sehr gerne. Ich werde Sie abholen, wenn Sie nichts dagegen haben, und sie... wann zurückbringen? Den Samstag darauf?“ „Sagen wir Sonntag“, lächelte Frau Wyzek ihre Tochter an, die immer noch voll- kommen verkrampft neben ihr saß und ihr Glück nicht fassen konnte. „Einverstanden, Ninchen?“ Ninchen konnte nur nicken und verzieh ihrer Mutter sogar den Kosenamen. „Das ist sehr nett von Ihnen, Frau Wyzek“, bedankte Martin sich freundlich. „Nina wird sich jeden Abend bei Ihnen melden, damit Sie ganz beruhigt sind.“ Er lächelte Ninas Mutter zu. „Ich bin zwar nur ein Vater, aber ich denke, ich kann nachfühlen, was in Ihnen vorgeht. Wenn Sie den Eindruck haben, daß Nina sich nicht wohl fühlt, bringe ich sie sofort zurück.“ „Das passiert bestimmt nicht!“ Ninas Stimme klang entschlossen, und beide Er- wachsenen lachten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
Marty,
du bist fantastisch!!! Einmalig!!! Grandios!!! Super!!! Eine ganze Woche bei dir? Ich drehe durch vor Glück!!! Eine ganze Woche bei dir! Wahnsinn! Wie hast du das geschafft? Ich hab zwar dabeigesessen, kann es aber immer noch nicht glauben. Du hast es echt geschafft! Warte ab! Am Samstag werde ich dich so drücken, daß du keine Luft mehr bekommst! Kann ich neben dir schlafen, in deinem Bett? Bitte! Ich möchte so gerne sehen, wie du schläfst, damit ich noch besser von dir träumen kann, und von uns... Boah, ich kann es nicht fassen! Ich darf echt zu dir kommen? Eine ganze Woche lang? Du bist echt super, weißt du das? Ich könnte schreien vor Glück! Ist das geil! Nimmst du mich in den Arm, wenn wir einschlafen? Eine ganze Woche bei dir! Marty, mein Liebling, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Eine ganze Woche mit dir zusammen! Hoffentlich ist bald Samstag...
Deine Nina, die es kaum mehr erwarten kann!
Meine süße Nina,
ich freue mich auch wahnsinnig auf dich. Dich den ganzen Sonntag im Arm gehalten zu haben, war fast mehr, als ich aushalten konnte. Ich hätte dich so gerne geküßt. Bin ich zu schnell? Ich hoffe nicht. Es tut mir schrecklich leid, daß ich diesen Sonntag keine Zeit hatte, aber ich hatte dir ja schon erzählt, daß ich einen Termin hatte, den ich nicht verschieben konnte. Aber dafür haben wir eine ganze Woche für uns! Vom Samstag bis zum übernächsten Sonntag! Ist das nicht herrlich? Ich werde dir Düsseldorf zeigen, wenn du möchtest, wir können ins Kino gehen und so tun, als wären wir beide gemeinsam in Urlaub. Ach, kleines Ninchen, was hast du bloß mit mir gemacht, daß ich dich so unvorstellbar stark liebe? Jede Sekunde des Tages sehe ich deine wunderschönen blauen Augen vor mir, die mich anlachen, ich sehe deinen Mund mit den herrlichen Lippen, wenn er zu mir redet, ich spüre deine Haut unter meiner Hand, obwohl du gar nicht bei mir bist, ich rieche das Shampoo, das du benutzt, ich höre dein fröhliches Lachen. Abends, wenn ich zu Hause auf dem Sofa sitze, stelle ich mir vor, daß du neben mir sitzt, in meinem Arm, und daß wir beide schmusen und uns gegenseitig streicheln und verwöh- nen. Geht es dir auch so? Oder rede ich Unsinn und ängstige dich sogar? Ich hoffe nicht. Nina, ich kann es noch immer nicht fassen, daß ein so junges Mädchen wie du Gefühle in mir auslöst, die ich selbst bei Frauen, bei denen ich dachte, ich mag sie sehr, nicht verspürt habe. Ich war mir lange Zeit nicht sicher, ob es so etwas wie die große, wahre Liebe überhaupt gibt, doch seit ich dich kenne, weiß ich es. Es gibt sie. Du bist es. Dein Alter ist dabei so nebensächlich wie nur irgend etwas. Du bist es, die ich liebe, egal ob du 13 oder 30 bist. Als du geschrieben hast, daß dir mein Alter egal ist, war ich etwas unsicher, ob du es wirklich so meintest, aber jetzt weiß ich, daß du genauso empfindest wie ich. Nina, heute ist Mittwoch. Freitag wirst du diesen Brief bekommen, und einen Tag später hole ich dich ab zu mir. Ich kann es noch gar nicht richtig glauben, daß deine Mutter es erlaubt hat. Ich bete, daß sie ihre Meinung nicht noch ändert. Es kommt mir etwas unfair vor, daß ich sie so belogen habe, aber etwas anderes ist mir nicht einge- fallen. Ich glaube, wenn ich ihr gesagt hätte, daß ich der Brieffreund bin, hätte sie mich wahrscheinlich umgebracht... Falls du irgend welche Pläne für die Zeit bei mir hast, was du sehen oder erleben möchtest, sag mir bitte Bescheid. Ich möchte, daß es eine ganz wundervolle Woche für dich wird, mein Liebling. Und bitte: sei so ehrlich, daß du mir sagst, wenn dich etwas an mir stört. Versprichst du mir das? Noch zweieinhalb Tage, Nina. Noch zweieinhalb Tage. Halte ich das durch? Ich hoffe. Morgen und übermorgen sind noch zwei Termine, die ziemlich lange dauern werden, und dann ist Urlaub. Mit dir. Nina, ich liebe dich so sehr!
Dein Marty
Marty, mein Schatz,
dein Brief kam heute an, am Freitag. Unser Briefkasten wird um halb fünf geleert, und wenn die Post sich beeilt, hast du diesen Brief morgen, wenn du mich schon abgeholt hast und wir bei dir zu Hause sind. Marty, mir wird ganz komisch im Magen, wenn ich daran denke, eine ganze Woche bei dir zu sein, dich jede Sekunde um mich zu haben. Wird das schön werden! Ich liebe dich so sehr, daß mir schon fast das Herz wehtut. Ich halte es nicht mehr aus, nicht ohne dich. Es macht mir schon fast ein bißchen Angst, aber gleichzeitig ist es ein so wunderschönes Gefühl, daß die Angst verschwin- det. Nein, Marty, du bist nicht zu schnell, und du ängstigst mich auch nicht. Ganz im Gegenteil. Auch ich möchte dich küssen. Ich weiß nur nicht genau, wie das geht. Ein Junge hat mich mal auf einer Fete geküßt, aber er hat mich dabei nur ganz naßgemacht im Gesicht. Schön war das nicht, nur ekel- haft. Meine Freundin Nik sagt aber, daß das Küssen einfach geil sei, wenn man es richtig macht. Zeigst du mir, wie es richtig gemacht wird? Ich möchte gern alles richtig machen, wenn ich bei dir bin. Außerdem denke ich auch jede Sekunde an dich. Bei allem, was ich mache, bist du irgendwie mit dabei, und das ist so toll! Irgendwie läuft alles viel besser, seit ich dich kenne. In der Schule bin ich besser geworden, und zu Hause lasse ich mir auch nicht mehr alles gefallen. Nicht, daß ich frech bin, aber ich weiß jetzt, daß ich etwas wert bin. Mutti... Ja, wir beide haben sie belogen. Und? Wir tun ihr doch nichts damit, oder? Ich habe auf jeden Fall kein schlechtes Gewissen! Meine Pläne für die Zeit bei dir? Tja, das ist genau der Grund, warum ich dir heute noch schreibe. Mein Plan für morgen: - du holst mich ab und bringst mich zu dir nach Hause - du machst deinen Briefkasten auf und holst die Post heraus, und meinen Brief - dann zeigst du mir deine Wohnung - dann liest du meinen Brief, anschließend bietest du mir etwas zu trinken an - Alles weitere sage ich dir dann ins Ohr, nachdem du mir gezeigt hast, wie man richtig küßt. Marty, mir wird schon ganz schwindelig, wenn ich daran denke, daß wir uns richtig küssen, wie Erwachsene. Hoffentlich stelle ich mich nicht zu blöd an. Schon bei dem Gedanken an den Kuß fängt alles in mir an, zu brennen! Marty, ich liebe dich wahnsinnig! Ich will in deinen Arm! Jetzt!!! Berühr mich, streichel mich, küß mich, faß mich an, wo du möchtest, nimm mein Ge- sicht in deine Hände und küß mich, leg deine Hände auf meinen Rücken und drück mich, nimm mich nachts in deinen Arm und lieg ganz dicht bei mir, so, daß ich dich mit meinem ganzen Körper spüren kann, küß mich morgens, mit- tags, abends, und immer und jederzeit, und sei immer ganz dicht bei mir! Mist, all das wollte ich dir eigentlich ins Ohr flüstern morgen (das heißt, heu- te, wenn du diesen Brief liest), aber ich halte es nicht mehr aus. Marty, ich brauche dich ganz dicht bei mir. Meine Haut will dich spüren! Meine Hände, meine Finger wollen dich spüren! Meine Nase will dich riechen! Ich möchte deinen Atem einatmen, und du sollst meinen atmen. Marty, ich drehe durch, wenn du nicht sofort kommst! Ich liebe dich! Ich liebe dich! Ich liebe dich! Ich liebe dich!!! Ich möchte deine Wange an meiner fühlen, deine Lippen auf meinen, deine Finger an meinen, deinen Körper an meinem. Ich will dich drücken, streicheln, spüren, küssen! Ich will dich für immer bei mir haben!
(bin gleich wieder da)
Entschuldige bitte die lange Pause, ich mußte mich beruhigen. Sonst hätte ich mich glatt auf mein Rad geschwungen und wäre zu dir gefahren. Ja, über die Autobahn! Was ich oben geschrieben habe, habe ich nicht nochmal durchgelesen. Es strömte irgendwie aus mir heraus. Bitte entschuldige, wenn Schreibfehler drin sind, ja? Ich bin schon ganz kribbelig wegen morgen, Marty. Mein Koffer ist schon gepackt. Bitte, komm ganz schnell, ja?
Dein Ninchen (ausnahmsweise!)
Kapitel 3 - Urlaub!
Kurz vor neun klingelte es an der Tür. Nina, die schon seit fünf Uhr morgens wie auf heißen Kohlen gesessen hatte, sprang auf, warf dabei den Stuhl um, auf dem sie in der Küche gesessen hatte, rannte beinahe gegen den Türrahmen auf dem Weg zum Flur und stieß dort gegen eine Vase, die nur dank des schnellen Eingreifens ihrer Mutter nicht zu Boden fiel. Nina kümmerte dies alles nicht. Sie riß die Tür auf und strahlte Martin an. Er war da! Endlich!!! „Ich muß mich für meine Tochter entschuldigen“, lachte Frau Wyzek und fuhr Nina durch das Haar. „Sie ist sehr nervös.“ Nina schluckte diesen Hinweis und nahm sich zusammen. Sie fuhr ja zu nur ihrem Brieffreund. Mehr nicht. „Waren wir nicht auch so in dem Alter?“ lächelte Martin. „Als ich in meinem er- sten Urlaub ohne meine Eltern fuhr - da war ich 14 - ging es mir nicht anders.“ Sehr zu Ninas Kummer, die am liebsten sofort mit Martin losgefahren wäre, bat ihre Mutter ihn noch hinein. Martin folgte der Einladung mit sichtbarer Freude. Nina brannte der Bo- den unter den Füßen, aber sie hatte keine Wahl. Sie mußte mitspielen, oder die ganze Sache wäre aufgeflogen. Das kapierte sie trotz ihrer Jugend. Im Wohnzimmer erzählte Martin von den Plänen, die er für seinen „Sohn“ und Nina gemacht hatte: Besuch des Zoos, eine Fahrt auf dem Rhein, Essen im Fernseh- turm, und dergleichen mehr. Ninas Mutter war beruhigt durch diese Schilderung, denn sie fühlte sich doch etwas unwohl, ihr Kind für acht Tage bei Fremden zu lassen. Doch Martins ruhige, gelassene Art und Ninas offensichtliche Freude und Aufregung, die sie in den letzten Tagen gezeigt hatte, überzeugten sie. Schließlich hielt Nina es nicht mehr aus. „Mutti!“ sagte sie leise, aber drängend. Ihre Mutter nickte, halb bekümmert, halb verständnisvoll. „Ja, schon gut. Dann fahrt mal los. Und Nina“, ermahnte sie ihre Tochter, die schon auf dem Sprung in den Flur war, „benimm dich, hör immer gut auf Herrn Mer- cher, und sei nett zu seinem Sohn.“ „Das bin ich“, versprach Nina und wunderte sich selbst über ihre ruhige und über- zeugende Stimme. Martin trug Ninas Koffer zum Auto, legte ihn in den Kofferraum und kam dann zurück, um sich von Frau Wyzek zu verabschieden und ihr für ihr Ver- trauen zu danken. Er bekräftigte sein Versprechen, daß Nina sich jeden Abend melden würde, und stellte sicher, daß Frau Wyzek seine Adresse und Telefonnummer hatte, dann drückte Nina ihre Mutter kurz, in Gedanken schon im Auto, bei Martin, stieg ein und winkte ihrer Mutter zu, während Martin ebenfalls einstieg, den Wagen startete und mit einem kurzen Gruß losfuhr. Ninas Mutter atmete tief durch, als der Wagen ver- schwand, dann ging sie nachdenklich zurück ins Haus. Nina und Martin sprachen kein Wort, bis sie auf der Autobahn waren; zu groß war die Anspannung und die Freude. Nina zeigte auf ein Schild, das einen kleinen Park- platz ankündigte. Martin nickte. Als die Abfahrt kam, bremste er und brachte den Wa- gen auf dem leeren Parkplatz zum Stehen. Er schaltete den Motor aus, und in der glei- chen Sekunde war Nina auf seinem Schoß und küßte ihn auf das ganze Gesicht. Ihre Hände fuhren über sein Gesicht, seine Haare, seine Schultern, seinen Nacken. Martin hielt Nina fest und küßte sie ebenfalls, wo er nur konnte. Schließlich fanden sich ihre Lippen. Martin drückte Ninas Kopf an sich, öffnete seinen Mund und schob seine Zunge heraus. Nina tat es ihm nach. Sie lernte schnell, und kurz darauf wurde aus dem tastenden Versuch ein leidenschaftlicher, erregter Kuß unter Liebenden. Martins Hän- de glitten unter Ninas T-Shirt, strichen über ihre warme, glatte Haut, den Rücken hin- auf und wieder herunter. Nina preßte sich an ihn, so fest es die unbequeme Sitzhaltung zwischen Martin und dem Lenkrad erlaubte. Ihre Zunge führte ein Eigenleben und ta- stete wild und erregt nach Martins. Ihr Atem ging schnell und stark, ihre Hände strei- chelten Martins Wangen. Martin spürte, daß sie beide ganz dicht davor standen, zu einem öffentlichen Ärgernis zu werden. Er unterdrückte seine Leidenschaft und ver- suchte, ruhiger zu werden. Dies färbte auf Nina ab, die ihren Kopf von ihm wegzog und ihn verwundert anschaute. „Wir sollten uns lieber beherrschen, bis wir bei mir sind“, meinte Martin leise. „Auch wenn es schwerfällt.“ „Das fällt verdammt schwer“, sagte Nina mit verschwommenem Blick. „Ich hab so lange auf diesen Moment, gewartet, Martin!“ „Ich auch, mein Liebling, aber -“ Bevor er zu Ende reden konnte, war sein Mund durch Ninas Lippen verschlossen. Diesmal übernahm sie die Führung. Ihre Zunge schoß heraus, zwischen seine Lippen und Zähne, unter seine Zunge, erforschte dort alles, was sie fand, glitt dann über Martins Zähne und unter seine Oberlippe. Martin vergaß seine gute Erziehung. Er nahm die rechte Hand unter Ninas Shirt weg und ging damit unter ihren Rock, das Bein entlang bis zur Hüfte. Nina atmete schwerer und preßte sich an ihn. Martins Hände waren voll von Ninas warmer, weicher, glatter Haut. Nina glaubte sich im siebten Himmel. Martins Hände auf ihrer Haut waren das, was sie sich schon lange gewünscht hatte, und die Gefühle, die seine Berührungen in ihr auslösten, waren ihr zwar fremd, aber sie waren wunderschön und aufregend. Es störte sie nicht im geringsten, daß eine seiner Hände unter ihrem Rock war; wenn es ihr möglich gewesen wäre, wäre sie sogar nackt auf seinen Schoß gekommen, um so- viel wie möglich von ihm an ihrer Haut zu spüren. Sie spürte Martins Hand, die lang- sam über ihren Oberschenkel strich. ‘Hoffentlich mag er es, daß ich noch keine Haare da unten habe’, zuckte es durch ihren Kopf. ‘Er kennt doch sonst nur ältere Frauen, und Mutti sagt, die haben alle Haare da.’ Ein weiterer furchtbarer Gedanke kam auf: ‘Meine Brüste sind bestimmt auch viel zu klein. Was mache ich bloß heute abend, wenn er mir beim Ausziehen zusieht? Bestimmt wird er mich auslachen. Oh mein Gott! Bitte lach mich nicht aus, Martin! Ich wachse doch noch, und bestimmt sehe ich schon bald so aus, wie du es magst. Gib mir nur noch ein bißchen Zeit dafür, ja? Ich verspre- che dir auch, daß ich ganz schnell wachse!’ Aus lauter Verlegenheit über ihr vermeint- lich schlimmes Aussehen brach Nina den Kuß ab und vergrub ihr Gesicht an Martins Hals. Ihr Körper zitterte, als sie versuchte, ihre aufkommenden Tränen zu unterdrük- ken. „Nina!“ sagte Martin überrascht, den Ninas Stimmungswechsel vollkommen un- vorbereitet traf. „Was ist denn los? Habe ich dir wehgetan?“ Nina schüttelte den Kopf, ohne ihre Position zu verändern. „Ich bin häßlich“, schluchzte sie und klammerte sich an Martins Hals fest. „Was?“ lachte Martin überrascht. „Wer hat dir denn den Unsinn erzählt?“ Nina zuckte nur mit den Schultern und hielt sich weiter fest. Martin strich ihr beruhigend über die Haare. „Nina, du redest dummes Zeug“, sagte er zärtlich. „Du bist ein sehr, sehr hübsches Mädchen, und auf keinen Fall auch nur eine Spur häßlich!“ „Doch!“ beharrte Nina kläglich. Martin nahm sie sanft am Nacken und zog ihren Kopf nach vorne, bis er sie anschauen konnte. „Du hast recht“, sagte er ruhig. Nina blickte schockiert auf. „Du hast blutunterlau- fene Augen, schwarze, verfaulte Zähne, gelbe Fingernägel mit Schmutzrändern, einen Buckel, du lispelst, und du schleifst ein Bein nach, wenn du gehst. Beim Sprechen spuckst du, deine Ohren stehen weit ab, deine Haare sind vollkommen ungepflegt und fettig, und von deinem Gesicht bröckelt der Schmutz ab, wenn du auch nur einen Mus- kel bewegst. Ach ja“, redete Martin munter weiter, ohne sich um Ninas immer wüten- der werdende Augen zu kümmern, „deine Füße stinken wie sechs Wochen alter Käse, du riechst aus dem Mund wie ein Katzenklo, deine Kleidung steht vor Dreck, außer- dem hast du X-Beine, einen viel zu dicken Hintern, ein fettes Doppelkinn, und in dei- ner Nase hängt ein ganz dicker, gelber Popel.“ Nina platzte. Ihre kleinen Fäuste hämmerten auf Martins Brust, während sie ihm ein Schimpfwort nach dem anderen entgegenschleuderte, bis ihr die Luft und der Vor- rat an Beleidigungen ausgingen. Außer Atem und mit blitzenden Augen schaute sie Martin an, der sie seelenruhig anlächelte. Ihre Augen bohrten sich in seine. Für mehre- re Sekunden blinzelte keiner von ihnen, dann mußte Nina plötzlich lachen. „Ach, Marty“, seufzte sie und gab ihm einen kurzen Kuß. „Danke!“ „Schon gut, Prinzessin“, grinste Martin. „Geht’s jetzt besser?“ Nina nickte. „Ja. Viel besser. Ich weiß auch nicht, was plötzlich los war. Doch, ich weiß es.“ „Und was war es?“ Nina schaute weg, aus dem Fenster hinaus. „Ich hatte plötzlich Angst“, bekannte sie leise, „daß du mich nicht magst, weil ich noch so klein bin und so - so - na ja, so wenig wie eine Frau aussehe.“ Ihre Ohren wurden feuerrot. Martin zog das Mädchen sanft an sich und drückte sie liebevoll. „Ach, Ninchen“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Ist dir noch nie der Gedanke gekommen, daß ich dich so mag, wie du bist?“ „Ehrlich?“ Das junge Mädchen schaute ihn voller Hoffnung an. „Nina, ich liebe dich“, sagte Martin nachdrücklich. „Ich liebe dich so, wie du bist. Und außerdem bist du hübsch. Sogar sehr hübsch. Du hast wundervolles Haar, ein sü- ßes Lachen und warme, liebevolle Augen. Und deinen süßen, schiefen Schneidezahn liebe ich ganz besonders.“ Nina war so glücklich über Martins Worte, daß sie ihm sogar die Bemerkung über ihren Zahn verzieh. Sie drückte ihn so kräftig, daß er nach Luft schnappte, dann setzte sie sich wieder auf ihren Platz und schnallte sich an. Ihre Ängste waren vergessen. „So“, meinte sie dann glücklich, als sie fertig war. „Jetzt bring mich nach Hause.“ „Wie - nach Hause?“ fragte Martin verwirrt, der schon den Motor angelassen hat- te. Nina blickte ihn überrascht an. „Na, zu dir! Was hast du denn gedacht?“
Der erste Eindruck, den Nina von seiner Wohnung hatte, war: alles hell, mit ver- einzelten dunklen Farbtupfern. Ein Bild mit kräftigen dunkelblauen Farben in der Diele an der weißen Wand, auf dem hellen Teppichboden ein dunkelbrauner Läufer als Schmutzfänger, in der Küche weiße Schränke mit dunkelblauen Griffen und Zierlei- sten, im Wohnzimmer eine dunkelbraune Sitzgarnitur um einen Tisch aus dunklem Schiefer, alles zusammen auf einem strahlend weißen Teppich, der wiederum auf ei- nem mittelbraunen Teppichboden lag. Die Schrankwand, in der Unmengen von Bü- chern standen, war aus massiver Fichte. Nina sah Martin mit strahlenden Augen an. „Das sieht einfach toll aus, Marty! Genau so, wie du geschrieben hast. Und jetzt lies meinen Brief.“ Martin schaute erstaunt die Post durch, die er aus dem Briefkasten ge- holt hatte, und fand Ninas Brief. Er öffnete ihn vorsichtig, nahm die Seiten heraus und fing an, zu lesen. Nina beobachtete ihn gespannt. Als sie merkte, daß Martin Wort für Wort las und sich dabei viel Zeit lies, wurde sie etwas ungeduldig, aber das lag mehr an ihr als an ihm. Schließlich faltete Martin die Seiten zusammen und steckte sie zu- rück in das Kuvert. „Was darf ich dir zu trinken anbieten?“ fragte er mit einem leichten Lächeln. Nina freute sich, daß Martin sich an ihre „Marschroute“ hielt, obwohl sich der Punkt „Richtig Küssen“ ja eigentlich schon im Auto, auf dem Parkplatz, geklärt hatte. „Cola?“ schlug Nina vor. Martin nickte. „Eine Cola. Kommt sofort. Setz dich doch schon mal hin, Nina.“ Nina setzte sich auf das Sofa, während Martin Gläser und Getränke aus der Küche holte und auf dem Wohnzimmertisch aufstellte. Nachdem die Gläser gefüllt waren, schaute er Nina an. „Und nun?“ Das war nicht so ganz die Antwort, die Nina auf ihren Brief erwartet hatte. Unsi- cher schaute sie ihn an. „Was meinst du?“ Martin lehnte sich zurück und schmunzelte. „Als erstes solltest du deine Mutter an- rufen, daß du gut angekommen bist. Sie macht sich bestimmt Sorgen.“ „Und dann?“ fragte Nina. „Dann“, sagte Martin mit einem Lachen in der Stimme, „dann warte ich auf das ‘Alles weitere’, was du mir ins Ohr flüstern wolltest.“ Nina sprang auf. „Wo ist denn das Telefon?“ Martin zeigte auf ein flaches, weißes Gerät auf seinem Schreibtisch am anderen Ende des Wohnzimmers. Nina ging um den Tisch herum, grinste Martin an, setzte sich in seinen Stuhl und nahm das Telefon in die Hand. Sie tippte die Nummer ihrer Mutter und lehnte sich zurück, dann legte sie ihre Füße auf den Tisch, wie sie es so oft im Fernsehen gesehen hatte. Während Nina mit ihrer Mutter sprach, die tatsächlich auf diesen Anruf gewartet hatte, schaute Martin das Mädchen an und konnte sich nicht satt sehen. Daß er sich hoffnungslos in dieses dreizehnjähriges Mädchen verliebt hatte, entzog sich noch immer seinem Begriffsver- mögen, doch der Beweis saß vor ihm. Und das Traumhafte, das Unvorstellbare daran war, daß dieses Mädchen seine Gefühle genauso intensiv erwiderte. Der Kuß im Au- to... Martin wurde allein bei dem Gedanken daran ganz schwindelig, denn dieser Kuß hatte gezeigt, was für eine Spannung zwischen ihnen bestand. Nein, korrigierte er sich, Spannung war das falsche Wort dafür. Es war eher Elektrizität. Oder noch besser: eine heftige chemische Reaktion, bei der aus zwei Komponenten eine dritte, vollständig neue entsteht. In diesem Moment meldete sich die Chemie erneut zu Wort. Martin stand auf und ging zu Nina, die ihrer Mutter gerade das Wohnzimmer in jeder Einzelheit beschrieb. Er stellte sich hinter sie und umarmte sie leicht. Nina legte ihren Kopf nach hinten, an Martins Bauch, und lächelte ihn an. Mit ihrer freien Hand streichelte sie seine Arme. Martin beugte sich hinunter und legte seine Wange auf ihren Kopf. Nina kam zum En- de, verabschiedete sich von ihrer Mutter mit dem Versprechen, sich abends noch ein- mal kurz zu melden, dann legte sie auf und drehte sich mit dem Stuhl zu Martin um. Sie sah ihr eigenes Verlangen in seinen Augen; das Verlangen nach Berührung und Zärtlichkeit. Mit einer fließenden Bewegung kniete Martin sich vor sie. Nina öffnete ihre Beine, rutschte auf dem Stuhl nach vorne und umarmte ihn. Martin legte seine Hände an ihre Wangen und zog ihren Kopf sanft zu sich. Nina öffnete ihre Lippen und küßte Martin, diesmal nicht so wild und heftig, dafür jedoch sehr zärtlich und voller Gefühl.
* * *
Nachdem Ninas Sachen in Martins Schrank und Bad verstaut waren, gingen sie in ein griechisches Restaurant essen. Anschließend zeigte Martin ihr die Altstadt. Nina war begeistert von der Fülle an kleinen Lädchen und ihrer Auslage. Sie kaufte sich auch gleich ein Tagebuch mit einem Muster aus einem Fantasy-Roman. „Sowas Tolles finde ich in Dortmund nicht“, sagte sie lächelnd zu Martin. Als sie wieder draußen wa- ren, legte Nina seinen Arm um ihre Schultern und drückte sich fest an ihn. Martin er- widerte ihren Druck. Eng umschlungen, verbrachten sie den Nachmittag mit Spazie- rengehen und Schaufensterbummel. Gegen sechs Uhr abends waren sie wieder zurück. Nina rief, wie versprochen, kurz zu Hause an, erzählte ihrer Mutter in groben Zügen, was sie und ihr „Brieffreund“ heute gemacht hatten, dann legte sie auf und ging zu Martin in die Küche, wo er gerade das Abendessen vorbereitete, um ihm zu helfen. Dadurch kam es natürlich zu Verzögerungen; nicht, weil Nina so ungeschickt war, sondern weil sie Martin immer wieder umarmte und küßte. Nach dem Abendessen setzten sie sich auf den Balkon und hielten sich an der Hand. Sie schauten den Schiffen zu, die auf dem Rhein fuhren, und unterhielten sich über Belangloses, bis Martin plötzlich fragte: „Du bist sicher, daß du bei mir schlafen möchtest, Nina?“ Nina drückte seine Hand ganz fest. „Ja, bin ich.“ Sie sah ihn entschlossen an. „Marty, ich möchte dich wirklich spüren, so viel von dir wie möglich.“ „Das könnte aber zu Problemen führen“, überlegte Martin laut. „Wegen Mutti?“ fragte Nina. „Der müssen wir das doch nicht erzählen, oder?“ Martin lachte auf. „Das sollten wir besser nicht tun. Nein, ich dachte, wegen mir.“ „Wieso wegen dir?“ Nina schaute überrascht auf. „Wo ist denn da das Problem?“ „Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit“, sagte Martin vorsichtig, „daß du nachts etwas spürst, was dir vielleicht unbekannt oder unangenehm sein könnte. Und es be- steht eine noch höhere Wahrscheinlichkeit, daß ich meine Hände nicht still halten kann, wenn du neben mir liegst.“ „Genau deswegen bin ich doch hier“, schmunzelte Nina. „Gerade weil ich will, daß du mich anfaßt.“ Sie stand auf und setzte sich seitwärts auf seinen Schoß. „Marty, wir lieben uns doch, oder?“ „Mehr als das“, sagte Martin leise und streichelte ihr Gesicht. „Und genau aus die- sem Grund möchte ich nicht, daß du dich unwohl oder verpflichtet fühlst, etwas zu tun oder zu akzeptieren, was du nicht möchtest.“ „Keine Sorge“, lachte Nina. „Es gibt ja wohl kaum eine Stelle an uns, die wir noch nicht berührt haben, oder?“ Martin ging nicht auf ihren Scherz ein. „Doch, Nina“, sagte er leise. „Eine Stelle gibt es noch.“ Nina sah in seine Augen und las dort Besorgnis. Sie legte ihre Wange an seine und drückte ihn. „Heute abend will ich dich erst mal ganz an mir spüren“, flüsterte sie. „Und dann sehen wir weiter.“
Gegen neun Uhr abends fing Nina plötzlich an, zu gähnen; sie war ja auch schon seit fünf Uhr morgens wach. „Möchtest du ins Bett?“ fragte Martin leise. Nina nickte. „Ja, aber nur, wenn du mitkommst.“ „Vorher noch duschen?“ Diesmal schüttelte Nina den Kopf. „Lieber morgen früh, jetzt bin ich zu müde.“ Ein weiterer Gähner unterstrich diese Aussage. Martin nahm sie an die Hand. Zusammen gingen sie ins Wohnzimmer. Mar- tin schloß die Tür zum Balkon, dann gingen sie weiter ins Schlafzimmer. Nina stellte sich gerade hin und breitete die Arme aus. Dabei schloß sie die Augen. „Ausziehen“, sagte sie leise. Martin trat hinter sie, zog ihr das T-Shirt aus dem Rock und über den Kopf. Nina hielt die Arme hoch, so daß Martin es ihr ganz auszie- hen konnte. Auf ihrem Rücken bildete sich eine leichte Gänsehaut, jedoch nicht, weil ihr kalt war. Martin legte seine Arme um ihre Schultern und drückte sie mit ihrem Rücken an seinen Bauch. Zärtlich küßte er ihren Hinterkopf. Dann legte er eine Hand auf ihren kleinen Busen und streichelte sie. Nina legte ihren Kopf nach hinten. „Ich liebe dich“, sagte Martin leise. Nina drehte sich in seinen Armen um und sah ihn verliebt an. „Ich dich auch, Marty.“ Ihr Kopf sah nach oben. Martin küßte sie, erst sanft, dann etwas kräftiger. Nina machte mit. Martins Hände glitten über ihren Rücken, hinab zum Verschluß des Rockes. Er öffnete den Reißverschluß, dann den Knopf. Nina trat einen Schritt zurück. Der Rock fiel zu Boden. Sie hob ihn auf, legte ihn zu dem T-Shirt auf dem Boden und kam wieder in Martins Arm. „Jetzt ich“, meinte sie leise. Sie begann, sein Hemd aufzuknöpfen, dann half sie ihm, es auszuziehen. Dann öffnete sie den Gürtel an seiner Hose, den Knopf und den Reißverschluß. „Setz dich“, forderte sie Martin leise auf. Martin gehorchte. Nina zog ihm die Hose aus und legte sie, ordentlich gefaltet, zu ihren Sachen. Dann kam sie auf seinen Schoß. Martin ließ sich langsam nach hinten fallen und drehte sich dabei, so daß sie schließlich der Länge nach im Bett lagen, Nina auf ihm. „So habe ich mir das gewünscht“, sagte Nina verträumt, „daß ich dich mit meinem ganzen Körper spüren kann.“ Sie blieb ruhig auf ihm liegen. Martin streichelte ihren Nacken, den Rücken, und ihre Haare mit beiden Händen. Dann drehte Martin sich auf die Seite und ließ Nina auf ihren Rücken gleiten. Sie legte ihre Hände überkreuzt auf ihren kleinen Busen. „Nicht ansehen“, meinte sie verlegen. „Die sind so klein!“ Martin nahm ihre Hände und tat sie beiseite. „Sie sind wunderschön“, sagte er be- wundernd, dann küßte er die kleinen Brüste zärtlich. Nina schloß die Augen. „Du bist schön“, sagte Martin leise. „Du bist wirklich schön, Nina.“ Er legte seinen Kopf auf ihren Oberkörper und sah sich ihren Busen in aller Ruhe an. „Findest du?“ fragte Nina schüchtern. „Ganz ehrlich“, antwortete Martin überzeugt. „So niedlich und süß sind sie, daß ich direkt Hunger darauf bekomme.“ Sein Mund schloß sich um eine Brustwarze und saugte leicht daran. Nina erschauerte kurz. Martin gab ihr noch einen Kuß auf die Brust, dann schaute er sie an. „Möchtest du jetzt schlafen?“ „Ja und nein“, flüsterte Nina. „Ich bin hundemüde, aber ich will eigentlich die gan- ze Woche hier nicht schlafen, sondern dich spüren.“ „Deine Mutter bringt mich um, wenn dich als halbes Wrack wieder nach Hause bringe“, schmunzelte Martin. Er drückte Nina an sich. „Schlaf jetzt ein, mein Liebling. Morgen ist auch noch ein Tag.“ Er gab ihr einen Kuß. „Ich bin froh, daß du hier bist.“ „Ich auch“, murmelte Nina glücklich, schloß ihre Augen und kuschelte sich an Martin. „Nacht.“ „Gute Nacht, meine kleine Nina“, flüsterte Martin.
Damit endet die kleine Geschichte von einer großen Brieffreundschaft. Wie es weitergeht? Nun, das kann sich jeder selbst ausmalen oder auf den zweiten Teil war- ten, den ich vielleicht schreiben werde. Allerdings sind da noch so viele neue Ideen in meinem Kopf, daß ich bezweifle, daß ich zu einer Fortsetzung Lust habe. Vielleicht in ein, zwei Jahren. Vielleicht aber auch nie. Ein offenes Ende ist mal was anderes.
Gruß und Kuß, Shana.
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