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Magdalena - Eine Liebesgeschichte in fünf Kapiteln
 


© 2005 ELLA_Zeus@web.de


Magdalena - Eine Liebesgeschichte in fünf Kapiteln

Erotischer Roman

1. Kapitel

Gerhard


Drei Tage nach meinem elften Geburtstag bekam ich das erste mal in meinem Leben die Menstruation. Ich hatte den ganzen Nachmittag schon Bauchschmerzen gehabt. Meine Mutter machte sich Sorgen, ich könnte eine Blinddarmentzündung haben. Immerhin hat meine Mutter mit zwölf Jahren eine schlimme Blinddarmentzündung gehabt, so dass sie damals operiert werden musste. Meine Mutter legte mir folgerichtig eine Wärmflasche auf den Bauch. Wenn es am nächsten Morgen nicht besser sein sollte, würde sie auf direktem Wege mit mir nach Passau in die Klinik fahren. Die Bauchschmerzen waren weg. Statt dessen war mein Bett voller Blut: die erste Menstruation. Im Nachherein muss ich sagen: das hätte meine Mutter ahnen können. Immerhin hatte ich schon ein paar Schamhaare und meine Brüste waren auch größer als gar nichts. Schließlich war meine Mutter nicht mehr ganz so verwundert. Lediglich die Tatsache, dass ich mehr als ein Jahr früher mit der Menarche dran war, machte meiner Mutter einige Tage Sorgen. Sie hatte Bedenken, die frühe Menarche könne auch Ausdruck einer Hormonstörung oder gar Krankheit sein. Deshalb schleppte sie mich zu Dr. Georgieff, ihrem Gynäkologen, als die Tage vorbei waren. Der Herr Doktor untersuchte mich und befand, ich sei vollkommen gesund. Auch sei mein Alter für die Menarche nicht ungewöhnlich früh. Er, der Herr Doktor, habe in den letzten Jahren schon zehnjährige menstruierende Mädchen in der Praxis gesehen. Im Frühjahr habe er sogar eine Neunjährige untersuchen müssen, weil diese Blutungen aus der Scheide hatte. Aber selbst bei diesem Mädchen lag keine Krankheit vor, sondern nur die zwar sehr frühe, aber normale erste Monatsblutung.
Magdalena Hocheder, also ich, besuchte das Gymnasium Pocking. Ich ging in die sechste Klasse. Mein Vater ist Krankenpfleger. Meine Mutter ist Altenpflegerin. Geschwister habe ich keine. Trotzdem gibt es auf Seiten meiner Eltern und Großeltern allerlei Verwandtschaft, aber niemanden in meinem Alter.
Die Pubertät habe ich leidlich unbeschadet überstanden. Die Buben waren mir zu grob und zu laut, vielleicht auch zu wild. Ich bin eher ein stiller Mensch. Versuche der Buben, sich mir anzunähern waren immer sehr plump. Die Buben aus der achten oder neunten Klasse interessierten sich in erster Linie für meine Brüste. Ein Jahr nach der ersten Regel hatte ich schon Brüste, mit denen ich alle Mitschülerinnen der Klasse übertraf. Das weckte offensichtlich die Begehrlichkeit der Buben. Wenn ich eines nicht ab kann, dann ist es das Betatschen der Brüste. Das finde ich widerlich. Edgar bildete da eine Ausnahme. Wir haben öfter miteinander geplaudert in den Pausen. Edgar machte nie den Versuch meine Brüste anzulangen. Deshalb gefiel er mir. Das änderte sich, als ich ihn, als wir uns das erste mal geküsst haben. Da zeigt er sich von einer noch viel dreisteren Seite als alle anderen Buben. Er fasste mir ohne Vorwarnung in den Schritt. Das war das Ende. Ich habe ihn weg gestoßen und hätte ihm auch eine Watschn verpasst, wenn er nicht schnell genug geflohen wäre. Das Getue der Buben kommt mir primitiv vor. Als bestünden wir Mädchen nur aus Brüsten und ...., und Vulva, Pussie.
Ich wurde von den Buben gemieden. Lediglich Ele, eigentlich Gabriele, hielt zu mir. Wir wurden echte Freundinnen. Das hat bis heute gehalten. Wir sind immer noch Freundinnen. Wir sind uns gegenseitig Beichtvater- Beichtmutter.
Bis zu meinem vierzehnten Geburtstag war ich eine körperlich voll entwickelte Frau. Wer mich nicht kannte und sah zu der Zeit, schätzte mich, ungelogen, auf 18 oder gar 20 Jahre. Das hat es wirklich gegeben. Meine Kleidergröße lag zwischen 38 und 40. Meine Oberweite war 85 B. Das ist nicht unbedingt das, was eine Schülerin der neunten Klasse üblicherweise misst.
Buben brachte ich nicht mit ins Haus. Lediglich Ele besuchte mich von Zeit zu Zeit, oder ich bin zu Ele zu Besuch gewesen. Drei Jahre lang war meine Welt leidlich in Ordnung. An meinem vierzehnten Geburtstag sollte sich das alles grundlegend ändern.
Ich durfte Ele zu meinem Geburtstag einladen. Meine Großeltern väterlicherseits hatten sich angemeldet. Außerdem würde ein Onkel Gerhard meine Großeltern begleiten als Chauffeur.
Als erster Gast kam Ele. Sie schenkte mir ein Buch: Melissa P.: Mit geschlossenen Augen. Das ist die Geschichte eines italienischen Mädchens, das jedem Jungen und jedem Mann nachgibt und unglaubliche Dinge erlebt, diese jedoch nur mit geschlossenen Augen ertragen kann. Das möchte ich nicht erleben.
Die Großeltern kamen später. Als es läutete an der Tür, durfte ich öffnen. Ich habe Oma und Opa begrüßt. Die haben mich von oben bis unten angeschaut. Sie verglichen mich offenbar mit dem Bild, das sie von mir hatten und waren zufrieden. Ich trage zur Feier des Tages eine schwarze Jeans und einen weißen Pulli. Der kontrastiert gut zu meiner sonnenbraunen Haut und zu meinen mahagonifarbenen Haaren. Opa schenkt mir einen MP3-Player und Oma eine Strauß Sommerblumen.
Ich begleite Oma und Opa ins Wohnzimmer und versorge die Blumen. Ich hole mir eine Vase und fülle Wasser hinein und stelle die Vase mit den Blumen auf den Kaffeetisch. Ich trete einen Schritt zurück, um die Wirkung zu beurteilen. Dabei stoße ich an jemanden. Ich drehe mich um und stehe unvermittelt vor ihm, vor Onkel Gerhard. Den hatte ich an der Tür offenbar übersehen, auch nicht gehört. Jetzt stehe ich direkt vor ihm: 1,85 Meter, dunkelblonde kurze Haare, sonnengebräunt, stahlblaue Augen und ein markantes Kinn. Sein Brustkorb ist bestimmt einen Meter breit. Er sieht mich an. Nicht wie Oma und Opa es taten, von außen. Nein, er sieht in mich hinein. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Zunächst ohne ein Wort, nimmt er mich in den Arm. Er drückt mich sanft aber entschieden an sich. Wie ein Hauch küsst er mich mit trockenen, warmen Lippen auf die Stirn. Dazu muss er sich nicht bücken und auch nicht recken. Er trifft mit seinen Lippen direkt meine Stirn. Ich lasse meine Arme ab von seinem breiten Kreuz. Er lässt die Hände auf meinem Rücken nur abwärts gleiten bis in meine Taille. So kann ich mich zurück lehnen und ihn noch einmal betrachten. Dabei spüre ich rechts in der Leistengegend einen Druck. Das ist ...? Ist das etwa...? Er drückt mich sanft weiter fest an sich. Was ich da spüre ist seine erregte, erregende Männlichkeit. Diese Sekunden dehnen sich zu Ewigkeiten. Der Mann, der mich in seinen Armen hält, begehrt mich als Frau. Das Gefühl macht mich stark, macht mich erwachsen in dieser einen Sekunde. Dann ertönt ein sonorer Bass:
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Magdalena!“
Er ist der erste, der heute zu mir ‚Magdalena’ sagt. Die anderen nennen mich Lene oder Lenchen. Er sagt: ‚Magdalena!’
Opa plaudert derweil munter von seinem Hotel. Oma sagt immer nur: „Ja, Friederich!“
Ele hilft mir in der Küche. Wir servieren unseren Gästen den Kaffee, während Mama den Kuchen auflegt. Ele fragt mich in der Küche:
„Wer ist das?“
„Gerhard!“
Seliger Sigmund Freud, vergib mir. Warum lasse ich das ‚Onkel’ weg?
Nach dem Kaffee und nervendem, leeren Geplapper, rät Mama mir:
„Zeig Onkel Gerhard dein Zimmer. Er hat sicher noch kein Mädchenzimmer gesehen. Hat er nicht. Wie ich den Gesprächen entnehme, lebt Onkel Gerhard allein mit einer älteren Haushälterin auf einem ganz frisch renovierten Vierseithof in der Nähe von Karpfham. Onkel Gerhard ist trotz seiner dreißig Jahre ein vielbeschäftigter Rechtsanwalt. Dem zeige ich also mein Zimmer.
Ele geht mit mir. Das finde ich unausgesprochen nett von ihr. Wir gehen die Treppe hinauf. Ich schiebe Onkel Gerhard in mein Zimmer. Ein Bett, ein Schrank, am Fenster ein Schreibtisch. An der Wand ein Poster von Rod Stewart. Im Bücherregal neben einigen Büchern zwei Puppen, ein Mädchen und eine Junge. Ich deute mit dem Arm durchs Zimmer. Als ich mich umdrehe, drehe ich mich, wie schon unten im Wohnzimmer, wieder genau in seine Arme. Er nimmt mich wieder in die Arme. Nur, dass er mich jetzt auf den Mund küsst. Himmel, wie der küsst. So bin ich noch nie geküsst worden. Sogleich spüre ich erneut sein Geschlecht in meiner rechten Leiste und peinlicherweise mein eigenes Geschlecht. Zwischen meinen Beinen wird es verräterisch warm und es pocht.
Ich befreie mich aus seinen Armen, nicht aber aus seinem Bann. Ich sehe, mit hochrotem Kopf, aus dem Fenster. Er dreht mich um. Wo ist Ele? Die sitzt, wie sich zeigte, auf der Treppe. Sie hat mich mit Gerhard allein gelassen, wohl ahnend, dass er nicht mehr mein Onkel ist, sondern ein begehrenswerter Mann; ein Mann der mich begehrt, wie ich spüren konnte, und den ich begehre, wie ich immer noch spüre.
Als wir nach jahrelangen drei Minuten wieder nach unten gehen, steht Ele von den Stufen auf und geht vor uns her zurück zur Familie. Ele sagt:
„Ein sehr schönes Zimmer mit wunderbaren Aussichten!“
Danke, Ele! Ich bringe kein Wort heraus. Auch Gerhard schweigt, aber er lächelt. Und wie er lächelt!
Später macht Gerhard, pardon: Onkel Gerhard, den Vorschlag, ich und Ele könnten das Wochenende auf seinem Hof verbringen. Er hätte Platz in rauen Mengen. Die Haushälterin würde sicher gut für uns sorgen.
Leider sagt Ele ab, weil sie am Samstag mit Bruder und Eltern ihre Großeltern besuchen müsse. Mama hatte nichts geschnallt, wie mir schien. Sie redete auf mich ein, wie auf einen lahmen Esel, dass ich doch mitfahren solle mit Onkel Gerhard. Der habe es sehr schön. Sie selbst, Mama, habe sich im Vorjahr davon überzeugen können.
„Das wird dir bestimmt nicht leid tun, Lenchen!“
Ele empfahl mir an der Haustür ebenfalls, als sie ging:
„Sei kein Frosch! Fahr mit! Du kannst es mir später erzählen.“
Mit zittrigen Fingern und klopfendem Herzen habe ich meine Reisetasche gepackt. Ich habe Angst vor dem Wochenende. Vor Gerhard habe ich keine Angst. Ich habe Angst vor mir!
Ich verabschiede mich von den Eltern. In Gerhards Auto steige ich hinten ein neben Oma. Opa sitzt vorne neben Gerhard. Auf der Fahrt redet Oma, als ginge es zur Kinderlandverschickung oder zu einem Urlaub auf dem Bauernhof.
Erst werden Oma und Opa abgesetzt in Bad Griesbach. Dann fährt Gerhard ein Stück des Weges zurück. Durch eine großen Torbogen geht es in einen sauber aufgeräumten Hof. Wir fahren direkt auf ein großes Wohnhaus zu. Links steht eine Art Scheune aus Stein. Rechts etwas ähnliches, nur aus Holz. Am Freitagabend, am Abend meines vierzehnten Geburtstages komme ich hier an.
So viel kann ich vorweg nehmen: ich bin von diesem Moment an nur noch gelegentlich zu meinen Eltern zu Besuch gefahren. Ich bin bei Gerhard geblieben, nicht mehr nach Hause zurück gekehrt.

Gerhard springt geradezu aus dem Auto. Er läuft ums Auto herum. Noch bevor ich alleine aussteigen konnte macht er von außen die Tür auf und hält mir seinen Arm hin als Hilfe beim Aussteigen. Dabei wäre ich aus dem Mercedes auch alleine heraus gekommen. So niedrig ist der nicht. Gerhard nimmt meine Reisetasche aus dem Kofferraum. Auf dem Deckel steht ein ‚C’.
Noch bevor wir die Haustür erreichen, öffnet die Haushälterin die Tür:
„Herzlich willkommen!“
„Frau Holzhammer, Frau Hocheder, Magdalena!“
Im Flur deutet Gerhard auf die Türen:
„Rechts mein Büro, links Küche und Esszimmer.“
Wir gehen die Treppe hinauf.
„Links die Wohnung von Frau Holzhammer, rechts ein Gesellschaftszimmer.“
Es geht noch eine Etage höher.
„Rechts mein privates Wohnzimmer, links mein Badezimmer, mein Schlafzimmer; gegenüber das Gäste-appartement, deine Wohnung.
Möchtest du deine Tasche gleich auspacken?
Nein, lass sein. Komm, wir setzen uns in Wohnzimmer. Trinkst du ein Glas Wein mit? Ich habe einen herrlichen Chardonnay.“
„Ich würde lieber ein Mineralwasser trinken. Mit Wein kenne ich mich nicht aus.“
„Das wirst du schon noch lernen, glaube es mir.“
Das Wohnzimmer ist möbliert in Eiche. Die Polstergarnitur ist aus Leder. Ein halbe Wand ist bedeckt von einem Bücherregal. In einer Ecke steht oder hängt ein großer Flachbildfernseher. Der bleibt aber dunkel.
Wir erzählen uns. Eigentlich erzähle nur ich. Ich muss von mir erzählen, von zu Hause und aus der Schule. Eigentlich gibt es da nicht viel zu erzählen. Dennoch rede ich pausenlos. Warum?
Habe ich gegähnt?
„Entschuldige meine Unaufmerksamkeit, Magdalena. Bist du müde? Sicher bist du müde. Du hattest einen großen Tag heute.“
Er begleitet mich an die Tür meines Zimmers und gibt mir einen Kuss, wieder einen dieser atemberaubenden Küsse.
„Gute Nacht!“
„Gute Nacht, Magdalena!“
Ich putze mir die Zähne. Das Bett ist schön breit, ein französisches Bett. Die Bettwäsche ist glatt und glänzend und von kräftiger roter Farbe. Dazu passt mein weißer Pyjama. Ich lege mich ins Bett, krieche unter die Decke. Die glatte Wäsche ist angenehm kühl auf der Haut. Jetzt liege ich hier in einer vollkommen neuen Umgebung. Ängstlichkeit befällt mich. Ich ziehe mir die Decke mit den Händen bis unters Kinn. Das wäre nicht nötig, denn Anfang Juni ist es nicht kalt. Die Hände mit der Decke unter dem Kinn beruhigen mich, giben mir etwas von meiner Sicherheit zurück.
Weshalb bin ich hier? Was tue ich hier? Warum bin ich mitgegangen? Ich erwarte etwas. Was erwarte ich? Er hat mich geküsst. Warum hat er mich so geküsst? Warum hat er mich mitgenommen?
Es klopft leise an der Tür. Die Haushälterin?
„Ja, bitte!“
Er ist es! Er setzt sich im Halbdunkel auf meine Bettkante. Er trägt einen weißen Hausmantel. Mein ganzer Leib, mein Bewusstsein gerät in Aufruhr. Meine Welt vibriert in ihren Grundfesten.
Er streicht mir die Haare aus der Stirn. Er beugt sich über mich. Mit der Zunge berührt er mein rechtes Ohr. Ich spüre seinen warmen Atem im Nacken. Ich presse meine Schenkel zusammen, um mich nicht zu verraten. Er hat noch kein Wort gesprochen. Er küsst mich einmal mehr. Ist das lustvoll, oder empfinde ich mit übertriebener Sensibilität das nur so. Ich bin völlig außer Atem, als er meinen Mund endlich wieder frei gibt. Wieder beugt er sich über meinen Mund. Mit der Zungespitze dringt er in mich ein und erforscht meinen Mund von innen. Das Blut rauscht in meinen Ohren. Hört er das auch?
Er richtet sich auf und mit einer langsamen aber steten Bewegung, die keinen Widerstand duldet, schiebt er meine Hände mit samt der Decke abwärts bis zum Nabel. Als er sich erneut über meinen Mund beugt, landen seine Hände auf meinen Brüsten. Die werden alles verraten. Die brennen ihm entgegen. Er küsst mich immer wieder. Dabei knöpft er meine Pyjamajacke auf und streift sie mir ab. Sollte ich mich wehren? Muss ich mich wehren? Ich helfe ihm, mich aus der Jacke zu befreien. Erstmals spüre ich seine warmen, männlichen Hände direkt auf meinen Brüsten. Die Gefühle in meinem Schritt werden unerträglich. Wenn ich die Beine eine Kleinigkeit öffne, ist es leichter zu ertragen. Er hebt die Decke an und schiebt sich darunter, wobei sein Hausmantel vor dem Bett zu Boden fällt.
Bei dem Versuch, die schützende Decke über meinem Schoß zu halten, berühre ich sein Glied, seine harte Männlichkeit. Ich erstarre, vor Schreck? Vor Ehrfurcht? Vor Angst? Vor Wollust?
Er redet nicht, sagt nichts, handelt nur. Warum sagt er nichts? Es ist gut, dass er nichts sagt. Was sollte er denn sagen? Was sollte ich antworten? Ich würde krächzen, schreien: tu es, endlich. Ich halte es nicht mehr aus. Bitte!
Halb liegt er an meiner rechten Seite, halb liegt er auf mir. Mit seiner rechten Hand streichelt, drückt er meine linke Brust. Eigentlich sollte das weh tun. Das Gegenteil ist der Fall, es regt mich auf, es erregt mich mehr als ich ertragen kann.
Er zieht mir die Pyjamahose aus. Mit sanfter Gewalt schiebt er meine Beine auseinander. Trotz aller Aufregung, trotz des Aufruhrs in meinem Schoß, spüre ich seine Hand zwischen meinen Schamlippen. Mein Gott, was macht er mit mir?
Jetzt ist es so weit! Er wirft die Decke fort. Er erhebt sich und lässt sich zwischen meinen Beinen nieder. Dabei liegt er so tief, dass er mit dem Gesicht genau zwischen meinen Brüsten liegt. Ich hatte seine Männlichkeit in meinem Schoß erwartet. Dort blieb es leer, noch!
Er knetet meine Brüste. Mein Geschlecht, meine Pussie reagiert darauf heftig. Ich laufe aus. Ich mache das Bett nass. Ich bin hin und hergerissen zwischen Scham und Gier. Mama, warum hast du mir das nicht erklärt?
Er schiebt sich hoch, so hoch, dass er wiederum meinen Mund erreicht. Jetzt spüre ich erstmals die heiße Spitze seiner Männlichkeit in meinem Schoß, an meinen Schamlippen. Jetzt! Es passiert nichts. Ich fürchte den Schmerz, der gleich kommen wird. Ich wappne mich davor. Ich will tapfer sein. Ich will mir keine Blöße geben!
„Bitte, Magdalena. Du verkrampfst dich. Du musst ganz ruhig bleiben. Schön langsam einatmen, Pause, ausatmen!“
Dabei hält er seine rechte Hand auf meiner linken Brust.
„Einatmen, ausatmen!“
Er hilft mir. Ich werde ruhiger. Die Furcht vor dem Schmerz flaut ab. Er tut mir so gut, so unendlich gut.
„Gerhard!“
„Oh!“ Da ist es passiert. Er hat mir sein Glied mit einem kurzen kräftigen Ruck ein Stück in die Scheide gedrückt. Das tat nicht eigentlich weh. Es war eher ein kräftiges Ziehen und Spannen, nicht eigentlich schmerzhaft, nicht wirklich.
„Einatmen, ausatmen!“
Immer, wenn ich mich wieder entspannt habe, macht er einen weiteren Vorstoß. Wie oft? Dreimal, viermal? Ist das anstrengend. Mir ist unglaublich heiß.
„Geschafft! Du hast es geschafft, Magdalena. Ich bin ganz herinnen bei dir.!“
Gerhard küsst mich. Mir kommen die Tränen. Nicht, weil ich Schmerzen hätte, sondern weil ich so glücklich bin, dass ich jetzt Gerhards Frau bin, weil er ganz in mir ist. So schlimm war das nicht. Ich hatte es mir schlimmer ausgemalt. Es kam noch besser, viel besser.
Nach einer längeren Pause, während der die Anspannung nachließ, begann er, sich in mir zu bewegen. Je mehr er sich in mir bewegte, desto schwächer wurde die Furcht, die Ängstlichkeit, desto stärker wurde die Lust, die Wollust, die Gier.
„Oh, Gerhard!“
Sekundenlang verharrt er äußerlich ruhig, während in meiner Scheide sein Glied sich bläht und zuckt. Heiße Tropfen treffen den Grund meiner Scheide. Er ist gekommen, in mir gekommen!
Er zerrt mit seinem rechten Arm an meiner linken Schulter. Ach so, ich soll mich mit ihm auf die Seite legen ohne ihn zu verlieren. Das gelingt. Noch besser geht es, wenn ich mein linkes Bein dabei über ihn lege. Herrlich!
Irgendwann habe ich ihn doch verloren, bin ich eingeschlafen. In der Nacht hatte ich kurz das Gefühl, allein im Bett zu liegen.
Als ich am Morgen erwache, ist er wieder neben mir.
„Guten Morgen, Magdalena. Hast du gut geschlafen?“
„Wunderbar. Guten Morgen!“
Seine Männlichkeit streckt und kräftigt sich an meinem Oberschenkel. Mein Geschlecht tut es ihm nach, drückt meine Beine auseinander.
Er klettert zwischen meine Beine. Mit sanfter Gewalt schiebt er sie weiter auseinander und hebt meine Knie dabei ein Stück an.
„Möchtest du es? Nur, wenn du möchtest.“
„Ich will, ganz stark!“
Zunächst schiebt er sein Glied nur von außen durch meinen Schoß. Erst von oben nach unten, dann von unten nach oben.
„So, jetzt!“
„Ja! Warum hast das eben so gemacht?“
„Ich habe mein Glied eingecremt, damit es besser gleitet.“
„Geht das so?“
„Das geht so, weil du wunderbar nass bist.“
„Das ist gut?“
„Sehr gut.“
„Da bin ich aber froh. Ich möchte nichts falsch machen.“
„Machst du nicht. Du bist eine wunderbare Frau!“
Ich bin eine wunderbare Frau. Das tut gut. Gestern war ich nur ein Mädchen. Heute bin ich eine wunderbare Frau!
Langsam drückt er sein Glied in meine Scheide. Die erweist sich als enger als ich vermutet hätte. Die hat sich seit gestern abend wieder zusammen gezogen. Weil er sich sanft und vorsichtig bewegt in mir, gibt meine Scheide den Widerstand bald auf. Ist das ein starkes Gefühl. Je länger er sich bewegt, desto aufregender wird es. Was er macht, dürfte er stundenlang machen. Das Gefühl ist himmlisch. Ich habe ihn in mir. Er bewegt sich in mir. Er gehört mir. Er tut, was ich will. Ich liege zwar unter ihm, aber ich fühle mich ihm überlegen. Ich habe mich und ihn. Das kann er nicht haben.
So lange halte ich das doch nicht aus. Er auch nicht. Er stützt sich nicht mehr auf den Händen ab, sondern auf den Ellbogen. Er lässt nicht nach. Ich muss meine ganze Kraft zusammen nehmen, um ihm Stand zu halten.
„Bitte, Gerhard, ich kann nicht mehr!“
„Gleich! Locker lassen, Magdalena, locker lassen. Ich habe es gleich!“
Was soll ich locker lassen? Wenn er nicht gleich fertig wird, bekomme ich einen Krampf.
„Bitte! Oh!“
Wieder scheint er sich in mir zu blähen. Zuckend ergießt er sich in mir. Ich habe es geschafft. Gerhard auch. Er hat sich sehr anstrengen müssen. Er ist schweißnass. Das hätte ich nicht erwartet. Ist das so anstrengend?
„Oh, Gerhard!“
„Ich liebe dich, Magdalena!“

Gerhard hat mir gezeigt, wie ich über dem Bidet das Sperma aus meiner Scheide heraus spüle. Er ist mit mir unter die Dusche gegangen. Das geht mühelos, weil die riesig ist. Unter der Dusche habe ich mich gefühlt wie ein kleines Kind. Ich war ganz ausgelassen. Lediglich die Tatsache, dass Gerhard da war und seine Männlichkeit, zeigt mir, dass ich kein Kind mehr bin. Ich habe mich getraut, seine Männlichkeit anzufassen und anzuschauen. Jetzt, nachher, weiß ich, dass die nicht schlecht ist. Hätte ich sie vorher gesehen, hätte ich mich vermutlich gefürchtet. Ich bin eine Frau! Beim Hinabsteigen der Treppe spüre ich, dass mich die Sache mehr angestrengt hat als ich dachte. Ich habe sehr schwere Beine. Gerhard reicht mir seinen Arm, damit ich mich stützen kann. Er lächelt mich dabei himmlisch an.
Frau Holzhammer hatte das Frühstück bereits gerichtet. Es gab Kaffee und Kakao zur Auswahl, und natürlich frische Semmeln. Erst wusste ich nicht, ob ich mich vor Frau Holzhammer schämen sollte oder nicht. Ich habe mich für ‚nicht’ entschieden und ihr offen ins Gesicht gelächelt. Sie lächelte zurück.
Einmal habe ich kurz gedacht, dass ich bestimmt nicht das erste Mädchen bin, dass beim Frühstück als Frau erschien. Das ist total egal. Jetzt bin ich die Frau an Gerhards Seite. Allein das Jetzt zählt.

Nach dem Frühstück sind wir hinaus gegangen, spazieren gegangen.
„Die Bewegung in frischer Luft wird dir gut tun, Magdalena. Dann bekommst du nicht einen so großen Muskelkater.“
Was soll ich sagen, in der frischen Morgenluft, nach einer halben Stunde, habe ich meine Beine eigentlich nicht mehr als so schwer empfunden. Lediglich zwischen meinen Beinen, meine Pussie, wollte so schnell nicht vergessen. Ich habe mich bei Gerhard untergehakt. Das ist ein riesiges Gefühl. Habe ich gestern geredet wie Sheherazade in 1001 Nacht, zum Glück vergeblich, so redet heute Gerhard. Er erzählt mir aus seiner Jugend, von seinen Eltern und mehr. Zuweilen höre ich nur den angenehmen Klang seiner Stimme, nicht aber, was er sagt. Hoffentlich fragt er mich nicht.
„Du solltest bei mir bleiben. Wir holen spätestens morgen deine Habe zu Hause ab. Ich werde deinen Eltern klar machen, dass du es bei mir viel besser hast, dass Frau Holzhammer und ich viel besser für dich sorgen werden, als deine Eltern es in Zukunft je könnten.“
„Meinst du wirklich?“
„Davon bin ich überzeugt.“
„Ob das geht?“
„Warum sollte das nicht gehen?“
„Ich bin vierzehn, erst vierzehn.“
„Wer weiß das? Wer sieht das?“
„Und die Schule?“
„Ob du von hier aus oder von deinen Eltern aus zur Schule gehst, das macht keinen Unterschied.“
„Und Ele?“
„Ihr könnt euch besuchen, so oft ihr wollt. Ich bin zwar den Wochentag über in der Kanzlei oder bei Gericht, aber die Abende und die Wochenenden gehören uns. Oder möchtest du nicht meine Frau sein? Möchtest du nicht mit mir schlafen?“
„Doch, gerne, immer. Immer wieder.“
„Das geht nur, wenn du bei mir wohnst, bei mir lebst.“
„Mein Alter? Kriegst du das hin?“
„Ich bin Rechtsanwalt! Ansehen wird dir dein Alter niemand. Fragen wird danach auch niemand. Dafür werde ich schon sorgen. Lass mich nur machen.“
„Oh, Gerhard!“

Nach dem Mittagessen fragt mich Gerhard:
„Möchtest du ruhen oder möchtest du schlafen, mit mir?“
„Wie bitte?“
„Möchtest du ruhen, dann legen wir uns auf die Terrasse. Möchtest du mit mir schlafen, gehen wir nach oben ins Gästezimmer.“
„Ins Gästezimmer, wenn das möglich ist.“
„Warum sollte das nicht möglich sein? Komm!“
Er hat mich ausgezogen. Er hat mich dabei gestreichelt und geküsst überall. Wundervoll! Er hilft mir, ihn auszuziehen. Das muss ich erst lernen. Als ich ihm die Hosen abstreife, kann ich nicht umhin, mit den Lippen sein Glied zu berühren. Da er seine Hände auf meinen Kopf gelegt hat, kann ich mich nicht erheben. So küsse ich sein Glied noch einmal. Das beginnt erstaunlich schnell sich zu strecken und dicker zu werden. Letztlich streckt sich die Spitze aus der beweglichen Haut heraus. Ich küsse diese Spitze ganz vorsichtig. Gerhard zieht mich an sich hoch, so hoch, bis meine Brüste auf seinen Brustkorb drücken, bis sein Glied zwischen meine Beine springt, sich warm in die Falten meiner Pussie legt. Das Gefühl ist überwältigend. Meine Pussie schwillt und pocht wie wild. Ich will mich aufs Bett legen, aber Gerhard war schneller. Er legt sich in der Mitte des Bettes auf den Rücken.
„Und ich?“
„Komm auf mich drauf.“
Er zieht mich auf sich drauf, bis ich ganz auf ihm liege, sein hartes Glied zwischen uns. Es reicht, hart und heiß, vom Schamhaar bis zu meinem Bauchnabel. Ist das so groß? Er küsst mich, er streichelt mich. Ich stehe in Flammen. Ich komme mir vor wie ‚die brennende Giraffe’. Mit seinen warmen, festen Händen fasst er meinen Hintern. Das geht mir durch bis in die Pussie. Er schiebt mich unmerklich aufwärts auf sich, bis sein Glied sich befreien kann und dabei zwischen die Falten, zwischen die Schamlippen meiner Pussie springt. Während er mich ausführlich küsst, drückt er mir Millimeter weise sein Glied in die Scheide. Ich könnte jubeln. So, wie er das macht, in Zeitlupe, macht er mich verrückt, verrückt vor Lust, Wollust.
„Jetzt du, Magdalena!“
„Was soll ich?“
„Jetzt mach, was dir gefällt. Beweg dich, wie es dir am meisten Spaß bringt. Du hast Handlungsvollmacht.“
Ich setze mich wie auf eine Fußbank: die Fußsohlen flach aus Laken, den Hintern auf seine Schenkel, nur, dass ich ihn in mir habe.
Wenn ich sachte anhebe, spüre ich herrlich, wie er heraus gleitet. Lasse ich mich herunter, gleitet er wieder hinein. Das ist gut, irre gut.
„Oh, Gerhard!“
„Das hältst du nicht lange aus. Das geht zu sehr in die Beine. Leg dich auf die Knie und streckt die Füße nach hinten weg. Dann geht es leichter.“
Es geht wahrhaftig leichter, viel leichter. Schneller geht es auch, sogar richtig schnell. Oh, Mann, tut das gut!
Gerhard liegt einfach nur da. Er hat die Augen geschlossen. Würde nicht ab und zu sein Glied zucken, könnte ich glauben, er wäre gar nicht beteiligt. Das ist er zum Glück jedoch sehr. Jetzt streckt er auch noch die Arme aus und streichelt, knetet meine Brüste. Gestern noch hätte mir die Berührung, gar kneten an den Brüsten weh getan. Heute bringt es mein Geschlecht zur Raserei. Verlassen mich die Kräfte? Bin ich zu langsam?
Plötzlich, wie von der Leine gelassen, beginnt er von unten erst langsam, dann zunehmend schneller gegen mich, in mich hinein zu stoßen, dass es mich wirft. Ich muss mich an ihm festhalten, um nicht vom wilden Stier zu fallen. Wieder muss ich alle Kraft zusammen nehmen, um ihm Stand zu halten. Wieder muss ich mich gewaltig anstrengen. Dann verharrt er, mich hochdrückend, sekundenlang still, während in mir, in meiner Scheide sein Glied ein Stakkato vollführt, die heißen Tropfen meine Scheide netzen.
„Magdalena!“
Er zieht mich auf sich drauf und umschlingt mich so kräftig, dass es mir schwer fällt zu atmen.
„Gerhard!“

Eine Stunde haben wir geschlafen. Nach dem Bad fragt mich Gerhard:
„Kannst du laufen? Fahren wir zu deinen Eltern, um deine Sachen abzuholen?“
„Heute nicht, bitte. Morgen, ja?“
„Morgen. Gut!“

Samstagabend haben wir es gemacht und Sonntagmorgen. Sonntagnachmittag haben wir es nicht gemacht, sondern sind zu meinen Eltern gefahren, um meine Sachen abzuholen. Anscheinend hatte Gerhard schon vorher telefoniert. Meine Habseligkeiten standen in zwei Umzugskartons, einem Koffer und einer Tasche im Flur. Vater nahm mich wortlos in den Arm. Mutter verabschiedete mich, als müsse ich jetzt für lange Zeit oder für immer in ein Straflager. Sie hatte sogar eine Träne im Auge.
„Ich bin doch nicht aus der Welt, Mama!“
„Ich weiß es.“
„Es sind doch nur zehn Kilometer zwischen uns.“
„Und ein Mann.“
„Wie meinst du das?“
„Schon gut. Viel Glück, mein Kind!“

Sonntagabend haben wir es noch einmal gemacht. An drei Tagen habe ich sechsmal gemacht, was ich zuvor mein Leben lang nicht getan hatte.
Am Montagmorgen brachte Gerhard mich zur Schule. Leider, oder zum Glück, hat von meinen Mitschülern das keiner mitbekommen. Am Vormittag in der Klasse bin ich die einzige Frau unter lauter Kindern. Wenn auch nicht alle Mädchen mehr Jungfrauen sind, einen Mann, so wie ich ihn habe, hat keine.
Am Mittag bin ich mit dem Schulbus heim. Frau Holzhammer erwartete mich schon mit dem Mittagessen. Nach dem Essen bin ich nach oben. Mein Zimmer ist aufgeräumt, das Bett gemacht, das Bad geputzt. Ich muss nur meine Schularbeiten machen, sonst nichts.
Mein Leben ist ein Traum. Ich gehe zur Schule und lerne. Das gefällt mir mehr denn je. Zu Hause muss ich meine Schularbeiten machen. Wenn Gerhard da ist, darf ich ihn lieben. Das tue ich gerne. Das ist schon alles. Mehr muss ich nicht. Ist das ein Leben!

Das ging so bis in die Ferien hinein. Dann trübte ein Zwischenfall meine Stimmung.
„Gerhard, kann es sein, dass ich schwanger bin?“
„Wirklich? Ist es wahr? Das ist ein Wunder!“
Ich verstehe die Welt nicht mehr.
„Ist das gut? Bekomme ich keine Probleme? Soll ich abtreiben?“
„Du tust nichts. Ich mach das schon!“
Ein Satz, den ich in meinem Leben noch öfter hören sollte, der mein Leben bestimmen wird wie kein anderer.

Meine Regel bekam ich nicht. Dafür bekam Gerhard Urlaub. Er ist mit mir nach Gran Canaria geflogen. Es waren zwei traumhaft schöne Wochen. Wir sind schwimmen gegangen und sonnenbaden, wir sind gewandert und haben uns geliebt, bis zu viermal an einem Tag. Ich war, ich bin glücklich.
Am vierten Tag war es wohl, da geschah etwas mit mir, mit Gerhard im Bett, das hatte ich vorher noch nicht erlebt. Wir haben gekämpft, bis ich es nicht mehr halten konnte. Gerhard hat sich in mir erschöpft. Dabei ist bei mir eine Mauer eingestürzt oder ein Damm gebrochen oder ein Nerv freigelegt worden. Ausgehend von meinem Unterleib, begann mein Leib rhythmisch zu zucken, sich zusammen zu ziehen und wieder zu entspannen, minutenlang, völlig autonom. Ich konnte nichts dagegen machen.
„Du hast es geschafft, Magdalena. Das war dein erster Orgasmus!“
„Das hätte ich nicht gedacht. Ich hätte behauptet, den schon immer gehabt zu haben.“
„Jetzt hattest du ihn. Jetzt bist du wahrhaftig erwachsen.“
„Und schwanger!“
„Das macht nichts. Ich mach das schon!“
Die zwei Wochen waren viel zu schnell vorbei. Was erwartet mich zu Hause? Nichts. Gerhard machte alles recht.
Meine Eltern freuen sich auf das Kind. Ich muss nicht abtreiben. Die Schule freut sich mit Gerhard und mir auf das Kind. Frau Holzhammer freut sich schon heute. Wie es das gibt? Da kann ich mich auch freuen.

Die restlichen Schulferien waren nicht ganz so toll. Wir, also Gerhard und ich, haben zwar jeden Morgen und jeden Abend Sex gemacht, aber sonst war der Tag leer, irgendwie. Ich bin manchmal zu Ele gegangen, manchmal habe ich meine Eltern besucht. An einigen Tagen kommt Ele mich besuchen. Ele hat inzwischen auch einen festen Freund. Sie hat mit ihm auch schon Sex gemacht. Aber so oft wie wir, ginge es bei ihr beim besten Willen nicht. Ein Kind? Nein, das könne sie nicht riskieren. Ihre Eltern würden sie vermutlich erschlagen. Da habe ich es besser, weil Gerhard das alles regelt.

Das neue Schuljahr verläuft gut. Ich bin in der zehnten Klasse. Meine Leistungen sind nach wie vor glatt. Außer mir gibt es noch eine schwangere Schülerin in der zwölften Klasse. Alle sind nett zu mir, sogar die Lehrer. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich glauben, ich sei schwer krank oder schwer behindert, so freundlich und hilfsbereit sind alle zu mir. Ich fühle mich pudelwohl. Außer, wenn ich nackt vor dem Spiegel stehe, kann man nicht erkennen, dass ich schwanger bin. Das wird wohl noch kommen. Eine Vorteil hat die Schwangerschaft. Ich bekomme nicht meine Regel. Gerhard und ich müssen keinen Tag auf unseren Spaß verzichten. Gerhard ist noch glücklicher, noch lieber zu mir, als er bisher schon war. Ich lebe einen Traum.

In diesem Jahr haben wir einen goldenen Oktober. Wir bleiben vom Hochnebel verschont. Das herrliche Wetter schafft herrliche Stimmung. Besonders das Wochenende über den 3. Oktober war schön. Ich habe schulfrei und Gerhard ist ebenfalls zu Hause. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass wir Stunden zusammen im Bett verbracht haben. Am Sonntag geschah es, dass ich zu Gerhards Spielball der Lüste wurde. Ich habe mich gefühlt, wie ein Tennisball, der auf einer Wasserfontäne tanzt. Gerhard hat mich tanzen lassen. Ich konnte überhaupt nichts dagegen tun. Ich hätte es auch nicht gewollt, selbst wenn ich es gekonnt hätte. Es begann als ganz normales Liebesspiel. Dabei wurde unmerklich eine unsichtbare Grenze überschritten. Das geschah, als ich das erstemal erlöst wurde durch einen, zugegeben, herrlichen Orgasmus. Dadurch war ich in einen Zustand versetzt worden, der meine Gefühlswelt und meine Nerven meinem Bewusstsein, meiner bewussten Einflussnahme entzog. Gerhard liebte mich weiter. Er machte keine richtige Pause. Nur langsam wurde er, oder er brachte mich hin und wieder in eine andere Position. Nach seinem Belieben erneuerte er meinen Orgasmus oder er löste einen weiteren Orgasmus aus. Mein ganzer Leib war nur noch Ekstase, nur noch sexuelles Empfinden. Die Gefühle waren aberwitzig gut. Ich befand mich im Zustand eines übermächtigen endlosen Orgasmus, oder waren es unkontrollierte Zuckungen, die ihren Ursprung in meinem Geschlecht hatten? Ging es Gerhard ähnlich? Er kam zu keinem Abschluss. Stets aufs Neue hat er mich die Kraft und die Begierde seines Geschlechts spüren lassen. Ich konnte mich dem nicht entziehen. Es gab keine Ende der wollüstigen Wogen. Ich habe gekeucht, geächzt, gestöhnt. Meine Kräfte ließen nach. Die lustvollen Sensationen wurden überdeckt von Muskelschmerzen. Das beendete aber nicht das Toben des Orgasmus meines ganzen Körpers, weil er nicht aufhörte, endlos weiter mit seinem Glied, mit seiner ganzen Männlichkeit mich zu bearbeiten. Wenn er doch endlich kommen würde, fertig würde, dann käme auch ich zur Ruhe. Zu letzt wusste ich mir keine andere Hilfe, um die lustvollen Qualen zu beenden, als um Hilfe zu rufen, zu schreien:
„Gerhard, bitte, hör auf! Ich kann nicht mehr! Bitte!
Gerhard, bitte lass gut sein! Denk an unser Kind!“
Da endlich erwacht er. Endlich spüre ich seine Erlösung, sein Sperma in mir. Endlich lässt er von mir ab. Jede Anspannung in mir erlischt. Ich fühle mich wie Honig, der träge zerfließt. Ich habe noch gespürt, wie Gerhard sich, schweißnass, an mich geschmiegt hat. Dann übermannt mich Tiefschlaf.
Vier Wochen lang verliefen unsere Bettgeschichten völlig normal. Erst im November, ein Samstagmorgen, brachte eine Wiederholung des sexuellen Rausches. Während ich mir den Mechanismus, den Vorgang, den Auslöser nicht erklären kann, nicht nachvollziehen kann, lernt Gerhard das beim zweiten Vorkommen. Seit diesem Novembermorgen kann er mich nach Belieben in den sexuellen Rausch, in Ekstase versetzen. Ich bin dem hilflos ausgeliefert. Ich überlasse mich seiner Willkür, weil das Erleben eines solchen Rausches unbeschreiblich gut ist.

Am 5. Dezember muss ich nach Passau. Das Familiengericht, eine Familienrichterin, Frau Kaiser, möchte mich befragen zu meinem Zustand. Als wenn ich Zustände hätte. Gerhard hat mit mir durchgesprochen, was ich sagen darf und was nicht. Das kann ich mir leicht merken.
Frau Holzhammer fährt mich nach Passau und begleitet mich zu der Richterin.
Frau Kaiser möchte wissen, wie es mir geht: gut!
Wie ich in der Schule mitkomme? Gut!
Ob ich schwanger sei? Ja!
Ob ich wüsste, wer der Vater sei? Ja!
Ob ich ihr den Namen sagen möchte? Nein!
Ob ich das gewollt hätte, damals? Ja, sehr!
Ob ich das Kind will? Ja, unbedingt!
Ob mich jemand bedroht? Nein! Wer? Warum?
Ob ich heiraten wolle? Warum? Wen?
Den Vater des Kindes! Nein!
Ob ich der Richterin irgend was zu sagen hätte? Ob ich noch irgend was sagen möchte? Nein!
Wissen Ihre Eltern das? Ja!
Wohnen Sie bei Ihren Eltern? Manchmal ja, manchmal nein!
Fehlt es Ihnen an irgendetwas? Nein! Was sollte mir fehlen?
Sehr gesprächig sind Sie nicht, junge Frau! Nein! Wozu?
Damit war die Befragung beendet. Ich bin mit Frau Holzhammer nach Hause gefahren.
Ich habe alles richtig gemacht. Den Rest machte Gerhard.

Am Abend sind wir übereinander her gefallen wie die ausgehungerten Wölfe. Es war wunderbar wild und befriedigend, richtig orgiastisch. Bilde ich mir das nur ein, oder werde ich immer wilder, immer begieriger auf Gerhard? Es gibt Tage, da kann ich kaum erwarten, bis er endlich in mir ist, bis er mich stößt, dass meine Brüste nur so tanzen. Ob das dem Kind etwas macht? Es wird ein Mädchen, das ist sicher.

Weihnachten war sehr schön. Gerhards Eltern kamen zu Besuch und meine Eltern, und meine Großeltern. Am zweiten Weihnachtstag hat mich Ele mit ihrem Freund besucht. Manfred ist Student, ein netter Kerl, aber total fade.
Sylvester sind wir ausgegangen, Gerhard und ich, ins Hotel Maximillian zum großen Sylvester-Menue. Es war schön, wenn auch etwas opulent. Da ich mir aus Alkohol sowieso nicht viel mache, habe ich nichts versäumt. Um besoffen zu werden brauche ich einzig und allein Gerhard. Im Bett, mit seiner Liebe, bringt er mich noch um den Verstand. Aber, was könnte mir schon passieren? Nichts! Gerhard macht das schon.

Inzwischen ist nicht zu übersehen, dass ich schwanger bin. Nicht zuletzt aus Rücksicht auf das Kind, verzichtet Gerhard darauf, mich in den Ausnahmezustand zu versetzen. Auch ohne dem ist unsere Liebe Sinn und Fülle meines Lebens. Keiner meiner Wünsche bleibt unerfüllt. Lediglich die Jahreszeiten muss ich nehmen wie sie kommen. Alles andere regelt Gerhard zu meiner Zufriedenheit.

Im achten Monat meiner Schwangerschaft bin ich schon sehr stark. Deshalb organisiert Gerhard eine Physiotherapeutin, die jeden Wochentag kommt und mit mir Gymnastik macht. Das ist zwar anstrengend, aber gut. Ich muss das machen, sagt Gerhard, damit ich erstens eine problemlose Entbindung hinlegen kann, und damit zweitens mein Körper keine bleibenden Schäden davon trägt. Gerhard sagt:
„Ich möchte, dass mein Schmuckstück auch nach der Geburt meiner Tochter so jung und schön ist wie zuvor!“
„Ja, Gerhard!“

Obwohl mein Bauch inzwischen furchterregend stark ist, gehe ich in die Schule bis zu den Osterferien. Ich hätte zwar zu Hause bleiben dürfen, aber dann hätte ich in der Schule viel versäumt. So gehe ich bis zu den Ferien regelmäßig in die Schule. Die Entbindung soll sein am letzten Donnerstag der Osterferien. Gerhard hat alles organisiert. Er fährt mich und Frau Holzhammer in die Klinik. Leider kann er wegen eines Termins bei Gericht, in meiner schwersten Stunde nicht bei mir sein.
Der Verlust des Fruchtwassers war unangenehm. Mehr jedoch nicht. Von wegen, schwerste Stunde: zwölf Stunden hat es gedauert. Die Stunden waren zwar anstrengend, aber nicht eigentlich schwer. Frau Holzhammer ist nicht von meiner Seite gewichen. Gerhard hat in Laufe des Tages zweimal angerufen und sich nach dem Fortgang der Dinge erkundigt. Die schwerste Stunde dauerte keine fünf Minuten. Genau dort, wo ich am ehesten Schmerzen hatte, als Gerhard das erste mal eingedrungen ist in mich, dort hatte ich die größten Schmerzen als Sarah, unsere Tochter, das Licht der Welt erblickte. Der Scheideneingang erwies sich engste Passage auf dem langen Weg der Niederkunft. Als das Kind da hindurch war, war es überstanden. Ich habe ein Kind zur Welt gebracht! Ich! Frau Holzhammer lobte mich und streichelte mich. Die Hebamme legt mir das Kind in den Arm. Ein Mädchen, wunderschön, mit dunklen Haaren. 54 Zentimeter lang und 3390 Gramm schwer. Als ich durch die Tränen der Freude wieder sehen kann, beugt sich Gerhard über mich. Er hat es geschafft. Er ist bei mir. Er küsst mich. Er gratuliert mir. Gerhard wird Sarah anmelden. Gerhard macht das schon.

Wieder zu Hause habe ich Sarah alle vier Stunden zu stillen. In der Nacht ist das schon lästig. Frau Holzhammer weckt mich jeweils. Manchmal schlafen ich nicht sofort wieder ein. Dann bin ich in der Schule müde. In der großen Pause bringt Frau Holzhammer die Kleine und ich muss in der Bibliothek stillen. Mittags nach dem Mittagessen muss ich Sarah ganz allein versorgen. Frau Holzhammer steht dabei hinter mir, damit ich nichts falsch mache. Windeln wechseln: nass gepisst sind die immer, manchmal auch voll geschissen. Das macht mir nichts aus. Das Waschen bzw. Baden des Kindes muss ich sehr vorsichtig machen. Nach dem Stillen schläft Sarah meist sofort wieder ein. Dann kann ich meine Schularbeiten machen. Die übrige Zeit des Tages und der Nacht sorgt Frau Holzhammer für das Kind. Ich muss nur stillen. Das ist eigentlich eine ganz praktische Lösung. So habe ich mit dem Kind wenigstens keine Last. Bei der anderen jungen Mutter aus der zwölften Klasse macht die Mutter, also die Großmutter des Kindes, die Betreuung. Stillen muss die große Schülerin nicht. Ich weiß nicht warum. Kann sein, die kann nicht stillen, hat keine Milch. Ich habe davon reichlich.

Ungefähr vier Wochen nach der Entbindung hat Gerhard mich wieder auf eine Umlaufbahn geschossen. Er wollte wohl ausprobieren, ob das noch geht. Es ging, wie zuvor. Es hat mich gewurmt, dass er mich auf diese Art vollkommen hilflos und wehrlos macht. Bin ich eine Sklavin, bin ich seine Sklavin der Lust? Warum schaffe ich es nicht, ihn in seiner Lust, in seiner Gier in einen Zustand zu versetzen, in dem nicht mehr er Herr seiner Sinne ist, sondern ich? Das muss ich schaffen, das muss mir gelingen. Er soll, wenigstens einmal, winseln und um Gnade betteln, dass ich ablasse von ihm, ihm weitere Qualen erspare. Wenigstens einmal!

Gerhard hat Sarah beim Standesamt eintragen lassen. Dabei bekam das Kind seinen Familiennamen, obwohl wir nicht verheiratet sind. Wie hat er das gemacht? Will er mich heiraten, wenn ich volljährig bin? Darüber haben wir bisher nicht gesprochen. Ich bin nicht scharf darauf zu heiraten. Gerhard hat mir erklärt, dass das nicht nötig sei, weil ich auch ohne dem im Falle einer Trennung Rechte und Ansprüche gegen ihn reichlich hätte. Als wenn das wichtig wäre? Ich liebe ihn. Das ist alles!

In den Sommerferien habe ich es geschafft. Gerhard versuchte mich zu einem willenslosen Opfer meiner Lust zu machen. Ich habe aufgepasst. Ich habe gemerkt, wie er es angefangen hat, dass er drauf und dran war, mich vollkommen platt zu machen. Ich habe das Heft des Handelns an mich gerissen. Ich habe bestimmt, was wir wann und in welcher Position gemacht haben. Dabei habe ich sehr genau aufgepasst, dass ich einem Orgasmus nicht zu nahe kam, dass ich nicht die Kontrolle über meinen Körper verloren habe. Dabei habe ich intensiv an die Schule gedacht, oder an Frau Holzhammer oder an die Politik. Das schraubt meine Erregung zurück. Andererseits habe ich Gerhard gereizt, berührt, gestreichelt, immer darauf bedacht, ihn in einem Zustand hoher, aber nicht höchster Erregung zu halten. Wenn er zu früh abschießen kann, habe ich keine Macht mehr über ihn. Er darf nicht kommen, aber auch nicht schlapp machen. Ich bin auf ihm herumgeturnt. Ich habe mich dabei zuweilen mit meiner Pussie in sein Gesicht gesetzt oder habe sie ihm nur weit offen vors Gesicht gehalten. Dabei habe ich sein Glied nur so lange berührt, gereizt, gewichst, dass es nicht schlapp wurde. Hat er versucht, in mich einzudringen, sich in mir zu erlösen, habe ich mich ihm schnell entzogen und wieder auf ihm herum geturnt. Als er zu jammern begann, habe ich ihm Erlösung gewährt. Die übliche Ruhepause habe ich ihm nicht gestattet. Ich habe ihn bearbeitet mit meiner Pussie, mit den Händen, mit dem Mund. Sein Geschlecht konnte, sollte sich nicht beruhigen. Es dauerte länger als bei mir, aber es überkam ihn zum zweitenmal. War dadurch bei ihm eine Sicherung heraus gesprungen? Jetzt hatte ich ihn da, wo er sonst mich hatte. Er gierte nach Befriedigung. Ich habe ihn nur gereizt, auf alle Arten, die mir in den Sinn kamen. Seinen dritten Erguss habe ich mit den Händen herbei geführt. Er hat zwar gejammert, aber ich habe ihm noch keine Pause gewährt. Wenn ich ihm meine Pussie ins Gesicht drücke, wird er unvorstellbar geil. Sein Glied vergisst schlapp zu werden. Ich habe es in den Mund genommen und richtig fest darauf gekaut. Erst als er gebettelt hat, dass ich fertig machen sollte, habe ich es mir erlaubt. Ich habe mich auf ihn, auf sein feuerrotes steinhartes Glied gesetzt. Ich habe mir die Kante gegeben, wie ich es brauchte, um einen wunderbar langen und zutiefst befriedigenden Orgasmus zu erlangen. Dabei hat sein Glied noch ein letztes mal gezuckt, als wolle es Sperma abgeben. Das dürfte aber wohl nicht mehr möglich gewesen sein. Erst jetzt habe ich ihm Ruhe gewährt.
Ich war ganz schön fertig. Aber er erst! Er hat gejammert und gewimmert. Alles täte ihm weh. Er fürchtete tatsächlich um die Unversehrtheit seiner Geschlechtsteile. Ich durfte ihn dort nicht einmal mehr berühren. Er hat sofort gewimmert, wenn ich nur den Versuch gemacht habe, sein Glied anzufassen. Das ist die Strafe für das, was du mir mehr als einmal angetan hast, Mann. Das habe ich gedacht, mit tiefer Befriedigung. Gesagt habe ich:
„Ich liebe dich, Gerhard!“
„Ich liebe dich, Magdalena!“ Das hat er mehr geflüstert als gesprochen. Das tut mir gut, ihn so fertig zu erleben.

In der Folgezeit waren das unsere liebevollen Drohungen:
„Sei brav zu mir, sonst mache ich dich fertig, dass du dir wünschen würdest, mir nie begegnet zu sein!“
„Ich mach dich fertig, dass du nicht mehr kriechen kannst!“
„Ich mach dich fertig, dass du laut um Gnade winseln wirst!“
Ich habe nie danach verlangt, von Gerhard total fertig gemacht zu werden. Er hat es von sich aus manchmal gemacht, wenn ihm danach war.
Er seinerseits hat schon hin und wieder gebettelt:
„Heute mach mich fertig, bitte!“
Meist gab es einen Auslöser dafür. Besonders, wenn er Ärger oder Stress gehabt hatte im Büro oder bei Gericht, kam er zu mir:
„Bitte, Magdalena, mach mich fertig, vollkommen fertig. Dann kann ich den Stress vergessen und wunderbar schlafen.“

Wir leben wie ein berufstätiges Ehepaar. Wir gehen jeder unseren Pflichten nach. Ich gehe in die Schule und mache meine Schularbeiten. Nachmittags habe ich mich zwei Stunden um Sarah zu kümmern. Abends treffen wir aufeinander. Das endet jeweils mit einem herrlichen Abgang. An den Wochenenden lassen wir uns mehr Zeit im Bett miteinander. Da berauschen wir uns schon morgens.
„Gerhard, ich habe noch nicht einmal meine Regelblutung gehabt seit der Entbindung. Ist das normal?“
„Harald hat mir gesagt, dass das normal sei. So lange du regelmäßig stillst, bekommst du keinen Eisprung.“
„Wer ist Harald?“
„Ein Schulkollege von mir. Der ist Gynäkologe, Oberarzt am Klinikum Passau.“
„Wenn ich Sarah abstille?“
„Bekommst du die Pille, so lange, bis wir ein zweites Kind wollen. Ich mach das schon.“

Die Zeit ging ins Land. Eine schöne Zeit. Ich entbehre nichts. Sarah wächst heran zu einem lieben und hübschen Kind.
Zu Beginn der zwölften Klasse befindet Gerhard:
„Du solltest die Pille absetzen. Ich möchte ein zweites Kind.“
„Ja? Warum?“
„Sarah ist zwei und ein halb Jahre alt. Der Abstand sollte nicht zu groß sein.“
„Wirklich? Das ist wunderbar. Ich freue mich schon jetzt darauf.“
Meine Regel bekam ich seit dem Tage nicht mehr. Ich war verlässlich schwanger geworden. Frau Holzhammer war ebenso begeistert wie Gerhard.
„Magdalena, Sarah läuft, Sarah spricht. Sarah ist ein pflegeleichtes Kind. Ich bin eigentlich gar nicht mehr ausgelastet. Mit einem weiteren Kind hätte ich eine neue Aufgabe, eine neue Herausforderung, bitte!“
Gerhard eröffnete Frau Holzhammer, dass ich bereits schwanger bin. Die Freude war ehrlich und groß.
Das Jahr verlief friedlich und voller Liebe, Lust und Leidenschaft, wie ich es von Gerhard gewohnt bin.
Der voraussichtliche Entbindungstermin ist mein achtzehnter Geburtstag. Hat Gerhard das extra gemacht? Gerhard sagt, dass sei purer Zufall gewesen. Ungewöhnlich, dass bei Gerhard etwas Zufall ist.

Paul wurde einen Tag nach meinem achtzehnten Geburtstag geboren. Das Fruchtwasser verlor ich zu Hause. Zwei Stunden, nachdem mich Frau Holzhammer in die Klinik gebracht hatte, war Paul auf der Welt. Die Entbindung war lange nicht so anstrengend, wie die von Sarah. Das war sehr beruhigend.
Wieder daheim, verlief alles wie bei Sarah. Ich muss alle vier Stunden stillen. Frau Holzhammer bringt mir Paul in die Schule. Habe ich Nachmittagsunterricht, bringt sie ihn auch ein zweites mal, in der Mittagspause. An diesen Tagen muss ich Paul abends allein versorgen. Dabei steht Frau Holzhammer nicht mehr hinter mir, weil ich das perfekt alleine kann.
Gerhards Juristen-Karriere geht steil aufwärts. Immer häufiger hat er Termine bei Gericht in Regensburg, In Landshut, in München, einmal sogar in Karlsruhe. Wenn Gerhard außerhalb Termine hat, fährt er entweder schon einen Tag vorher ab und übernachtet am Gerichtsort, oder er bleibt nach dem Termin eine Nacht am Gerichtsort. So kommt es, dass ich in der dreizehnten Klasse, häufiger als mir lieb ist, alleine schlafen muss. Den Preis müssen wir wohl oder übel zahlen für eine erfolgreiche und lukrative Karriere.

Das Abitur ist stressig. Nicht die Aufgaben stressen mich, sondern die besondere Prüfungsatmosphäre. Alles läuft formal nach sehr strengen Regeln ab. Das ist nötig, weil in ganz Bayern zur gleichen Zeit die Schüler die gleiche Aufgabe bearbeiten. Da dürfen keine Pannen passieren, da darf es keine Lücken geben.
Trotz der stressigen äußeren Umstände bestehe ich mein Abitur mit der Note 1,9. Gerhard lobt mich dafür, auch im Bett. Meine Eltern loben mich. Frau Holzhammer gratuliert mir.
Am Samstag nach der offiziellen Feier seitens der Schule hat Gerhard eine private Feier auf unserem, auf seinem Anwesen vorbereitet. Nach dieser Feier war nichts mehr wie es bis dahin gewesen war.





2. Kapitel


Harald


Als Gäste waren geladen meine Eltern, Gerhards Eltern, sein Freund Harald mit Lebensgefährtin, ein Paar aus der Nachbarschaft und Ele mit ihrem Freund. Ele hat im letzten Jahr Abitur gemacht.
Zu Beginn der kleinen Feier wurden unsere Kinder vorgeführt. Sarah ist mit ihren vier Jahren ein liebenswertes, hübsches Kind. Sie ist sofort jedermanns Liebling. Paul ist ein Jahr alt. Er läuft schon gut, spricht aber noch nicht, oder sehr selten. Während Sarah dunkelhaarig ist wie ich, ist Paul blond wie sein Vater. Als alle hinreichend die Kinder bewundert haben, bringt Frau Holzhammer sie wieder hinaus.
Sekt wird ausgeschenkt. Als jeder ein Glas in der Hand hat, bringt Gerhard einen Trinkspruch aus auf mich und mein erfolgreiches Abitur. Danach werde ich gedrückt und geküsst reihum von allen Anwesenden. Auch von ihm, von Harald. Er ist größer als Gerhard und schmäler. Er hat dunkle, wellige Haare; blaugraue, warme Augen; makellose Zähne und schmale, aber ungewöhnlich lange Hände und Finger, ganz anders als Gerhard.
„Wie fühlst du dich, Magdalena? Ich darf ‚du’ zu dir sagen? Wir sind uns zwar noch nie begegnet, aber aus Erzählungen von Gerhard kenne ich dich schon sehr gut.“
„Gerne!“
„Ich heiße Harald. Ich bin mit Gerhard zur Schule gegangen. Wir haben jahrelang nebeneinander gesessen.“
Wie er mich ansieht! Sollte er sich schämen? Ich fühle seine Blicke auf der nackten Haut. Oder muss ich mich schämen? Warum hat Gerhard Harald eingeladen?
So oft ich mit anderen Gästen rede: wende ich mich ab, stehe ich vor Harald. Diesmal steht eine Frau von Mitte zwanzig neben ihm, brünett, hübsch, ein Dutzendgesicht, kleiner als ich.
„Katharina, meine Lebensgefährtin. Magdalena hast du inzwischen kennen gelernt.“
Katharina wendet sich ab. Sofort ist sie unsichtbar. Harald dagegen ist unübersehbar.
Ich wende mich Gerhard zu. Ich lege meine Hand auf seinen Arm:
„Ich danke dir für dieses schöne Fest, Gerhard!“
„Nur für dich, Liebes!“
Gerhard wendet sich seinem Vater zu. Ich wende mich um und stehe vor Harald, vor wem sonst! Da ich an keine Zufälle mehr glauben mag, so viel Zufälle in einer Stunde gibt es nicht, unterhalte ich mich mit Harald, warum denn nicht? Während wir belangloses Zeug reden, spüre ich immer wieder seine Blicke auf mir, auf meiner Haut. Zuweilen entwinde ich mich ihm, obwohl er mich überhaupt nicht berührt hat, weil er einen halben Meter weit weg steht von mir. Bei einer solchen, völlig sinnlosen, weil leeren Bewegung, sehe ich Gerhard im Gespräch vertieft mit Katharina. Die sehen nicht so aus, als würden sie sich heute zum ersten mal sehen. Aber Harald und ich......, wir kennen uns seit tausend Jahren.
Ich spinne. Ich muss mich zur Ordnung rufen: ‚Magdalena, du spinnst! Du hast ein Rad ab!’
Ich lasse Harald stehen. Ich habe das Bedürfnis mit Vater zu reden. Vater ist stolz auf mich und meine Leistung. Er freut sich, wie Mama, über mein gutes Abitur. Während ich noch mit meinen Eltern plaudere, meint Vater unvermittelt:
„Du solltest dich um den Herren kümmern. Der scheint hier außer dir niemanden zu kennen. Nimm dich seiner an, damit er sich nicht zu Tode langweilt.“
Auf welchen Herren deutet Vater? Auf Harald! Wie kommt Vater dazu, dass zu sagen? Wie kommt Harald dazu, dazustehen, als gehöre er nicht dazu, als kenne er niemanden außer mir?
Ich gehe auf die Toilette. Auf dem Rückweg komme ich an Gerhard vorbei. Der ist im Gespräch mit seiner Mutter.
„Gerhard, weißt du, Harald..........!“
„Was ist mit ihm? Lass ihn nicht alleine stehen. Harald ist sehr schüchtern. Kümmere dich um ihn. Danke, Magdalena!“
Ich drehe mich um, wende mich ab von Gerhard und seiner Mutter. Natürlich stehe ich wieder, diesmal bedrohlich nahe, vor Harald. Er sieht mich an. Warum tut er das. Was soll das? Mit der linken Hand streicht er mir eine Strähne hinters Ohr. Ich stehe da als ‚brennendes Kamel’! Auf meinen Unterarmen kann ich es sehen, erschreckend deutlich sehen: ich habe Gänsehaut am ganzen Körper.
Ich renne, rette, flüchte. Vor der Haustür geht es mir besser. Inzwischen ist es Nacht. Die Luft ist angenehm kühl. Am schwarzen Himmel blitzen Sterne. Ich stehe da, und warte, dass mein Herz sich beruhigt. Mit dem Kopf im Nacken blicke ich zu den Sternen auf. Je länger ich so stehe, desto heißer wird es in meinem Rücken. Strahlt das Haus in der Nacht so viel Wärme ab? Ich mache einen Schritt weg vom Haus. Ich versuche es wenigstens. Es gelingt aber nicht. Haralds Hände halten mich an den Schultern zurück. Wortlos dreht er mich um. Er nimmt mich in die Arme. Er beugt sich leicht herab zu mir und küsst mich. Ich wäre am liebsten im Boden versunken oder zu den Sternen geflogen. Ein widerliches Gemisch aus Scham, Respekt und Gier macht mich wehrlos. Was tue ich Gerhard an? Was tue ich Harald an? Ich bin hilflos. Was soll ich tun? Bitte, Gerhard, mach du das mal!
Gerhards Bass: „Ach hier seid ihr? Ich habe euch schon vermisst. Ich dachte ihr seiet schon gefahren.“
„Bitte, Gerhard, was soll ich machen......?“
Weiter bin ich mit meiner Frage, mit meinem Hilferuf nicht gekommen. Ich schaue Gerhard an, um Hilfe. Hinter ihm erscheint, halb verdeckt Katharina. Harald legt seinen rechten Arm um meine Taille.
„Komm, lass uns nach Hause fahren!“
„Wie?“
„Lass uns nach Hause fahren, mit meinem Auto.“
„Aber...!“
„Komm!“
Harald schiebt mich zu seinem Auto, einem Mercedes Kombi. Ich blicke zurück über die Schulter. Gerhard und Katharina winken uns zu. Winken sie uns zu? Oder bilde ich mir das nur ein?
Harald drückt mich auf den Beifahrersitz:
„Schnall dich bitte an!“
Das Auto rollt, der Motor summt. Ich schließe die Augen, ganz fest. Ich zähle bis drei. Dann mache ich die Augen auf und ich liege in meinem Bett. Somit beende ich diesen absurden Traum.
„Eins, zwei, drei!“
„Warum hast du gezählt, Magdalena?“
Ich sitze immer noch in einem fremden Auto neben Harald!
„Ach, nur so!“

Durch die Nacht geht es nach Passau. Wir fahren hinunter in die Stadt. Von der Inn-Straße geht es steil bergauf. Harald lenkt in eine Auffahrt. Im Scheinwerferlicht sehe ich ein Haus mit einer Freitreppe. Harald hält am Fuß der Treppe. Er springt geradezu aus dem Auto. Er reißt den Schlag auf und hilft mir heraus. Das wäre nicht nötig. Das Auto ist groß genug. Harald geleitet mich die Treppe hinauf. Hinter der großen Haustür tut sich ein großer Flur auf. Harald erklärt mir nichts, zeigt mir nichts. Über eine breite Treppe geht es in die erste Etage. Harald öffnet die erste Tür rechts: ein großes Schlafzimmer mit Doppelbett. Erst hier am Schlafzimmer fällt mir auf, dass das Haus sehr hohe Räume hat, sehr hohe Fenster. Selbst die Zimmertür ist höher als üblich.
„Du bist sicher sehr müde. Das war heute ein großer, anstrengender Tag für dich. Lass uns gleich schlafen gehen. Ich zeige dir das Haus morgen.“
„Wie du willst, Harald!“
Wenn ich erst schlafe, geschlafen habe, erwache ich morgen aus dem Traum. Es muss ein Traum sein. In einem Film wirke ich nicht mit. Oder ist das ‚Vorsicht, Kamera’? Kommen gleich die Leute aus dem Dunkel, machen Licht und lachen mich aus?
Harald zieht mich aus, zieht sich aus. Ich traue mich nicht, mich umzusehen, ihn anzusehen. Ich schlüpfe so schnell wie möglich unter die Decke. Er folgt ebenso schnell. Als ich ihn spüre, ist er nackt, wie ich. Weshalb? Meine ganzen Sachen sind in Karpfham. Er ist hier zu Hause.
Ich spüre seine Männlichkeit, erst an meinem Oberschenkel, dann an meinem Bauch. Er begehrt mich. Ob ich ihn begehre? Meine Pussie ist schamlos verrückt nach ihm. Die pocht wie wild.
Harald drückt mich sanft auf den Rücken. Erst küsst er mich. Dann streichelt er mich. Seine Hände sind auf Entdeckungsreisen auf meinem Körper. Was soll ich machen? Ich weiß es doch nicht. Gerhard würde es wissen. Harald weiß es, zu meinem Glück. Vorsichtig aber eindeutig legt er mich zurecht, steigt er zwischen meine Beine. Ich kann meine Gier, meine Wollust nur mit Mühe verbergen. Wenn er sein Glied meiner Pussie nähert, wenn er sich traut, sein Glied in meine Scheide zu drücken, wird er wissen, dass ich Mann brauche, dass ich ihn brauche, ganz nötig.
Mit einem kleinen Seufzer freudiger Überraschung dringt er in meine Scheide ein. Was dann geschah, ist mir noch heute peinlich. Ich habe mich an ihm festgekrallt wie ein notgeiler Teenager. Ich konnte mich nicht zurück halten. In peinlich kurzer Zeit hat er mich übermannt, hat er meinen Orgasmus ausgelöst. In den abklingenden Spasmen habe ich undeutlich wahrgenommen, dass es ihm ebenfalls gekommen ist.
Mein Bewusstsein hat mich verlassen. Der Schlaf hat mir weitere peinliche Gedanken erspart.

Ich erwache. Es ist heller Tag. Mit meinen Augen stimmt etwas nicht. Die Zimmerdecke ist endlos weit entfernt. Erst reibe ich meine Augen. Dann ziehe ich Gerhard das Oberbett weg.
„Oh, Harald!“
Er liegt der Länge nach flach auf dem Rücken. Die dunklen Haare auf seinem Kopf, dunkle Haare auf seiner Brust, dunkle Haare in seinem Schoß, aus denen sich zielstrebig seine Männlichkeit, sein Glied erhebt. Er greift nach mir unter mein Oberbett. Er packt mich und zieht mich mit enormer Kraft aus meinem Bett auf sich drauf. Erst küsst er mich, küsst er mein ganzes Gesicht. Dann drückt er mich so geschickt abwärts, dass ich mich prompt aufspieße.
„Magdalena!“
„Oh, Harald!“
Kaum weniger geil als gestern abend, aber Gott sei Dank später, zerfließen wir schwitzend in einem einzigen großen Orgasmus.
„Magdalena, wie konnte ich vierunddreißig Jahre meines Lebens verbringen ohne dich?“
„Oh, Harald!“
Während wir uns langsam beruhigen, tasten wir uns ab mit allen Sinnen. Harald riecht erregend. Das ist mir bei Gerhard nie so aufgefallen wie jetzt an Harald. Während wir uns betatschen, betrachten, beschnüffeln, erwacht seine Männlichkeit, erstarkt sein Glied ganz vorteilhaft in mir. Die Gelegenheit nutze ich und reite mich und ihn nach einem langen Stück Weges mit einem weiten Satz über alle Hürden der Lust.
Als ich ins Bad komme, fällt mein Blick auf eine Wanduhr: 10 Uhr durch. So spät bin ich noch nie im Bad gewesen. Auf der Ablage stehen und liegen Badezimmerutensilien einer Frau. Die müssten von Katharina sein. Sie scheint den gleichen Geschmack zu haben wie ich. Die Zahnbürste, die Haarbürste, das Deodorant, das Parfum, sogar die Zahnpasta ist gleich. Wenn wir uns so ähnlich sind, ist den Männern der Tausch wohl leicht gefallen.
„Harald, Katharina hat den selben Geschmack wie ich.“
„Wie kommst du darauf?“
„Ihre Sachen im Bad!“
„Das sind deine Sachen. Die hat Gerhard noch in der Nacht bringen, austauschen lassen.“
„Er hat meine Pillen vergessen.“
„Das ist nicht so schlimm. Wozu bin ich Gynäkologe?“
„Ich denke mal, zum Geld verdienen.“
„Das auch!“
„Die Kisten und Kartons im Flur, sind das Katherinas Sachen?“
„Das sind ebenfalls deine Sachen. Die sind heute morgen gekommen. Katharina hatte weniger als du. Das haben die Möbelpacker gleich mitgenommen. Was hier herum steht, gehört dir.“
„So viel?“
„Dafür kann ich nichts.“
Das Frühstück war angerichtet. Eine gute Seele hat es bereitet. Die gute Seele muss es auch gewesen sein, die in der Frühe meine Utensilien ins Bad geräumt hat. Ich sollte sie gleich kennen lernen:
„Frau Meiringer, die Hausbesorgerin. Magdalena, meine Frau!“
„Guten Morgen! Sehr angenehm!“
„Guten Morgen!“
„Wie konntet ihr das wissen, dass wir tauschen würden?“
„Wie hätten wir das vorher wissen sollen?“
„War das nicht ausgemacht, vorher?“
„Absolut nicht.“
„Wie ist das dann so schnell gegangen?“
„Wir haben uns gesehen. Gerhard hat uns gesehen. Ich habe Gerhard und Katharina gesehen, das allerdings auch schon früher. Es bedurfte eines Gespräches von kaum drei Minuten Dauer in der Küche zwischen Gerhard und mir. Uns war klar, im Sinne Goethescher Wahlverwandtschaften, dass die Affinität zwischen dir und mir größer war als die zwischen Gerhard und dir. Desgleichen galt für die Attraktion zwischen Gerhard und Katharina. Warum die Gefühle der Realität anpassen? Wir haben ohne viele Worte die Realitäten unseren Gefühlen angepasst. Spreche ich die Unwahrheit, wenn ich sage, wir haben richtig gehandelt? Mit Worten hast du noch keinen Kommentar gegeben. Dein Leib, deine Seele hat den Wechsel leidenschaftlich begrüßt!“
„Ich leugne es nicht. Nur, ich kann es nicht glauben. Es ist wahrhaftig unglaublich. Das gibt es nicht. Das ist geträumt. Das ist ein Kitschfilm. Die Geschichte stammt von Rosamunde Pilcher!“
„Wenn es aber wahr wäre?“
„Das muss sich erst zeigen. Zweimal habe ich vergebens versucht aus dem Traum zu erwachen. Noch hat es nicht hingehauen. Wenn ich erwache, werde ich es dir sagen. Quatsch. Das wird nicht gehen, denn dann bin ich in Karpfham und Katherina ist bei dir.“
„Das sehe ich ein. Träumen wir weiter. Du wirst erwachen. Dann sehen wir, was passiert.“
Frau Meiringer fragt, ob sie mein Gepäck auspacken darf.
An meiner Stelle antwortet Harald:
„Wie sie es für richtig halten, Frau Meiringer.“

Nach dem Frühstück besichtigen wir das Grundstück. Das Haus stammt aus 1902. Harald hat es von seinem Vater geerbt. Der Vater starb vor zwei Jahren, die Mutter vier Jahre früher. Der Garten ist nicht so groß wie der in Karpfham. Er besteht aus großen Bäumen und Sträuchern. Der Abschluss zu den Nachbarn wird gebildet durch eine Lebensbaumhecke und durch eine Kirschlorbeerhecke. Unter den Bäumen und Sträuchern wächst nur ärmliches Gras.
„Du kannst den Garten neu anlegen, neu anlegen lassen. Das überlasse ich dir, wenn du willst.“
Die Strasse vor dem Haus verläuft parallel zum Hang. Die Querstraßen führt steil hinab zum Inn. Es ist mühsam, die Straße abwärts zu gehen. Es ist anstrengend, die Straße aufwärts zu gehen. In Karpfham ist alles eben.
Wieder vor dem Haus angekommen, bedeutet mir Harald am Fuße der Freitreppe:
„Im Souterrain ist eine große Wohnung. Dort wohnt Frau Meiringer. Oben wohnen allein wir.“
Nach dem Mittagessen meldet Frau Meiringer:
„Ich habe das Schlafzimmer gerichtet. Wenn sie ruhen möchten?“
Gerhard, pardon, Harald fragt mich:
„Möchtest du ruhen? Hast du noch Schlaf nachzuholen?“
„Nur, wenn es dir recht ist!“
„Komm! Lass uns gehen.“
Im Schlafzimmer entkleidet sich Harald ganz selbstverständlich. Verstohlen sehe ich, dass seine Männlichkeit nach mir verlangt: zum Glück, zu meinem Glück!
Einmal mehr vereinigen wir uns. Die Not ist nicht mehr ganz so groß. So dauert die Lustbarkeit erfreulich lange. Lediglich der umwerfende Abschluss gelingt mir deutlich besser und heftiger als Harald. Harald ist glücklich. Ich bin befriedigt. Noch immer bin ich nicht erwacht aus meinem irrealen Traum.
Als wir wieder herunter kommen, ist ein Kaffeetisch für uns gedeckt. Ich trinke eine Tasse Tee und esse ein Stück von dem Marmorkuchen. Anschließend zeigt mir Harald die Bibliothek. Die Bücher stammen zu meist von seinen Eltern. Der Vater war Landgerichtsdirektor. Die Mutter war Studienrätin. Da sind im Laufe der Jahre allerlei Bücher zusammen gekommen. Einen breiten Raum nehmen neuere Bücher zum Thema Medizin ein. Es finden sich sehr wohl auch moderne Romane, Belletristik. Fünf große Ledersessel im Kolonialstil laden ein zum Lesen. Ich verschwinde fast völlig in einem solchen Sessel. Dennoch sind sie sehr bequem.

Das Abendessen ist angerichtet. Es gibt eine Brotzeit, kalte Speisen. Im Anschluss daran führt mich Gerhard, pardon, Harald ins Wohnzimmer. Hier stehen sieben weitere der großen braunen Ledersessel, offenbar alle aus einer Serie, aus einer Werkstatt. Harald klappt einen Gobelin zur Seite. Dahinter taucht ein großer Fernseher auf.
Die Tagesschau kann ich noch gut verfolgen. Beim anschließenden Spielfilm geraten mir Wunsch und Wirklichkeit durcheinander. Mein Geschlecht meldet sich geradezu peinlich. Soll ich die Gelegenheit verstreichen lassen, so lange der Traum andauert? Neben mir sitzt ein Mann, die pure Erotik. Er müsste riechen können wie brandig ich bin. Ich glaube schon selbst meine Geilheit zu riechen. Zum Glück fragt er mich:
„Möchtest du lieber fernsehen oder lieber ins Bett?“
„Lieber ins Bett mit dir!“
„Dann wollen wir keine Minute mehr länger hier sitzen.“
Soll ich mich schämen für meine Gier, für meine Sucht nach Lust, nach sexueller Befriedigung? Ich schäme mich nicht, sondern gebe mich ihm völlig hin. Es folgt eine wunderbare Nacht. Ich schlafe herrlich tief und traumlos. Traumlos?
Harald weckt mich.
„Bitte, Magdalena, wach auf. Wir haben nicht viel Zeit.“
„Weshalb nicht? Ich hätte alle Zeit der Welt, dich einmal mehr zu lieben.“
„Wir müssen um zwölf Uhr in München am Flughafen sein.“
„Wen holen wir ab?“
„Wir holen niemanden ab. Wir fliegen für zwei Wochen nach Mauritius. Ich hatte den Flug für mich und Katharina gebucht. Ich lasse das Ticket in München umschreiben auf deinen Namen.“
„Aber mein Reisepass?“
„Den fand Frau Meiringer schon in deinen Sachen. Frau Meiringer hat unsere Koffer gepackt. Wir dürfen nur nicht zu spät abfahren.“
„Die Kinder! Meine Kinder?“
„Die sind bei Gerhard gut aufgehoben. Warum sollte Frau Holzhammer nicht gut für sie sorgen? Und dann ist da seit Samstag Katharina.“
Nach dem Frühstück half Frau Meiringer Harald das Gepäck ins Auto verladen, einen Mercedes Kombi. Als wir einstiegen, erwartete ich, dass uns Frau Meiringer nachwinken würde. Das tat sie mitnichten, sondern sie stieg selbst hinten ins Auto ein.
„Keine Panik, Magdalena. Frau Meiringer fährt das Auto zurück. Frau Meiringer wird uns nach dem Urlaub in München abholen. Würden wir das Auto vierzehn Tage in München parken, könnten wir für die Summe Geldes, die das kostet, bald ein neues Auto kaufen.“
Frau Meiringer verabschiedet uns:
„Erholt euch gut und kommt heil zurück!“
Im Flugzeug habe ich es einmal mehr versucht:
„Eins, zwei drei. Aufwachen!“
Es funktionierte wieder nicht.
„Hast du geträumt, Magdalena?“
„Ich träume immer noch.“
Harald hat mir im Flugzeug erzählt, wie er zu Martha Meiringer gekommen ist:
Sie war die Lebensgefährtin des Vaters, die Geliebte, seit dem Tod von Haralds Mutter. Haralds Vater setzte Martha Meiringer ein Legat aus, bestehend aus einem lebenslangen Wohnrecht und einer Rente. Martha Meiringer mochte das nur annehmen, wenn sie Harald den Haushalt führen dürfe. Sie hat Harald versichert, sie würde seine Kinder betreuen, sollte Harald heiraten und Kinder haben. Dazu sei es aber bis heute nicht gekommen. Der Beruf habe immer Vorrang gehabt, wenn es auch Frauen gegeben habe, so wie Katharina. Bei der erwies sich in den Jahren, dass sie kinderlos bleiben wird. Das Schicksal wollte Harald nicht mit ihr teilen.
Auf Mauritius haben wir eine herrliche Zeit. Die Insel ist traumhaft, das Wetter und natürlich Harald. Acht Stunden haben wir geschlafen. Zwei Stunden haben wir anderweitig im Bett verbracht.
Ich habe Windsurfen gelernt. Dabei habe ich mehr am Brett im Wasser gehangen als auf dem Brett auf dem Wasser gestanden. Zweimal sind wir tauchen gewesen. Harald kann das alles. Ich muss alles lernen. Was ich kann, habe ich Harald gezeigt, vorgeführt, erleben lassen.
Wir kamen erholt, braun gebrannt und gesund zurück nach Hause. Wie sich bald erweisen sollte, bin ich nicht nur gesund, sondern auch schwanger.
Da Harald noch eine Woche Urlaub hat, haben wir unseren Urlaub in seinem Haus in Passau fortgesetzt. Frau Meiringer sorgte dafür, dass ich mich um nichts kümmern muss. Frau Holzhammer habe ich einige male angerufen, um mich nach den Kinder zu erkundigen. Denen ginge es ausgezeichnet.
Als klar ist, dass ich schwanger bin, habe ich Harald das gebeichtet. Er hat es nicht einfach zur Kenntnis genommen, sondern er hat sich riesig gefreut. Warum ihn das so sehr freut? Erstens habe Katharina keine Kinder bekommen können. Zweitens habe er extra deswegen meine Pillen verschwinden lassen. Drittens würde ich zauberhafte Kinder gebären. Da fällt mir ein Stein vom Herzen. Harald ist ein hervorragender Mann. An einer Stelle ist er besonders hervorragend.
Unsere schöne Zeit geht zu Ende, als Harald wieder in die Klinik muss. Da ich nicht völlig meine Zeit vertrödeln will, gehe ich in die Universität und informiere mich schon vorab über mein Studium zum Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Harald begrüßt es, dass ich studieren will, um einen Beruf zu ergreifen. Da er viel arbeiten muss, würde ich mich zu Hause langweilen. Deshalb sei ein Beruf für mich wichtig.
„Harald, du bist Oberarzt. Warum musst du immer noch so viel arbeiten?“
„Ich muss mir einen guten Ruf als Fachmann, als Facharzt erarbeiten. Je besser mein Ruf als Gynäkologe, desto mehr Privatpatientinnen bekomme ich, desto höher mein Einkommen. Die Zahl der Frauen, die heute noch ein Kind bekommen, ein Kind wollen, nimmt ständig ab. Der Wettbewerb unter den Gynäkologen ist hart. Da genügt es nicht nur, meine Arbeit gut zu machen. Ich muss meine Arbeit sehr gut machen.“
„Wie lange musst du das durchhalten? Wann hast du so viel Freizeit wie ein Lehrer oder ein Verwaltungs-angestellter?“
„Wenn es gut geht, acht Jahre, vielleicht auch zehn. Dann sollte ich es geschafft haben.“
„Ja, Harald!“
Üblicherweise arbeitet Harald an fünf Tagen in der Woche. So bleiben uns zwei Tage, die wir intensiv nutzen. Schlecht ist es nur, wenn er Rufbereitschaft hat. An einem Samstag war es einmal so hässlich, dass er direkt von mir herunter in die Klinik gerufen wurde. Das ist unbefriedigend!
Am 17. Oktober beginnt in der Universität der Vorlesungsbetrieb. Das ist gut, weil ich jetzt auch meine Aufgaben und Pflichten habe. Mit dem Auto zur Uni fahren lohnt nicht, weil der Weg so kurz ist und es dort zu wenige Parkplätze gibt. Mit dem Fahrrad in die Uni zu fahren ist sinnlos. Von uns aus den Berg herunter breche ich mir das Genick. Das Rad den Berg hinauf schieben, puste ich mir die Lunge aus dem Hals. Also gehe ich zu Fuß. Ich bin zwar fast eine halbe Stunde unterwegs. Das macht aber nichts. Andere müssen eine halbe Stunde mit dem Autofahren, und dann eine halbe Stunde lang einen Parkplatz suchen. Das erspare ich mir.
Schade ist es, dass es durch Haralds Arbeit und mein Studium Tage gibt, an denen wir nicht zusammen kommen. Es reicht gerade für einen Kuss. Mehr ist nicht drin, zu mehr reicht die Zeit nicht. Das sind Tage, an denen ich mich des Kindes in meinem Leib erfreue.
Am Allerheiligen-Wochenende hatten wir Zeit und Gelegenheit uns ausführlich miteinander zu beschäftigen.
„Magdalena, ich liebe dich. Deshalb darfst du alles machen mit mir, was du willst.“
„Ich weiß, Harald. Deshalb liebe ich dich.“
„Möchtest du nicht mal etwas machen, was du dich bisher nicht getraut hast?“
„Echt, ehrlich? Willst du das wirklich?“
„Bitte. Liebe mich endlos.“
„Ja, Harald!“
Wenn ich es mache, wenn ich ihn fertig mache, wie ich es erfolgreich an Gerhard erprobt habe, wird er mich weiterhin lieben oder wird er mich als Schlampe verachten? Riskiere ich zu viel? Verliere ich alles? Oder gewinne ich alles? Ich kann Harald nicht einschätzen. Wir haben nie über diese Dinge gesprochen. Wir haben immer nur lustvoll gehandelt.
Ich lasse mich vom Übermut hinreißen. Ich mache ihn fertig. Ich vögele ihn um den Verstand. Er soll sein Gehirn durch seinen Penis verspritzen. Er soll mich um Gnade anflehen. Wir werden ja sehen!
Ich bestimme das Gesetz des Handelns. Er versinkt im Rausch der Sinne. Ich behalte kühlen Kopf so lange ich will. Ich habe mich um ihn herum gewunden, an ihm gerieben, meinen Körper, meine intimsten Stellen so aufreizend präsentiert, dass er sich ergossen hat. Ich habe ihm trotz Jammerns keine Pause gewährt. Ich habe ihn spüren lassen, glauben lassen, er sei am Ziel seiner Wünsche. Da habe ich mich ihm entzogen. Ich habe alles unternommen, um aus seinem Geschlecht den letzten Tropfen Flüssigkeit zu saugen, ohne mich in Gefahr zu bringen, ohne meinerseits in einem Orgasmus zu versinken.
Als sein Betteln und Jammern lauter wird, als es mir nicht mehr gelingt, noch irgendetwas aus ihm heraus zu pressen, da habe ich mich auf ihn gestürzt und mir meinen Orgasmus gegönnt. Erschöpft und glücklich bin ich auf ihm liegen geblieben. Er hat gekeucht und geschwitzt wie Sisyphos. Langsam, sehr langsam erholt er sich. Er lächelt und umarmt mich, küsst mich. War das jetzt gut?
Er hat in der Folgezeit kein Sterbenswörtchen darüber verloren. Ich habe mich gehütet, auch nur daran zu denken.
Nach einem Tag Pause hatten wir normalen, befriedigenden Geschlechtsverkehr. Ich hatte erwartet, dass er endlich doch auf das Thema kommen würde. Tat er nicht! Oder doch?
Harald kommt später aus der Klinik als erwartet. Er trifft mich mit Frau Meiringer in der Küche. Harald setzt sich an den Küchentisch. Er zieht mich auf seinen Schoß. Auf den Tisch stellt er kleines Schächtelchen, dass unschwer als die Schachtel eines Juweliers zu erkennen ist.
„Mach auf!“
Ich öffne die kleine Schachtel. Darin steckt, glitzernd und blinkend, ein Weißgoldring mit einem Diamanten, einem Brillanten von der Größe einer Gemüselinse. Ich bin fast geblendet.
„Oh, Harald. Wozu das?“
„Wir heiraten!“
„Wir? Warum?“
„Du liebst mich, wie ich noch nie geliebt worden bin!“
„Das habe ich gehört,“ nuschelt Frau Meiringer im Hintergrund.
„Steck den Ring an! Es ist dein Verlobungsring. Am 3. Dezember heiraten wir.“
„Hast du das schon vorbereitet?“
„Gerhard macht das!“

Harald hat mich in die Klinik kommen lassen, um mich zu untersuchen. Ich bin definitiv schwanger. Die Untersuchung des Fruchtwassers ergibt, das ich einen gesunden Jungen zur Welt bringen werde. Harald möchte, dass sein Sohn Johannes heißen soll. Ich freue mich, wir freuen uns auf Johannes.

Fragt mich Harald doch, ob ich in Weiß heiraten möchte.
„Nur, wenn du es möchtest, Harald. Ich bin schwanger, ich werde zum Zeitpunkt unserer Hochzeit schon fünf Monate schwanger sein. Vermutlich kann man dann schon sehen oder wenigstens ahnen, dass ich ein Kind erwarte. Da halte ich Weiß für keine gute Idee. Außerdem bin ich so sparsam erzogen, ich würde kein Kleid wollen, dass ich nur einmal anziehen kann.“
„Das soll mir recht sein. Ich wollte dir nur nicht den Traum zerstören. Die meisten Mädchen träumen davon in Weiß zu heiraten.“
„Das möglichst noch im Dom?“
„Möchtest du, dass wir auch kirchlich heiraten? Im Dom? Gerhard würde das arrangieren. Da bin ich mir sicher.“
„Ich möchte nicht kirchlich heiraten. Ich bin nicht deine erste Frau. Du bist nicht mein erster Mann. Die Kirche überlasse ich gerne den Klerikern. Mögen die dort heiraten.“
„Herzchen, die dürfen nicht heiraten.“
„Von mir aus. Sie könnten ihre eigenen Kinder dort trauen, wenn sie es denn möchten.“
„In der nächsten Woche, wenn du Zeit hast am Dienstag oder Mittwoch, suchen wir den Stoff aus für dein Kleid. Oder möchtest du ein Kostüm? Das könnte ich mir bei deiner Größe sogar sehr reizvoll vorstellen, ein Kostüm.“
„Wieso Stoff aussuchen?“
„Wir lassen dir ein Kostüm oder ein Kleid schneidern. Es gibt in Österreich drüben eine begnadete Schneiderin. Die wird dein Kostüm nähen.“

Harald hat zu wenig Zeit für mich. Ich hätte ihn gerade heute morgen so gerne gehabt, gebraucht. Harald machte den Vorschlag, dass ich mitgehen sollte ins Bad. Ich musste mich übers Waschbecken bücken. So konnte er mich lieben und sich gleichzeitig die Zähne putzen und anschließend rasieren. Als er fertig war hatte er aber trotzdem noch so viel Zeit, dass er mich rasiert hat. Ich habe keinen Damenbart. Er hat mir die Pussie rasiert. Das ging eigentlich ganz schnell. Es war auch nicht unangenehm. Aber, ehrlich gestanden, so toll sieht das wirklich nicht aus. Als Harald zum Frühstück nach unten gegangen ist, habe ich mir die Stelle ausführlich und genau im Spiegel betrachtet. Eine nackte Pussie sieht nicht schön aus. Wenn ich mir vorstelle, eine Schmuse-Katze ohne Fell? Außerdem schauen bei mir aus den großen Schamlippen als rosige Streifen die kleinen Schamlippen hervor. Das sieht indiskret aus, eher peinlich. Das lasse ich nicht noch einmal zu, dass Harald mich rasiert.

Bei der Schneiderin haben wir einen roten Stoff ausgesucht für ein Abendkleid und einen blauen für ein Kostüm zur standesamtlichen Trauung. Die Schneiderin versprach, es so zu schneidern, dass man von meiner Schwangerschaft nichts sehen wird. Dafür gibt es Quetschfalten und Gummizüge. Damit könne ich sowohl Kostüm als auch Kleid noch problemlos im siebten Monat tragen. Harald findet das ausgezeichnet. Ich könnte mit dem roten Kleid mit ihm zum Ärzteball gehen. Da würde ich sicher zu den am besten gekleideten Frauen zählen. Harald ist von dem Gedanken begeistert, auf dem Ärzteball seine Frau vorzuführen. Es stört ihn nicht, dass ich sichtbar schwanger sein werde. Im Gegenteil, das sei ein Beweis seiner Leistungsfähigkeit.
„Das hilft den Frauen kein bisschen, deren Mann nicht leistungsfähig ist.“
„Da hast du allerdings Recht, Magdalena!“

„Werden wir eine Hochzeitsfeier haben nach der Trauung?“
„Sicher. Die veranstalten wir hier. Platz haben wir reichlich, wenn wir Wohnzimmer und Bibliothek hinzu nehmen.“
„Die Gästeliste?“
„Das macht Gerhard!“
„Ach ja!“

Frau Meiringer hat ein Problem mit mir. Ich dürfe zwar weiterhin ‚Sie’ zu ihr sagen, ich möge sie aber bitte in Zukunft ‚Martha’ nennen. Das sei nicht wegen Harald, sondern wegen Johannes. Schließlich würde sie Johannes’ Amme! Von mir aus.
Zur Trauung trägt Harald einen dunkelgrauen Nadelstreifen. Ich bekomme von Martha das Kostüm angezogen. Dabei achtet Martha darauf, dass jeder Zentimeter exakt sitzt. Ich darf, ich muss den Ring aufstecken. Martha schminkt mich leicht. Sie macht das besser als ich. Sie achtet dabei peinlich darauf, dass nicht ein Stäubchen auf die weiße Bluse kommt. Schließlich steckt sie mir noch die Haare hoch. Ich muss mich anschließend vor dem Spiegel begutachten und Martha loben. Ich muss Martha nicht nur loben, weil sie mir geholfen hat, sondern auch, weil sie es sehr gut gemacht hat. Martha hilft auch Harald. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Gerhard das macht. Der ist aber nicht gekommen.
Gerade als wir aus dem Haus gehen, trifft der Gärtner ein und bringt den Brautstrauß, ein Bouquet Gerbera.
Das Auto ist vorgewärmt. Wir sitzen als Paar hinten. Martha chauffiert uns zum Rathaus.
Martha hilft mir beim Aussteigen. Wir schreiten Arm in Arm die Treppe hinauf. Oben werden wir erwartet von Gerhard und Katharina. Gerhard trägt einen Nadelstreifen wie Harald. Katherina trägt ein weißes Brautkleid. Besonders lieb finde ich es, dass Frau Holzhammer mit den Kindern Sarah und Paul dabei ist.
Harald flüstert mir zu:
„Gerhard und Katharina heiraten ebenfalls. Wir werden gemeinsam getraut. Gerhard hat das möglich gemacht!“
Die Trauung ist sehr feierlich. Ich bin so aufgeregt, dass ich sicher manches nicht gehört oder vergessen habe. Behalten habe ich aber, dass die Ehe ruht auf vier Säulen: Liebe, Treue, Achtung und Fürsorge. Der Ansicht bin ich auch. Ich behalte meinen Familiennamen. Unsere zukünftigen Kinder bekommen als gemeinsamen Familiennamen den Familiennamen des Vaters. Damit bin ich einverstanden. Hat Gerhard das gemacht? Zum Schluss muss ich unterschreiben mit meinem Namen, wie er schon immer war und immer bleiben wird. Das finde ich gut.
Bei Gerhards und Katharinas Trauung höre ich die Feststellung des Standesbeamten, dass die Kinder des Ehemannes, Sarah und Paul, von der Ehefrau Katharina als eigene Kinder anerkannt werden. Was soll das denn heißen? Hat Gerhard das gemacht?
Als wir wieder zu Hause eintreffen, sind meine Eltern eingetroffen, sowie Ele und Elmar. Elmar ist Eles Freund. Die beiden haben den Mittagstisch in der Diele gedeckt. Ein wenig schäme ich mich vor meinen Eltern. Die sind so lieb und so bescheiden. Was ich an Kleidung trage und der Ring dazu, ist so sündhaft teuer. Dafür würde Vater sich ein neues Auto kaufen können.
In der Küche stehen zwei Herren vom Party-Dienst bereit, aufzutragen.
Zunächst lassen wir die Glückwünsche meiner Eltern und von Ele und Elmar über uns ergehen. Dann setzen wir uns zu Tisch. Ich sitze mit Harald an der einen Stirnseite des Tisches, Gerhard und Katharina sitzen uns gegenüber an der anderen Seite. Zwischen uns sitzen meine Eltern, Martha, Frau Holzhammer und die Kinder, sowie Ele und Elmar.
Später, beim Kaffee erklären Gerhard und Harald mir, was es mit der Adoption der Kinder auf sich hat. Dabei haben sie mit mir geredet als sei ich geistig behindert. Je länger sie geredet haben, desto mehr habe ich gehört. Dabei habe ich auch Dinge gehört, die nicht mit Worten gesagt wurden. Ich reime mir zusammen:
Sarah war das Kind von Gerhard, für mich und Gerhard. Paul war das Kind von Gerhard und mir, aber das war schon für Katharina. Die beiden waren sich zwischenzeitlich begegnet. So erklärt sich der eine und der andere Gerichtstermin in München und in Regensburg. Da Katharina bedauerlicherweise kinderlos bleiben würde, hat Gerhard entschieden, dass ich ihm die Kinder gebäre für Katharina. So ersparten sich die beiden die mühsame Suche nach Adoptivkindern. Damit bin ich heute, am Tage meiner Trauung, zunächst wieder kinderlos. Ganz tief in meinem Innern bin ich zornig, hilflos, aber zornig. Hätte Gerhard mir das nicht vorher erklären können? Ich hätte vermutlich vorher zugestimmt. So bin ich sozusagen kalt erwischt worden. Das verzeihe ich Gerhard nicht. Damit bereue ich keine Sekunde mehr, ihn für Harald verlassen zu haben.
Nach dem Kaffee muss ich mich umziehen. Martha hilft mir dabei. Das rote Kleid ist jetzt dran. Daran hat Katharina nicht gedacht. Sie kann das weiße Brautkleid nicht wechseln. Oder will sie das nicht? Nicht mein Problem. Harald trägt jetzt einen schwarzen Smoking, dabei raucht Harald gar nicht.
Am Abend erscheint noch Professor Backhaus, Haralds Chef, mit Gattin. Er ist ein würdiger Herr mit weißen Haaren. Sie scheint vor drei Jahren noch seine Studentin gewesen zu sein. Sie ist höchsten vier oder fünf Jahre älter als ich. Herr Professor trägt einen schwarzen Anzug. Seine junge Gattin ein hautenges schwarzes Kleid, Kleidchen. Mein Kleid hat einen weiten Rock, knieumspielt. Bei der Professorengattin endet das Kleid hauteng reichlich weit oberhalb der Knie. Wenn die sich bückt kann man vermutlich ihren Slip sehen, oder falls sie so etwas nicht trägt, ihre Pussie. Der Alte scheint es nötig zu haben.

Zum Abendessen gibt es vom Party-Service ein kaltes Buffet. Nach dem Abendessen verabschiedet sich Frau Holzhammer mit meinen Kindern, mit meinen ehemaligen Kindern. Ich muss mich erst an diesen Gedanken gewöhnen.
Mit Ele habe ich eine Gemeinheit ausgeheckt. Ele soll etwas vor der Frau Professor fallen lassen, während ich ein paar Schritte hinter der Professorengattin stehe.
„Wozu soll das gut sein, Magdalena?“
„Schau dir genau an, wie eng und glatt der schwarze Fummel über ihrem Hintern sitzt. Kannst du auch nur erahnen, wo da ein Slip oder ein Tanga oder sonst etwas sitzen könnte?“
„Du könntest recht haben. Möglich, dass sie darunter nackt ist.“
„Das will ich sehen!“
Ich habe es gesehen. Sie ist wahrhaftig nackt unter dem Kleidchen. Das habe ich Gerhard gesteckt in der Küche. Gerhard wird sich davon überzeugen, dass ich recht habe. Gerhard macht das schon.
Gerhard macht keine langen Umwege. Er drängt Leonore, die Professorengattin, an einen Türstock, während er auf sie einredet. Keine fünf Minuten später ist er wieder bei mir. Er hält mir seine linke Hand vors Gesicht:
„Sie ist wahrhaftig nackt unter dem Kleid. Die ist so nass, die würde mit jedem Mann mitgehen, der nicht ihr Professor ist. Du kannst es an meinen Fingern riechen, wenn du möchtest.“
„Danke, kein Bedarf. Trotzdem Dank für deine Aufklärung!“
Wir tanzen. Mit Rücksicht auf den Herrn Professor legt Martha Wienerwalzer auf. Die sind zwar flott, aber die beherrscht der alte Herr. Langsamer Walzer und Blues gefallen ihm noch besser. Auch meine Eltern tanzen gerne, aber auch eher die ruhigen Tänze.
„Das wilde Gehopse mögen wir nicht!“ O-Ton meiner Mutter.
Gegen dreiundzwanzig Uhr muss Leonore unsere Hochzeitsfeier am Arm ihres Gatten verlassen. Meine Eltern verabschieden sich ebenfalls.
Gegen Mitternacht verlassen uns Gerhard und Katharina. Das erleichtert mich. Das Weib hat mir was angetan.
Ele und Elmar bleiben übernacht im Gästezimmer.
Nachdem Martha sich verabschiedet hat, begeben auch Harald und ich uns nach oben. Wir sind extra leise, um unsere Gäste nicht zu wecken.
Ich öffne leise unsere Schlafzimmertür. Statt Dunkelheit überfällt uns Licht. Im Bett liegt nackt Ele. Über sie gebeugt, ihre Füße hält er mit seinen Händen oberhalb ihres Kopfes, Elmar. Ich kann nicht übersehen, dass Elmar ein unvorstellbar großes Glied in Ele versenkt, immer wieder. Ich schließe noch leiser die Tür.
„Hast du das gesehen, Harald?“
„Ja! Das würde einem Esel zur Ehre gereichen.“
Wir begeben uns ins Gästezimmer, wenn Ele und Elmar schon unser Zimmer belegen.
Ich bin zwar keine Jungfrau mehr, und unsere erste Nacht ist es auch nicht; dennoch wollen wir unsere Hochzeitsnacht gebührend begehen.
Harald zieht mich kunstvoll, oder besser, erotisch aus. Ich tue es ihm nach und helfe ihm aus seinem Gewand. Harald begehrt mich, unübersehbar. Mit dem Esel von nebenan kommt er nicht mit. Muss er auch nicht. Harald ist gut gebaut. Harald küsst mich, den ganzen Leib abwärts. Er macht das unvergleichlich gut.
Auf dem Laken befasst er sich intensiv mit meiner Pussie, ohne dabei meinen Mund und meine Brüste zu vergessen. Es fühlt sich so an, als führe er mit seinen Fingern in meine Scheide. Das ist zwar enger als mit seinem Glied, aber nicht unangenehm.
„Magdalena, schau einmal.“
„Wo hin?“
„In deinen Schoß, wenn du kannst. Siehst du?“
Es sieht so aus, als stecke seine Hand mit samt dem Handgelenk in mir, in meiner Schiede. Wie hat er das gemacht? Das ist ein schöner Trick. Das sieht obszön aus.
„Wie hast du das gemacht? Das sieht verblüffend echt aus.“
„Wie darf ich das verstehen?“
„Es sieht so aus, als stecke deine Hand in meiner Scheide.“
„Das sieht nicht nur so aus.“
„Mein Gott! Gibt es das?“
„Ich bin Gynäkologe. Das geht bei allen Frauen die entbunden haben.“
„Bitte, Harald, lass das!“
„Schon gut. Ich wollte dir nur zeigen, dass das, was du eben bei unseren Gästen gesehen hast, geht.“
Überrascht war ich, als sich Harald mit mir auf die gewohnte weise vereinigt. Er füllt mich so gut aus, wie je zuvor. Hatte er nicht eben seine Hand, seine zwar schmale, aber eben doch ganze Hand in meiner Scheide? Jetzt ist sie wieder genau so weit wie sein Glied. Ich staune über meine Anatomie, über die weibliche Anatomie.
Ich liebe Harald, mehr denn je. Er ist nicht nur ein guter Liebhaber. Er ist zudem fürsorglich und aufmerksam.

Weihnachten besuchen wir meine Eltern, am ersten Weihnachtstag. Die Kinder bei Gerhard und Katharina besuchen wir am zweiten Weihnachtstag. Dabei höre ich, dass die Kinder zu Katharina ‚Mama’ sagen. Das versetzt mir einen leichten Stich. Paul kann mit mir nicht so viel anfangen. Sarah nennt mich ‚Mutter’. Haben ihre ‚Eltern’ ihr das so beigebracht?

Das erste Semester meines Lehramtsstudiums bringe ich glatt hinter mich. Meine Niederkunft ist terminiert auf den 30. März. Harald macht den Vorschlag, diesen Termin zu fixieren.
„Wie soll das gehen?“
„Ich könnte das Kind per Kaiserschnitt holen. Das ist problemlos. Du hättest nicht die beschwerlichen Wehen.“
„Harald, das ist nicht nötig. Ich habe zwei Kinder ganz normal auf die Welt gebracht. Da sollte es mir bei Johannes auch gelingen.“
Es gelang. Zwei Stunden nach dem Platzen der Fruchtblase war Johannes geboren; 52 Zentimeter, 3390 Gramm, ein gesunder Junge! Mutter und Kind wohlauf.
Harald kommt vorbei, so oft es sein Dienst erlaubt. Am zweiten Tag besucht mich Katharina mit Sarah und Paul. Die Kinder sagen selbstverständlich Mama zu Katharina. Sarah fragt Katharina, wann diese ihr nächstes Kind bekäme. Diese Frage muss Katharina schmerzen. Ich glaube den Schmerz in ihrem Gesicht sehen zu können, fühlen zu können. Ich habe soeben mein drittes Kind bekommen. Sie wird keine Kinder bekommen. Das muss sie schmerzen. Ich sollte mich für meine Schadenfreude schämen.

Martha nimmt mir zu Hause den kleinen Johannes sofort ab. Die weitere Betreuung läuft genau so ab wie in Karpfham. Ich muss das Kind stillen. Alles andere macht Martha, die Kinderfrau. Martha macht sich so viel Mühe mit dem kleinen Wurm, dass Harald erwägt, eine weitere Frau für den Haushalt einzustellen. Das stößt auf den entschiedenen Widerstand von Martha.
„Wolle Sie mir unterstellen, ich vernachlässige den Haushalt?“

Harald muss sehr viel arbeiten. Immer wieder lässt er sich auch für die Rufbereitschaft einteilen. Es gibt Tage, da ist er so erschöpft, wenn er aus der Klinik kommt, dass er Medikamente nimmt, um zur Ruhe zu kommen. Dabei kommt unsere körperliche Liebe gelegentlich zu kurz. Das ist unschön. Wird unsere Liebe der Karriere und dem Geld geopfert? Ich kompensiere, ich fülle die Leere durch besonderes Engagement im Studium. Mehrmals werde ich von Männern, von einem Mann, vom Assistenten des Professors für Psychologie in Versuchung geführt. Er ist nicht schön, wahrlich nicht, aber er hat eine animalische, erotische Ausstrahlung. Ich bekenne, ich habe einmal geträumt, er würde mich brutal nehmen, dabei Urlaute von sich geben und nach der Ejakulation stinken wie ein Ziegenbock. Der Traum war so intensiv, dass mich mein Orgasmus geweckt hat. Ich war heilfroh, dass Harald in dieser Nacht Dienst hatte. Was hätte er von mir gedacht?

Harald hat sich Urlaub eintragen lassen für vier Wochen nach dem 15. August. Er will mit mir auf die Seychellen fliegen. Dafür muss ich vorher Johannes abstillen. Harald möchte Johannes nicht mitnehmen. Das wäre zu viel Stress für das Kind. Damit ich nicht schwanger werde, setzt Harald mir ein Spirale in den Uterus ein. So können wir drei unbeschwerte Wochen Urlaub machen. Wir verbringen einen traumhaft schönen Urlaub. Harald erholt sich so gut, dass wir uns wieder lieben wie am ersten Tag.

Johannes entwickelt sich gut. Harald arbeitet wieder oft zu viel. Ich mache meine erste Lehramtsprüfung. Vor unserem Sommerurlaub entnimmt Harald mir die Spirale. Er möchte ein zweites Kind von mir. So viel im Telegrammstil.
Im September beginnt für mich der Vorbereitungsdienst auf die zweite Lehramtsprüfung. Die überwiegende Zahl meiner Kollegen sind Frauen. Es ist auffällig, dass sich im Lehramt für Grund- und Hauptschulen die Frauen durchgesetzt haben, während im Höheren Lehramt, wenigstens noch, die Männer dominieren. Die Kinder brauchen in der Schule nicht nur Mütter, sondern auch Väter. Hat M. Matussek recht? Sind wir auf dem Weg in eine vaterlose Gesellschaft? Johannes hat nicht allzu viel vom seinem Vater, weil dieser zu viel arbeitet.

Im Vorbereitungsdienst mache ich die Entdeckung, dass es Kollegen gibt, für die Autorität kein Problem ist. Die haben sie einfach von Natur aus. Ich gehöre auch wohl zu denen. Andere Kollegen erwerben sich Autorität. Auch ich lerne diesbezüglich dazu. Arm dran sind die Kollegen, von denen gibt es wenigstens drei in unserem Semester, die bringen keine Autorität mit, absolut nicht. Die vertun ein Drittel der Unterrichtszeit mit Disziplinierungen der Schüler, erfolglos. Diese Kollegen tun mir leid.
Ich habe ein spezielles Problem mit einem Schüler aus der achten Klasse und einem anderen aus der neunten Klasse. Beide Knaben sind erkennbar keine Kinder mehr. Ich bilde mir ein, glaube zu spüren, dass die beiden in mir nicht einfach eine Lehrerin sehen, sondern eine Frau. Könnte das daran liegen, dass ich schwanger bin? Ich bin im vierten Monat schwanger. Harald ist überglücklich, zumal das Kind ein Mädchen sein wird. Harald möchte, dass unsere Tochter Sarah heißt. So sehr ich mich auch mühe, weil meine Erstgeborene Sarah heißt, Harald besteht auf dem Namen Sarah. Da seine Sarah einen anderen Familiennamen tragen wird als die erste Sarah, sieht er darin kein Problem. Mir soll es recht sein, wenn das Kind gesund ist.

Der Schüler der neunten Klasse, Ludwig, hat einer Art, mich anzusehen, die mich völlig verunsichert. Ich vermeide seinen Blick. Dennoch spüre ich seine Blicke auf der Haut wie warme, lüsterne Hände. Wenn ich einmal mehr einen solchen Tag erlebt habe, bin ich sehr auf Haralds Liebe und Zuwendung angewiesen.

Ich mache mir große Sorgen um Harald. Er ist krank. Es begann wie eine Erkältung. Es schien dann aber doch eher eine echte Grippe zu sein. Sicherheitshalber hat Harald sich in die Klinik, in die Hände seiner Kollegen begeben. Das war segensreich. Schon am zweiten Tag in der Klinik verschlechterte sich Haralds Zustand. Er kam auf die Intensiv-Station. Die Untersuchungen ergaben, dass Harald eine bösartige Virus-Infektion hat. Er kam in Quarantäne. Aus Sicherheitsgründen kamen wir, Martha, Johannes und ich, nicht mehr an ihn heran. Besonders in meinen Umständen wäre das ein zu hohes Risiko.

Ich habe gelitten. Martha hat gelitten. Dennoch kann ich meinen Dienst nicht vernachlässigen.
Im Januar wird Harald entlassen. Er ist gezeichnet. Gleich anschließend an den Klinikaufenthalt muss er in Rehabilitation. Erst Ende Februar kann Harald seinen Dienst wieder aufnehmen. Da ihm die Arbeit Spaß macht, da er dankbare Patientinnen hat, lebt er schnell wieder auf. Als Mitte April Sarah II. geboren wird, ist Harald wieder ganz der Alte! Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen. Was hätte ich ohne Harald anfangen sollen? Martha allein kann mir Harald nicht ersetzen. Martha kann mich zwar ersetzen bei Johannes, nicht aber Harald.
Im August machen wir wiederum gemeinsam Urlaub auf Mauritius, Harald und ich. Wir toben uns aus, wie im ersten Urlaub. Ich fühle mich wieder wie damals mit neunzehn Jahren. Ich schäme mich nicht, hemmungslos geil zu sein. Urlaub ist so schön.
Anfang September muss Harald wieder in den Dienst. Harald hat so viel gearbeitet, er hat einen so guten Ruf, dass er mit achtunddreißig Jahren im Gespräch ist für die Nachfolge am dem Stuhl des Chefarztes. Das beflügelt Harald. Mir macht es das zweite und letzte Jahr meines Vorbereitungsdienstes leichter.
Johannes entwickelt sich prächtig. Auch Sarah ist ein problemloses Kind. Das freut uns. Wie oft hören wir, dass Eltern nicht glücklich sind, weil die Kinder Kummer und Sorgen bereiten. Dass es unseren Kindern prächtig geht, liegt nicht zu letzt an Marthas Liebe und Hingabe.
Am 3. Dezember feiern wir unseren fünften Hochzeitstag.
Am 7. Dezember bricht der Himmel über uns ein. Ich sitze zu Hause an meinem Schreibtisch über einer Schulaufgabe der neunten Klasse, als das Telefon klingelt: die Klinik!
Was wollen denn die? Harald ist doch in der Klinik, oder hat er Rufbereitschaft? Das hätte er mir doch gesagt?
„Frau Hocheder, wenn Sie bitte kommen möchten. Ihr Mann ist zusammen gebrochen. Es geht ihm nicht gut!“
„Martha, bitte! Harald!“
Ich schreie hysterisch. Ich darf nicht die Fassung verlieren. Ruhig bleiben.
„Harald ist in der Klinik zusammen gebrochen. Ich muss zu ihm!“
Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß, mich jagen der Sorge Qualen!
An der Pforte werde ich von Professor Obernhuber erwartet. Er geleitet mich auf die Intensivstation. Wenn man mir diese Ehre erweist, muss es schlimm sein.
Harald liegt in einem Zimmer zwischen ganzen Bergen von Geräten, an Schläuchen und Drähten.
„Er ist zusammengebrochen. Es sah nach einem Herzinfarkt aus. Wir haben ihn sofort hier her schaffen lassen. Wir konnten eruieren, dass er darüber hinaus einen Schlaganfall er litten hat. Es sieht nicht gut aus.“
„Aber sein Herz schlägt. Das ist doch sein Herzschlag, dort auf dem Monitor?“
„Das ist der Herzschrittmacher. Sein Herz schlägt nicht mehr aus eigener Kraft.“
„Tun Sie doch etwas. Er darf nicht sterben!“
„Wir tun alles, was in unserer Macht steht. Mehr können wir im Moment nicht tun. Wir können nur warten und beten.“
Ich werde sanft vor die Tür geschoben. Der Herr Professor gibt mir eine Krankenschwester an den Arm:
„Bringen Sie bitte Frau Hocheder nach Hause, Schwester Gertraud!“
Zu Hause habe ich mich zu Martha an den Küchentisch gesetzt. Ich verberge mein Gesicht, meine Tränen in den Händen. Martha legt mir ihren Arm um die Schultern. Sie versucht mich zu beruhigen, zu trösten. Ich kann nicht still sitzen. Ich laufe herum wie in Trance.
„Herr Gott! Er darf nicht sterben. Bitte, lass mir Harald, Herr Gott!“
Ich trete vor die Haustür, damit mich Gott besser sehen kann:
„Hilf mir, hilf Harald, Herr Gott!“
Er scheint kein Ohr zu haben für mich. Gegen 19 Uhr kommt der Anruf, dass ich in die Klinik kommen möge. Es habe sich nicht verhindern lassen: Exitus.
Martha begleitet mich mit den Kindern. Diesmal werde ich von einem von Haralds Kollegen empfangen:
„Wir konnten nichts mehr für ihn tun!“
Harald liegt in einem Zimmer, allein, ohne Maschinen, ohne Schläuche. Er sieht blass aus, aber friedlich. Ich berühre seine Lippen mit meinen Lippen, ergreife seine Hand. Er ist kalt!
Mein Bewusstsein kehrt zurück. Ich erwache. Neben mir sitzt Gerhard.
„Ich bin bei dir. Ich stehe dir zur Seite. Ich regele alles für dich!“
„Gerhard! Harald wollte verbrannt werden.“
„Ich weiß. Er will auf dem Innstadt-Friedhof beigesetzt werden. Harald hat ein Testament gemacht. Ich bin informiert. Überlass alles mir. Ich mache das schon!“
„Danke, Gerhard!“

Ich werde aus dem Krankenhaus entlassen. Ich kann mich zu Hause gerade noch umziehen für die Beisetzung. Meine Eltern sind da. Auch Ele und Elmar sind gekommen und Frau Holzhammer mit den Kindern. Martha mit den Kindern ist sowieso da, und Gerhard.
Ich erlebe die Trauerfeierlichkeiten wie durch eine Regenwand. Mein Bewusstsein ist irgendwo, nur nicht bei mir.
Drei Tage später ist die Testamentseröffnung. Harald hat verfügt:
„Das Legat von Martha Meiringer bleibt unangetastet. Mein Vermögen erben meine Kinder zu gleichen Teilen. Meine Frau Magdalena kann wählen zwischen dem Pflichtteil und dem Legat: lebenslanges uneingeschränktes Wohnrecht in dem Haus und einer monatlichen Rente von 3.000 ¤ die entsprechend dem Lebenshaltungskosten- Index des statistischen Bundesamtes jährlich angepasst wird. Meine Frau verwaltet das Erbe der Kinder bis zu deren Volljährigkeit.“
Ich habe sechs Wochen Zeit, mich zu entscheiden. Ich kann das Erbe auch ganz ausschlagen. Gerhard empfiehlt mir, aus steuerlichen Gründen, mich für das Legat zu entscheiden.
„Ich wähle das Legat!“
Mit fünfundzwanzig Jahren bin ich eine Witwe mit zwei Kinder!
„Harald, warum hast du mir das angetan?“

Es hilft nichts: nach dem Weihnachtsferien kann ich mich nicht mehr krankschreiben lassen. Ich muss in den Dienst zurück, wenn ich im kommenden Sommer meine zweite Lehramtsprüfung bestehen will, muss. Jetzt muss ich alleine für meine Kinder sorgen. Sie haben keinen Vater mehr. Wie gut, dass Martha zu mir hält, bei mir bleibt und den Kindern.


3. Kapitel


Joachim


Materielle Not leide ich nicht. Die Trauer drückt mich nieder. Aber auch dieser Schmerz lässt langsam nach. So entscheide ich mich in den Pfingstferien, die schwarze Kleidung abzulegen. Ich gehe zuversichtlich in die zweite Prüfung. Ich brauche einen Beruf. Ich will das Leben meistern.
Der Schüler Ludwig aus der neunten Klasse, der mich verunsicherte, ist nicht mehr vorhanden, oder ich nehme ihn nicht mehr wahr. Der Schüler aus der achten Klasse ist zwar noch da, aber er behandelt mich respektvoll. Er zieht mich nicht mehr mit Blicken aus. Ich gewinne mein seelisches Gleichgewicht wieder.

Nachdenklich werde ich in den Sommerferien. Ich habe die Prüfung gut bestanden. Ich muss nicht in die Provinz zu meiner ersten Anstellung auf Probe. Ich kann sogar wählen zwischen einer Stelle in Passau und einer in Fürstenzell. Dafür habe ich Zeit bis zum ersten September.
Meine Nachdenklichkeit erwächst aus meinem Leib. Ich habe zwei reizende Kinder, aber keinen Mann. Ich bin mir gegenüber ehrlich und gestehe mir ein: ich brauche einen Mann. Ich brauche körperliche Befriedigung. Ich hatte mir bis dato nicht vorstellen können, dieses Gefühl jemals zu bekommen. Jetzt ist es da, peinlich, deutlich. Gerhard hat mir zwar großzügigerweise angeboten mir zu Diensten zu sein, aber das habe ich abgelehnt, wegen der Kinder, wegen Katharina, und grundsätzlich sowieso kommt das für mich nicht in Frage.
Martha bietet mir an für zwei Wochen mit ihr in den Urlaub zu fliegen. Martha und den Kindern gönne ich den Urlaub gerne. Ich mag aber nicht. In Gegenwart von Martha und den Kindern würde ich mich zu sehr gebunden fühlen. Das ist in meiner Lage nicht gut.
So verbringt Martha mit den Kindern allein zwei Wochen Sommerferien auf Juist. Ich folge ziellos meinem Trieb, ziellos und ergebnislos.
Ich freue mich auf die Arbeit. Mit dem Ende der Schulferien habe ich Pflichten und neue Aufgaben. Das wird mich ablenken. Der wöchentliche Besuch auf dem Friedhof ist mehr Qual als Erleichterung.

Am Montag vor Beginn der Schule muss ich mich an der Grund- und Hauptschule Auerbach melden. Dort werde ich meinen Dienst antreten als Lehrerin z. A. Der Weg dorthin ist so weit, dass ich das Auto nehme, den Golf. Haralds Mercedes überlasse ich ganz Martha. Die hat die Kinder zu betreuen, die kann das große Auto gebrauchen.
Wir werden eingewiesen in unsere neue Schule. Wir erhalten die Listen der Klassen, in denen wir unterrichten werden. Für den ersten Schultag, für die erste Schulwoche gibt es einen provisorischen Stundenplan. Konnte den niemand in den Ferien erstellen? Mit einem Computer dürfte das doch so schwer nicht sein.
Ich soll Klassenlehrerin einer dritten Klasse werden: 27 muntere Kinder.
Während der Eröffnungskonferenz lerne ich meine Kolleginnen kennen und meine zwei männlichen Kollegen. Dabei fällt mir sofort der rothaarige Kollege auf: Joachim Rembs. Das scheint ein sehr fröhlicher Kollege zu sein. Er nimmt sich sofort meiner an. Rembs ist gerade verbeamtet worden. Er ist achtundzwanzig Jahre alt und ledig. Alles das erfahre ich am ersten Tag.
Als Joachim Rembs mich zum Kaffee einlädt zu sich, erfahre ich noch eine ganze Menge mehr über ihn und seine kleine Wohnung in Haidenhof. Er lebt offensichtlich alleine. Dennoch sind Utensilien zu entdecken, die von Frauen hinterlassen wurden. Ich werde keine Gegenstände verlieren oder vergessen, wenn ich gehe.
Joachim Rembs ist so fröhlich und unbeschwert. Er nimmt mich einfach in den Arm und küsst mich. Da will ich es. Und wenn es nur einmal ist. Ich will es, ich brauche es.
Die Kaffeetassen sind zwar leer, aber noch warm, als wir im Bett liegen, in seinem Bett liegen. Joachim ist so rücksichtsvoll, ohne mich zu fragen, ein Kondom zu verwenden. Das erspart uns die Fragen nach der Empfängnisverhütung und andere Peinlichkeiten. Ich habe Mühe, meine Gier zu verbergen. Dennoch genieße ich die Begegnung mit einem Mann, mit diesem Mann. Obwohl er mir eigentlich fremd ist, kann ich mich ihm hingeben, ganz hingeben. Ich erlebe seit unserem fünften Hochzeitstag am 3. Dezember erstmals wieder einen schönen Orgasmus; am 13. September, mehr als neun Monate nach dem letzten: Das tut gut. Das macht mich freier, leichter. Haralds Tod schmerzt nicht mehr so sehr.
Martha sieht mir meinen Sündenfall zu Hause sofort an. Sie erteilt mir jedoch Absolution. Sie hat Verständnis für mein Bedürfnis nach Zuwendung, nach Sexualität.

Noch einmal bin ich mitgegangen mit Joachim. Das gefällt mir auf die Dauer nicht. Ich komme mir vor wie eine seiner Studentinnen. Das bin ich nicht. Ich bin eine gestandene Frau, eine Witwe mit zwei Kindern. Joachim ist ein guter Liebhaber. Seit ich wieder eine Spirale trage bin ich unbefangener, unbeschwerter. Ich werde Joachim einladen, beim nächsten mal mit zu mir zu kommen. Es kann nicht schaden, wenn Martha ihn kennen lernt. Martha hat gute Menschenkenntnis. Wenn sie Joachim akzeptiert, kann ich mir weiter reichende Gedanken machen.
Die Schule fordert mir viel Zeit ab. Ich brauche länger für die Vorbereitungen als befürchtet. Der Beruf einer Grundschullehrerin ist anstrengend, wenn ich den Kindern meine ganze Aufmerksamkeit schenke. Der Kollege Rottbauer tröstet mich:
„Sie brauchen drei Jahre, dann hilft Ihnen die Routine. Sonst könnten Sie den Beruf nicht bewerkstelligen.“
Joachim hat zwar Familie, aber im Westerwald. Er ist hierher verschlagen worden als Student, wegen einer Studentin, durch eine Studentin, die sich aber längst anderweitig verbandelt hat. Joachim hat zwei Schwestern, eine ist jünger, die andere älter als er. Zu seinen Eltern hat er nur lose Verbindung, sogar zu seiner Mutter. Das verwundert mich etwas.
Als Joachim mich am Freitag fragt, was ich am Wochenende vorhabe, mache ich ihm das Angebot, mit zu mir zu kommen. Joachim ist freudig überrascht. Noch größer ist seine Überraschung als ich ihm empfehle, doch seine Utensilien für eine Nacht mitzubringen. Joachim weiß zwar längst, dass ich verwitwet bin und zwei Kinder habe. Überrascht ist er dennoch über unser Haus, und über Martha. Das wusste er noch nicht, dass Martha Kinderfrau, Haushälterin und Ersatzmutter für mich ist. Das nötigt Joachim erheblichen Respekt ab gegenüber Martha, die er korrekt ‚Frau Meiringer’ nennt. Joachim hat nicht die schlechte Angewohnheit etlicher Niederbayern, jeden Bekannten gleich zu duzen. Das macht ihn einmal mehr sympathisch.
Was soll ich weiter erzählen? Wir haben gut zu Abend gegessen, dank Martha. Johannes erweist sich für Joachim sehr zugänglich. Sarah fremdelt. Das ist in ihrem Alter kaum anders zu erwarten.
Wir haben gemeinsam die Tagesschau gesehen. Danach habe ich Joachim etwas aus der Familie erzählt, damit er versteht, wie ich zu dem großen Haus gekommen bin. Joachim erzählt wenig von seiner Familie. Sein Vater ist Verwaltungsangestellter bei der Kreisverwaltung. Wie es mir vorkommt, ein sehr biederer Mann, ein Biedermann? Eher nicht.
Zehn Monate nach Haralds Tod liege ich wieder mit einem Mann an meiner Seite in meinem Bett. Ich habe es genossen. Ich habe ihn genossen. So unbeschwert, so losgelöst war ich noch nie mit ihm. Mir gefällt es. Ihm gefällt es unübersehbar auch.
Am Samstag zeige ich ihm Haus und Garten von außen. Joachim befindet, dass die alten Bäume gefällt werden sollten. Der Garten sei vergreist. Der Garten müsste radikal verjüngt werden. Harald hatte mir das schon vor Jahren angeboten. Wir sind aber völlig davon abgekommen. Joachim bietet sich an, das zu übernehmen. Er kenne Leute aus dem Sportverein und aus dem Schützenverein, die hätten die nötigen Maschinen und Werkzeuge. Wenn ich ihn gewähren ließe, würde er mir den Garten neu gestalten.
So kam Eines zum Anderen. Joachim zog bei mir ein. Er schlief nicht einmal mehr in Haidenhof.
Die Kinder gewöhnen sich an Joachim. Johannes nannte ihn schon am Sonntag Joachim. Sarah brauchte etwas länger, nicht zu letzt, weil sie erst seit kurzer Zeit spricht. ‚Achim’ bringt sie zuweilen über die Lippen. Papa sollen die Kinder nicht zu ihm sagen. Der Papa der Kinder ist im Himmel und schaut uns von oben her zu, ob wir auch alles recht machen.
Martha teilt meine Auffassung, dass Joachim fröhlich und unbeschwert ist. Auf Marthas Frage, ob ich mir vorstellen könne, Joachim zu heiraten, bin ich einen Moment überrascht. Ich habe daran nicht einmal gedacht. Und je länger ich darüber nachdenke, um so eher komme ich zu dem Schluss, dass er mir dafür zu unkompliziert ist, zu fröhlich, zu anspruchslos ist. Als Lebensgefährte in meiner Situation ist er genau der richtige Mann. Ein Mann ohne wenn und aber. Ein Mann fürs ganze Leben scheint er mir, gegenwärtig eher nicht zu sein. Der Mann müsste ernsthafter sein, tiefgründiger.
Das zeigt sich auch im Bett. Wir haben Spaß, viel Spaß aneinander. Er befriedigt sich und er befriedigt mich zuverlässig. Was will ich mehr, heute?

Der Garten erweist sich als schwieriger als vermutet. Fünf hundertjährige Bäume gräbt man nicht einfach aus. Joachim zieht Fachleute aus dem Schützenverein zu Rate. Joachim vereinbart einen Freitagnachmittag und den folgenden Samstag für die Rodungen. Drei Mann werden anrücken mit Motorsäge, Minibagger und Zugmaschine mit Hänger. Zwei große Seilwinden werden ebenfalls erforderlich, um unser Haus und das der Nachbarn vor umstürzenden Bäumen zu bewahren.
Um 15 Uhr kommen die Männer. Es gibt starken Lärm durch die Maschinen. Joachim hat die Nachbarn vorgewarnt und um Verständnis gebeten. Das hätte ich übersehen. Zur Kaffeezeit ist eine Birke gefallen und zerlegt. Martha reicht den Männern Getränke und eine Brotzeit.
Mit dem Einbruch der Dunkelheit ist ein uralter Birnbaum gefallen und zerlegt. Hubert lädt im letzten Dämmerlicht den Wurzelstubben auf den Anhänger. Damit ist Feierabend. Am Samstag geht es um neun Uhr weiter.
Nach dem Duschen isst Joachim noch eine Kleinigkeit. Er legt sich früh ins Bett. Als ich gegen zweiundzwanzig Uhr ins Bett komme schläft er schon fest. Joachim ist kräftig und durchtrainiert. Die Gartenarbeit heute war aber doch reichlich für ihn.
Am Samstag jagt mich der Schreck aus dem Bett: es ist schon so hell. Wir haben verschlafen. Ein Blick auf meinen Wecker zeigt, dass wir nicht verschlafen haben. Es ist so ungewöhnlich hell an diesem Oktobermorgen, weil die zwei Bäume direkt hinter dem Haus weg sind. Diese haben doch mehr Licht weg genommen als ich vermutet hätte.
Joachim hat gerade sein Frühstück beendet, als die Männer eintreffen. Hubert fährt als erstes mit dem Hänger zur Grüngut-Sammelstelle, um die Sträucher und die Wurzelstubben zu entsorgen. Das Knüppelholz und die Stämme hätten die Männer gerne gehabt. Da wir keinen Kamin und keinen Kachelofen haben, haben wir keine Verwendung dafür. Die Männer dürfen gerne das Holz an sich nehmen.
Als Martha das Mittagessen fertig hat, steht noch als letzter Baum ein Linde.
Noch vor der Kaffeepause ist auch der letzte Baum gefallen. Da es noch hell genug ist und noch Zeit übrig, reißen die Männer gleich noch die uralte Lebensbaumhecke weg, aus. Erstmals sehe ich den Garten der Nachbarn westlich von uns. Ein schöner, gepflegter Garten. Mayers werden sich freuen, dass die dunkle Wand aus alten Bäumen und Sträuchern verschwunden ist.
Während Hubert das Gesträuch und die Stubben fort bringt auf seinen Hof, weil die Grüngut-Sammelstelle inzwischen geschlossen ist, schneiden die übrigen Männer das Holz in Stücke auf Meterlänge. Sie schlichten es auf zu drei etwa gleichgroßen Stapeln, einer für jeden Arbeiter.
Ich biete den Männern Lohn an. Da sie das Holz haben dürfen, sind sie mit 200 ¤ pro Mann zufrieden. Joachim und ich sind es auch. Hubert verspricht uns noch am Dienstag den Garten zu grubbern, damit kann Joachim anschließend den Garten neu anlegen. Wenn alles so läuft und das Wetter hält, bekommen wir noch vor dem Winter einen neuen, einen jungen Garten.
Am Samstagabend gehen wir zeitig ins Bett. Joachim ist zerschlagen. Dennoch findet er zu mir unter die Decke. Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach. Er schläft tief noch weit bevor er eine Erektion bekam.
Um so munterer ist Joachim am Sonntagmorgen. Ohne große Umwege verschafft er mir und sich Erleichterung und Befriedigung. Das tut ihm so gut, dass er danach von unbeschwerter Heiterkeit ist den ganzen Tag.
Joachim entdeckt, dass es neben Marthas Wohnung einen Keller gibt, einen Weinkeller. Darauf hätte ich allein kommen können. Woher holt Martha den Wein, wenn sie uns eine Flasche serviert?
Über den Garagen findet Joachim völlig verrottetes Gartengerät. Den Schrott wird er entsorgen. In aller Bescheidenheit fragt er, ob wir neue Geräte kaufen können, wollen.
„Kauf, was du brauchst, Joachim. An den notwendigen Geräten soll es nicht fehlen.“
„Such du dir Pflanzen und Blumenzwiebeln aus, die ich für dich in deinen Garten pflanze.“
„Mache ich gleich die Woche.“
„Ich mache mich gerne in deinem Gärtchen zu schaffen, Magdalena!“
„Ich weiß, Joachim!“
Würdest du dich mit so viel Phantasie um mein Gärtchen kümmern, wie du dich um meinen Garten bemühst, hätten wir mehr Freude aneinander! Er ist noch jung. Er wird noch darauf kommen.

Joachim gibt dem Garten ein Gesicht. Rasen, Gras ist nicht mehr vorhanden. Das wird er im Frühjahr säen. Junge Bäume und Sträucher sind gepflanzt. Mit viel Aufwand und zu erheblichen Kosten, lässt Joachim, nach Absprache mit mir, rechts neben der Einfahrt eine drei Meter hohe Korea-Tanne setzen. Auf dieser sollen in der Advents- und Weihnachtszeit elektrische Kerzen weihnachtliche Stimmung verbreiten. Als am 19. November der Winter seine Visitenkarte abgibt, haben wir einen schönen Garten. Im Haus ist es heller geworden. Das ist im Winter besonders angenehm.

Die Vorweihnachtszeit könnte besinnlich sein. Leider wird die Besinnlichkeit durch Hektik getrübt, die wir von der Schule aus verbreiten. Als hätten die Familien nicht schon genug um die Ohren, melden wir uns von der Schule mit Sprechtagen und unvermeidlichen Weihnachtsfeiern. An Joachim geht das alles vorbei. Er hat eine bemerkenswerte Art, keine Probleme zu haben. Das bewundere ich an ihm.

Ich habe mich mit zwei Kolleginnen am Nachmittag im Café verabredet. Wir plaudern über die Schule, über Kollegen, Kinder und deren Eltern. Worüber reden Lehrer sonst noch? Über Weihnachtsgeschenke. Einmal mehr wird mir klar, dass ich wirtschaftlich gut gestellt bin, als Witwe. Während die Kolleginnen hin und wieder schon zögern, wenn es um zehn ¤uro geht, liegt die Grenze, ab derer ich auf meine ¤uro achten muss bei einhundert. Harald hat gut für mich gesorgt. Das wird wohl ein Grund mit sein, dass ich besser, teurer gekleidet bin als meine Kolleginnen. Dazu kommt, dass Kollegen und Kolleginnen dadurch auffallen, dass sie keinen, oder einen schlechten Geschmack haben in Bezug auf ihr Äußeres. Ich habe im zweiten Abschnitt meiner Ausbildung vernommen, dass die Kleidung und das Auftreten vor den Schülern wichtig ist. Wir Lehrer müssen durch entsprechende Kleidung deutlich machen, dass wir nicht zur Freizeitgestaltung in der Schule sind, sondern dass wir Pflichten nachgehen, sowohl Schüler als auch Lehrer.

Öfter, als ich dachte, suche ich in Gedanken Sarah und Paul bei Katharina. Geht es den Kindern gut? Mache ich mich schuldig, wenn ich mich als Mutter nicht um sie kümmere? Diese Gedanken belasten mich. Sie stellen ein ernstes Problem für mich dar. Für Joachim nicht. Alles ist überschaubar. Alles ist erklärbar. Zustände, Ereignisse, die diese Bedingungen nicht erfüllen, werden ausgeblendet, existieren nicht. Bin ich intellektuell? Zerrede, zerpflücke ich die ‚Heile Welt’ sinnlos, um mich anschließend über die Fetzen, die Bruchstücke zu beklagen? Oder ist diese Welt heillos und kompliziert? Der Alltag und die beruflichen Pflichten lassen mir wenig Zeit für derartig tief schürfende Gedanken.
Joachim und ich haben eine schöne Zeit. Joachim bringt in Haus und Garten alles auf den neuesten Stand. Er ist lieb und nett zu den Kindern. Er ist lieb und nett zu mir. Ich entbehre nichts.
Johannes kommt in die Schule, nicht zu uns, sondern auf der Inn-Seite der Stadt. Martha ist stolz auf Johannes, denn er kann schon lesen. Das hat Martha ihm beigebracht.
Wir leben einen unbeschwerten Alltag, bis Allerheiligen.
Martha fährt mit den Kindern in den Bayerischen Wald ans Grab ihrer Eltern. Ich werde an Haralds Grab gehen und anschließend nach Karpfham fahren, um Sarah und Paul zu sehen. Joachim bleibt zu Hause. Er hat zwei Schulaufgabe zu korrigieren.
„Rechne nicht vor neunzehn Uhr mit mir, Joachim. Sollte es später werden, rufe ich dich in jedem Falle an. Tschüss!“
An Haralds Grab kommen mir einmal mehr die Tränen.
„Warum hast du mir das angetan? Musstest du so viel arbeiten für mich und die Kinder? Ich hoffe, du hast deinen Frieden gefunden. Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Der Name des Herrn sei gelobt! So ein Mist! Ich bin eine Frau, schlicht und einfach eine Frau! Ich bin nicht Hiob. Ich habe weder die Kraft noch den Glauben wie er. Verzeih mir, Harald, aber das musste einmal gesagt werden. Gibt es im Himmel auch Rufbereitschaft? Kann es sein, dass du gerade unterwegs bist und mich gar nicht hören kannst? Ich lasse dir die Blumen da. So kannst du sehen, dass ich da war, wenn du zurück kommst. Tschüss, Harald!“
In Karpfham stehe ich vor verschlossenen Türen. Ich hätte mich vorher anmelden sollen. Gerhard hätte das gemacht. Ich bin nicht auf den Gedanken gekommen. Es geschieht mir recht. Fahre ich also wieder nach Hause. So können Joachim und ich uns einen ruhigen gemeinsamen Nachmittag machen.
Ich hänge meinen Mantel an die Garderobe und ziehe meine Hausschuhe an. Ich werde Joachim in der Bibliothek an seinem Schreibtisch überraschen.
Na, so etwas. Er ist nicht da. Das kann nicht sein. Sein Auto steht in der Garage. Konsterniert stehe ich im Flur. Wo ist Joachim? Höre ich Stimmen aus dem Gästezimmer? Sitzt er dort vor dem Fernseher?
Als ich die Tür des Gästezimmers öffne, trifft es mich wie eine Faust mitten im Gesicht. Auf dem Bett tobt ein Paar im Liebesspiel. Eine der Figuren ist Joachim. Die andere Figur ist eine blonde Frau! Ich schließe die Tür. Ich schließe meine Augen und reibe sie. Jetzt sehe ich wieder klar. Erneut öffne ich die Tür. Das Bild ist das gleiche: ein Paar miteinander ringend um sexuelle Lust! Leise schließe ich dir Tür zum zweiten mal. Was ich fühle, gleicht einem Vulkan unter einem Gletscher. Ich schleiche mit bleiernen Schritten in die Küche. Ich finde Marthas Bärwurz. Ich schütte mir ein halbes Wasserglas voll von dem Zeugs hinein. Der Schnaps brennt fürchterlich und schmeckt wie destillierte Gartenerde, abscheulich!
Auf Marthas Platz am Küchentisch versuche ich zu denken wie Martha.
Warum platze ich vor Zorn? Warum betrügt er mich? Warum macht er mit der Fremden, was er in mehr als zwei Jahren nicht einmal mit mir gemacht hat? Ich habe mir wahrhaftig eingebildet, er brauche, er könne den wilden Sex nicht. Er hat mich darum betrogen! Mich betrügt man, Mann nicht. Noch während ich Rache ausbrüte, bin ich auf dem Weg in die Bibliothek. Ich hole alles aus dem Raum, was ihm gehört: Schultasche, Bücher, Hefte, Ordner, Computer. Aus dem Schlafzimmer werfe ich seine Kleidung auf den Flur, einiges an Klamotten. Seine Utensilien aus dem Bad stopfe ich in eine Reisetasche. Was fehlt noch? Was gehört ihm noch? Die Kiste mit seinen Sportwaffen. Ich sollte die Pistole nehmen und ihn erschießen, oder sie! Dann steht er ganz allein da! Ich koche vor Rachegelüsten. Warum macht er mit ihr, was er nie mit mir gemacht hat. Was sie nicht will, dass ich ihr tu, das füg ich einer anderen zu! Er hat mich nie gefragt! Er hat nie den Versuch gemacht. Es zerreißt mich gleich vor Zorn!
Seine Schuhe fehlen noch. Im Schuhschrank stehen Turnschuhe und Straßenschuhe von ihm, aber nicht mehr lange. Sie landen auf dem großen Haufen seiner Lumpen. Der Scheißkerl!
Bei offener Tür setze ich mich in die Küche. Ich erwarte seinen Auftritt. Sicherheitshalber lege ich mir Marthas großes Fleischmesser bereit, falls er mich angreifen sollte. Komm schon, Mistkerl!
„Martha! Was soll das denn?“
Joachim ruft auf dem Flur. Er brüllt geradezu. Ich trete mit dem Messer in der Hand aus der Küche.
„Du, Magdalena!“
„Raus! Hau ab! Du hast eine halbe Stunde! Ich will dich nie wieder sehen!“
„Magdalena, lass dir erklären!“
„Da gibt es nichts zu erklären. Ich habe euch gesehen. Raus!“
Joachim kehrt um. Ich ziehe mich in die Küche zurück. Durch die offene Tür behalte ich den Flur im Auge. Erst ist es bemerkenswert still. Danach wird es hektisch.
Joachim fährt sein Auto an die Freitreppe. Die blonde Schlampe schleppt Sachen ins Auto. Joachim schleppt. Sie stopfen ins Auto so gut und so schnell es geht. Als ich vermute, dass die beiden bald alles eingeladen haben, gehe ich mit dem Messer an die Haustür.
„Den Schlüssel!“
„Magdalena, lass mich dir erklären.“
„Den Schlüssel und dann raus! Endgültig!“
Etwas umständlich, seine Finger zittern, dreht er meinen Schlüssel aus seinem Schlüsselbund. Das freut mich. Er soll sich aufregen, nicht nur ich.
„Magdalena!“
„Hau ab!“
Ich bin froh, als ich die Tür abschließen kann hinter dem Betrüger und seiner Schlampe. Er soll sehen, wo er bleibt.
Ich könnte heulen. Ich muss heulen! Warum tut das so weh? Warum hat er mir das angetan? Habe ich richtig gehandelt? Was hätte Gerhard gemacht? So eine verfluchte Scheiße! Ich wollte doch nur Liebe, etwas Liebe! Bin ich zu anspruchsvoll? Oder war ich zu anspruchslos? Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Ich schütte mir noch einen Bärwurz in den Magen, grässlich!
Ich schlurfe mit Beinen wie Blei ins Schlafzimmer und werfe mich zum Heulen aufs Bett. Dort bin ich eingeschlafen, Gott sei Dank.

Martha kommt mit den Kindern heim. Sie findet mich im Bett, weckt mich.
„Was ist geschehen? Wo ist Joachim?“
„Er hat mich betrogen, hier im Haus. Er hat eine Andere. Ich habe ihn rausgeschmissen!“
„Gut so!“
Martha lässt mich allein. Später schickt sie mir die Kinder, die sich neben mich ins Bett legen. Ich habe wenigstens die Kinder, die mich lieben und die mich brauchen. Das tröstet mich, wenigstens etwas.
Am nächsten Vormittag muss ich Gerhard anrufen. Ich lasse mich in seiner Kanzlei mit ihm verbinden, weil außerordentlich dringend. Gerhard hört mich an. Er bestätigt mir, dass ich richtig gehandelt habe. Gerhard will mich besuchen, um zu eruieren, ob wir nicht juristisch gegen Joachim vorgehen. Vielleicht ist da noch etwas zu holen. So weit mag ich nicht gehen. Er war nicht nur von sich aus bei mir. Ich habe es gewollt. Aber jetzt nicht mehr. Wenn Gerhard mir eigentlich nicht geholfen hat, so hat doch seine Bestätigung, dass ich richtig gehandelt habe, mich beruhigt. Den Kindern geht es gut, höre ich. Mir geht es etwas besser.
Gerhard hat doch mehr getan, als er mir am Telefon sagen konnte oder wollte. Mag sein, dass ihm das erst später eingefallen ist. Nach den Allerheiligen-Ferien teilt unser Rektor uns mit, dass Joachim kurzfristig an eine andere Schule versetzt wurde, um dort eine Schwangerschaftsvertretung zu übernehmen. ‚Danke, Gerhard!’
Ich habe lange gebraucht, mein seelisches Gleichgewicht wieder zu finden. Gerhard hat mich gefunden, genommen und gut behandelt. Harald fand mich, nahm mich, behandelte mich gut, bis auf seinen vorzeitigen Abgang von dieser Welt. Joachim habe ich gefunden. Ich nahm ihn und er hat mich beschissen. Darf ich mir die Männer nicht aussuchen? Greife ich dabei in die Scheiße? Muss ich warten, bis mich ein Mann aussucht?
Ich gehe an Haralds Grab. Ich beichte Harald meine Sünde, dass ich nach ihm mich einem Flachkopf hingegeben habe, und es nicht bemerkte. Harald verzeiht mir. Harald liebt mich, immer noch. Danke, Harald!









4. Kapitel


Konstantin


Die Kinder halten mich aufrecht. Die Kinder geben meinem Leben Sinn. Martha tut alles, was in ihrer Macht steht, damit ich nicht in Trübsal versinke in den grauen Spätherbsttagen. Die Pflichten in der Schule hindern mich daran zu grübeln. Dennoch liege ich manche Nacht allein länger wach als mir lieb ist. Ich gestehe, ich habe mehr als einmal Tränen vergossen in mein Kopfkissen. Martha hat jeweils kommentarlos den Bezug gewechselt. Mit achtundzwanzig Jahren eine betrogene Witwe. War es das? Bin ich nur noch Mutter? Bin ich nur noch Lehrerin bis ich grau, vertrocknet, verbittert mit fünfundsechzig in Pension gehe?
Ich bin öfter auf dem Friedhof, als normal ist. Stets treffe ich die selben alten Mütterchen, die die Gräber ihrer längst verstorbenen alten Männer besuchen. Ich bin noch so jung!
Es dauert, es zieht sich, bis ich mich in mein Schicksal füge. Ich werde ruhiger, stiller, älter. Martha ist mir mehr als nur Haushälterin und Kinderbetreuung. Martha wird mir eine Freundin.
Sarah kommt zur Schule. Johannes hat den Sprung aufs Gymnasium geschafft. Ich gebe mir Mühe, mich wenigstens als eine Frau in den besten Jahren zu kleiden, wenn ich auch anscheinend nicht mehr so gesehen werde von meiner Umwelt.
Zur Ablenkung und Erbauung lese ich. Lesenwertes aus Haralds Bibliothek habe ich gelesen. Immer öfter stöbere ich in der Buchhandlung nach neuen Büchern, nach Belletristik. Ich mag es schlicht und unterhaltsam. Ich bevorzuge Deutsche Literatur. Übersetzungen aus dem Amerikanischen sind mir ein Gräuel.
Da mir die Namen der lebenden Autoren nichts sagen, schaue ich zuerst, ob es sich um eine Übersetzung handelt. Viele Bücher kann ich danach weglegen. Ich lese den Klappen Text. Damit habe ich keine Mühe. Der Alte neben mir hat damit seine Mühe. Er versucht zu lesen mit weit ausgestrecktem Arm. Wenn es trotzdem nicht geht, fingert er aus der Tasche eine Lesebrille. Der Alte interessiert sich, wie mir scheint, auch für leichte Unterhaltung aus neuer Produktion. Die Hände sind braun mit Altersflecken, es sind nicht die Hände eines Arbeiters der Faust. Der Alte legt ein Buch zurück und sagt:
„Ein Österreicher. Ganz unterhaltsam. Habe ich schon gelesen.“
Ich blicke zur Seite. Der Alte blättert in einem anderen Buch. Seine Lesebrille sitzt auf der Spitze einer ziemlich langen Nase. ‚Mit der Brille auf der Nase sieht er aus wie’n Osterhase’. Der Alte trägt schwarze Schuhe, eine Jeans und eine bemerkenswert rote Strickjacke. Er hat graues, kurz geschnittenes Haar. Könnte Rentner sein.
Ich entscheide mich für Renate Kampmann: Die Macht der Bilder, ein Kriminalroman. Warum soll ich mir ein Buch von einem Mann kaufen, wenn es Bücher gibt von Frauen geschrieben. Ich bin zwar weit entfernt davon Feministin zu sein, aber warum nicht eine Frau?
In der Schule hängt der Segen unerklärlich schief. Hat es damit etwas zu tun, dass der Schulrat da war? Wie wird man überhaupt Schulrat? Welche Qualifikation braucht man dazu, Mann dazu? Der Rektor teilt mir mit, dass der Schulrat in der nächsten Woche käme, mich im Unterricht zu besuchen, weil ich zur Beurteilung anstünde. Von mir aus! Befördert werde ich noch lange nicht. Das gibt mir auch nichts. Auf die paar ¤uro bin ich nicht angewiesen, zum Glück.
Johannes fällt in der Schule auf, weil er bemerkenswert respektlos ist gegenüber den Lehrern. Er ist nicht aufsässig und auch nicht faul. Er lässt sich nur nicht einschüchtern, auf gar keine Art, von keinem Lehrer, egal ob jung oder alt. Hat er das von seinem Vater geerbt? Ich war stets eine brave Schülerin. Respektlos war ich schon gar nicht, im Gegenteil.
Angeregt durch eine Kollegin, deren Mann am Gymnasium unterrichtet, größere Schüler, und besser bezahlt, wenn ich für vier Semester zurückkehre an die Universität und Deutsch und Geschichte, eventuell Sozialkunde studiere für das Höhere Lehramt?
Helga Berger meint: „Der Gedanke ist verlockend. Und wovon willst du leben? Du könntest dich für zwei Jahre beurlauben lassen. Das geht. Aber das Geld für dich und die Kinder?“
„Ja, ja, das Geld!“
Ich habe ihr nicht auf die Nase gebunden, dass ich auch ohne die Arbeit in der Schule nicht am Hungertuche nage. Ich will keinen Neid erwecken. Lehrer sind komplizierte Menschen. Sie halten sich für wichtiger, als sie von der Gesellschaft beurteilt werden. Jeder Journalist, jeder Mensch überhaupt kann und darf ein Urteil über die Arbeit der Lehrer abgeben, weil alle einmal zur Schule gingen. Das berechtigt sie, ein Urteil abzugeben, meist ein abwertendes Urteil über die Arbeit der Lehrer. Dass Lehrer genauso lange studieren, eine genauso lange Ausbildung haben wie Juristen, beeinträchtigt das Selbstbewusstsein der Juristen nicht im geringsten.
Ich muss Gerhard um Rat fragen.

In der Buchhandlung stehe ich einmal mehr unschlüssig vor den Neuausgaben. Dafür, dass die Autoren mehr oder weniger unbekannt sind, sind die Bücher unverschämt teuer. Also steuere ich auf das Regal mit den Taschenbüchern zu. Während ich den Kopf mal nach rechts, mal nach links neige, da die Buchrücken nicht einheitlich beschriftet sind, reicht mir die braune Hand mit den Altersflecken Gaby Hauptmann, Suche impotenten Mann fürs Leben.
„Lesen Sie das, das wird Ihnen gefallen!“
„Danke!“
Liest sich gut, der Roman. Ich suche keinen impotenten Mann fürs Leben. Wie kommt der Alte darauf, mir so etwas zu empfehlen? Ich suche keinen Mann. Ist er impotent? ‚Magdalena!’ Ich erteile mir einen Ordnungsruf.
Gerhard hat mir vorgerechnet, dass es Blödsinn ist, noch einmal von vorne anzufangen. Ich werde dabei vier Jahre älter. Mit fünfunddreißig fange ich wieder bei Null an. Was mir das bringt? Ich lasse es beim Lehramt für Grund- und Hauptschulen und habe dafür Freizeit und Muße, Dinge zu tun, die mir Spaß machen, und die ich mir, Harald sei Dank, leisten kann. Ich trage stets aktuelle schöne Kleider. Ich kann verreisen, wohin ich will. Ich will aber eigentlich gar nicht. Ich kann lesen so viel ich will. Ich gehe so oft wie möglich in unser kleines Theater. Ich erfreue
mich meiner Kinder und lasse den lieben Gott einen guten Mann sein. Die Sache mit Harald habe ich ihm verziehen. Es war wohl mehr Haralds Schuld.

Welches Buch kaufe ich mir heute? Ich suche ein Buch, nicht zu dick. Deshalb wiege ich die Bücher in der Hand. Schlafe ich beim Lesen ein, poltert ein leichtes Buch nicht so laut wie ein schweres Buch. Der Alte steht halb vor mir. Schmunzelt er? Ohne mich anzusehen hält er mich ein Buch von der Seite ins Blickfeld: Wolf Haas, Das ewige Leben.
„Ding, Haas, liest sich gut das Ding, ist Ding, ist Österreicher.“
„Danke!“
Ist der Alte immer in der Buchhandlung? Wohnt der da? Hat der dort sein Nachtasyl?

Ein Schüler der achten Klasse ist dreist. Er scheint Weltmeister im Pubertieren zu sein. Der Bursche packt mir doch wahrhaftig im Gewühl an den Hintern. Als ich ihm aus der Drehung heraus eine Watschn verpassen möchte, geht meine Hand ins Leere, weil hinter mir zwei Zwerge aus der zweiten Klasse einher gehen. Hat sich Große, der Feigling versteckt? Warte, Bürschchen, dich erwische ich schon noch! Die Zwerge hinter mir lachen. Haben die mitgekriegt, dass mir hier ein Großer übel mitspielt? Oder ist das...ding? Das ist.... äh, ding! Oder?

Diesmal kommt in der Buchhandlung die Hand mit dem Buch von links. Melissa P., Mit geschlossenen Augen.
„Sie sind über einundzwanzig. Sie dürfen das lesen.“
Ich drehe mich zur Seite und schaue dem Alten direkt ins Gesicht. Er hat lachende Augen.
„Harms, Konstantin Harms.“
„Hocheder,........“
„Magdalena, ich weiß. Angenehm.“
Er drückt mir die Hand, ein warmer, fester Händedruck. Noch ehe ich mich von dem Schreck erholen kann, noch bevor ich mich empören kann:
„Begleiten Sie mich ins Café. Sie haben den Nachmittag frei. Sie gehen anschließend zu Fuß nach Hause. Heute werde ich Sie nach Hause fahren.“
„Aber....?“
„Wenn Sie aus der Buchhandlung kommen gehen Sie nicht zum Parkhaus und nicht zum Parkplatz. Also wohnen Sie in der Nähe. Da Sie es am Donnerstag nie eilig haben, haben Sie frei. So viel weiß ich noch von Ihnen, außer Ihrem Namen!“
Wir haben uns angenehm unterhalten. Herr Harms kann unterhaltsam erzählen. Noch besser kann er zuhören. Ich habe soviel von ihm erfahren, dass ich weiß, dass er Studiendirektor im Ruhestand ist. Fünfundsechzig ist er noch nicht. Er wohnt in Fürstenzell, lebt alleine.
Als er mich vor der Einfahrt unseres Hauses absetzt, sagt er nur:
„Nächsten Donnerstag in der Buchhandlung. Auf Wiedersehen!“
Ob ich da hingehe?
Mir geht es nicht anders als den Schulmädchen der achten Klasse. Ich fiebere dem Donnerstag entgegen. Weshalb? Ich habe keine Verabredung. Eher zufällig treffe ich vermutlich den Alten. Oder gehe ich besser nicht hin? Was bildet der Alte sich eigentlich ein? Oder bildet der sich nichts ein, sondern nur ich mir? Ich müsste Gerhard fragen. Das unterlasse ich aber. Ich bin erwachsen. Ich sollte gar nicht hingehen. Der Alte geht mich nichts an.
Zahnschmerzen nehmen mir die Entscheidung ab. Die Weisheitszähne haben bei mir zu wenig Platz. Ich muss zum Zahnarzt. Dr. Blaser empfiehlt, wenn ich tapfer bin, einen ersten Weisheitszahn oben links zu ziehen. Ich bin tapfer und kann nicht in die Buchhandlung gehen.
Auch eine Woche später habe ich Termin beim Zahnarzt wegen des zweiten Weisheitszahns. Es tut mir leid, Herr Harms, aber ich kann nicht kommen. Weshalb sollte ich den Alten treffen? Er könnte mein Vater sein. Wäre er ein paar Jahre älter, könnte er gar mein Großvater sein.
Ich spinne! Ich sollte den Alten vergessen!

Ein herrlicher März-Tag. Die Sonne scheint. Ich inspiziere meinen Garten, will sehen, wie schön die ersten Frühlingsblumen in meinem Garten blühen.
„Grüß Gott, Frau Hocheder. Wie geht es Ihnen? Waren Sie krank? Ich habe Sie lange nicht gesehen. Haben Sie keine Zeit mehr zum Lesen?“
„Grüß Gott, Herr Harms! Dass Sie sich zu uns herauf verirrt haben?“
„Ich habe mich nicht verirrt. Ich habe mir Sorgen gemacht!“
„Danke für die Anteilnahme. Ich hatte Probleme mit den Weisheitszähnen.“
„Jetzt ist alles wieder gut?“
„Danke der Nachfrage!“
Ich will meinen Weg ums Haus beginnen. Herr Harms geht selbstverständlich mit mir.
„Hübscher Garten, gefällt mir. Haben Sie keine Terrasse? Nur diesen Freisitz?“
„Wir können drinnen Kaffee trinken.“
„Danke für die Einladung.“
Martha legt ein Gedeck mehr auf für meinen Gast.
„Frau Meiringer, unsere Haushälterin. Johannes, mein Sohn. Sarah, meine Tochter. Herr Harms, ein pensionierter Kollege.“
Als weitere Information über Herrn Harms erfahre ich, dass er verwitwet ist, eine lange erwachsene Tochter hat und dass er dreiundsechzig Jahre alt ist, genau doppelt so alt wie ich. Ein netter alter Herr.
Ich muss nicht viel erzählen über mich. Das machen, mehr als mir lieb ist, Johannes und Sarah.
Nach einer Stunde hält Herr Harms die Zeit für gekommen, zu gehen. Ich bringe ihn zur Tür. Ich reiche ihm meine Hand zu Verabschiedung. Statt meiner Hand ergreift er mich ganz. Er umarmt mich, drückt mich fest an sich.
„Auf Wiedersehen, Magdalena!“
„Auf Wiedersehen, Herr Harms!“
Den Rest des Tages bin ich verwirrt, irre ich durch das Labyrinth meiner Gefühle. Seine Umarmung war ein lange vermisstest Erlebnis. Es hat mir besser gefallen, als ich zugeben mag. ‚Magdalena, ein so alter Mann!’ Ich spinne. Ich rede mit mir selbst. Muss ich mich in die Behandlung eines Psychologen begeben?

In der Buchhandlung begrüßt Herr Harms mich mit einer herzlichen, kräftigen Umarmung. Mein Körper reagiert. Ruhe, bitte!
„Ich empfehle Ihnen Feridun Zaimoglu, Leinwand. Das ist ein amüsanter Krimi. Der Autor ist in der Türkei geboren, schreibt aber in Deutsch, ein überraschendes Buch.“
„Danke. Das nehme ich.“
„Am nächsten Donnerstag hole ich Sie zu Hause ab. Wir werden zu mir fahren und bei mir Kaffee trinken. Mein Kaffee ist hervorragend!“
„Vielen Dank für die Einladung!“

Ich hätte nachdenken sollen, bevor ich geantwortet habe. Was soll ich, was will ich bei dem Alten? Andererseits, von dem alten Herren kann ich profitieren. Er war schließlich auch im Lehramt. Dabei wird mir klar, wir haben nicht einen Satz über Schule gesprochen. Er ist erfrischend anders als meine Kollegen. Mit denen kann ich nur, oder fast nur, über Schule sprechen, oder über Kinder. Wenn es nicht die eigenen Kinder sind, über die sie sprechen, dann sind es die Schulkinder. Puhh!
Martha ruft durchs Haus, dass ein Passat vorgefahren sei.
„Martha, ich bin spätestens zum Abendessen zurück.“
„Gute Unterhaltung!“
„Danke!“
Konstantin Harms erwartet mich mit der offenen Autotür in der Hand. Doch, statt dass er mich einsteigen lässt, nimmt er mich zunächst in den Arm, auf eine angenehme, sehr intime Art, wie mir scheint.
„Grüß Gott, Magdalena!“
„Grüß Gott, Herr Harms!“
Auf der Fahrt nach Fürstenzell beschleicht mich Unsicherheit, Angst. Um das zu verbergen, halte ich mich an meiner Handtasche fest. Das gibt mir Sicherheit.
In Fürstenzell halten wir vor einem kleinen gelben Häuschen. Wenn ich die Größe abschätzen soll: es dürfte vollständig bei mir in Flur und im Treppenhaus Platz finden. Innen ist das Haus größer, als es von außen erscheint. Unten sind in der Reihenfolge Bad, Abstellraum, Wohnzimmer, Esszimmer und Küche. Oben Gästezimmer, Schlafzimmer: das ist größer als meines aber niedriger. Er steht rechts hinter mir als er sagt:
„Unser Schlafzimmer!“
Sein Atem streicht unter meinem rechten Ohr über meinen Nacken. Spontan habe ich Gänsehaut am ganzen Körper.
„Das ist ja furchtbar.“
„Wie bitte?“
„Das ist ja furchtbar einsam, wenn Sie ganz alleine darin schlafen.“
„Das ist es.“
Es bleiben noch ein Arbeitszimmer und ein weiteres Bad. Das Arbeitszimmer sieht so aus, als würde darin weiterhin gearbeitet. Er ist doch Rentner?
Im Esszimmer darf ich Platz nehmen, während der Alte in der Küche den Kaffee zubereitet. Das dauert. Was trödelt er da herum? Ist er genauso verkalkt wie seine Kaffeemaschine?
Es gibt Erdbeerkuchen mit Schlagsahne aus der Sprühdose. Er schüttet mir den Kaffee von rechts in die Tasse. Dabei streichelt, einmal mehr, sein Atem meinen Nacken. Die Gänsehaut bleibt aus, Gott Lob!
Ich erfahre etwas über die Tochter. Die leitet ein Hotel in Bad Birnbach. Die Ehefrau verstarb plötzlich und unerwartet nach einer harmlosen Operation im Krankenhaus. Konstantin Harms war den Belastungen seines Berufes nicht mehr gewachsen und ging vorzeitig in den Ruhestand.
„Möchten Sie mir beim Abendessen Gesellschaft leisten?“
„Danke für die Einladung, aber ich habe morgen früh um acht Uhr Dienst.“
Bin ich bescheuert? Er hat mich zum Abendessen eingeladen, nicht zur Nacht!
Um neunzehn Uhr hilft Konstantin Harms mir vor meinem Haus aus seinem Auto. Er nimmt mich in den Arm, drückt mich kurz aber kräftig. Seine warmen und trockenen Lippen streifen flüchtig meine Lippen.
„Gute Nacht, Magdalena. Vielen Dank für den schönen Nachmittag.“
„Gute Nacht,............Konstantin, Herr Harms!“

Das Abendessen schmeckt mir nicht.
„Tut mir leid, Martha. Das liegt nicht an Ihnen. Ich habe zu viel Kuchen gegessen in Fürstenzell.“
Im Bett frage ich: ‚Harald, was soll ich tun?’ ‚Gar nichts. Tu gar nichts. Nur dann wird es gut. Das weißt du doch!’ ‚Danke, Harald!’

In der Buchhandlung begrüßt Konstantin Harms mich wie eine gute alte Bekannte, mit einem gehauchten Kuss. Heute empfiehlt er mir Amelie Fried: Am Anfang war der Seitensprung. Was soll das denn? Ich bin nicht verheiratet, sondern verwitwet.
„Morgen beginnen die Osterferien, Magdalena. Am Dienstag hole ich Sie in Passau, zu Hause ab. Ich regele das mit Frau Meiringer.“
Er regelt das! Ist das gut? Was regelt er? Was gibt es da zu regeln?
„Danke für die Einladung!“
Ich werde krank über das Wochenende. Ich habe Fieber. Ich träume wirres Zeug! Das nicht auch noch!
Endlich Dienstag. Er wird mich abholen. Wann holt er mich ab? Ich habe nicht gefragt danach. Beim Frühstück sage ich es Martha:
„Konstantin Harms wird mich abholen, heute, gleich.“
„Nein, Magdalena, er holt Sie um fünfzehn Uhr ab. Sie haben Zeit reichlich. Warum sind Sie so ungeduldig?“
„Ich weiß es nicht. Tut mir leid!“
„Oh, oh, Magdalena!“
„Was soll das denn nun schon wieder heißen?“
„Ach, nichts!“
Das Mittagessen schmeckt mir nicht.
„Könnte es sein, Magdalena, dass Sie verliebt sind?“
„Ach, Quatsch, in einen so alten Mann!“
„Ihr Schwiegervater war dreißig Jahre älter als ich, als ich mich in ihn verliebt habe.“
„So, so. Das war etwas ganz anderes.“

Als der Passat in die Einfahrt biegt, eile ich die Treppe hinunter, ihm entgegen. Ich warte nicht, bis er mir die Tür öffnet, sondern steige gleich auf der Beifahrerseite ein. Er beugt sich zu mir herüber und gibt mir einen Kuss auf den Mund.
„Grüß Dich, Magdalena!“
„Grüß Dich, Konstantin!“
Auf der Fahrt wird, einmal mehr, meine Handtasche Opfer meiner Unrast.
„Hast Du Angst vor mir?“
„Nicht vor Dir. Vor mir!“
„Du brauchst keine Angst zu haben.“
„Ich weiß.“

Wir trinken Kaffee. Ich helfe ihm beim Abräumen des Geschirrs. So oft er mich berührt, unabsichtlich, so oft gerate ich in Aufruhr. Er zeigt mir seine Bücherwand.
„Die habe ich alle gelesen. Schulbücher und Bücher aus meiner Studienzeit habe ich entsorgt, in die blaue Tonne geworfen. Ich habe viel Zeit zum Lesen, zu viel Zeit.“
„Versorgst du dich allein?“
„Einmal die Woche kommt eine Nachbarin und macht den großen Hausputz. Zum Mittagessen gehe ich meist ins Wirtshaus, zum Mayer.“
„Abendessen machst du dir alleine?“
„Ich darf nur noch zwei Mahlzeiten am Tag einnehmen, wegen des Gewichts, entweder mittags oder abends. Heute gibt es Abendessen bei mir. Ich habe Fisch besorgt, Räucheraal und Räucherlachs.“
„Ich habe noch nie Aal gegessen.“
„Er wird dir schmecken. Hilfst du mir, den Meerrettich zu zubereiten? Ich mag frischen Sahnemeerrettich zum Räucherfisch.“
Es gab Räucheraal, Rächerlachs mit Sahnemeerrettich und Pumpernickel. Dazu einen frischen Riesling. Ein solches Abendmahl habe ich noch nie eingenommen.
Ich habe ihm geholfen den Tisch abzuräumen, die Spülmaschine zu füllen.
Zur Tagesschau setzt er sich aufs Sofa. Ich muss mich dazu setzen, weil ich von einem anderen Platz den Fernseher nicht gut sehen kann.
„Die Tagesschau ist Fixpunkt meines Tagesablaufs. Die muss ich täglich sehen.“
Während der Wetterkarte wendet er sich mir zu. Er dreht meinen Kopf, mein Gesicht seinem zu. Ich bekomme einen Kuss wie seit Jahren nicht mehr. Sanft, aber entschlossen schiebt er seine Zunge zwischen meine Lippen. Er spielt mit meiner Zungenspitze, überprüft anscheinend meine Zähne. Er dringt tiefer in mich ein.
„Bitte, du raubst mir den Atem!“
Er lässt ab von meinem Mund. Statt dessen verirrt sich eine Hand unter meinen Pulli. Oh nein! Oh ja!
Meine Brustwarzen verraten mich. Sie drängen sich ihm entgegen durch den Büstenhalter. Ich habe verloren. Er weiß, dass ich ihm nicht nur keinen Widerstand entgegen setze, sondern dass ich ihn will. Jetzt will ich ihn.
Er erhebt sich. Er zieht mich am linken Arm hoch. Er zieht mich hinter sich her über den Flur, die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer. Dort umschlingt er mich mit unvermuteter Kraft. Er küsst mich. Er drückt mit kräftiger Hand meinen Hintern, meinen Schoß an sich. Ich spüre sein Geschlecht. Er ist erregt, zum Glück, zu meinem Glück.
Er streift mir den Pulli über den Kopf. Es folgt meine Hose. Ich kann gerade noch aus meinen Schuhen steigen. Er nestelt meinen Büstenhalter auf und wirft ihn der Hose nach. Erst streichelt er meine lüsternen Brüste, dann lutscht, küsst, kaut er sie. Ich stehe in Flammen. Mein letztes Kleidungsstück, der Slip fällt. Ich stelle meinen linken Fuß etwas weiter weg vom rechten. Das war gut so. Erst fährt er mit der Hand über meine Schamhaare, dann durch meine Scham, durch meine Pussie. Ich helfe ihm aus der Kleidung. Mit zittrigen Fingern knöpfe ich sein Hemd auf und ziehe es ihm ab. Es bleibt an der Händen hängen. Ich habe die Ärmel, die Manschetten vergessen. Der Hosenbund sitz stramm über dem Bauch. Ich schiebe ihm Hose und Slip auf einen Streich nach unten. Wieder bleibe ich hängen, diesmal an den Schuhen. Er bückt sich, um die Schuhe aufzubinden. Als er sich wieder aufrichtet, traue ich mich nach seinem Geschlecht zu fassen. Es ist warm, hart und groß. Wie lange musste ich darauf verzichten?
Er drängt mich entschlossen ans Bett, ins Bett. Er legt sich neben mich. Er steigt nicht über mich. Er küsst mich, erstreichelt mich, er kost mich. Er setzt mich in Flammen!
„Nur, wenn du es willst, Magdalena!“
„Ich will es, Konstantin, jetzt!“
Er steigt etwas mühsam zwischen meine Beine. Er beugt sich über mich. Er stützt sich auf den Ellbogen ab.
„Hilf mir, Magdalena. Ich fürchte, ich finde den Weg nicht mehr alleine.“
Ich führe das Teil meines unbändigen Begehrens an die Öffnung meiner Scheide. Wunderbar langsam, wie ich es mir nicht besser wünschen kann, schiebt er sein Glied in meine Scheide, in mich hinein. Er verharrt, als sei er erschöpft. Das ist er mitnichten. Ruhig beginnt er mich zu bearbeiten, ruhig, geduldig, lang anhaltend. Wie lange habe ich das entbehrt!
Zu schnell, viel zu schnell reißt es mich hinweg, nicht ihn!
„Oh, mein Gott, Konstantin!“
„Das hat schon seit Ewigkeiten keine Frau mehr zu mir gesagt!“
Ich bin ein Segel im Wind, das sich los zu reißen droht. Er müht sich nach Kräften. Schweiß tropft von seiner Nasenspitze, rinnt von seinem Kinn auf meine Brüste.
„Komm, jetzt!“
Es zuckt. Ich zucke. Er zuckt. Er ergießt sich, erschöpft sich, verströmt sich in mir.
„Konstantin!“
„Magdalena!“
Er sinkt auf mir zusammen. Er ist eine süße Last. Er ist eine Last, unter der ich kaum noch Luft bekomme.
„Bitte, Konstantin, ich bekomme keine Luft mehr!“
Er rutscht erschöpft von mir herunter, bleibt halb auf mir liegen. Ich spüre sein weiches, nasses Glied an meinem Oberschenkel. Hat mir das gut getan!

Ich erwache. Über meinem Kopf an der schrägen Wand spielt goldenes Sonnenlicht. Es ist 7.45 Uhr. Neben mir schläft ruhig Konstantin. Es ist also wahr. Es war kein Traum. Ich habe einen Mann!
Ich hebe so vorsichtig wie möglich sein Federbett an. Ich schiebe mein Hand auf seine Brust. Er schlägt die Augen auf.
„Guten Morgen, Magdalena. Hast du gut geschlafen?“
„Wunderbar. Und du, Konstantin?“
„Wie seit Jahren nicht mehr.
Warum hältst du deine Hand inne? Mach weiter.
Bist du als Mädchen auf einem Pferd geritten?“
„Nein!“
„Würdest du es jetzt wollen?“
Mit der Hand erreiche ich seine Männlichkeit, warm, groß, hart.
„Ja! Auf dir?“
„Bitte!“
Warum hat Joachim mich das nicht einmal gefragt?
Ich bin aufgesessen. Wie gut mir das tut. Ich lasse es ruhig angehen. Er streckt seine Hände nach mir aus, nach meinen Brüsten. Kann er sie nicht erreichen, kann er sich nicht aufrichten, wenn ich auf ihm sitze? Ich beuge mich so weit vor, dass er meine Brüste erreichen kann. Wie ich mich danach sehne. Er tut mir so gut, so viel Gutes!

Nach vollbrachter Tat darf ich zuerst unter seine Dusche, wenn er mir dabei zuschauen darf. Er darf. Als er unter der Dusche ist, darf ich ihm den Rücken einseifen. Da kommt er mit seinen Händen nicht mehr hin. Den Gefallen erweise ich ihm gerne. Als er sich umdreht, kann ich nicht widerstehen. Ich muss seine Männlichkeit anfassen. Er lächelt. Es gefällt ihm. Warum durfte ich das bei Joachim nie? Seine Männlichkeit in meiner Hand rührt sich, schwillt.
„Lass gut sein, Magdalena mehr kann ich vorerst nicht.“
„Sollst du auch nicht, musst du auch nicht.“
In der Küche zeigt er mir Gerätschaften und Zutaten für den Frühstückskaffee. Während ich den Kaffee bereite, holt er Brötchen, Semmeln. Das Frühstück kann ich genießen wie seit Jahren nicht mehr. Kein Zeitdruck, niemand hetzt uns. Er sitzt mir gegenüber. Er lächelt, ist glücklich. Und ich erst!
„Räumst du den Tisch ab, bitte. Ich muss ein Telefonat führen. Ich bin gleich wieder bei dir.“
„Essen wir noch zusammen zu Mittag, oder bringst du mich nach Hause?“
„Ich habe gerade mit Frau Meiringer telefoniert. Sie ist einverstanden, wenn ich dich am Samstagvormittag zurück bringe. Frau Meiringer wünscht uns, wünscht dir alles Gute!“
„Danke! Oh, Konstantin. Magst du mich so gerne?“
„Ich liebe dich, Magdalena.“
„Ich liebe dich, Konstantin!“
„Du musst mich lieben. An meiner Männlichkeit kann es nicht liegen.“
„Sag das nicht, Konstantin. Du musst dein Licht nicht unter den Scheffel stellen.“
„Mein Licht?“
„Deine Männlichkeit! Du bist wunderbar, wirklich!“
„Eigentlich habe ich auch nichts anderes zu tun. Ich habe nur dich zu lieben, sonst nichts.“
„Du bist lieb, Konstantin!“
„Ja!“

Wir haben uns geliebt. Wir lieben uns. Ich fühle mich besser, um Jahre jünger. Auch Konstantin fühlt sich prächtig, wie er mir immer wieder versichert. Aber er nimmt ab durch die Kräfte, die er an mich verschwendet. Dadurch wird sein Gesicht faltiger. Zum Glück bleibt es lieb und sanft.

Ostern verbringe ich mit Martha und den Kindern. Am Dienstag nach Ostern bin ich wieder in Fürstenzell. Wir lieben uns. Wenn wir uns gerade nicht lieben, führen wir Koalitionsverhandlungen. Nicht nur ich, auch Konstantin ist bereit, Alles oder Nichts zu spielen. Im Rahmen der Verhandlungen bekenne ich, gesund zu sein, aber nicht ohne einen geliebten Mann leben zu können. Konstantin bekennt, gelegentlich Herzbeschwerden zu haben und Beschwerden mit der Wirbelsäule. Er könnte vielleicht, möchte aber nicht ohne Frau leben. Am Freitag, nach dem Frühsport, sind wir einig:
Konstantin gibt seinen eigenen Hausstand auf und zieht so bald wie möglich zu mir. Sein Häuschen überlässt er seiner Tochter. Sich überlässt er mir.
Ich muss unbedingt auf den Friedhof, an Haralds Grab. Ich muss Harald berichten, dass ich einen neuen Mann gefunden habe, einen würdigen Nachfolger für Harald. Jetzt kann Harald seinen ewigen Frieden finden. Ich bin versorgt.
Da uns noch einige Tage bleiben, verbringe ich weitere Nächte in Fürstenzell. Im Unterschied zum Kollegen Michlbaur, komme ich entweder aus Fürstenzell oder von zu Hause zur Schule. Der Kollege Michlbaur kommt jeden Morgen aus einer anderen Richtung zum Dienst. Er ist viel beschäftigt.
Was mir noch an Konstantin so gut gefällt? Er mag mit mir spielen. Er mag meinen Körper betrachten, überall, mich streicheln, überall. Wohin seine Männlichkeit nicht reicht, was er mit seiner Männlichkeit nicht erreicht, vollendet er mit seinem Mund, seiner Zunge, mit den Händen, den Fingern. Mein ganzer Leib ist ihm Spielfeld. Was uns unterscheidet? Ich habe einen runden Hintern und einen flachen Bauch. Konstantin hat einen flachen Hintern und einen runden Bauch. Ich bin ihm wichtig als ganzer Mensch. Was bist du für ein Einfaltspinsel, Joachim!
Wir betasten uns gegenseitig am ganzen Körper, überall. Es gibt kein Tabu. Ich genieße es, seine Brührungen am ganzen Leib. Ich liebe es, seinen Körper zu erkunden. Dabei lasse ich mich überraschen von seinen Reaktionen. Konstantin meint, wir hätten in unserer Jugend versäumt, das zu tun, was uns heute so sehr gefällt. Wenn Konstantin nur lange genug sich meinem Körper widmet, mir widmet, bin ich von den Zehen bis zu den Haaren nur erogene Zone. So empfindlich ist Konstantin nicht mehr. Das liegt wohl an seinem Alter.
„Magdalena, wenn du mich öfter als Mann fühlen möchtest, musst du es mir sagen. Ich könnte mir Medikamente besorgen, damit meine Potenz verlässlich ist.“
„Ich weiß, dass es solche Pillen gibt. Bisher habe ich noch nicht einmal das Gefühl gehabt, du hättest sie nötig. Oder hast du, seit wir zusammen sind, einmal eine solche Pille genommen.“
„Bei dir hatte ich die bisher nicht nötig, mein Engel!“
„Hast du früher solche Pillen genommen?“
„Ich bin seit drei Jahren Witwer. Es gab seitdem keine Frau. Weshalb hätte ich die Pillen nehmen sollen?“
„Ich möchte für dich immer so schön und so gut sein, dass du keine Pille brauchst für mich.“
„Du bist schön. Du bist wunderschön, nicht nur wegen deiner Jugend.“
„Bin ich nicht etwas zu mollig. Ich wiege siebzig Kilo.“
„Gemessen an meiner verstorbenen Frau bist du ein Fliegengewicht. Sie war kleiner als du, wog dabei über einhundert Kilo.“
„Oh ha!“
„Sie war, im wahrsten Sinne des Wortes, eine Last.“
„Du hast sie geliebt?“
„Sie hat mich geliebt, wie ich bin. Ich habe sie geliebt, wie sie war! Ich bin kein Adonis mehr.“
„Aber ein Mann, und was für einer.“
„Ehrlich? Ist das deine ehrliche Meinung?“
„Also, du bist nicht so gut erhalten wie ein Mann von dreißig Jahren. Das ginge auch wohl nicht. Doch deine Männlichkeit, und wie du damit umgehen kannst, da können Jüngere von dir lernen.“
„Da bist du sicher?“
„Das habe ich am eigenen Leibe erlebt. Ist es unmäßig, wenn ich mir wünsche nicht nur den Mann zu befriedigen, sondern auch selbst befriedigt zu werden?“
„Das ist dein Recht. Was wäre die Liebe ohne sexuelle Befriedigung?“
„Nichts. Da bin ich mit dir einig. Wenn ich mir jetzt Befriedigung wünschen würde?“
„Auf Gegenseitigkeit?“
„Ja! Sofort! Kannst du mich fertig machen?“
„Auf Gegenseitigkeit!“
„Oh, Konstantin!“

„Magdalena, bist du treu?“
„Weiß ich nicht. Die Frage, die Versuchung hat sich mir noch nicht gestellt.“
„Ach! Das gibt es? Das hätte ich nicht gedacht.“
„Ich bitte dich, Konstantin. Nimm meine Ehe mit Harald, Gott selig. Wir haben uns, so oft uns danach war, sexuelle Befriedigung verschafft. Wie hätte ich da in die Versuchung kommen können, untreu zu sein?“
„Wahrlich! Erst das Bessere ist der Feind des Guten.“
„Bist du in die Versuchung gekommen?“
„Ja!“
„Und?“
„Nichts und! Hin und wieder sexuelle Befriedigung mit einem anderen Partner kann doch nicht Grund genug sein, eine Partnerschaft oder gar Ehe zu beenden!“
„So habe ich das noch nicht gesehen. Unter diesem Gesichtspunkt ist sexuelle Befriedigung kein hinreichender Grund, eine Ehe zu schließen?“
„Notwenig, aber nicht hinreichend. Das soll heißen, dass eine Ehe ohne sexuelle Befriedigung keinen Sinn macht.“
„Sexuelle Befriedigung ohne Ehe aber schon.“
„Sexuelle Befriedigung ist ein Wert an sich.“
„Wir liegen hier im Bett und machen uns tief schürfende Gedanken.“
„Täten wir das im Wohnzimmer, könnten wir nicht so leicht zur Tat schreiten.“
„Schreite zur Tat, bitte.“
„Gerne!“

„Wie sehr liebst du mich, Konstantin?“
„Bis zur Erschöpfung.“
„Das weiß ich. Würdest du dafür Opfer bringen?“
„Ich bringe mich dir zum Opfer.“
„Würdest du mir ein Kind machen?“
„Hast du nicht schon zwei Kinder?“
„Vier Kinder. Du kennst nur Johannes und Sarah. Mit meinem ersten Mann habe ich ebenfalls zwei Kinder, Sarah und Paul. Die leben aber bei ihrem Vater.“
„Ich dachte, du seiest nur einmal verheiratet gewesen?“
„Mit Gerhard war ich nicht verheiratet. Dennoch haben wir zwei Kinder. Die hat Gerhards Frau adoptiert. Dadurch habe ich nur noch zwei Kinder.“
„Du würdest ein Kind von mir haben wollen?“
„Oder zwei.“
„Ich bin alt. Bin ich nicht zu alt? Das Risiko, dass die Kinder nicht in Ordnung sein könnten, ist groß.“
„Das würde der Gynäkologe überwachen. Das weiß ich durch Harald.“
„Du würdest ein Kind von mir wollen?“
„Oder zwei.“
„Aber nicht jetzt sofort?“
„Nein. Aber üben könnten wir schon mal.“
„Liebend gerne, Magdalena!“
„Oh, Konstantin!“

Konstantin zieht zu mir nach Passau. Das wird eine größere Sache. Die Möbel wird er überwiegend in seinem Häuschen zurück lassen. Der Inhalt der Schränke, den Konstantin mitnehmen möchte ist immer noch umfangreich. Dazu ist es erforderlich, in Passau Platz zu schaffen, z.B. im Bücherschrank. Martha, Konstantin und ich kommen zu dem Beschluss, dass wir etliche der Bücher, die noch von Haralds Vater stammen, der Universität anbieten. Dafür verlangen wir kein Geld. Das hätte Harald nicht gewollt.
Konstantin richtet sein Arbeitszimmer in der Bibliothek ein. Ich habe mein Arbeitszimmer gegenüber. So stören wir uns nicht. Konstantin hat sich erboten, mir bei der Korrektur von Hausheften zu helfen.
„Sammele jeden Tag von vier, fünf Schülern die Haushefte ein. Ich sehe die genau durch und mache sorgfältige und ausführliche Anmerkungen darin. Das spornt die Schüler an, ihre Hausaufgaben sorgfältig zu machen.“
Als die Möbelpacker endlich ihr Tagewerk vollbracht haben, bleibt Konstantin nur noch, seine Bücher einzuräumen. Damit kann und will er sich Zeit lassen.
Gegen zweiundzwanzig Uhr kommen wir ins Bett nach einem anstrengenden Tag. Ich lasse die Ereignisse des Tages noch einmal Revue passieren. Als ich mich Konstantin zu wende, ist dieser eingeschlafen. Das war wohl ein bisschen viel für den alten Herren. Kann er es mir heute nicht besorgen, so verschieb ich es auf morgen. Die erste Nacht mit Konstantin in meinem Bett hatte ich mir etwas anders gedacht. Was soll’s?!
Vor dem Frühstück durfte ich mir bei Konstantin holen, was er mir am Abend nicht mehr geben konnte.
„Konstantin, du tust mir so gut.“
„Du mir auch. Danke dafür!“
Konstantin ist überhaupt ein dankbarer Mensch. Ich entsinne mich nicht, je einem Menschen begegnet zu sein, der so oft ‚Danke’ sagt.
Zuweilen bedauere ich in der letzten Zeit, einem Beruf nachzugehen. Ich würde mich nicht langweilen, wäre ich den ganzen Tag mit Konstantin zusammen. Mit ihm, neben ihm habe ich nicht eine Sekunde Langeweile. Noch merkwürdiger ist, in seiner Nähe habe öfter als mir lieb ist, das Bedürfnis nach Liebe und Sex. Im Hinblick auf Konstantins Alter ist es gut, dass ich halbe Tage aus dem Haus muss. Ich würde ihn womöglich überfordern.

„Konstantin, wenn ich dir zu grob bin, zu derb, zu ordinär, zu geil, dann musst du mir das sagen, bitte!“
„Magdalena, Leonore, holder Engel, wenn du ein braves, züchtiges Mädchen wärest, wären wir nicht zusammen, würde ich jetzt nicht neben dir liegen, unter dir liegen. Mit dem Sex ist es bei mir wie mit einem lebenswichtigen Medikament. Ich nehme es seit fünfzig Jahren. In der Jugend brauchte ich geringste Mengen davon für überwältigende Erfolge. Mit den Jahren muss die Dosis stärker sein, um gute Wirkung zu erzielen. Du bist das Medikament in der richtigen Dosierung. Die Wirkung kannst du am eigenen Leibe spüren. Wenn du mit mir im Bett zufrieden bist, dann nur deshalb, weil du die beste Medizin bist für mich. Bleib wie du bist. Ich brauche dich, so wie du bist.“
Ich habe meinen Zossen scharf geritten. Ich habe mich vornüber gebeugt, damit er meine Brüste kneten kann. Ich habe nicht eher Ruhe gegeben bis ich gespürt habe, dass auch er, so gut es geht, in mir gekommen ist. Wenn ich mir besonders viel Mühe gebe, und er besonders gut drauf ist, dann spüre ich, dass sein Sperma kraftvoll spritzt. Das ist jedes mal, wenn es geschieht, ein besonderes Erfolgserlebnis. Das lässt mich hoffen, dass er bereit sein wird, eines Tages, mir ein Kind zu machen. Er ist ein so liebenswerter Mann. Ich möchte ein Kind von ihm.
Meine Eltern haben Probleme mit Konstantin. Vater befindet, dass Konstantin zu alt sei für mich. Immerhin ist Konstantin drei Jahre älter als mein Vater. Mutter sieht das eher von der komischen Seite.
„Ich weiß gar nicht, was du hast, Vater. Mein Mann ist auch nicht viel jünger als der von Magdalena!“
„Mutter, du nimmst mich nicht ernst.“
Mich verwundert, dass meine Eltern sich, wenigstens in meiner Nähe, Vater und Mutter nennen. Johannes und Sarah sagen zu mir Mama und zu Konstantin eben Konstantin. Ich nenne Konstantin beim Vornamen. Er tut es mit mir ebenso.

Konstantin macht mich aufmerksam auf Johannes. Der sei mit seinen zwölf Jahren kein Kind mehr.
„Ich bitte dich, Konstantin, Johannes ist ein Kind.“
„Genau das ist er nicht mehr. Öffne die Augen, Magdalena. Dein Sohn wird erwachsen!“
„Konstantin, wie kommst du darauf?“
„Ich sehe was, was du nicht siehst. Es ist bei Johannes an manchen Tagen überdeutlich in der Hose zu sehen. Du solltest dir eine Gelegenheit suchen, ihn in Augenschein zu nehmen.“
„Nun gut. Mal sehen, vielleicht gelingt es mir am Samstagmorgen.“
„Nach uns, bevor du zum Frühstück gehst.“

Am Samstag bürstet Konstantin mein Pelzchen, kräftig und ausdauernd. Nach dem Duschen und Ankleiden gehe ich hinüber, Johannes zu wecken. Der schläft noch. Ich wecke ihn mit einem zärtliche Kuss auf die Stirn. Er dreht sich auf den Rücken. Sekunden später errötet er, zieht die Beine an und mit den Händen die Bettdecke bis ans Kinn.
„Guten Morgen, Mama!“
„Guten Morgen, Johannes. Hast du gut geschlafen?“
„Klar. Aber warum weckst du mich?“
„Ich wollte sehen... Konstantin sagte mir... Ich glaube, ich habe etwas übersehen in der letzten Zeit. Zeigst du es mir?“
Ich zerre an seiner Bettdecke. Er hält sie kraftvoll fest.
„Aber Mama!“
„Ich bin deine Mutter. Bitte, zeig es mir.“
Widerwillig lässt er die Bettdecke los. Als ich sie weg gezogen habe versucht er mit Händen und Beinen zu verbergen, was ich nicht sehen soll.
„Bitte, Johannes. Das ist nichts Schlimmes. Ich sollte es nur wissen. Wenn ich es weiß, behandele ich dich nicht mehr wie ein Kind, sondern wie einen jungen Mann.“
Sehr zögerlich legt er die Beine ab. Die Erektion unter der Hose ist beachtlich und unübersehbar.
„Bitte, steh auf, stell dich vors Bett, Johannes.“
Peinlich berührt und mit rotem Kopf folgt er schließlich meinen Worten. Er steht vorm Bett und schiebt die Hose soweit herunter, dass ich sehen kann, was er mir verbergen wollte: ein steifer Penis, der weitaus größer und dicker ist als vermutet und am Grund von dunklen Haaren geziert wird. Kindlich ist allein sein schmächtiger, rosiger Körper.
„Danke, Johannes, du bist kein Kind mehr. Du wirst in Zukunft mehr Freiheiten und Rechte haben als Sarah. Danke, dass du so mutig warst, es mir zu zeigen.“
„Die anderen müssen das nicht wissen, bitte, Mama.“
„Konstantin hat es eher bemerkt als ich. Von mir wird es keiner erfahren.“
„Danke, Mama!“
Verspätet kommen Johannes und ich zum Frühstück. Martha und Konstantin begrüßen uns mit der gewohnten Fröhlichkeit. Nur Sarah patzt. Sie sagt einen einfachen Satz:
„Hast du wieder einen Steifen gehabt, Jo?“
„Das geht dich nichts an, dumme Göre!“
„Sarah, das war ungehörig und indiskret.“
„Tut mir leid. Ich sage das nicht wieder.“
„Das wollen wir hoffen. Bleib sitzen, Johannes. Das Thema ist durch!“

Obwohl das Thema durch war, habe ich mir einige Zeit Gedanken darum gemacht. Mein Sohn wird erwachsen, und ich hätte es bald nicht gemerkt. Da dürfte Paul, der ist zwei Jahre älter als Johannes, schon erwachsen sein. Und Sarah I.? Die ist heute schon älter als ich war, als sie geboren wurde! Bin ich schon so alt? Wird sie auch so früh Mutter wie ich? Wir sollten unbedingt wieder einmal nach Karpfham fahren, um zu sehen, wie erwachsen meine ersten Kinder inzwischen sind. Da mache ich mir Gedanken, selbst wieder Kinder zu haben! Es könnte passieren, dass ich eher Großmutter werde, als dass ich erneut Mutter werde.

Ich habe Konstantin zum Einkaufen geschickt. Er hat mehr Zeit als ich. Wenn ich ihm einen Einkaufszettel schreibe, schön in großer Schrift, kauft er mir alles ein, was wir brauchen. Diesmal bleibt aber, zu meiner Verwunderung, nach dem Auspacken in der Kiste ein Päckchen Kondome übrig.
„Konstantin, was willst du mit den Kondomen? Sollen wir demnächst Kondome verwenden? Es geht doch bei uns problemlos ohne.“
„Magdalena, mein Schatz, die sind nicht für uns, sondern für Johannes.“
„Wirklich? Du jagst mir einen Schreck ein. Ist es schon so weit?“
„Wir sollten nicht so lange warten, bis es so weit ist. Dann ist es üblicherweise zu spät. Vorher soll er lernen, wie er mit den Dingern umgeht.“
„Das machst du aber. Ich habe keine Erfahrung mit den Dingern.“
„Das mache ich, keine Sorge!“
Konstantin berichtete mir einige Tage später, dass er mit Johannes geklärt hat, wie und wann er Kondome zu verwenden hat.
„Konstantin, Johannes hat nicht einmal eine Freundin. Was soll er mit Kondomen?“
„Täusch dich nicht!“

Vierzehn Tage später saß Julia bei uns am Mittagstisch, ein reizendes kleines Mädchen. Falsch, völlig falsch. Julia ist ein junges Mädchen, ein liebes Mädchen mit braunen Haaren. Sie lässt mich an mein eigenes Bild von damals denken. Ein Kind ist Julia gewiss nicht mehr, denn unter ihrem Pulli zeichnen sich deutlich die Wölbungen zweier Brüste ab.
Nach dem Essen betont Konstantin, an Sarah gerichtet:
„Wir stören Johannes und Julia nicht!“
„Nein, Koni!“
Während ich mir nackte Körper im Bett ausmale, beruhigt Konstantin mich. Wenn wir in der Schule sind, überprüft er, ob die Kondome noch vollständig vorhanden sind. So lange das der Fall ist, ist nichts geschehen.

Im Mai sitzt Julia am Samstag bei uns am Mittagstisch.
„Ich darf bis morgen hier bleiben. Ihr könnt meine Eltern anrufen.“
„Du darfst gerne bei uns bleiben, Julia, Deine Eltern rufen wir aber trotzdem an.“
„Nur zu. Die haben es mir erlaubt.“
Konstantin meint, den Vater von Julia zu kennen. Es könnte sein, dass er bei Konstantin in die Schule ging. Wir gehen gemeinsam zum Telefon. Ich werde mit der Mutter sprechen, Konstantin mit dem Vater.
Der Vater ging tatsächlich bei Konstantin in die Schule. Die Eltern wissen, was geschehen könnte. Sie sind sich dessen sehr bewusst. Ihnen ist es aber zehnmal lieber, dass es mit einem ordentlichen Jungen wie Johannes geschieht, als mit irgend einem dahergelaufenen Burschen. Außerdem halten sie ein sauberes Bett für einen guten Ort für die Premiere.
Johannes und Julia sind froh, als wir bestätigen, dass Julia die Erlaubnis hat, bei Johannes übernacht bleiben zu dürfen.
Am Montag fehlte zwar ein Kondom, aber es gab keinerlei Hinweise darauf, dass Julia ihre Unschuld verloren hätte. Martha hat sich die Bettwäsche extra genau angesehen. Es gab keine Spuren. In Gedanken lobe ich meinen zurückhaltenden, keuschen Sohn. Konstantin kann diesen meinen Stolz nicht teilen.

In den Pfingstferien konnte ich den Stolz ablegen. Julia kam am Freitagmittag. Am Samstag erbat Johannes neue Bettwäsche, weil es da ein kleines Malheur gegeben hätte. Mir, der Frau, fiel auf, dass Julia am Samstag etwas angestrengt ging. Sie hatte offenbar schwere Beine. Johannes machte den gegenteiligen Eindruck. Er wirkte eher erleichtert.
Am Pfingstsonntag meldet sich Johannes wiederum bei Martha wegen Bettwäsche. Die ermahnte ihn, tadelte ihn:
„Einen oder zwei Tage Pause hättest du Julia schon gönnen dürfen.“
„Hätte ich gemacht, ganz bestimmt. Sie wollte es, sie!“

In der Folgezeit fand sich Julia einmal die Woche bei uns, bei Johannes ein. In der Sommerferien verreiste sie mit ihren Eltern. Danach kam sie nicht mehr zu uns. Johannes war darüber drei Tage betrübt. Peggy, ein Mädchen mit hübschen blonden Locken, tröstete ihn darüber hinweg. Das brachte Martha diesmal aber nur eine Garnitur Bettwäsche außer der Reihe ein.
Peggy kam nach den Sommerferien nicht mehr. Später lernten wir im Abstand von jeweils etwa zwei Monaten alle Mädchen aus der Umgebung von Johannes kennen. Er brachte sie alle mit. Was die an Johannes finden? Er ist ein netter Kerl, sicher. Aber dass sie alle mit ihm ins Bett wollen, verwundert mich schon.
„Was wird das werden mit Sarah, Konstantin?“
„Wenn wir sie ans Haus binden können, werden wir sehen, wen sie mitbringt, wie oft und weshalb. Wir sollten zurückhaltend sein, sonst bekommen wir ihre Freunde nicht zu sehen.“

Konstantin macht mir am 1. Advent beim Mittagessen einen Heiratsantrag.
„Magdalena, wir sollten heiraten.“
Martha freut sich. Johannes grinst. Sarah bemerkt:
„Warum wollt ihr plötzlich heiraten? Ihr poppt doch auch ohne dem schon munter herum.“
„Sarah!“
Johannes kann sich das Lachen nur mit Mühe verkneifen. Konstantin ganz ruhig:
„Wir wollen heiraten, damit wir, deine Muter und ich, ein Kind bekommen, bevor du eines bekommst.“
„Gar nicht wahr,“ Sarah ist sichtlich gekränkt.
„Warum bist du gekränkt, Sarah?“
„Erstens will ich kein Kind. Zweitens hättet ihr uns fragen können.“
„Aber, ich bitte dich, Kind, Konstantin hat gerade gefragt.“
„Ja, dich! Uns hat er nicht gefragt.“
„Sarah, Johannes, Martha, ich frage euch, habt ihr etwas dagegen, wenn ich eure Mutter Magdalena Hocheder heirate?“
„Nein!“
„Wann?“
„Bist du schon schwanger, Mama?“
„Nein!“
„Das wäre geklärt. Ich denke wir heiraten zum Schuljahresende, Ende Juli oder Anfang August.“
„Ich muss erst Gerhard fragen, ob das Auswirkungen auf mein Legat hat.“
Hat es nicht. Das Legat ist an keinerlei Auflagen gebunden. Ich kann also heiraten, wann und wen ich will. Warum bin ich so glücklich? Ich bin geradezu euphorisch. Ich bin so übermütig, dass ich Konstantin vollkommen fertig gemacht habe. Ich war mir dessen eigentlich gar nicht bewusst. Erst als er gebettelt hat, dass es genug sei, wurde mir klar, dass ich Konstantin im Bett hatte. Ich habe im Eifer des Gefechts Konstantins Alter völlig vergessen. Er hat es aber gut überstanden. Er meinte beim Frühstück:
„Du überrascht mich immer wieder, Magdalena. Heute habe ich mir zum ersten mal gewünscht jünger zu sein, um es dir heimzuzahlen.“
Johannes fragt in aller Unschuld:
„Ist Mama so gut?“
„Deine Mutter ist eine Wucht!“
„Sieglinde auch!“
Sarah ergänzt:
„Werde ich auch sein, ja, Mama?“
„Ja, Sarah!“

Wieder ist es Konstantin, der mich aufmerksam macht:
„Sieh dir Sarah einmal genauer an. Sie verändert sich. Sie könnte in die Pubertät kommen.“
„Wie kommst du so plötzlich darauf?“
„Vorgestern kam sie zu mir an den Schreibtisch, sie hat sich an mich gehängt. Sie bat mich, ihre Englisch-Hausaufgabe durch zu sehen.“
„Was ist dir dabei aufgefallen?“
„Sarah riecht wie du.“
„Ist das ein Wunder? Sie wird mein Parfum oder mein Eau de Toilette genommen haben.“
„Nicht das. Sie riecht wie du! Ich will damit sagen, sie entwickelt ihren eigenen Körpergeruch, so sinnlich und erregend wie deiner.“
„Was soll mir das sagen? Verliebst du dich in Sarah? Oder Sarah sich in dich?“
„Bitte, Magdalena, werde nicht eifersüchtig auf deine Tochter. Ich will damit sagen, dass bei Sarah die Pubertät beginnt. Vorher haben Kinder keinen Eigengeruch! Das wollte ich dir sagen, nicht mehr und nicht weniger!“
„Wirklich? Sarah wird erst zehn!“
„Sei wachsam! Sieh sie dir genauer an.“
„Mache ich. Danke!“

Sarah mag mir ihren Körper zeigen. Sie legt sich nackt auf ihr Bett. Ich streiche ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie hat die gleichen schönen Haare wie ich. Ihre Haut ist eine Nuance heller als meine. Sarah ist ein schönes Kind. Ich streiche über ihre Brust. Das erzeugt keine Reaktion bei Sarah und auch keine Reaktion ihrer Brust. So weit so gut. Über ihrer Schamspalte liegt ein Schatten. Ich beuge mich weiter herunter. Das ist unübersehbar ein Fleckchen dunkler, glatter Haare. Die waren dort noch nicht immer. Einen spezifischen Geruch nehme ich nicht wahr. Entweder hat Konstantin sich geirrt, oder nur ich rieche den Geruch nicht, weil er meinem gleicht. Als ich mich wieder aufrichte, sagt Sarah ganz ruhig:
„Es geht los, Mama. Da bist du sprachlos, was?“
„Was geht los?“
„Die Pubertät, meine Pubertät. Ich habe das in Büchern von Papa nachgelesen. Die Haare werden mehr werden, sie werden sich krümmen, die Brüste werden zu wachsen beginnen. Von da an muss ich jeden Tag mit der Menarche rechnen, mit meiner ersten Regelblutung. Gleich danach werde ich mir einen Freund suchen. Den mache ich dann genauso fertig wie du Koni. Der soll dann auch flehen und betteln, dass ich aufhören soll.“
Was soll ich dazu sagen? Ich habe Sarah in den Arm genommen. Ich habe sie fest an mich gedrückt:
„Was auch passiert, Sarah, du bist mein liebes Kind!“
„Ich weiß, Mama!“

Ich werde vierunddreißig. Sarah wird zehn. Konstantin wird fünfundsechzig. Wir heiraten am 25. Juli. Kirchlich heiraten wir nicht. Aber, auf ausdrücklichen Wunsch von Konstantin, bekomme ich zur Hochzeit ein Kostüm aus weißer Seide. Selbstverständlich lässt sich Konstantin ebenfalls einen weißen Anzug schneidern. Ich heirate in Weiß. Wir heiraten in Weiß. Sarah bekommt ein rosé Kleid. Johannes einen schwarzen Anzug. Seine derzeitige Freundin Theresia bekommt ein grünes Kleid. Theresia sieht niedlich aus mit ihrem Karottenkopf, mit ihren echten orangefarbenen Haaren. Martha möchte ein Kostüm in altrosa. Wenn sie es so will?
Zur Hochzeit kommen außerdem meine Eltern, Konstantins Tochter Sabine und, ohne dass ich darum gebeten hätte, Sarah I. und Paul. Paul ist sechzehn und ein stattlicher junger Mann, der genau so groß ist wie Konstantin, nur schmäler. Sarah I. ist eine junge Frau von neunzehn Jahren. Wäre sie nicht meine Tochter, ich würde vor Neid erblassen. Die haben wir damals in Liebe gezeugt, sonst wäre sie nicht so schön. Sie ist groß, größer als ich und wunderschön! Dass der junge Mann an ihrer Seite ihr Bruder ist, können Außenstehende nicht wissen. Die beiden sind ein ‚Traumpaar’. Als die beiden vor dem Rathaus dann noch in einen Mercedes SLK steigen, bleiben einigen Schaulustigen die Mäuler offen stehen. Konstantin und ich fahren mit Martha in unserem Mercedes. Johannes, Sarah II. und Theresia fahren mit meinen Eltern. Konstantins Tochter fährt mit ihrem eigenen Golf.
Bei der Trauungszeremonie hat Konstantin die Standesbeamtin sozusagen ‚durch gewunken’.
„Das hatten wir alles schon. Es ist für uns beide die zweite Ehe. Das können Sie aus den Papieren ersehen. Wir sind nicht geschieden, sondern verwitwet. Machen Sie es kurz.“
Es dauerte dennoch ein halbe Stunde und mehr. Es gab Bilder in Hülle und Fülle. Alle wollten uns gratulieren. Es war beängstigend schön, wunderschön. So heirate ich gerne noch öfter! Hochzeitsgäste nerven, wenn sie mir Ratschläge erteilen, wie ich meine Ehe zu führen habe. Erstens habe ich nicht zum ersten mal geheiratet. Zweitens will ich nicht so leben wie andere. Ich lebe mit Konstantin unser Leben, nicht das der Anderen.

Am folgenden Montag gehe ich zu Haralds Kollegen Dr. Weber. Ich lasse mir die Spirale heraus nehmen. Vorsichtshalber nehme ich Sarah mit. Der Gynäkologe soll sie sich ansehen, damit ich nicht überrascht werde.
Ich kann noch viele gesunde Kinder bekommen. Sarah wird uns vermutlich unbehelligt lassen bis zum nächsten Frühjahr. Sollte ich schwanger werden, wird der Gynäkologe beizeiten eine Fruchtwasseruntersuchung vornehmen, um sicher zu stellen, dass ich bei dem Alter meines Mannes keine Risikoschwangerschaft austrage.

Die Bundestagswahlen nötigen Konstantin Kopfschütteln ab.
„Ich fürchte, die Bundesbürger wollen die dringend notwendigen Reformen nicht. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Je später die Reformen kommen, desto schmerzlicher werden sie.“
„Wird uns das treffen?“
„Uns nicht. Unsere Kinder könnten die Folgen tragen. Mehr Arbeit, weniger Lohn. Wer krank ist bekommt jede erdenkliche Hilfe. Ob aber Achtzigjährige oder gar Neunzigjährige das auch haben müssen, halte ich für überdenkenswert. Sicher ist, wer nicht arbeitet, sollte bescheiden leben, sehr bescheiden leben. Soziale Wohltaten für alle sind heute unbezahlbar. Morgen wird es noch schlechter, weil es immer weniger Erwerbstätige geben wird.“
„Ist die große Koalition gut oder schlecht?“
„Wie gut ist eine Partnerschaft, bei der die Partner sich vorher stets versichert haben, sich nicht zu mögen?“
„Also keine Hoffnung auf Besserung?“
„Die Hoffnung stirbt zu letzt.“

„Mama, wie bekommt man die Vogelgrippe?“
„Sarah, noch ist sie bei uns nicht angekommen.“
„Aber wenn?“
„Wir müssten uns bei Vögeln anstecken.“
„Beim Vögeln?“
„Sarah, du solltest besser zu hören: bei Vögeln!“
„Wenn wir uns anstecken würden beim Vögeln, hätte Johannes längst die Vogelgrippe.“
„Aber Sarah!“
„Ist doch wahr. In den Ferien vögelt er mindestens jeden zweiten Tag.“
„Selbst wenn es so sein sollte, hat es dir egal zu sein, Sarah!“
„Darf ich auch, wenn ich kann, so oft ich will?“
„Was willst du?“
„Nächstes Jahr, wenn ich meine Regel habe, möchte ich auch in den Ferien ganz viel vögeln.“
„Von mir aus. Und mit wem?“
„Weiß ich doch heute noch nicht. Aber ich dürfte, wenn ich wollte?“
„Ja, wenn du kannst.“
„Werden wir ja sehen!“

Ich bin schwanger. Konstantins Freude ist übergroß.
„Ein Engel, Leonore ,meine Leonore, geliebtes Weib! Wenn es ein Mädchen wird, soll es Leonore heißen.“
„Nach wem? Gibt es, gab es in deiner Vergangenheit eine Leonore?“
„Magdalena! Ludwig van Beethoven komponierte Fidelio. Das ist, unter anderen Themen, eine Liebesgeschichte. Leonore befreit ihren geliebten Mann Florestan. Dazu schrieb Beethoven zauberhafte Arien. Wenn es dir recht ist, soll unsere Tochter Leonore heißen. Wird es ein Sohn so soll er Florian heißen, weil Florestan sich zu antiquiert anhört. Ich mag Namen mit Bedeutung. Schließlich hat dein Vorname auch Bedeutung: Magdalena! Im Neuen Testament ist dein Name zu finden.“
„Ich weiß, Konstantin. Ich trage meinen Namen schon so lange, dass ich es weiß.“
„Du bist einverstanden mit Leonore und Florian?“
„Ich würde auch Florestan akzeptieren, Konstantin.“
„Danke, holder Engel, Leonore!“
Nach dem Sommerferien geht auch Sarah aufs Adalbert-Stifter-Gymnasium. Sie freut sich darauf. Johannes wird von Theresia verlassen. Das scheint ihn zu treffen. Er bleibt lange ohne Freundin, wenigstens bringt er keine mehr nach Hause. Dafür bringt Sarah im Oktober erstmals einen Freund mit, ein freundlicher Junge aus der sechsten Klasse, ein Kind.
Mein Kind entwickelt sich prächtig. Es wird, wie Konstantin es sich gewünscht hat, ein Mädchen. Am liebsten würde Konstantin schon heute die Babyausstattung kaufen. Davon kann ich ihn abhalten. Außerdem haben wir, habe ich noch verschiedene Strampler und Kleidchen von Sarah. In einem großen Haus ist es leicht, diese Dinge aufzubewahren.

In den Weihnachtsferien beginnen bei Johannes wieder die Mädchen-Besuche. Dem Vernehmen nach gehen sie alle mit ihm ins Bett. Dabei kam es einmal mehr zu Blutflecken im Bett. Was hat der Junge, dass ihm die Mädchen nicht widerstehen? Oder kann er den Mädchen nicht widerstehen? Ich weiß es nicht. Konstantin macht sich darüber keine Gedanken.
„Magdalena, die Sexualität ist ein Vergnügen, das kostenfrei ist, das so, wie Johannes es lebt, nicht zu vermarkten ist. Gönnen wir ihm und den Mädchen das Vergnügen. Oder wäre es dir lieber, er hinge mit Gleichaltrigen auf der Straße herum, würde gar rauchen und Alkohol trinken, oder noch schlimmer, Drogen probieren? Ich halte Sex für unbedenklicher. Das Vergnügen ermöglicht uns die Natur. Das schadet der Gesundheit nicht.“
„Es dient der Gesundheit, wie wir , wie ich an dir sehen kann.“
„Also gönnen wir es den Kindern.“
„Nimm das nicht auf die leichte Schulter, Konstantin. Was tun wir, wenn Johannes oder Sarah mit einem Kinderwunsch kommen?“
„Wir werden sehen. Sollten sie nicht zu jung sein, werden wir gemeinsam beraten, was sein soll und was sein darf. Noch ist Martha da. Sollte Martha nicht mehr wollen oder können, nimmst du dir eine Auszeit für deine Kinder oder Enkel.“
„Ich weiß nicht, Konstantin.“
„Welche Bedenken hast du? Wirtschaftliche Bedenken brauchst du nicht zu haben.“
„Wenn ich zu lange aus dem Dienst ausscheide, verpasse ich den Anschluss. Das würde mir Sorgen bereiten.“
„Wir entscheiden das einvernehmlich, wenn sich die Frage stellt.“
„Hoffentlich nicht so bald!“

Im April werde ich entbinden. Da ich sehr stark geworden bin in den letzten Wochen, dürfte es ein großes, schweres Kind werden. Konstantin meint sich zu erinnern, dass seine Mutter gesagt hätte, er sei neunundfünfzig Zentimeter groß gewesen bei der Geburt. Da würde es ihn nicht verwundern, wenn Leonore ebenfalls ein großes Kind würde.
Und wie groß Leonore war bei der Geburt: siebenundfünfzig Zentimeter lang und 4120 Gramm schwer. Da ich ein ‚gebärfreudiges Becken’ habe, gab es keine Komplikationen.
Die gab es zu Hause, ausgerechnet in den Tagen als ich in der Klinik liege mit Leonore.
Sarah bekommt ihre erste Regel. Dabei soll sie so aus dem Häuschen gewesen sein, dass Konstantin befürchtete, sie würde auf den Exerzierplatz gehen, um es allen Leuten zu zeigen. Das konnte Konstantin verhindern. Sarah musste unbedingt zu mir in die Klinik kommen, um mir zu beweisen, dass es stimmt, dass sie ihre Regel bekommen hat. Dazu lässt sie vor mir, vor meinem Bett die Hosen herunter. Das Fleckchen Schamhaare rechtfertigt die Menarche. Sarah zieht den Tampon aus der Scheide und präsentiert ihn mir:
„Siehst du, Mama, da ist Blut.“
Konstantin konnte verhindern, dass sie den verschmutzten Tampon wieder in die Scheide steckt. Konstantin hat vorsorglich Tampons in der Tasche. Er nimmt Sarah den gebrauchten Tampon ab und gibt ihr einen frischen.
„Stets einen sauberen Tampon nehmen, Sarah. Sonst könnte es sein, dass du unangenehm riechst.“
„Danke, Koni.
Mama, mein erstes Kind soll auch ein Mädchen sein.“
„Leonore ist nicht mein erstes Kind.“
„Ach ja. Trotzdem, mein erstes Kind soll ein Mädchen sein.“
„Wenn du es dir ganz stark wünscht, wird der Wunsch in Erfüllung gehen.“
„Wann kommt ihr nach Hause, Mama?“
„In zwei Tagen. Zu lange halte ich es hier nicht aus. Ihr fehlt mir. Es ist langweilig im Krankenhaus.“

Ich nehme den gesetzlichen Mutterschutz in Anspruch, mehr nicht. Martha nimmt mir mit Freuden Leonore ab. Mit Johannes und Sarah hat sie so viel nicht mehr zu tun, weil die jungen Leute ihre eigenen Wege gehen, zunehmend.

In den Sommerferien läutet bei uns an der Tür Egon, eine Knabe, der zu Sarah möchte. Er ist ein nettes Kind. Er ist uns willkommen.
Als Sarah mit Egon nach oben verschwunden ist, tadelt mich Konstantin:
„Ein netter Junge, ein Kind! Magdalena, wo schaust du hin? Schaust du auf die Ohren und auf die Füße? Schau deine eigene Tochter an. Wenn du ihr in die Augen schaust, siehst du, dass sie kein Kind mehr ist. Außerdem beginnt sich bei Sarah das T-Shirt zu füllen.“
„Aber bei dem Jungen....“
„Schau auf die Hose. Du schaust mir doch auch auf die Hose. Sonst wüsstest du doch nicht, dass ich einen flachen Hintern habe. Bei Egon eben war nicht zu übersehen, dass er etwas in der Hose trägt, dass zu keinem Kind passt.“
„Du hast nicht etwa einen flachen Hintern, Konstantin, du hast gar keinen Hintern.“
„Und vorne?“
„Nun ja, da kann ich schon ahnen, erkennen, wo deine Männlichkeit sich befindet.“
„Genau die konnte ich bei Egon sehen. Daraus schließe ich, dass er kein Kind mehr ist.“
„Was machen wir jetzt?“
„Darauf vertrauen, dass Egon ein Kondom nimmt, wenn es sein muss. Ich habe Sarah das erklärt und ihr einen Vorrat gekauft.“
„Danke dir, Konstantin. Das habe ich bei Sarah, wie bei Johannes, schon wieder verpasst. Ob ich das einmal früh genug schaffe, wenigstens bei Leonore?“
„Wir lernen nie aus. Du wirst es auch noch lernen. Spätestens bei Florian wirst du es früh genug und richtig machen.“
„Ich werde gleich nächste Woche beginnen, Leonore darauf vorzubereiten. Wenn ich früh genug beginne, kann ich es nicht vergessen.“
„Ich fürchte, unser kleiner Sonnenschein wird es nicht verstehen.“
Sonnenschein sagt Konstantin deswegen, weil Leonore helle Haare hat. Vermutlich wird sie blond wie ihr Vater.

Martha kommt mit Bettwäsche in der Hand zu mir.
„Magdalena, sehen Sie sich das an!“
„Das ist ein Fleck, ein weißlicher Fleck.“
„Das ist Sperma!“
„Johannes wird fünfzehn. Da ist das nicht weiter verwunderlich.“
„Dies ist Bettwäsche von Sarah!“
„Oh!“
„Es wird Zeit, dass Sie Sarah aufklären!“
„Mache ich, sofort. Danke, Martha!“

Ich gehe hinauf zu Sarah:
„Sarah, wir müssen reden.“
„Worüber?“
„Über Jungs!“
„Ach so.“
„Du weißt, das Sperma der Jungen ist gefährlich. Wenn es auch nur in die Nähe deiner Scheide kommt, könntest du schwanger werden.“
„Ich weiß, Mama.“
„Und neulich mit Egon, das Sperma?“
„Das habe ich nur an die Hand bekommen. Schau, meine Hand wird nicht dicker.“
„Ihr habt es nicht miteinander gemacht?“
„Nein! Wir wollten es beide noch nicht.“
„Gut so. Wenn ihr es beiden wollen solltet, dann musst du sehr, sehr lange vorher schmusen, streicheln, küssen und kosen. Erst wenn du ganz locker bist und deine Pussie ganz nass ist, dürft ihr daran denken, es zu versuchen.“
„So weit waren wir noch nicht.“
„Wenn du Angst hast, bist du verkrampft. Je mehr du verspannt bist, desto eher tut es weh. Hast du Angst davor, verkrampfst du dich noch mehr. Du darfst nie die Luft anhalten. Du musst immer, was auch geschieht, weiter atmen. Dann bleibst du locker. Wenn du ausatmest, entspannst du dich am ehesten.“
„Dann darf er mich stechen?“
„Wenn ihr beide es wollt. Wenn du ganz entspannt bist. Nur so wird es dir beim ersten mal gefallen. Nur so wirst du Freude daran haben.“
„Ich werde es mir merken, Mama!“
„Wirst du es mir sagen, wenn es passiert ist?“
„Ich glaube schon, Mama!“
„Danke, meine Große.“
„Bin ich nicht mehr deine Kleine?“
„Das ist jetzt Leonore. Du bist ab sofort meine Große.“
„Danke, Mama!“

In den Sommerferien bekam Sarah zwar gelegentlich Besuch von Egon. Es geschah aber offensichtlich nichts. Bin ich froh darüber? Soll ich es verhindern? Muss ich es verhindern? Darf ich es zulassen? Konstantin beruhigt mich:
„Verhindern kannst du es nicht. Was ist dir lieber? Wenn sie es auf der Ladefläche eines Kombis erstmals erlebt, oder hinter einer Hecke, oder im Stehen an einer Hausecke, oder in einem schönen Bett?“
„So gesehen hast du recht, Konstantin. Verhindern können wir es nicht. Ich glaube, ich will es auch nicht verhindern.“
„Gut so, mein Engel!“
Sarah ließ sich Zeit bis zu den Allerheiligen-Ferien. Es war kaltes ungemütliches Wetter. Sie brachte Egon an, gleich nach dem Mittagessen. Zur Kaffeestunde sahen wir sie wieder. Sie hatte rote Wangen und glänzende Augen, ebenso Egon. Während Egon ging wie John Wayne in seinen besten Filmen, ging Sarah, als hätte Egon ein Stück in ihrer Scheide vergessen.
Wir gaben uns alle Mühe, uns nichts anmerken zu lassen, bis auf Johannes. Der stellte trocken fest:
„Glückwunsch, Sarah. Jetzt hast du es hinter dir!“
Sarah schwieg dazu. Egon bekam einen hochroten Kopf, sagte aber ebenfalls nichts. Ich habe Johannes mit Blicken getadelt. Er schwieg daraufhin, zum Glück. Damit das Schweigen nicht peinlich wurde, erzählte Konstantin von seiner aktuellen Lektüre: Heinrich Böll, Ansichten eines Clowns. Johannes hat das Buch anscheinend auch gelesen.
„Sarah, das musst du lesen. Darin kommt genau das vor, was du gerade hinter dir hast.“
„Johannes!“
„Blödmann! Komm, Egon, wir gehen!“
Neue Bettwäsche brauchte Sarah nicht, nur ein sauberes Handtuch. Das kluge Kind hatte sich anscheinend ein Handtuch untergelegt und so das Bett verschont von Blutflecken.
Am Donnerstag bin ich mit Sarah zum Gynäkologen. Er untersuchte Sarah und befand:
„Die Spirale kann ich befürworten. Die körperliche, die organische Entwicklung ist weit genug fortgeschritten. Die Anti-Baby-Pille wäre sicher das falsche Mittel. Sie handeln genau richtig, Frau Hocheder.“
„Mama, kann ich jetzt immer, auch ohne Kondom?“
„Du könntest, du musst aber nicht!“
„Ich weiß! Muss ich dabei etwas beachten?“
„Unbedingt: was in die Scheide hinein kommt, kommt auch wieder heraus!“
„Klar! Ist bei dir auch schon heraus gekommen, zum Beispiel Leonore.“
„Das auch. Ich dachte aber an das Sperma. Das kommt ebenfalls wieder heraus. Das riecht, wenn es in deiner Scheide war. Das riecht dann noch stärker, als es sowieso schon riecht. Deshalb musst du es dir nach jedem Verkehr ausspülen.“
„Verkehr ist ein Scheiße Ausdruck, Mama!“
„Ich weiß. Wie nennst du es?“
„Nach jeder Nummer!“
„Klingt auch nicht viel besser.“
„Nach jedem Kontakt, besagt alles oder nichts.“
„Ist mir egal, wie du das nennst. Denke nur daran, dass außer euch beiden niemand riechen muss, was ihr gerade getan habt.“
„Nur, wenn ich ein Kind will, dann darf ich es drin lassen.“
„Bis dahin fließt noch viel Wasser den Inn herunter.“
„Klar, Mama!“
„Was wirst du jetzt machen?“
„Wilfried anrufen.“
„Warum nicht Egon?“
„Der ist mir zu kindisch.“
„Ach so!“
Wilfried ist offensichtlich älter als Egon, zumindest reifer. Die beiden bleiben den ganzen Nachmittag oben in Sarahs Zimmer. In Gedanken wünsche ich Sarah viel Vergnügen.

Leonore entwickelt sich prächtig. Sie ist ein lebhaftes, aber handsames Kind.
Im Februar stille ich ab.
Johannes hat Liebeskummer. Er verrät mir nicht, um welches Mädchen es geht. Er bleibt erstaunlich oft allein. Sarah ist sehr zurückhaltend im Umgang mit ihrer Sexualität. Mehr als zwei- oder dreimal im Monat hat sie selten einen Jungen zu Gast.

Im April bin ich erneut schwanger. Konstantin freut sich so überschwänglich, dass sein Herz Kapriolen schlägt. Der Notarzt muss ihn ins Krankenhaus bringen lassen. Dort bekommt er einen Herzschrittmacher. Nach fünf Tagen ist er wohlbehalten und guter Dinge wieder zu Hause.
„Konstantin, jage mir nicht noch einmal einen solchen Schrecken ein. Du weißt, ich habe Harald damals sehr plötzlich verloren.“
„Ich tue es nicht wieder, Magdalena. Ich möchte mein zweites Kind mit dir noch heranwachsen sehen.“

In der Schule werde ich von Kolleginnen blöd angeredet. Was ich mit einem derartig alten Mann will. Der würde doch nicht mehr erleben, dass meine, dass seine Kinder erwachsen werden.
„Frau Weigerstorfer, die Tage, Monate, Jahre mit meinem Mann Konstantin sind eine wunderbare Zeit. Davon möchte ich nicht einen Tag missen. Ich lebe heute! Warum soll ich nicht heute Lust und Liebe genießen, nur weil ich nicht weiß, wie lange uns der Herrgott diese Liebe lässt?“
„Wenn Sie das so sehen?“

Am Donnerstag gehe ich nicht, wie geplant, mit Konstantin in die Buchhandlung. Ich fühle mich nicht besonders gut. Ich lasse Konstantin allein gehen. Durch diesen Umstand werde ich Ohrenzeuge, absolut zufällig. Ich versichere, ich habe nicht und nirgendwo gelauscht. Ich werde Ohrenzeuge einer ziemlich wüsten Begegnung in Sarahs Zimmer.
Zwischen heftigen Geräuschen, vermutlich vom Bettgestell, höre ich Wehklagen und Jammern. Eine mir unbekannte Stimme fleht im Falsett um Gnade, in Ruhe gelassen zu werden.
‚Sarah, Sarah, was machst du da!’ Ich habe Jahre gebraucht für diese Erfahrung. Sarah braucht dafür nur Monate. Wie finde ich denn das?
Beim Abendessen frage ich Sarah:
„Was hatte das zu bedeuten, heute Nachmittag?“
„Eigentlich nichts. Josef hat geglaubt, er könne mich fertig machen. Das glaubt er jetzt nicht mehr!“
Johannes möchte es genauer wissen:
„Was hast du gemacht, Sarah? Wie hast du das gemacht?“
„Das werde ich dir nicht erzählen. Das kann ich dir nicht erzählen. Schick mir deine Freundin vorbei. Der kann ich das erklären. Die wird es dir dann vormachen.“
„Ja, ja!“

Josef wurde nicht mehr gesehen bei uns. Dem war es wohl zu viel geworden, was Sarah mit ihm gemacht hatte. Dafür tauchte in den Pfingstferien die Karotte, also Theresia wieder auf. Von Stund an war Johannes wie ausgewechselt. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er Theresia liebt.
„Theresia ist ein wirklich nettes Mädchen.“
„Gefallen dir ihre roten Haare auch, Mama?“
„Die roten, eher orangenen Haare finde ich aller liebst, Sarah.“
„Da musst du erstmal ihre Schamhaare sehen. Die sind goldgelb.“
„Hast du die schon gesehen?“
„Wir trafen im Bad zusammen. Es ließ sich nicht vermeiden. Wir wollten im Bad das gleiche, unsere Scheide ausspülen.“
„Mach mich nicht schwach. Nimmt Johannes kein Kondom mehr?“
„Das weiß ich nicht. Da musst du ihn schon selbst fragen, Mama!“
„Johannes, könnte es sein, dass du bei deinen Mädchen kein Kondom mehr benutzt?“
„Bei Theresia ist das nicht nötig. Theresia hat eine Spirale. Mit anderen Mädchen schlafe ich sowieso nicht mehr.“
„Ah ha!“

In der letzten Zeit habe ich Probleme mit Konstantin. Er hört schlecht. Ich muss ihn jeweils erst ansprechen. Wenn er mir dann seine Aufmerksamkeit zuwendet, darf ich anfangen zu reden. Spreche ich vorher, versteht er mich nicht. Das ist, besonders, wenn ich es eilig habe, sehr lästig. Ich mag Konstantin aber nicht auffordern, sich ein Hörgerät zu kaufen. Da muss er alleine drauf kommen. Abgesehen von den Ohren, ist Konstantin gut drauf. Er ist sehr aufmerksam. Er sieht viel mehr als ich, besonders bei den Kindern. Ich sehe nicht so genau hin. Das kann ich mir in der Schule nicht leisten, weil ich die Zeit nicht habe. Zu Hause sollte ich die Zeit eigentlich haben, aber die Gewohnheit lässt mich nicht genau hinschauen.

Konstantin würde sich sehr freuen auf einen Sohn von mir. Leider trage ich keinen Jungen unter dem Herzen, sondern wiederum ein Mädchen. Konstantin ist einen Tag lang ratlos. Er hätte sich Florian gewünscht. Jetzt kramt er in seinen Erinnerungen nach einem gefälligen Mädchennamen.
„Magdalena, ich habe alle Liebespaare der Literatur durchsucht. Fündig geworden bin ich bei Herrmann und Dorothea. Wenn du einverstanden bist, soll das Mädchen Doris heißen.“
„Gerne, Konstantin. Sollte doch noch ein Junge folgen ....“
„.... nennen wir ihn Florian.“
„Ja, Konstantin!“

Martha fällt aus. Sie hat Unterleibsprobleme. Sie muss in die Klinik. Ich muss mir in der Schule Sonderurlaub nehmen, um für die Kinder, besonders für Leonore, da zu sein. Es kann auch nicht schaden, wenn ich für Sarah und Johannes da bin. Konstantin kann gut alleine sein. In der letzten Zeit beginnt er Erinnerungen an seine Schulzeit nieder zu schreiben. Ich darf das lesen. Dabei werde ich überrascht. Er schreibt nicht über seine Schulzeit als Lehrer. Davon hätte ich profitieren können. Er schreibt über seine Schulzeit als Schüler. Das liegt sechzig Jahre zurück.
„Ganz kann ich mir das auch nicht erklären, Magdalena. Ich beobachte nur, dass mir seit einigen Wochen Ereignisse einfallen, die fünfzig und mehr Jahre zurück liegen. Dafür fehlen mir in der Erinnerung Jahre aus meiner Zeit als Lehrer. Ich sollte dazu einen Psychologen befragen. Es könnte sich um einen spezifischen Alterungsprozess handeln. Ich hoffe nicht, dass das erste Anzeichen von Altersdemenz sind oder gar von Alzheimer.“
„Das ist mir egal, Konstantin. Ich liebe dich wie du bist.“
„Das sagst du liebevoll. Dahinter steckt aber doch Problematik. Darum sage ich dir hier und heute, Magdalena: ich möchte nicht um jeden Preis und nicht in jedem Zustand leben. Sollte ich kein menschenwürdiges Leben mehr haben, dann lass mich menschenwürdig sterben!“
„Oh, bitte Konstantin, du sollst nicht an den Tod denken.“
„Magdalena, mein Engel, der Tod wird mich nicht schrecken, sollte er an meine Tür klopfen. Ich hoffe, er wird sich noch Zeit lassen für sein Treffen mit mir. Unübersehbar ist aber, schon beim Blick auf den Kalender, dass die Begegnung mit Gevatter Tod nicht in endlos weiter Ferne liegt. Ich muss leben mit der Gewissheit des Todes.“
„Verzeih mir, Konstantin, aber das macht mir Angst. Versprich mir, dass du das Thema nicht anschneidest, so lange Doris nicht geboren ist. Ich möchte nicht, dass Doris mit weißen Haaren geboren wird, weil ich zu viel an den Tod gedacht habe.“
„Ich verspreche es dir, Magdalena!“

Sarahs sexuelle Abenteuerlust nimmt erfreulich ab. Es vergehen Wochen, in denen sie nicht einmal Besuch bekommt von einem Burschen.
Johannes führt schon fast ein eheähnliches Leben mit Theresia. Theresia verbringt, mit Einverständnis ihrer Eltern, fast jedes Wochenende bei uns. Unter der Woche gehen die beiden ihre eigenen Wege. Auf diesen Wegen trifft Johannes aber keine Mädchen mehr. Das gefällt mir.

Doris wird am 24. Januar geboren. Sie ist dunkelhaarig, 3330 Gramm schwer und vierundfünfzig Zentimeter lang. Konstantin ist glücklich. Die Hebamme meint:
„Beim zweiten Kind verläuft die Entbindung stets reibungslos, Frau Hocheder.“
Ich korrigiere die Hebamme:
„Das ist mein viertes Kind!“
Konstantin lacht kurz auf. Diesmal korrigiert er mich:
„Magdalena, du hast Sarah und Paul vergessen. Doris ist dein sechstes Kind!“
Wir lachen von ganzem Herzen. Die Hebamme schaut eher dümmlich. Soll sie. Sie kann es nicht besser wissen.

Leonore lernt laufen und sprechen. Sarah macht sich gut in der Schule. Ein fester Freund ist nicht in Sicht. Lediglich Johannes wälzt den Gedanken, ob er nicht Theresia heiraten könne. Konstantin muss viel Zeit opfern, um ihm dies auszureden.

Martha ist völlig wieder hergestellt. Sie hat mit Leonore und Doris so viel zu tun, dass sie bittet, eine Putzfrau oder ein Hausmädchen oder sonst etwas in der Art, einzustellen. Konstantin hat die Idee, ein Au-pair-Mädchen zu engagieren. Das gelingt.
Johannes verwendet viel Zeit und Mühe darauf die Ungarin in sein Bett zu locken. Es dauerte an die drei Monate, bis sie ihm schließlich nach gab. Das wurde eine bittere Erfahrung für Johannes, aber auch für Julia. Julia hoffte, in Johannes einen Freund, einen Mann fürs Leben gefunden zu haben. Johannes sah das naturgemäß anders. Dafür wurde er von Theresia bestraft. Die ließ sich erst wieder blicken, als Johannes ihr versprochen hatte, dass er sich nicht nur bei Julia entschuldigen muss, sondern dass er Julia auch zu helfen hat. Julia soll so gut Deutsch lernen, dass sie einen netten jungen, deutschen Mann kennen lernen kann. Erst dann wird Theresia ihm endgültig vergeben.
Das zog sich. Johannes hatte manche Deutschstunde zu erteilen. Ein Ende war nicht abzusehen. Das kam völlig überraschend von Julias Seite. Sie brachte eines Tages vom Einkaufen Bela mit, einen netten Ungarn. Als Julia uns verließ, ging sie mit Bela zurück nach Ungarn. Theresia beendete ihren Kleinkrieg mit Johannes.
Sorgen? Haben wir eigentlich keine. Lediglich Konstantin erschreckt mich manchmal. Eine einfache Erkältung nimmt ihn sehr mit. Ärgerlich werde ich, als Sarah daher kommt, mit fünfzehn, und verlangt, sie möchte ein Kind haben von Walther.
Konstantin holt mich auf den Boden der Tatsachen zurück und rechnet mir vor, dass ich mit fünfzehn schon Sarah I. entbunden hatte. Ich bin draußen aus der Diskussion mit Sarah II. Das muss Konstantin alleine erledigen. Er ist sehr geduldig. Nach zwei oder drei Tagen hat Sarah ihren derzeitigen Kinderwunsch aufgegeben. Ich gratuliere Konstantin zu dem Erfolg.

Mit Konstantin geht es im Bett nicht mehr so richtig gut. Das liegt an den Herz-Medikamenten, die Konstantin nehmen muss. Er bemüht sich zwar redlich, aber die Erfüllung mag sich nicht wirklich einstellen. Das tut mir leid für Konstantin. Ich würde ihm so gerne Gutes tun.
Ich muss Dr. Regina Balbus befragen. Die ist Fachärztin für Männerprobleme. Hoffentlich weiß die Rat.
Eher widerwillig fährt Konstantin mit mir zu Frau Dr. Balbus. Diese untersucht ihn. Sie erklärt uns, dass wir wählen könnten zwischen Skylla und Karybdis. Lässt Konstantin die Herzmittel weg, könnte sich seine Potenz bessern, aber seine Herzleistung würde abnehmen. Greifen wir zu den bekannten Potenzmitteln, würde das die Potenz sicher steigern, aber das Risiko eines Herzkollaps stark erhöhen. Frau Doktor empfiehlt uns, es so zu lassen wie es ist. Als Konstantin sich anzieht, flüstert Frau Dr. Balbus mir zu:
„Je mehr Sie ihn sexuell fordern, desto länger werden Sie Witwe sein! Überlegen Sie sich das gut!“
„So oder so ohne Mann! Ich weiß nicht, ob ich das aushalte.“
„Das müssen Sie mit ihrem Mann klären. Die Entscheidung kann ich Ihnen nicht abnehmen, Frau Hocheder.“
„Danke, Frau Doktor!“

Konstantin ist so lieb zu mir. Er möchte mir helfen. Ich mag ihn um nichts bitten, dabei würde ich ihn so dringend brauchen. Öfter als einmal weine ich in mein Kopfkissen, wenn Konstantin mich zwar streichelt und küsst und kost, er mir aber keine Erlösung verschaffen kann.
Konstantin macht mir ein Angebot, dass ich zu schätzen weiß:
„Magdalena, damit du nicht vollkommen zu kurz kommst, lasse ich mir von Dr. Marzodko Levitra verschreiben. Die nehme ich einmal oder zweimal im Monat. Das schadet mir nicht, und dir wird es hoffentlich nützen.“
„Was ist Levitra? Ist das ein anderes Herzmittel?“
„Das ist ein schnell wirkendes Potenzmittel. Nehme ich das ein- oder zweimal im Monat, wird es mir nicht schaden, dir aber helfen.“
„Danke, Konstantin, dass du das mir zu liebe tust.“
Die Wirkung ist unglaublich. Nimmt Konstantin diese Pille, hat er nach einer halben Stunde eine ganz vorteilhafte Erektion. Diese hält lange an. Konstantin muss gar nichts tun. Es strengt ihn zu sehr an, würde er sich auf mir mühen. Ich übernehme gerne den aktiven Part. So kommen wir beide zu wenigstens einem zutiefst befriedigenden Orgasmus. Ich kann mir ohne weiteres auch einen Nachschlag holen. Das fordert Konstantin nicht heraus. Er muss nicht kommen. Aber ich kann ein zweites mal kommen. Das ist herrlich. Das tut mir so gut. Ich gebe ehrlich zu, ich brauche das für ein ausgeglichenes Seelenleben. Ich brauche einen Mann, nicht nur als Gesellschafter!
So haben wir einen Weg gefunden, wie wir mit Konstantins Schwäche zu einem befriedigenden Geschlechtsleben kommen. Ich blühe auf. Meine Arbeit geht mir besser von der Hand.
Konstantin wird derartig übermütig, dass er sich ein weiteres Kind wünscht.
„Konstantin, ich liebe dich! Das weißt du. Aber mit einem weiteren Kind würden wir Martha belasten. Das können wir nicht verantworten. Martha hat Leonore und Doris zu betreuen. Zum Glück sind Sarah und Johannes bereits so selbständig, dass sie Martha nicht mehr brauchen. Die machen genügend Arbeit für Frau Schwarz. Kinder möchte ich bitte keine mehr.“
„Wie du möchtest, Magdalena.“
Frau Schwarz dient uns zwei Tage die Woche als Putzfrau, weil Martha nicht mehr um die Runde kommt.

Wir führen ein ruhiges gleichmäßiges Familienleben. Konstantin geht es leidlich gut. Sarah wechselt wieder einmal ihre männlichen Freunde wöchentlich. Ich verstehe nicht, was ihr das abgibt. Mir genügt jeweils ein Mann. Sie braucht anscheinend die Abwechslung. Johannes ist Theresia treu. Entweder ist Theresia bei ihm, oder er bleibt alleine. Da ähnelt er eher mir.
Leonore kann schon laufen. Sprechen tut sie auch schon sehr schön. Sie spricht langsam, aber dafür ganze Sätze. Das ist bemerkenswert. Doris ist ein sehr ruhiges Kind. Von allen meinen Kindern ist sie am anspruchlosesten. Liegt das, daran, dass ihre Eltern älter sind? Haben junge Eltern lebhafte Kinder, ältere Eltern ruhige Kinder? Oder hat Doris das ruhige, gelassene Temperament vom Vater? Darüber machen wir uns manchmal Gedanken. Wir verteilen unsere Eigenschaften nicht als vererbt auf die Kinder. In der Schule erlebe ich das. Ist das Kind ungezogen, hat es das vom Vater. Ist das Kind lieb und brav, hat es das von der Mutter. Das tun wir uns und unseren Kindern nicht an.
Wenn es Konstantin gut geht, das hängt durchaus auch vom Wetter ab, nimmt er schon jedes Wochenende eine Pille, zu meiner Freude. Ist das Wetter lange beständig, geht es Konstantin gut. Ist das Wetter stark wechselhaft mit starken Temperaturschwankungen, geht es Konstantin nicht so gut. Das ist keineswegs ein rein psychischer Befund, sondern durchaus physisch, also nachmessbar. Das hätte ich früher nicht geglaubt.
Ich genieße es sehr, wenn ich von Konstantin nicht nur platonisch geliebt werde, sondern schön handfest. Das tut mir gut, in jeder Hinsicht. Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich das brauche.

Die Jahre gehen dahin. Johannes macht Abitur. Leonore kommt auf die Schule. Es hätte so schön sein können, noch viele Jahre. Nach dem Mittagessen fühlt Konstantin sich nicht wohl.
„Was fehlt dir? Hast du Herzbeschwerden?“
„Nein! Das Herz ist es nicht. Mir ist einfach undefinierbar schlecht. Ich lege mich hin, schlafe ein Stündchen. Dann wird es mir besser gehen, da bin ich sicher!“
„Dann ruhe dich aus, Konstantin. Wir werden Ruhe halten, damit du richtig schlafen kannst.“
Ein ganz normaler Alltag im Oktober gerät zur Apokalypse. Warum das mir?
„Leonore, holst du bitte Papa zum Kaffee trinken?“
„Ja, Mama!“
Statt, dass Leonore zurück kommt, gibt es Riesengeschrei:
„Mama, Mama, Papa will nicht aufwachen!“
Martha ist als erste bei Konstantin. Ich komme dazu, als Martha Konstantin den Puls fühlt. Ich sehe, ich erfasse sofort, mehr intuitiv als logisch:
Konstantin ist tot!

Als ich erwache, sitzt Gerhard an meinem Bett.
„Konstantin! Habe ich das geträumt? Gerhard, sag, dass es nicht wahr ist.“
„Magdalena, es ist wahr. Du bist zum zweiten mal Witwe geworden. Konstantin ist ganz ruhig gestorben. Er ist einfach eingeschlafen.“
„Aber warum? Er war doch gerade erst siebzig Jahre alt.“
„Seine Uhr war abgelaufen. Bist du gefasst genug, ein paar Dinge zu regeln? Ich übernehme das gerne für dich. Ich mache das für dich.“
„Geht schon. Kann ich Konstantin noch einmal sehen, oder ist er schon weg geschafft?“
„Wir haben ihn aufbahren lassen. Er ist noch da. Wie möchte er beerdigt werden und wo?“
„Er wollte eingeäschert werden. Er soll neben Harald liegen. So habe ich beide Männer in einem Grab.“

5. Kapitel


Ludwig




Konstantin ist der zweite Mann, den ich zu Grabe trage. Trotzdem schmerzt es, nicht nur seelisch, auch körperlich leide ich. Ich bin blass und habe abgenommen in den letzten Tagen. Vom Dienst bin ich befreit, krank geschrieben.
War bei Haralds Beerdigung die Anteilnahme groß, ist es bei Konstantin nicht weniger. Nur die Trauergäste sind deutlich älter als bei Harald. Die Zahl der Kinder an meiner Seite ist größer geworden. Waren bei Harald nur Johannes, Paul und Sarah I. dabei, sind jetzt alle Kinder an meiner Seite: Sarah I., Paul, Johannes, Sarah II., Leonore und Doris.
Wer mir alles am Grab die Hand schüttelt, weiß ich nicht mehr. Es waren so viele. Die Tränen haben immer wieder meinen Blick getrübt. Die Kinder werden mir später erzählen, wer alles da war. Martha wird die Kondolenzkarten und –briefe auflisten. Gerhard kümmert sich um die Danksagungen. Gerhard regelt auch den Nachlass und die Versorgungsangelegenheiten. Mir wird das alles zu viel.

Das Leben geht weiter. Die Zeit heilt alle Wunden! So eine elende Scheiße! Was wissen die Kollegen, die Nachbarn schon, was ich leide?
Ich trage Schwarz als Ausdruck meiner Trauer. Außerdem kleidet es mich gut. Ich bin blass und schmäler geworden. Die Schüler behandeln mich respektvoll. Die Arbeit lenkt mich ab.
Ich engagiere mich in einem Projekt der Schule. Wir wollen die Schüler nicht nur zum Hauptschulabschluss führen, sondern ihnen auch die Berufswahl erleichtern und ihnen helfen eine Lehrstelle zu finden. Dazu müssen wir einerseits den Schülern deutlich machen, dass es nicht allein auf die Leistungen ankommt, sondern auch auf eine positive Einstellung der Arbeit und dem Leben gegenüber. Dazu gehören Ehrgeiz, Fleiß und Leistungsbereitschaft.
Das Projekt beginnt damit, dass von den teilnehmenden Schulen zwei Kollegen zu einem Kurs an der Universität geschickt werden: Motivationstraining und psychologische Stabilisierung der Kinder. Der Kurs ist anstrengend, aber hilfreich. Im kommenden Oktober schließt sich ein Kurs an bei der Industrie- und Handelskammer. In dem Kurs werden uns Berufsfelder vorgestellt, und die Anforderungsprofile dargebracht. Nach diesem Kurs können wir die Schüler fördern, durch entsprechende Schwerpunktbildung bei den Lehrinhalten.
Ich habe viel zu tun zu Hause für die Schule, für den Dienst. Martha und Frau Schwarz machen es mir leicht, weil sie die Kinder wunderbar betreuen.
Martha tadelt mich in letzter Zeit häufiger, weil ich so oft zum Friedhof gehe.
„Magdalena, Jesus sagt: ‚Lass die Toten ihre Toten begraben. Folge mir nach. Ich bin das Leben!“
„Ja, Martha, ich werde mir Mühe geben.“
Der Kurs der IHK findet im Oktober statt. Ein Jahr ist vergangen seit Konstantins Tod. Ich werde die schwarze Kleidung ablegen und meine Trauer nicht mehr öffentlich zur Schau stellen. Obwohl ich den Verlust des Mannes nicht verwinden kann. Ich kann nicht ohne Mann leben. Warum muss ich ohne Mann leben? Ich muss mich öffnen. Ich habe noch Zeit vor mir. Mit vierzig ist das Leben nicht vorüber, wahrhaftig nicht! Meine Jugend ist vorbei, so viel ist sicher.
Wir sind sechzehn Teilnehmer am Kurs der IHK. Uns werden jeweils einen halben Tag lang ein Berufsfeld und die Anforderungen vorgestellt. Erster Teil: der Einzelhandel; zweiter Teil: der Bürokaufmann im Einzelhandel. Was die Bewerber können müssen, im Gespräch auf den Kunden eingehen, reden können, die Verbindung darstellen zwischen Kunden und Einkauf.
Zweiter Tag, erster Teil: Berufe rund ums Auto. Uns wird der Kfz-Meister Ludwig Praml angekündigt, ein Herr um die Dreißig. Praml veranschaulicht uns, welche Technikbereiche im Auto vereint sind. Als ich von meinen Notizen aufsehe, treffen sich unsere Blicke. Mir wird kalt, denn in dem Blick ist etwas Vertrautes, als würden wir uns kennen. Weshalb erschrecke ich? Unsere Blicke treffen sich ein zweites mal. Die unbekannte Vertrautheit beginnt mich zu wärmen. Kennen wir uns? Wir kennen uns! Aber woher? Wieso fühlt sich das so vertraut an? Das kann nicht sein. Ich war in meinem Leben mit vier Männern zusammen. Zwei davon sind tot. Hier steht ein Mann, der lebt. Ich war nicht mit ihm zusammen, aber dennoch, da ist etwas, aber was?
In der Zigaretten/Frühstückspause spreche ich den Meister an. Ich stelle mich vor:
„Magdalena Hocheder.“
„Ludwig Praml.“
„Könnte es sein, dass wir uns schon einmal begegnet sind?“
„Aber sicher. Sie waren neu an der Schule, und gut aussehend. Ich war rattenscharf auf Sie. Ich musste Ihnen an ihren Traumhintern langen. Dabei hätte ich mir beinahe einen gefangen, eine Watschn. Entsinnen Sie sich?“
„Es dämmert. Das sind Jahre her. Sie sind älter geworden, erwachsen.“
„Ich glaube, erwachsen war ich damals schon genug. Sonst wäre ich nicht so verliebt gewesen in Sie.“
„Sie scherzen?“
„Nein! So war es.“
Es folgte eine gemeinsame Verabredung zum Mittagessen. Warum habe ich die freudig angenommen? Weil hier Unterhaltung zu erwarten ist, die mit mir nichts zu tun hat, mit meiner Trauer und meiner Einsamkeit. Wie kann ich unter so vielen Menschen einsam sein?
Beim Essen erfahre ich, dass er nach der Schule eine Lehre gemacht hat. Er war gut, es hat ihm Spaß gemacht. Er machte seinen Meister. Er hat geheiratet. Seine Frau brachte einen Jungen zur Welt. Sie wollte alles vom Leben, nur nicht arbeiten. Im letzten Jahr wurde er geschieden. Der Sohn kam im September zur Schule. Jetzt bewohnt Ludwig Praml eine kleine Wohnung in der Altstadt in einem renovierten alten Haus.
Ich bin so frei und nehme seine Einladung an, ihn am Freitagnachmittag in seiner Wohnung zu besuchen.
Die Wohnung ist romantisch verwinkelt, weiß gestrichen und heiter eingerichtet. Lediglich der Blick aus dem Fenster ist öde: ein Stück Himmel, Häuser, Mauern, Fenster. Ich verwundere mich über ein paar Spatzen, die in der Ödnis etwas zu fressen finden. Ich gebe mich der Tristesse hin, als ich seinen Atem im Nacken spüre. Das ist mein Todesurteil.
Ich drehe mich um und lande direkt in seinen Armen. Er sagt nichts. Er macht! Er umfasst mich und drückt mich an sich. Ohne meinen Willen geben meine Lippen meinen Mund frei für seine Zunge. Mein Geschlecht pocht. Sein Geschlecht beginnt sich an mich zu drücken. Gäbe es einen Blitz und wir hielten uns nackt in den Armen, wäre das die Lösung. Die Sekunden, die vergehen, die wir benötigen, einander zu entkleiden, sind endlos und störend, hinderlich, beschämend. Ich bin so aufgeregt, so nervös, dass ich ihm ein Knopfloch ausreiße und einen Knopf abreiße vom Hemd. Ihm ergeht es nicht besser. Er bekommt den Verschluss meines Büstenhalter nicht auf. Er zieht ihn mir wie ein Hemd über den Kopf. Geschafft! Ich kann ihn nackt umschlingen, kann mich ganz fest an ihn drängen. Dabei steige ich mit meiner Scham über seine harte Männlichkeit. Er ist so stark, so kräftig. Kann er mich auf seiner Männlichkeit tragen?
Er zögert nicht. Er packt mich und hebt mich an. Ich muss mich hinter seinem Nacken festhalten. Behutsam legt er mich auf sein Bett. ‚Nimm mich auf der Stelle. Ich kann es nicht eine Sekunde länger ertragen ohne dich!’ Er ist besonnen genug ein Kondom anzulegen. Er kniet sich zwischen meine Schenkel. Während er mich küsst, gleitet seine heiße, harte Männlichkeit schier endlos in mich hinein!
„Oh, Gott, Ludwig!“
„Magdalena!“
Was folgte, ist eher mit Ringkampf als mit Liebesspiel zu umschreiben. Ich bin so überreizt, so gierig, dass ich den ersten Orgasmus geradezu erleide. Meinen Liebhaber ficht das nicht an. Er lächelt selig und gibt mir gemächlich, worauf ich ein Jahr warten musste. Mit ungeahnter Kraft überkommt es ihn. Durch das Kondom spüre ich das Sperma leider nicht. Dennoch reicht es, mich in einen Taumel wilder Emotionen zu reißen. Verzeih mir, Konstantin! Verzeih mir, Harald! Ihr seid tot. Ich lebe!
Ludwig findet als erster seine Sprache wieder.
„Weißt du, wie sehr ich dich liebe? Wie sehr ich dich liebe, seit ich dich zum ersten mal sah? Wie manchen Abend habe ich mir dich vorgestellt und unter der Bettdecke masturbiert. Habe ich mich enthalten, träumte ich von dir. Ich habe dich nackt gesehen in meinen Träumen. Da warst du nicht so schön wie heute. Du warst einfach nur nackt in meinen Träumen. Mehr als eine Nacht klebte mein Sperma deinetwegen in meinem Schlafanzug.
Mit achtzehn hatte ich die erste richtige Freundin. Mit vierundzwanzig habe ich geheiratet. Den Rest erzählte ich dir schon.
Als ich dich sah, am Dienstag, glaubte ich zunächst an eine Halluzination. Ich war mir nicht sicher, ob es dich überhaupt gegeben hat, so wie ich dich geträumt habe. Deine Augen sah ich, da wusste ich, dass du es bist. Als du meine Einladung angenommen hast, da wusste ich alles, da wollte ich alles.“
„Ich muss dir gestehen, Ludwig, ich hatte dich längst vergessen. Du hast mich damals irritiert. Ich hatte das Gefühl, dass du mich mit den Augen ausgezogen hast. Du hast mich mit deiner Hand an meinem Po, mit dieser einmaligen Geste, von der ich nicht einmal wusste, dass du es warst, aus der Fassung gebracht. Ich hatte dich nicht gesehen. Ich habe mir eingebildet, dass nur du dich so etwas trauen würdest. Ich wusste nicht, in welche Klasse du gingst. Es muss die Neunte gewesen sein, denn im neuen Schuljahr warst du weg und ich hatte mein seelisches Gleichgewicht wieder.“

Ich komme mir vor wie eine notgeile Schülerin, wie eine läufige Hündin. Ich schleiche am Freitagmittag zu Hause fort unter abenteuerlichen Lügen, nur um so schnell wie möglich zu ihm zu kommen, um so schnell wie möglich unter ihm zu liegen. Dabei bilde ich mir ein, ich könne glaubhaft lügen. Sarah belehrt mich eines Besseren. Bei der Abendmahlzeit stellt Sarah lapidar fest:
„Wer ist er? Kennen wir ihn? Du hast verräterischen Glanz in den Augen und du riechst nach Mann. Du riechst nach einem Duschgel und einem Deodorant, das im ganzen Haus niemand verwendet. Was ist, Mama? Willst du uns nicht dein Geheimnis anvertrauen? Bring ihn einfach mit. Wir bringen unsere Freunde doch auch mit.“
Da Martha und Johannes keine Einwände haben, lade ich Ludwig für den nächsten Freitag zu mir, zu uns ein.

Ludwig wird freundlich aufgenommen. Er ist leicht verwirrt, zu sehen, dass ich eine so große Familie habe. Mich verwirrt viel mehr, dass Sarah Ludwig unverhohlen anmacht. Sie kokettiert in einer Weise vor ihm, dass ich mit Eifersucht zu kämpfen habe. Zu meinem Glück übersieht Ludwig Sarahs Annäherungsversuche.
Ludwig bleibt bis zum Sonntag. So verbringen wir zwei ‚Hochzeitsnächte’ miteinander. Doris schließt schon am zweiten Tag Freundschaft mit Ludwig. Sie ist am wenigsten befangen ihm gegenüber. Martha ist kühl und reserviert. Sie vertritt die Interessen der Kinder, weil ich das in ihren Augen nicht hinreichend tue.
Nur vier Wochen führen wir eine Wochenendehe.
An diesem vierten Wochenende lasse ich mich hinreißen, mit Ludwig zu erleben, was Joachim nicht wollte und Konstantin nicht konnte. Ich kann es, immer noch. Ich hole aus Ludwig heraus, was nur eben geht. Dabei schone ich meine Kräfte bis zum Schluss. Als ich sicher bin, dass Ludwig nichts mehr zu Stande bringt, lasse ich mich gehen zu einem endlosen, überwältigenden Orgasmus. Ludwig bettelt, es genug sein zu lassen. Das gewähre ich ihm großzügig, da ich ebenfalls völlig erschöpft bin.
In der Folge zieht Ludwig zu uns, bei uns ein. Für mich beginnt mit diesem Einzug ein neues Leben. Ich ertappe mich dabei, dass ich die Gräber auf dem Friedhof schlicht vergesse. Das werte ich als gutes Zeichen.
Kompliziert wird die Lage, als Ludwig mir einen Heiratsantrag macht. Martha hält mir und Ludwig dazu einen ernsten Vortrag. Ihr größtes Bedenken ist unser Altersunterschied. Sie macht uns klar, dass ich zehn Jahre älter bin als Ludwig. Martha sieht darin gefährlichen Sprengstoff für eine Ehe. Sie rät mir, uns dringend davon ab. Außerdem verkündet sie vorsorglich, dass Doris das letzte Kind ist, für das sie die Verantwortung übernimmt.
„Das ist mein letztes Wort in dieser Sache. Sie werden mich nicht umstimmen. Ich gehe auf die Siebzig zu. Sie müssen das verstehen. Für Leonore und Doris bin ich gerne da. Mehr geht nicht. Schluss! Aus!“
Ludwig ist einigermaßen betrübt. Das hält mich nicht davon ab, ihn auf meine verhängnisvolle Kraft aufmerksam zu machen:
„Ludwig, du bist der fünfte Mann in meinem Leben. Gerhard war der erste. Er fragte mich nie, ob ich ihn heiraten wollte. Er lebt noch. Du wirst ihn kennen lernen. Harald war der zweite Mann. Ich habe ihn geheiratet. Er starb. Der dritte Mann war Joachim, ein anspruchsloser Einfaltspinsel. Ich heiratete ihn nicht. Er lebt noch. Der vierte Mann war Konstantin. Ich habe ihn geheiratet. Er starb. Du hast die Wahl: wir heiraten und du stirbst schon bald. Wir heiraten nicht, und wir werden zusammen alt.“
„Himmel! Was sagst du denn da! Du bist doch nicht schuld am Tod deiner Männer.“
„Ich habe den Tod meiner Männer nicht verschuldet, sicher nicht. Aber wahr ist, dass sie alsbald gestorben sind. Davor fürchte ich mich. Könnte doch sein, es gibt, wer weiß wo, eine Stelle, bei der ich nicht gut angeschrieben bin, die mir meine Männer zu früh nimmt.“
„Du bist abergläubisch.“
„Vielleicht. Respektiere es trotzdem. Hinzu kommt, würde ich heiraten, würde ich die Hinterbliebenen-Pension von Konstantin verlieren.“
„Du hast drei Töchter und einen Sohn. Ich habe nur einen Sohn.“
„Ich habe vier Töchter und zwei Söhne. Die älteren Kinder leben bei ihrem Vater.“
„Entschuldige meine Unwissenheit.“
„Gewährt! Und?“
„Eine Tochter von dir, mit dir.“
„Du vergisst, ich bin vierzig. Im nächsten Jahr werde ich Großmutter. Meine Älteste ist schwanger. Möchtest du mit einer schwangeren Großmutter liiert sein?“
„Du nimmst mich nicht ernst.“
„Leider nehme ich dich sehr ernst. Du solltest mich ernst nehmen, mich respektieren.“
„Wir warten ein Jahr. Dann denken wir noch einmal darüber nach, bitte!“
„Dir zu liebe, ein Jahr.“
„Danke, Magdalena.“
„Angenommen, ich bekäme ein Kind, ein Mädchen von dir und für dich, was machen wir dann? Martha hat zweifelsfrei erklärt, dass sie für das Kind nicht mehr bereitsteht. Soll ich meinen Beruf aufgeben und mich auf ein Hausfrauendasein zurück ziehen?“
„Wäre das so schlimm?“
„Ich kann es mir nicht vorstellen. Als zweite Frage wäre zu klären, welchen Raum wir als Kinderzimmer nehmen. Die Bibliothek brauchen wir als Arbeitszimmer. Das große Wohnzimmer wollen wir als Wohnzimmer behalten. Wenn wir das Herrenzimmer zum Kinderzimmer umfunktionieren, haben wir alle mit Zimmern versorgt. Der Freiraum im Haus wäre beschränkt.“
„Ich brauche keinen zusätzlichen Platz.“
„Aber die Mädchen. Wenn sie größer werden können wir sie nicht zu zweit in einem Zimmer lassen. Stell dir vor, mit fünfzehn oder sechzehn bringen die ihre Freunde mit. Sollen die sich dann zu zwei Paaren in einem Zimmer tummeln?“
„Du denkst aber weit in die Zukunft!“
„Was heißt hier weit? Leonore ist in acht Jahren fünfzehn. Ich will sie nicht aus dem Hause treiben, nur weil sie einen Freund hat.“
„Kann man an diesem Haus anbauen oder umbauen?“
„Eine gute Frage. Ich muss Gerhard fragen. Der wird sich kundig machen. Vielleicht hat der eine Lösung für unser Familienproblem.“
„Ich muss noch einmal auf die Kinderbetreuung zurück kommen, Magdalena. Für dich ist es undenkbar, nur als Hausfrau und Mutter zu leben?“
„Undenkbar. Ich brauche die Pflichten und die Abwechslung außer Haus. Wenn du Vater werden willst, fällt dir vielleicht auch eine Lösung ein für die Kinderbetreuung. Könntest du dir vorstellen, Hausmann zu sein?“
„Nicht so recht. Genau so wenig wie du.“
„Dann herrscht so weit Klarheit!“
„Wenn ich eine Lösung finden sollte, oder Gerhard, würdest du mir dann eine Tochter schenken?“
„Wir werden zu gegebener Zeit darüber reden.“
„Danke, Magdalena. Jetzt möchte ich nicht reden, sondern handeln.“
„Bitte! Ich bitte darum!“

Bin ich so unselbständig? Bin ich in Fragen bezüglich des Alltags so uninformiert, dass ich alleine nichts auf die Reihe bekomme? Bin ich verwöhnt, weil bis heute die Männer für mich entschieden und gehandelt haben? Oder habe ich die Männer entscheiden lassen, weil sie genau in meinem Sinne entschieden haben? Warum soll ich etwas entscheiden, wenn die Männer genau so entscheiden wie ich. Die Männer fühlen sich sicher besser, wenn sie glauben, alleine entschieden zu haben. Mache ich meine Männer zu Machos, oder sind die von mir ausgesuchten Männer Machos? Oder suche ich mir Männer nicht aus, sondern die Männer suchen mich aus? Über meine Männer nachzudenken ist schwierig. Plötzlich tauchen Probleme auf, von denen ich dachte, sie nicht zu haben.

Johannes überrascht mich. Er will mit Theresia zusammen ziehen in eine gemeinsame Wohnung. Mit anderen Worten, Johannes möchte ausziehen bei uns. Gedanklich mache ich einen Reflex. Ich denke sofort: warum will er weg? Kann er nicht dableiben? Klammere ich? Was sagt Martha dazu? Warum will er mit der Frau, also mit Theresia alleine sein? Haben die beiden hier nicht alles? Ist das nicht viel zu früh, eigene Wege zu gehen?
Johannes fragt Gerhard um Rat. Mich fragt Johannes nicht um Rat. Mir teilt er nur seine Absichten mit. Ich bin zu schlüssiger Organisation offenbar nicht fähig. Wurmt mich das?
Gerhard hat heraus gefunden, dass Johannes oder ich oder Leonore das Haus in Fürstenzell, also Konstantins Haus kaufen könnten, in dem sie Konstantins Tochter auszahlen. Die Tochter würde uns ihren Anteil an dem Haus verkaufen und mit ihrem Lebensgefährten in dessen Elternhaus ziehen. Johannes könnte mit Theresia nach Fürstenzell ziehen und von dort aus in Passau studieren. Theresia bekäme von ihren Eltern ein Auto geschenkt. Ludwig fragt mich, ob ich etwas dagegen hätte. Ich frage mich, was Ludwig das angeht. Das ist eine Familienangelegenheit. Ich überlasse es Gerhard, das zu regeln. Als ich Gerhard frage, ob wir uns das finanziell leisten können, meint er :
„Ich weiß nicht, ob du dir das leisten könntest, Magdalena. Die Kinder können es sich leisten. Sowohl Harald als auch Konstantin haben für deine Kinder gesorgt.“
„Ich muss mir keine Sorgen machen?“
„Du nicht! Und deine Kinder nicht!“
„Das ist ein beruhigendes Gefühl!“

Ludwig ist anspruchslos. Er isst, was auf den Tisch kommt. Es schmeckt ihm alles. Er ist ein guter Esser. Bei der Kleidung ist er ebenso anspruchslos. Das lasse ich ihm aber nicht durchgehen. Ich sorge dafür, dass Ludwig stets adrett gekleidet ist. Eine Jeans muss sitzen, sonst ist sie nur mehr für die Arbeit gut. Labberige T-Shirts oder Sweatshirts gibt es nicht. Farbe darf er, soll er ebenfalls tragen. Ludwig ist diesbezüglich sehr folgsam.
Lediglich im Bett ist Ludwig nicht so leicht zufrieden zu stellen. Das ist gut so. Ich liebe die Abwechslung. Er liebt die Abwechslung. Schnell muss es nie gehen. ‚Johnny, mach rasch, denn es geht um Sekunden.’ Das mag für Bert Brecht gelten, nicht aber für Ludwig und mich. Wir verbringen gerne und oft mehr Zeit miteinander im Bett. Dabei wird es durchaus auch mal laut. Das stört in unserem Haus aber niemand mehr, weil alle wissen, dass das ein gutes Zeichen ist. Außerdem kann Sarah von sich nicht behaupten, dass sie mit ihrem Freund diskret und lautlos zu Werke geht. Von Johannes hören wir weniger. Was aber nicht heißt, dass er mit Theresia untätig im Bett liegt, wahrhaftig nicht. Ohne Liebe und Sex können wir nicht leben. Wir machen keinen Hehl daraus.

Ich sitze auf Ludwig, sauber gepfählt. Er knetet meine Brüste so, dass mein Geschlecht zusätzlich in Aufruhr gerät. In dieser Lage teilt er mir mit, dass Johannes’ Auszug eine Chance für uns wäre. Wir bekämen ein freies Zimmer.
„Spielst du auf deine mögliche Wunschtochter an? Das Zimmer ist nicht das Problem, sondern die Betreuung.“
„Ich werde dich immer betreuen so gut, so intensiv, wie du es brauchst, weil ich es brauche.“
„Ja, Ludwig! Es geht aber nicht um mich, sondern um deine theoretisch mögliche Tochter! Könntest du dich entschließen, deinen Beruf aufzugeben für die Rolle als Hausmann?“
„Nein! Von dir verlange ich das auch nicht. Die Frage ist: was wäre, wenn wir jemanden fänden für die Betreuung meiner Tochter?“
„So ein Geschenk des Himmels, wie Martha, werden wir schwerlich wieder finden.“
„Ich habe mit Frau Schwarz gesprochen. Sie hat abgelehnt. Sie kommt für Kinderbetreuung nicht in Frage.“
„Das hätte ich dir vorher sagen können.“
„Es geht nur insoweit um Frau Schwarz, als sie überflüssig würde, wenn wir eine Frau fänden, oder einen Mann, der, neben Martha, Haushalt und Kinder betreut.“
„Ludwig, bitte, wenn wir hier reden, verliere ich die Konzentration. Lass uns erst zu Ende bringen, was wir hier betreiben. Unterhalten können wir uns anschließend.“
„Wenn ich aber einschlafe?“
„Da bin ich vor, glaube es mir!“
Durch das Gerede war ich vom rechten Pfad der Lust abgekommen. Ich musste erneut die Spannung aufbauen. Ich brauche, ich genieße das Anschwellen der Erregung. Der Rausch der Lust, animalische, geile Wollust befreit mich von der Anspannung. Das geht nur mit freiem Kopf. Dabei darf ich mich nicht ablenken. Das darf ich Ludwig auch nicht. Wenn ich den während unserer Verrichtung ablenke, lässt seine Spannung sofort spürbar nach. Er hat jedoch mir gegenüber den Vorteil, dass seine Spannung sofort wieder da ist, dass seine Erektion umgehend zurück kehrt, wenn ich mich ihm ganz widme.
Diesmal wäre ich bald eingeschlafen als wir uns entspannt in Schweiß und Sperma suhlen. Ludwig holte mich in die Wirklichkeit zurück:
„Wir sollten, Gerhard sollte sich umschauen nach einer Frau für unsere Zwecke. Wenn Johannes fort ist, hätten wir ein Zimmer für sie.“
„Ich verstehe. Regelst du das mit Gerhard?“
„Mach ich!“
„Danke!“

Johannes zieht wahrhaftig nach Fürstenzell. In unserem Haus leben damit ab sofort:
Martha, Sarah, Leonore, Doris, Frau Schwarz und ich. Das sind sechs Frauen. Dazu gibt es nur Ludwig: einen Mann, und gelegentlich einen Freund für Sarah. Die Geschlechterverteilung ist pädagogisch und psychologisch ungut. Was tun?
Gerhard meldet sich:
„Magdalena, was ihr braucht ist ein Kindererzieher, respektive einen pädagogisch vorgebildeten Mann, der ALG II bezieht. Die sind zu haben. Die sind bezahlbar.“
„Was machen wir mit seiner Frau, falls er verheiratet ist? Was machen wir mit unseren Frauen, wenn er es nicht ist? Und was machen wir, wenn er schwul ist?“
„Ich fordere beim Arbeitsamt einen solchen Mann an. Der wird sich bei euch melden. Schwul darf er auf keinen Fall sein. Ledig wäre ein Vorteil.“
„Warum ledig?“
„Dann könnte er bei euch wohnen. Wäre er verheiratet, würde er bei seiner Frau wohnen wollen.“
„Ach ja. Es ist nett, wenn du das für uns machst, Gerhard!“

„Ludwig, wir könnten das alles auch sein lassen. Kein weiteres Kind, kein Kinderpfleger!“
„Bitte, Magdalena, ein Mädchen, nur ein Mädchen. Du hast so schönen Mädchen das Leben geschenkt. Ein Mädchen für mich.“
„Wenn es aber kein Mädchen wird? Es soll schon vorgekommen sein, dass Buben geboren wurden.“
„Lass es uns wenigstens versuchen.“
„Wenn wir keinen Kinderpfleger finden, musst du das übernehmen. Ich gebe meinen Beruf nicht auf. Du verdienst weniger als ich. Du müsstest deinen Beruf aufgeben oder wenigstens ein Baby-Jahr machen.“
„Wenn wir keinen Kinderpfleger finden! Und wenn du schwanger sein solltest, dann mach ich es.“
„Für deine Tochter!“
„Und für dich!“
„Mal sehen!“

Der erste Bewerber ist zweiundvierzig Jahre alt, verheiratet, einen halbwüchsigen Sohn, war Zeitsoldat, ließ sich ausbilden zum Sozialpädagogen. Findet keine Arbeit. Der Herr braucht dringend Arbeit, da sein Selbstwertgefühl gegen Null geht. Sind wir dafür zuständig? Wir überlegen es uns und warten weitere Bewerber ab.

Der zweite Bewerber ist klein, dunkelhaarig, vierundzwanzig Jahre alt, Kinderpfleger, arbeitslos. Schwul ist er nicht. Aber lupenrein kommt er mir nicht vor. Wenn er nicht schwul ist, dann ist er bi. Er spricht mich nicht an als Mann. Er wirkt auf mich nicht als Mann. Das gibt mir zu denken. Wir suchen nach einem Mann.

Der dritte Bewerber ist unübersehbar ein Mann, vierunddreißig, Kinderpfleger, ledig, kinderlos. Er war seiner jungen Chefin zu nah auf den Leib gerückt, in des Wortes voller Bedeutung. Drei Monate fand sie es gut. Dann war es plötzlich sexuelle Belästigung. Er sieht kantig aus, hat kurz geschorene braune Haare und ein freundliches Gesicht. Während er sich konzentriert mit mir unterhält, steigt Doris auf ihm herum. Ihr scheint er zu gefallen. Sie tritt ihm offensichtlich auf die Männlichkeit. Er verzieht nur heftig das Gesicht, reagiert aber nicht weiter. Das gefällt mir.
„Ich kann Sie nicht schon heute engagieren. Es könnte noch ein halbes Jahr ins Land gehen. Ich muss das darüber hinaus mit meiner Familie besprechen. Wir halten Kontakt. Sollten Sie zwischenzeitlich ein Stellanangebot bekommen, lassen Sie es mich wissen. Wir werden schon irgendwie zusammen kommen.“
„Besten Dank, Frau Hocheder!“

„Ludwig, der Mann scheint mir geeignet. Angenommen, der würde hier anfangen, einziehen, wem würde er gefährlich werden?“
„Keinem, keiner Frau, keinem Mädchen. Wir müssten uns nur damit abfinden, dass er sich fürs Bett Frauen mitbringt, oder seine freien Tage außerhalb verbringt.“
„Ludwig, ich lasse mir die Spirale heraus nehmen. Du darfst mir deine Tochter machen.“
„Wunderbar, Magdalena. Danke dir.“
„Wenn ich auch noch die Spirale trage, so könntest du doch so tun, als würde ich ohne sein.“
„Gerne. Magdalena!“
„Oh, Ludwig!“

Ich lasse mir von Dr. Weber die Spirale entnehmen. Allein diese Tatsache macht Ludwig zu einem noch phantasievolleren Liebhaber. Ludwig ist eine Perle im Bett, und sowieso!
Der nächste Eisprung fällt aus. Unser erster Versuch war erfolgreich. Ich mache Ludwig zum Vater, zum zweiten mal für ihn. Das freut mich. Ludwig ist glücklich.

Ich sitze, wie so häufig, am Schreibtisch und erledige Korrekturen für die Schule. Da erscheint, unangemeldet, Wolfgang Zieringer, so heißt unser zukünftiger Kinderpfleger.
„Ich bin gerade in der Gegend. Da wollte ich nur kurz ‚Guten Tag’ sagen.“
„Kommen Sie herein. Setzen Sie sich. Ich muss hier noch gerade das Heft fertig korrigieren, dann habe ich Zeit für Sie.“
Während ich lese und meine Zeichen mache in das Heft, sehe ich im Augenwinkel, dass er aus dem Fenster schaut. Er liest die Buchrücken im Bücherregal. Er beugt sich über mich, um in das Heft zu schauen. Dabei weht sein warmer Atem über meinen Nacken.
„Ein schöner Nacken!“
„Nicht doch!“
Wie lange es dauerte? Nicht lange. Ich habe mich nicht gewehrt. Er hat einfach gemacht. Zum ersten mal in meinem Leben bin ich wortlos begattet worden auf meinem Schreibtisch. Es war absolut unwirklich. Als es vorüber war, hat er mir auf die Stirn geküsst. Er sagte ‚danke’ und ging. Ich musste meine Kleider ordnen und die Spuren vom Schreibtisch entfernen. Warum habe ich mich nicht gewehrt? Wollte ich das etwa?
Ludwig befreite mich aus meiner Verwirrung, in dem er mich nahm, mich puderte, stäupte, dass mir hören und sehen verging. Das hatte ich nötig. Das tat mir gut.

Ich bin schwanger. Gerhard setzt einen Arbeitsvertrag auf. Wolfgang Zieringer fängt bei uns an, wenn ich nach der Entbindung aus der Klinik entlassen werde.
Einziger Wermuttropfen für Ludwig, ich bekomme kein Mädchen, sondern einen Jungen. Die Natur spielt mit mir Schabernack. Konstantin wollte einen Jungen. Er bekam Doris. Ludwig will ein Mädchen. Er bekommt einen Jungen. Der soll, nach meinem ersten Mann, Harald heißen.
Alles wird gut. Die Entbindung klappt wie im Bilderbuch. Der Knabe hat dunkle krause Haare, ist 54 Zentimeter groß und 4050 Gramm schwer, ein molliges Kind. Ich hätte während der Schwangerschaft weniger essen sollen. Nun ist es zu spät. Wolfgang verspricht, bei dem Kind genau auf das Gewicht zu achten.
Wolfgang wohnt bei uns. Frauengeschichten gibt es, wenigstens vorerst, nicht. Das freut uns. Einen leichten Stich bekomme ich, als ich zufällig ein Kinderbild von Wolfgang in die Hand bekomme. Ich sehe einen kleinen Jungen mir braunen Locken. Ludwig hat glatte Haare. Was hat denn das zu bedeuten?
„Ludwig, wenn Wolfgang sich weiterhin so gut macht, sollten wir versuchen, ob uns nicht doch noch ein Mädchen gelingt.“
„Danke, Magdalena. Wann wird das sein?“
„Ich denke einmal im nächsten Jahr. Nach sechs Monaten stille ich ab. Dann dürftest du es versuchen. Das sollte aber das letzte Kind sein. Ich werde bei der Geburt dreiundvierzig oder schon vierundvierzig sein.“
„Danke, Magdalena! Ein Mädchen von dir, das wäre schön.“

Wolfgang trägt seine Haare nach wie vor kurz, zwischen drei und fünf Millimeter. Wolfgang ist eine genauso gute Pflegekraft wie Martha. Das Kind entwickelt sich prächtig.

Neun Monate nach Haralds Geburt bin ich wieder schwanger. Diesmal wird es das gewünschte Mädchen. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Sollte Ludwig jemals entdecken, dass Harald nicht von ihm sein könnte, wird ihn die eigene Tochter das verschmerzen lassen, hoffentlich.

Ludwig möchte, dass seine Tochter Karin heißt. Ich habe ihn befragt, ob es ein Mädchen, eine Frau gab in seinem Leben, die Karin heißt. Das hat er verneint.
Zur Entbindung in der Klinik wird mir die Hebamme mit dem guten Gedächtnis zugeteilt. Sie entsinnt sich meiner. Freudig gratuliert sie mir zu meinem siebten Kind.
„Es ist das achte!“
„Wie schön. Ist das siebte Kind auch ein Mädchen?“
„Ein Junge.“
„Ach wie nett. Dann wird das neunte Kind wieder ein Junge.“
„Ein neuntes Kind wird es nicht geben. Dr. Weber hat mich sterilisiert, eine Tubenligatur vorgenommen.“
„Aber warum das denn? Sie könnten noch drei, vier Kinder bekommen. Die jungen Frauen haben so wenige Kinder. Sie sind eine rühmliche Ausnahme.“
„Ich möchte nicht die Zweifel haben, ob das Ausbleiben meiner Regel eine Schwangerschaft ist oder die Wechseljahre. Karin wird erwachsen, wenn ich in Pension gehe. Ich möchte als Pensionärin nicht noch kleine Kinder betreuen.“
„Das kann ich verstehen, Frau Hocheder.“

Wolfgang bemüht sich um Karin ebenso eifrig wie um Harald. Er ist ein guter Ziehvater.
Leider ließ sich nicht ewig verheimlichen, dass Harald nicht von Ludwig ist. Harald wird von Vater zu Vater seinem Vater ähnlicher. Ludwig hat es zur Kenntnis genommen, wenn ich ihn nur weiterhin liebe. Warum sollte ich das nicht tun? Ludwig ist eifrig, ist ein so guter Liebhaber. Hätte ich ihn gekannt, als ich jung war, vor meinem zwanzigsten Lebensjahr, hätte ich ihn vermutlich als versaut und verkommen bezeichnet. Heute weiß ich seine Phantasie und seine Leidenschaft zu schätzen. Langeweile im Bett tötet vermutlich die Liebe. Das muss ich bei Ludwig nicht befürchten.
Es ergab sich mit der Zeit, dass ich in seltenen Fällen, wenn Ludwig für einen oder mehrere Tage außer Haus war, mich von Wolfgang trösten ließ. Ludwig hat das eines Tages gespürt, gespannt. Er hat es hingenommen, mit der Bitte, ihn nicht zu verstoßen. Wie sollte ich! Warum sollte ich?

Martha ist in zwischen so gebrechlich, dass sie nicht mehr im Haus helfen kann. Sie beaufsichtigt nur noch die Kinder von ihrem Sessel aus. Wolfgang pflegt Martha, als sei es seine eigene Mutter. Wolfgang ist rührend. Damit Wolfgang sich keine Frau suchen muss, verbringe ich hin und wieder eine Nacht mit ihm. Er ist so dankbar dafür. Er ist zwar mit Ludwig nicht zu vergleichen, doch seine Potenz ist erstaunlich.

*

Nach meinem sechzigsten Geburtstag ist es Zeit eine Zwischenbilanz meines Lebens zu ziehen. Eines vorweg: Reichtümer habe ich keine zusammen gebracht. Auch habe ich nicht die ganze Welt bereist.
Generationen von Schülern habe ich Lesen und Schreiben beigebracht. Einigen habe ich den Weg ins Leben geebnet. Viele werden mich längst vergessen haben.
Gerhard hatte vorgeschlagen, meinen Geburtstag im Saal eines Gasthauses zu feiern. Das wollte ich nicht. Meine Welt war immer meine Familie in unserer Villa aus dem Jahre 1902. So fand die Geburtstagsfeier in diesem Haus statt, als Défilé sozusagen. Ab zehn Uhr kamen die Gäste nacheinander bei uns vorbei. Gerhard machte den Zeremonienmeister, Wolfgang den Hausdiener, und Ludwig den Ehemann, der nicht von meiner Seite wich.
Sarah I. kam mit Ehemann, vier Kindern und zwei Enkeln. Sarah ist inzwischen auch schon fünfundvierzig. Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Paul kommt mit drei Kindern. Seine Frau sei krank, entschuldigt er sie. Johannes und Theresia kommen mit zwei Kindern, zwei rothaarige Buben. Mich amüsieren Mutter und Söhne immer wieder wegen ihrer orangenen Haare. Sarah II. kommt mit Ehemann und zwei Kindern, zwei süße Fratzen. Leonore kommt mit Mann und einem Kind. Doris kommt ohne Mann, aber mit Kind, einem blonden Engel. Harald kommt mit Freundin, einem Mädchen, dass nach meinem Muster gefertigt sein könnte. So sehe ich auf einem Bild aus vor vierzig Jahren. Selbst Karin, meine Jüngste, kommt nicht allein. Sie ist erst siebzehn, hat aber schon einen festen Freund.
„Wie viele Enkelkinder habe ich Ludwig?“
„Achtzehn, Magdalena!“
Ich werde zwar stets unterrichtet, wenn ich wieder einmal Großmutter geworden bin. Aber bei der Vielzahl der Kinder in der Schule, komme ich manchmal durcheinander. Ich gebe mich damit zufrieden, meine eigenen Kinder zu kennen. Ich hatte in meinem Leben bisher sechs Männer und acht Kinder. Sarah II. kann so alt gar nicht werden, um so viele Kinder zu haben, wie sie Männer hatte. Ist das die Jugend von heute?
Es schmerzt mich, dass Martha diesen Tag nicht erleben kann. Ihre Asche ruht neben Haralds und Konstantins auf dem Friedhof. Auch Frau Holzhammer weilt nicht mehr unter den Lebenden. Mein Vater starb vor drei Jahren. Mutter liegt in einem Pflegeheim. Gerhard hat das organisiert. Mutter ist geistig verwirrt. Frau Schwarz arbeitet nicht mehr für uns seit sie in Rente ist. Wolfgang versieht den Haushalt. Er möchte aber bitte nicht noch meine Mutter betreuen, so lange Harald und Karin noch im Haus sind. Er hat so alle Hände voll zu tun. Gerhard hat es nach Marthas Tod so eingerichtet, dass Wolfgang das Legat von Martha fortsetzen kann. Die Kinder sind einverstanden, dass Wolfgang eine Leibrente erhält und ein lebenslanges Wohnrecht.
Damit Ludwig nicht eines Tages mit leeren Händen dasteht, wird Gerhard sich etwas einfallen lassen. Was heißt Gerhard. Inzwischen führt Sarah I. die Kanzlei. Gerhard ist nur noch Berater und Anwalt in schwierigen Fällen. Er wird immerhin fünfundsiebzig.

Bis heute habe ich ein schönes, erfülltes Leben gehabt. Der Bürgermeister würdigt meine Leistung als achtfache Mutter. Eine besondere Leistung war das nicht. Ich habe die Kinder gezeugt und geboren.. Ich habe die Kinder gestillt. Ich bin den Kindern stets Mutter gewesen. Die Arbeit haben von der Geburt an andere damit gehabt. Ich habe, wir haben liebe Menschen dafür bezahlt, dass sie unsere Kinder in unserem Haus aufgezogen haben. Dazu war zum einen das große Haus hilfreich. Zum anderen haben wir nie materielle Not gelitten. Wir hatten und haben immer genug Geld für ein gutes, wenn auch nicht üppiges oder gar ausschweifendes Leben gehabt.
Was ich den Kindern hinterlasse? Das Haus ist von Harald. Es gehört Johannes und Sarah II. Etwas Geld werde ich hinterlassen. Teilten sich die Kinder das auf, wird es kaum mehr als nichts sein. Sie sollten es Wolfgang und Ludwig überlassen. Was bleibt sonst von mir: Bilder, Bücher, Erinnerungen. Aber noch ist es nicht so weit. So Gott will, lebe ich noch zwanzig Jahre. Ich werde bis fünfundsechzig meinen Dienst versehen, und dann in den Ruhestand gehen. Sollte ich körperlich noch so gut drauf sein wie heute, könnte ich Enkelkinder oder Urenkel betreuen. Das wird die Zeit mit sich bringen. Das Alter zeigt sich nicht nur am Spiegelbild, sondern auch, wenn die Planungen für die Zukunft nicht mehr all zu weit reichen.
Ohne Produkte der chemischen Industrie wäre ich weißhaarig. So aber zieren mich immer noch meine Haare in mahagoni Farbe. Miederwaren sorgen dafür, dass meine Figur ansehnlich bleibt. Ich bin fülliger geworden, aber Ludwig und Wolfgang stört das nicht. Auf das Urteil anderer Menschen bin ich nicht angewiesen.
Gerhard macht den Vorschlag, ich möge doch mit meiner Pensionierung Ludwig heiraten. Damit fiele zwar die Witwen-Pension von Konstantin weg. Ohne die Hochzeit wäre bei meinem Tod nicht nur Konstantins Pension verloren, sondern auch meine eigene. Die würde Ludwig bleiben, falls wir heirateten und ich nicht umgehend stürbe. Auf eine Hinterbliebenen-Rente von Ludwig brauche ich nicht zu warten. Die bekäme ich nicht, da meine Altersbezüge dafür zu hoch wären.
Fünf Jahre bleiben mir für diese Entscheidung.

Wolfgang erklärt sich bereit, Mutters Pflege zu übernehmen. Gerhard kommt einen Tag zu spät ins Pflegeheim. Mutter ist in der vorhergehenden Nacht gestorben.
Karin beginnt ihr Studium fürs Lehramt. Sie wird mir nachfolgen. Ebenso will sie mir nachfolgen, als die ankündigt sie wollen einen jungen Mediziner heiraten, der in der Facharztausbildung steckt. Zum Glück keinen Gynäkologen, sondern einen Chirurgen.

Gerhard bereitet alles vor, dass wir, Ludwig und ich, am Tag nach meiner Verabschiedung aus dem Schuldienst, heiraten können. Gerhard hat sogar schon eine Hochzeitsreise gebucht für uns. Wir fliegen drei Wochen nach Rhodos. Die Zeit von den Pfingstferien bis zum Ende der Schule werden merkwürdig unruhig. Der nahende Abschied stimmt mich wehmütig.
Das Schicksal schlägt mit dem ganz großen Hammer zu. Ich werde am Vormittag aus dem Unterricht geholt. Ein uniformierter Polizist erwartet mich im Dienstzimmer des Rektors. Der Polizist teilt mit etwas mühsam mit, dass Ludwig einen Verkehrsunfall hatte. Ein LKW hat ihn von der Straße gedrängt. Ludwig liegt im Klinikum. Es ginge ihm nicht gut. Der Herr Hauptwachtmeister würde mich in die Klinik bringen, wenn ich es denn wünschte.
Ich drohe die Kontrolle über mich zu verlieren. Ich befürchte das Schlimmste. Wir haben noch nicht geheiratet. Diesmal reicht allein der Wille, dass mir Ludwig, dass mir der Mann genommen wird. Herrgott, warum tust du mir das an?
Ludwig ist unter Verbänden, Schläuchen, Maschinen und Geräten mehr zu ahnen als zu erkennen. Ich beuge mich über ihn. Ich berühre mit den Lippen seine Stirn. Er ist kühl, zu kühl. Der Monitor zeigt zwar an, dass sein Herz noch schlägt, aber er ist schon tot.
Drei Tage verbringe ich in der Folge selbst in der Klinik. Zur Beisetzung Ludwigs Asche bin ich wieder auf den Beinen. Er ist der dritte Mann, den ich begrabe. Was soll das? Wer tut mir das an?

Meine Verabschiedung in den Ruhestand erlebe ich im Krankenstand zu Hause. Wolfgang kümmert sich rührend um mich. Harald und Karin bleiben ebenfalls zu Hause, damit ich nicht so allein bin.

Es ist so still in dem großen Haus!

 

 

 

 

 

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